TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/28 95/02/0273

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Veröffentlicht am 28.07.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64 Abs1;
VStG §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 10. März 1995, Zl. 1-0057/95/E1, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 13. März 1994 um 8.35 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw von einem näher angeführten Parkplatz kommend rückwärts auf einen örtlich umschriebenen Straßenzug in Götzis gelenkt, ohne im Besitz einer entsprechenden Lenkerberechtigung gewesen zu sein, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 in Verbindung mit § 134 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Unter dem Blickwinkel der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht das Befahren einer Straße mit öffentlichem Verkehr (bloß) mit den Hinterrädern des Pkws als Erfüllung des Tatbildes des § 64 Abs. 1 KFG gewertet. Vielmehr hätte es hiezu des Lenkens des "gesamten" Fahrzeuges auf der Straße bedurft und werde dieses Tatbild durch das "Hineinfahren" in die Straße nicht erfüllt.

Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten. Gerade der vom Beschwerdeführer in der Folge ins Treffen geführte "Schutzzweck" der Norm spricht für die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, weil kein Zweifel daran bestehen kann, daß selbst schon bei geringfügigem "Hineinragen" eines Teiles des Kraftfahrzeuges in die Straße mit öffentlichem Verkehr durchaus die Kenntnisse und Fähigkeiten, die von einem geprüften Fahrzeuglenker im Interesse der Verkehrssicherheit erwartet werden, von Bedeutung sein können. Ist aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten das Tatbild des § 64 Abs. 1 KFG erfüllte, so kommt eine Wertung dieses Verhaltens als "Versuch" nicht mehr in Betracht.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer auch mit der Rüge, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Durchführung des von ihm beantragten Lokalaugenscheines nicht durchgeführt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, hätte doch dieser - so der Beschwerdeführer - lediglich dazu dienen sollen, festzustellen, ob der Sicherheitswachebeamte von seinem Standort aus mit der erforderlichen Genauigkeit feststellen hätte können, "in welchem Ausmaß" sich das Fahrzeug auf der Straße mit öffentlichem Verkehr befunden habe. Daß aber das Fahrzeug überhaupt nicht in die Straße mit öffentlichem Verkehr hineingeragt hat, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.

Entgegen der offenbaren Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde bei der Strafbemessung von vorsätzlichem Handeln ausgehen. Daß der Beschwerdeführer dadurch, daß er "wieder auf den Privatparkplatz zurückgefahren" sei, bewiesen habe, daß er keine strafbare Handlung "begehen wollte", ist nicht nachvollziehbar.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde auch nicht verpflichtet, von der Vorschrift des § 21 Abs. 1 VStG Gebrauch zu machen: Eine Anwendung dieser Bestimmung kommt nur in Frage, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0026) kann dies zwar auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters der Fall sein, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zum Beispiel verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückende Notlage etc. diesen Schluß rechtfertigen. Daß derartige besondere Umstände im Beschwerdefall gegeben gewesen wären, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995020273.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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