TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/26 94/16/0296

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Veröffentlicht am 26.07.1995
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;
35/05 Sonstiges Zollrecht;
59/04 EU - EWR;

Norm

BAO §303 Abs1 litb;
EG-Abk Prot3 idF 1988/616;
IDG §13 Abs1 idF 1992/319;
ZollG 1988 §174 Abs3 litc;
ZollG 1988 §80;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des F in B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 24. Oktober 1994, Zl. R-W 5/1/2-GA7-Mes/94, betreffend Wiederaufnahme in einer Zollangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einem mit Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 26. August 1993 abgeschlossenen Verfahren betreffend Zollabrechnung für ein Kraftfahrzeug (gemäß § 80 ZollG) war der Beschwerdeführer unter anderem deshalb unterlegen, weil er eine von ihm in diesem Verfahren als möglich bezeichnete Vorlage einer Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 für das betreffende Fahrzeug nicht vorgenommen hatte.

Am 27. Mai 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens unter Hinweis darauf, daß es ihm am 20. Mai 1994 gelungen sei, die Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 Nr. C 833961 zu erlangen.

Die belangte Behörde lehnte den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab und begründete dies im wesentlichen damit, bei der jetzt vorgelegten Warenverkehrsbescheinigung handle es sich nicht um ein neu hervorgekommenes Beweismittel iS des § 303 Abs. 1 lit. b BAO. Es könne nicht Sinn und Zweck der Wiederaufnahmsbestimmungen sein, eine in einem abgeschlossenen Verfahren nicht erfolgte Anforderung des Gesetzes nachzuholen. Außerdem seien keine Hindernisse behauptet worden (bzw. erkennbar), die einer Vorlage der entsprechenden Warenverkehrsbescheinigung im seinerzeitigen Verfahren entgegengestanden wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Wiederaufnahme verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten.

Gemäß § 13 Abs. 1 des Integrationsdurchführungsgesetzes BGBl. Nr. 623/1987 idF BGBl. Nr. 688/1988 und 319/1992, gelten die in den Integrationsabkommen geforderten Voraussetzungen für die Gewährung der Vorzugszollsätze als erfüllt, wenn ein für die Inanspruchannahme der Vorzugszollsätze gültiger Ursprungsnachweis gemäß den Bestimmungen der Ursprungsregeln vorgelegt wird, sofern nicht ein Amtshilfeverfahren die sachliche Unrichtigkeit ergibt.

Dem Argument des Beschwerdeführers, er könne die im wiederaufzunehmenden Verfahren relevante Tatsache, daß das betreffende Kraftfahrzeug in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt worden sei, nunmehr durch das neu hervorgekommene Beweismittel in Gestalt der Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 vom 20. Mai 1994, beweisen, ist folgendes entgegenzuhalten:

Nach der hg. Judikatur vermittelt allein der Ursprung einer bestimmten Ware noch kein Anrecht auf Gewährung der Zollfreiheit; vielmehr kommen nur solche Ursprungswaren in den Genuß der Präferenz, für die ein Ursprungsnachweis nach vorgeschriebenem Muster vorgelegt wird. Die Vorlage eines entsprechenden Ursprungsnachweises ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Gewährung der Zollfreiheit (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. November 1989, Zl. 89/16/0151, Slg. N.F. Nr. 6.455/F).

Indem der Beschwerdeführer seinen Wiederaufnahmsantrag auf eine Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 stützt, die er nach seinem eigenen Vorbringen erst nachträglich erhielt, liegt kein Anwendungsfall des § 303 Abs. 1 lit. b BAO vor. Hiebei handelt es sich nämlich nicht um das nachträgliche Hervorkommen eines im abgeschlossenen Verfahren schon vorhandenen Umstandes, sondern um die erst nachträgliche Schaffung eines für die Zollfreiheit maßgeblichen, ursprünglich gar nicht vorhandenen Tatbestandselementes. Darauf kann aber ein Wiederaufnahmsantrag nicht mit Erfolg gestützt werden (vgl. z.B. die Fälle der hg. Erkenntnisse vom 22. November 1968, Zl. 1151/68 und 25. Oktober 1990, Zl. 89/16/0029).

Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994160296.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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