TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/28 95/02/0062

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Veröffentlicht am 28.07.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §51;
FrG 1993 §52;
FrG 1993 §65 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des T, derzeit unbekannten Aufenthaltes, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 13. Juni 1994, Zl. 3-50-35-93/E2, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein liberianischer Staatsangehöriger, verließ im Noveber 1990 seine Heimat. Über Senegal, die Türkei und Bulgarien gelangte er schließlich nach Ungarn, wo er sich einen gefälschten Reisepaß der Republik Costa Rica lautend auf den Namen "Aston Villa" beschaffte. Per Bahn reiste er am 8. Oktober 1993 nach Österreich ein und versuchte am 9. Oktober 1993 in die Schweiz auszureisen. Bei diesem Versuch wurde er von schweizerischen Grenzorganen zurückgewiesen und nach Österreich überstellt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 9. Oktober 1993 wurde über ihn die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt und gleichzeitig seine Ausweisung verfügt. Mit Schreiben vom 24. November 1993 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 54 Fremdengesetz den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Liberia. Der Beschwerdeführer weigerte sich sodann, zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit der liberianischen Botschaft telefonischen Kontakt aufzunehmen. Die liberianische Botschaft gab in weiterer Folge bekannt, daß kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde; aus diesem Grund wurde der Beschwerdeführer über Weisung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch am 21. Dezember 1993 um 17.15 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die - zunächst an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gerichtete - am 23. Dezember 1993 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung derselben mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B 1714/94, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die Schubhaft dürfe nicht mehr aufrechterhalten werden, wenn die Abschiebung tatsächlich unmöglich sei; infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsmacht in Liberia sei es unmöglich gewesen, ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Dem ist zu entgegnen, daß die Überprüfung, ob die Abschiebung eines Fremden aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (scheint), nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen hat. Nach § 36 Abs. 2 erster Satz FrG ist nämlich die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unter anderem aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheint. Für einen solchen Fall ist ein eigenes Verfahren vorgesehen, welches vor den Fremdenbehörden zu führen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1994, Zl. 94/02/0227 uam).

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, seiner Abschiebung nach Liberia sei das Rückschiebungsverbot des Art. 3 MRK in Verbindung mit §§ 37, 54 FrG entgegengestanden, ist auszuführen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0410, und vom 25. März 1994, Zl. 94/02/0038), in einem Verfahren nach § 51 FrG die Frage, ob der Fremde in ein bestimmtes Land abgeschoben werde dürfe oder nicht, nicht zu prüfen ist, und zwar unabhängig davon, ob er einen Antrag nach § 54 FrG gestellt hat oder nicht. Diese Frage ist von der Fremdenpolizeibehörde in einem gesonderten Verfahren zu beantworten; einen diesbezüglichen Antrag kann der Beschwerdeführer während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes jederzeit stellen. Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 Fremdengesetz hatte, vermag auch der Umstand, daß er von dieser Möglichkeit erst verspätet Gebrauch gemacht hat, nichts daran zu ändern, daß der belangten Behörde hinsichtlich der behaupteten Abschiebungshindernisse keine Prüfungskompetenz zukam.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995020062.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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