TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/28 95/02/0249

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Veröffentlicht am 28.07.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1993 §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. April 1995, Zl. UVS 01/29/54/95, betreffend Schubhaft (mitbeteiligte Partei: B in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. April 1995 wurde der an diese gerichteten Beschwerde gemäß § 52 Abs. 1, 2 und 4 FrG in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG Folge gegeben und die Fortsetzung der Anhaltung des Mitbeteiligten in Schubhaft für rechtswidrig erklärt. Weiters wurde der Bund gemäß § 79a AVG verpflichtet, dem Mitbeteiligten die mit S 8.693,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 53 FrG gestützte Beschwerde des Bundesministers für Inneres an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, gegenüber dem Mitbeteiligten sei am 9. März 1995 ein Aufenthaltsverbot erlassen worden, welches infolge Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung sofort durchsetzbar (und mangels Erhebung einer Berufung auch rechtskräftig) gewesen sei; die Schubhaft habe daher seit dem erwähnten Zeitpunkt der Sicherung der Abschiebung gedient. Unbestritten sei, daß der Mitbeteiligte ohne gültiges Reisedokument und ohne Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist sei und sich auf Grund des Aufenthaltsverbotes widerrechtlich hier aufhalte. Wohl sei auf Grund des damaligen Ermittlungsstandes vom Vorliegen der Voraussetzungen für die seinerzeitige Inschubhaftnahme des Mitbeteiligten auszugehen; dies zum einen, weil dieser unter Umgehung der Grenzkontrolle und entgegen den Bestimmungen des zweiten Teiles des FrG eingereist sei, keine Aufenthaltsberechtigung besessen habe und ohne Nachweis der ausreichenden Mittel für seinen Unterhalt angetroffen worden sei. Hinsichtlich der Unterstands- bzw. Mittellosigkeit des Mitbeteiligten habe sich allerdings im Vergleich zur Sachlage zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme eine für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung der Schubhaft maßgebliche Änderung ergeben. Im Zuge des gegenständlichen Verfahrens habe der Mitbeteiligte dargetan, daß sein (namentlich genannter) Vater an einer näher angeführten Adresse in Linz aufrecht gemeldet sei, eine Aufenthaltsberechtigung besitze und dem Arbeitgeber des Vaters für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei; der Vater habe (mit notariell beglaubigter Unterschrift) die Verpflichtung übernommen, für die Zeit des Aufenthaltes seines Sohnes (des Mitbeteiligten) im Bundesgebiet für dessen Unterhalt und die Unterkunft, einschließlich auch für die Kosten der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen, aufzukommen. Auf Grund des Nachweises eines legalen Aufenthaltes sowie vor allem einer legalen Beschäftigung der sich verpflichtenden Person sowie insbesondere auf Grund des bestehenden persönlichen familiären Naheverhältnisses, das sich nicht zuletzt auch aus den aktenkundigen, regelmäßigen, etwa in wöchentlichen Abständen erfolgenden Besuchen des Vaters bei seinem in Schubhaft befindlichen Sohn (dem Mitbeteiligten) in der Praxis manifestiere, könne die Verpflichtungserklärung des Vaters durchaus als geeigneter Nachweis zum Besitz der erforderlichen Mittel für den Unterhalt und für die Unterkunft angesehen werden. Es könne mit Grund angenommen werden, daß der Vater - im Bewußtsein der seinem Sohn andernfalls drohenden neuerlichen Inschubhaftnahme - den von ihm übernommenen Verpflichtungen zur Unterkunfts- und Unterhaltsgewährung nachkommen werde. Insbesondere wegen der vorhandenen persönlichen Beziehung zu seinem Vater sei weiters nicht anzunehmen, daß der Mitbeteiligte nach Entlassung aus der Schubhaft im Bundesgebiet untertauchen werde; vielmehr sei zu erwarten, daß er in engem, persönlichen Kontakt und räumlichem Naheverhältnis zu seinem Vater leben werde und demgemäß - gegebenenfalls auch durch Vorschreibung entsprechender Auflagen gesicherten - fremdenpolizeilichen Maßnahmen nicht entzogen sein werde.

Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0410, auf welches der Beschwerdeführer zutreffend verweist) hat die Verpflichtungserklärung einer anderen Person für den vom Fremden initiativ zu erbringenden Nachweis des Besitzes der erforderlichen Mittel für seinen Unterhalt auch die Bonität jener Person einzuschließen; dies etwa durch Bekanntgabe hiefür relevanter konkreter Tatsachen, wie der Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfälliger Unterhaltspflichten und sonstiger finanzieller Verpflichtungen, untermauert durch hinsichtlich ihrer Richtigkeit nachprüfbare Unterlagen, wobei sich solcherart belegte Auskünfte auf einen längeren Zeitraum zu beziehen haben. Darüberhinaus ist auch eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen.

Wenn auch die belangte Behörde davon ausgehen konnte, daß die nach der soeben zitierten hg. Rechtsprechung persönliche Bindung zwischen dem Mitbeteiligten und seinem Vater besteht, so konnte sie keineswegs davon ausgehen, daß auch die "Bonität" des Vaters (initiativ) nachgewiesen wurde. Der bloße Umstand, daß für den Vater eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, kommt dem nach der zitierten Rechtsprechung zu fordernden Nachweis bei weitem nicht gleich. Die belangte Behörde hat daher die Frage, ob die Schubhaft im Grunde des § 41 Abs. 1 FrG "notwendig" ist, schon unter diesem Blickwinkel unrichtig gelöst.

Zur Klarstellung sei gesagt - sollten die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides in Hinsicht auf "Vorschreibung entsprechender Auflagen" so zu verstehen sein -, daß nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 14. Oktober 1994, Zlen. 94/02/0170, 0171) ein gelinderes, der Verfolgung des Sicherungszweckes dienliches Mittel bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft nicht in Betracht kommt. Weiters ist die Schubhaft "notwendig", wenn - worauf der Beschwerdeführer gleichfalls zutreffend verweist - die Annahme gerechtfertigt ist, daß beim Fremden keine Ausreisewilligkeit besteht und somit durch die Verhängung der Schubhaft die rechtlich gebotene Ausreise gesichert werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/02/0207, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher (EINSCHLIEßLICH des Kostenspruches) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Schlagworte

Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995020249.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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