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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des H in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 9. Februar 1994, Zl. 29/03/94.001/2, betreffend Verwaltungsübertretung nach der Bgld. Bauordnung (weitere Partei gemäß § 21 Abs. 1 VwGG: Burgenländische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Neusiedl/See vom 17. Februar 1986 wurde u.a. dem Beschwerdeführer die Bewilligung erteilt, den auf dem Grundstück Nr. n1/40, KG Neusiedl/See, bestehenden Altbau des Seerestaurants abzubrechen und an dieser Stelle ein Seerestaurant mit Fremdenzimmern neu zu errichten. Nach Vorlage eines Auswechslungsplanes wurde mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28. November 1986 die Baubewilligung für die Errichtung eines Seerestaurants nach diesem Plan erteilt. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 16. November 1990 wurde die Benützungsbewilligung für das neu errichtete Seerestaurant unter der auflösenden Bedingung erteilt, daß etliche im Bescheid angeführte Mängel, sofern es sich um die Sicherheit gefährdende Maßnahmen handelt, sofort, ansonsten, bei sonstigem Erlöschen der Benützungsbewilligung, bis Ende März 1991, behoben werden. Am 23. April 1992 wurde eine neuerliche Schlußüberprüfung durchgeführt und festgestellt, daß das Bauvorhaben nicht bewilligungsgemäß ausgeführt worden sei. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 2. September 1992 wurde die Benützungsbewilligung nicht erteilt. Die dagegen erhobene Berufung wurde in der Folge im Hinblick darauf, daß mit dem am 1. Oktober 1993 ausgefolgten Bescheid vom 14. September 1993 eine Teilbenützungsbewilligung betreffend den fertiggestellten Teil (Erdgeschoß) erteilt worden war, zurückgezogen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See vom 3. November 1993 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 105 Bgld. Bauordnung zu einer Geldstrafe von S 10.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen verurteilt, wobei als erwiesen angenommen wurde, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 23. April 1992 bis 15. Oktober 1993 den mit Bescheid vom 28. November 1986 bewilligten Bau auf dem Grundstück Nr. n1, KG Neusiedl/See, ohne Benützungsbewilligung benützt habe, weil die Räumlichkeiten im Erdgeschoß für die Ausübung des Gastgewerbes im genannten Zeitraum Verwendung gefunden hätten.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Übertretungsnorm "§ 111 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 105 Abs. 4 erster Satz
Bgld. Bauordnung" zu lauten habe.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit
des Inhaltes geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 4 Bgld. Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970, begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer einen Bau vor Erteilung der Benützungsbewilligung oder bewilligungswidrig benützt oder benützen läßt. Gemäß § 105 Abs. 4 erster Satz leg. cit. dürfen Bauten vor Erteilung der Benützungsbewilligung nicht in Gebrauch genommen werden.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß der "Bescheid" vom 2. September 1992, mit dem die Benützungsbewilligung widerrufen werden sollte, keine Wirkung haben konnte, weil er nicht die leserliche Beifügung des Namens dessen, der den Bescheid genehmigt hat, enthalten habe. Es liege somit ein Nichtbescheid vor, die Benützungsbewilligung sei somit nicht widerrufen worden. Der Beschwerdeführer könne daher das ihm angelastete Delikt nicht begangen haben.
Diesem Vorbringen hält die belangte Behörde zutreffend entgegen, daß - selbst wenn man davon ausgeht, daß die Benützungsbewilligung nicht widerrufen wurde - die Benützungsbewilligung vom 16. November 1990 nur unter der auflösenden Bedingung erteilt worden sei, daß die angeführten Mängel innerhalb einer bestimmten Zeit (einige sofort nach Erlassung des Bescheides, andere bis 15. März 1991) behoben würden. In der Überprüfungsverhandlung vom 23. April 1992 hat nun die belangte Behörde - vom Beschwerdeführer unbestritten - festgestellt, daß etliche im Bescheid vom 16. November 1990 angeführte Mängel nicht behoben worden seien. Spätestens in diesem Zeitpunkt konnte die belangte Behörde im Hinblick auf die auflösende Bedingung, mit der die Benützungsbewilligung erteilt worden war, zu Recht davon ausgehen, daß keine Benützungsbewilligung vorlag.
Dem Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang aber auch entgegenzuhalten, daß auch dem Bescheid, mit dem die Benützungsbewilligung vom 16. November 1990 erteilt wurde, der Mangel anhaftet, daß er keine leserliche Beifügung des Namens desjenigen enthält, der diesen Bescheid genehmigt hat. Es ist somit schon im Hinblick darauf nicht zutreffend, daß überhaupt je eine Benützungsbewilligung für das neu errichtete Seerestaurant des Beschwerdeführers vorgelegen ist.
Die belangte Behörde konnte daher zu Recht für den Zeitraum vom 23. April 1992 (allerdings nur) bis 1. Oktober 1993 (Erteilung der Teilbenützungsbewilligung vom 14. September 1993) davon ausgehen, daß das Erdgeschoß des neu errichteten Seerestaurants vom Beschwerdeführer ohne Vorliegen einer Benützungsbewilligung benützt worden sei.
Da die belangte Behörde als Tatzeit den Zeitraum vom 23. April 1992 bis 15. Oktober 1993 angenommen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid jedoch als rechtswidrig, weil dem Beschwerdeführer ab dem 1. Oktober 1993 die Benützungsbewilligung - wenn auch unter Auflagen und mit einer auflösenden Bedingung im Falle der Nichterfüllung dieser Auflagen - für das in Frage stehende Erdgeschoß erteilt worden war. Wie schon erwähnt, begeht zufolge § 111 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer einen Bau vor Erteilung der Benützungsbewilligung benützt. Es kommt also nach dieser Bestimmung auf die Erteilung der Benützungsbewilligung an, wobei nicht - wie in § 111 Abs. 1 Z. 1 leg. cit - auf den Eintritt der Rechtskraft der Bewilligung abgestellt wird. Auch die korrespondierenden materiellen Bestimmungen über den zulässigen Baubeginn in § 100 leg. cit. einerseits und die zulässige Ingebrauchnahme eines Baues gemäß § 105 Abs. 4 leg. cit. andererseits bestätigen dieses Ergebnis. Während § 100 leg. cit. ausdrücklich die Rechtskraft der Baubewilligung verlangt, spricht § 105 leg. cit. lediglich davon, daß Bauten vor Erteilung der Benützungsbewilligung nicht in Gebrauch genommen werden dürfen. Die belangte Behörde durfte daher nicht davon ausgehen, daß der in Frage stehende Bau ab dem 1. Oktober 1993 ohne Benützungsbewilligung benützt wurde. Da der von der belangten Behörde bestätigte Ausspruch der Strafbehörde erster Instanz über den Tatzeitraum untrennbar ist, war der angefochtene Bescheid zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des konkreten Kostenantrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994050190.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009