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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch denkunmögliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu einem Ausländergrunderwerb wegen Überfremdung mangels jeglicher Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen hinsichtlich der Frage des Vorliegens der Voraussetzung für eine ausnahmsweise Erteilung der ZustimmungSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihrer bevollmächtigten Vertreter die mit 15.000 S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer - deutsche Staatsangehörige - schlossen einen "Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag" über jene Wohnungen ab, die auf den - ausschließlich im (Mit-)Eigentum deutscher Staatsangehöriger stehenden - Grundstücken Nr. 161/2, 161/9 und 169/4 in EZ 206 KG Hinterthal errichtet worden waren.
Die Grundverkehrslandeskommission Salzburg wies den Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu diesem Vertrag unter Berufung auf §9 Abs1 Z3 und Abs3 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73 (im folgenden: SGVG 1986), der Sache nach mit der Begründung ab, daß die den Gegenstand des Vertrages bildenden, zur Verwendung als Zweitwohnsitz bestimmten (Eigentums-)Wohnungen in einem Zweitwohnungsgebiet gelegen seien und in dem betreffenden (mehr als drei Wohnungen aufweisenden) Wohnobjekt sich mehr als 50 vH des ideellen Miteigentums im Besitz von Ausländern befinde, somit eine Überfremdung iS des §9 Abs1 Z1 (iVm Abs3) SGVG 1986 bestehe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
3. Die Grundverkehrslandeskommission als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige -
Beschwerde erwogen:
1. Die im vorliegenden Fall in erster Linie bedeutsamen
Vorschriften des SGVG 1986 haben folgenden Wortlaut:
"Beschränkung des Grundverkehrs für Ausländer
§8. (1) Unbeschadet des Erfordernisses einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gemäß §2 Abs1 bedürfen folgende Rechtsgeschäfte unter Lebenden einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, wenn der Rechtserwerber ein Ausländer ist und staatsvertragliche Verpflichtungen nicht anderes bestimmen:
a) die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, Gebäude oder an Teilen hievon;
...
Voraussetzungen für die Zustimmung
§9. (1) Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund gemäß §10 vorliegt und
1. ...
3. der Gegenstand des Rechtsgeschäftes dem Ausländer zur Begründung eines Zweitwohnsitzes dienen soll, sofern dieser in einem Zweitwohnungsgebiet (§12 Abs1 Z6 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGBl. Nr. 26) gelegen ist und in diesem Gebiet oder in dem betreffenden Wohnobjekt noch keine Überfremdung (Abs3) besteht oder durch das Rechtsgeschäft eintritt;
...
(3) Überfremdung im Sinne des Abs1 Z3 liegt vor, wenn
a) in dem Zweitwohnungsgebiet zumindest 50 v.H. des Grundeigentums,
b) bei Bauten mit mehr als drei Wohneinheiten aber zumindest 50 v.H. des ideellen Miteigentums
sich im Besitz von Ausländern befinden. Bei der Feststellung des ausländischen Grundeigentums gemäß lita ist ideelles Miteigentum unter Einschluß eines solchen gemäß litb anteilig zu berücksichtigen. ...
(4) Die Zustimmung nach Abs1 Z3 darf trotz Überfremdung ausnahmsweise erteilt werden, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalles es eine unbillige Härte für den Veräußerer, Verpächter o.dgl. darstellen würde, sie aus diesem Grund zu versagen. Liegt eine solche unbillige Härte vor und sprechen besondere örtliche öffentliche Interessen dafür, so kann bei Bauten mit mehr als drei Wohneinheiten eine Zustimmung nach Abs1 Z3 ausnahmsweise auch außerhalb von Zweitwohnungsgebieten erteilt werden."
2. Soweit aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich, liegt dem angefochtenen Bescheid - kurz zusammengefaßt - folgender Sachverhalt zugrunde:
Die in Rede stehenden Grundstücke, auf denen sich das Gebäude der ehemaligen Volksschule der Gemeinde Maria Alm befand, wurden von sieben Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland, darunter einige der nunmehrigen Beschwerdeführer, auf Grund eines Kaufvertrages, dem die Zustimmung der Grundverkehrslandeskommission Salzburg erteilt worden war, erworben; die Grundstücke stehen derzeit noch im bücherlichen (Mit-)Eigentum dieser Personen. In dem ehemaligen Schulgebäude wurden in der Folge (abweichend vom ursprünglichen Vorhaben, wonach die Errichtung von lediglich sieben Wohnungen vorgesehen war) acht Wohnungen errichtet. Dies geschah auf Kosten der Miteigentümer, wobei jedoch die Kosten für die Errichtung einer Wohnung nicht vom bücherlichen Eigentümer, sondern von einem Dritten (dem nunmehrigen Achtbeschwerdeführer, der gleichfalls deutscher Staatsangehöriger ist) getragen wurden, der über die Anteile eines Miteigentümers (des nunmehrigen Zweitbeschwerdeführers) einen Kaufvertrag geschlossen hatte, dem die grundverkehrsbehördliche Zustimmung versagt wurde. Nicht die grundverkehrsbehördliche Zustimmung fand des weiteren ein Kaufvertrag, mit dem vier der nunmehrigen Beschwerdeführer ihre einer bestimmten Wohnung zugeordneten Eigentumsanteile an eine deutsche Staatsangehörige (die nunmehrige Zwölftbeschwerdeführerin, die sich gleichfalls an den Kosten der Finanzierung des Vorhabens und den Umbaukosten beteiligt hatte) veräußerten, die zuvor nicht Miteigentümerin gewesen war.
Mit dem nunmehr vorliegenden "Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag" sollen dem Beschwerdevorbringen zufolge unter Zugrundelegung eines rechtskräftigen "Nutzwertfeststellungsbeschlusses" des Bezirksgerichtes Saalfelden die entsprechenden Verschiebungen in den Eigentumsanteilen vorgenommen und Wohnungseigentum an den acht Wohnungen begründet werden, wobei gleichzeitig zwei der nunmehrigen Beschwerdeführer entsprechende Eigentumsanteile neu erwerben.
Das Wohnobjekt liegt unbestrittenermaßen in einem Gebiet, das nach dem geltenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde Maria Alm iS des §12 Abs1 Z6 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGBl. 26 idgF, als Zweitwohnungsgebiet ausgewiesen ist, wobei dieses Zweitwohnungsgebiet ausschließlich jene Grundstücke umfaßt, auf denen das den Gegenstand des "Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages" bildende Wohnobjekt besteht.
3. Die belangte Behörde hat die Versagung der Zustimmung mit folgenden rechtlichen Erwägungen begründet:
"Gemäß §9 Abs1 darf die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft nur erteilt werden, wenn kein Versagungsgrund gemäß §10 vorliegt und der Gegenstand des Rechtsgeschäftes dem Ausländer zur Begründung seines Zweitwohnsitzes dienen soll, sofern dieser in einem Zweitwohngebiet gelegen ist und in diesem Gebiet oder in dem betreffenden Wohnobjekt noch keine Überfremdung besteht oder durch das Rechtsgeschäft eintritt.
Gemäß §9 Abs3 liegt eine Überfremdung vor, wenn bei Bauten mit mehr als drei Wohneinheiten aber zumindest 50 von Hundert des ideellen Miteigentums sich im Besitz von Ausländern befinden. Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, dient das Rechtsgeschäft einerseits dazu, die auf Grund des Nutzwertfestsetzungsverfahrens zur Begründung von Wohnungseigentum erforderlichen Verschiebungen der Miteigentumsanteile durchzuführen, sowie das Eigentumsrecht für die Erwerber S E und M K herbeizuführen. Alle Einschreiter verwenden bzw. wollen die Wohnungen als Zweitwohnsitz verwenden. Im Wohnobjekt Hinterthal Nr. 50 in welchem die Wohnungen gelegen sind, sind mehr als 50 % der Miteigentumsanteile im ausländischen Besitz.
Da mehr als 50 v. H. des ideellen Miteigentums sich im Besitz von Ausländern befinden, war spruchgemäß zu entscheiden und der Antrag abzuweisen."
4. Die Beschwerdeführer machen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums ausschließlich mit der Begründung geltend, die belangte Behörde habe das Gesetz insofern denkunmöglich angewendet, als sie die Zustimmung unter Außerachtlassung des konkreten Sachverhaltes trotz Vorliegens des in §9 Abs4 SGVG 1986 normierten Ausnahmetatbestandes verweigert habe.
Dieser Vorwurf ist im Ergebnis begründet.
5.a) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück (Gebäude, Grundstücks- oder Gebäudeteil) vom bisherigen Eigentümer an einen Ausländer wird sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber in der Ausübung privater, den Schutz des Art5 StGG genießender Rechte beschränkt und somit ein Eingriff in das Eigentum bewirkt (s. etwa VfSlg. 6546/1971; s. auch, was den Erwerber betrifft, etwa VfSlg. 10271/1984, 10895/1986, 11689/1988).
b) Ein Eingriff in das Eigentum wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Daß der angefochtene Bescheid gesetzlos ergangen ist oder auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht, wurde weder in der Beschwerde behauptet noch ist dies sonst für den Verfassungsgerichtshof aus der Sicht des Beschwerdefalles erkennbar. Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit einer gesetzlichen Regelung, die die Übertragung des Eigentums an Grundstücken (oder Gebäuden oder an Teilen davon) auch dann an eine Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bindet, wenn - wie im Beschwerdefall - der Veräußerer Ausländer ist, hat der Verfassungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen bestätigt (zB VfSlg. 7448/1978, 428, 10025/1984, 10271/1984, 10895/1986, 11689/1988, 11957/1989, 63, 12120/1989, 12704/1991.
c) Die Beschwerdeführer haben bereits in ihrem an die belangte Behörde gerichteten Antrag vom 26. März 1991 auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung unter Angabe von Gründen vorgebracht, daß die Versagung der begehrten Zustimmung für die Vertragsparteien (und damit auch für die Veräußerer) eine außerordentliche Härte bedeuten würde; damit haben sie, wenngleich nicht unter ausdrücklicher Berufung auf §9 Abs4 erster Satz SGVG 1986, so doch der Sache nach das Vorliegen der in dieser Bestimmung umschriebenen Voraussetzung für die ausnahmsweise Erteilung der Zustimmung - trotz Überfremdung - darzutun versucht. In diese Richtung ging auch das Vorbringen der Beschwerdeführer in ihrem an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 12. April 1991 sowie in ihrer - im Zuge der Wahrnehmung des Rechtes auf Parteiengehör abgegebenen - Stellungnahme vom 19. Juni 1991.
d) Die belangte Behörde hat nun in der Frage, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzung für die ausnahmsweise Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung gemäß §9 Abs4 erster Satz SGVG 1986 gegeben ist, keinerlei Ermittlungsverfahren durchgeführt (s. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 4421/1963, 5512/1967, 6327/1970, 10233/1984; vgl. auch VfSlg. 9488/1982, 34). Sie hat zudem in der Begründung des angefochtenen Bescheides jegliche Auseinandersetzung mit dieser Frage unterlassen (s. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 6327/1970; vgl. etwa auch VfSlg. 10894/1986). Insbesondere ist sie nicht auf die Frage eingegangen, aus welchen Gründen sie das diesbezügliche Parteivorbringen allenfalls für unerheblich hält.
Die Entscheidung, ob in einem Fall der vorliegenden Art die Voraussetzungen für die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung vorliegen, kann jedoch in denkmöglicher Weise nur getroffen werden, wenn auch die Frage des Vorliegens der Voraussetzung für die ausnahmsweise Erteilung der Zustimmung nach §9 Abs4 erster Satz SGVG 1986 geprüft und aus dem Ergebnis dieser Prüfung ein konkret begründeter Schluß gezogen wird (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 5516/1967, 256).
Die belangte Behörde hat durch die aufgezeigten Mängel den angefochtenen Bescheid mit einer der Gesetzlosigkeit gleichkommenden Fehlerhaftigkeit belastet und dadurch die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt (vgl. außer den zuletzt zitierten Erkenntnissen in diesem Zusammenhang etwa auch VfSlg. 10644/1985).
Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von 2.500 S enthalten.
Schlagworte
Ausländergrunderwerb, Überfremdung, BescheidbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B723.1992Dokumentnummer
JFT_10069386_92B00723_00