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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AbfallnachweisV 1991 §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Oktober 1994, Zl. MA 22 - 2775/94, betreffend Behandlungsauftrag gemäß § 32 Abs. 1 AWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Jänner 1992 wurden der Beschwerdeführerin "als Transporteur", gestützt auf "§ 32 i.V.m. § 17 und § 20 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz - AWG", folgende Maßnahmen vorgeschrieben:
"Die PCB-hältigen Transformatorenöle und polychlorierten Biphenyle (Schlüsselnummer 54 107 der ÖNORM S 2101), die sich in den gebrauchten Transformatoren und Kondensatoren in dem auf Gleis 211 des Südbahnhofes-Frachtenbahnhof abgestellten zweiachsigen Güterwaggon befinden und einen gefährlichen Abfall nach dem Abfallwirtschaftsgesetz darstellen, sind binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu entsorgen."
Mit dem angefochtenen, in letzter Instanz ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Oktober 1994 wurde der erstinstanzliche Bescheid dahingehend geändert, daß der Beschwerdeführerin die angeführten Maßnahmen gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit "§ 17 Abs. 1 und 3 AWG als Abfallbesitzer" aufgetragen wurden.
Am 3. Jänner 1989 seien von der I Gesellschaft m.b.H. gefährliche Abfälle, und zwar 293 Kondensatoren und zwei Transformatoren mit einem Gesamtgewicht von ca. 20 Tonnen, mit einem Lastkraftwagen nach Polen exportiert und von dem polnischen Unternehmen M übernommen worden. Dieses habe die gefährlichen Abfälle mit der Eisenbahn an die
I Gesellschaft m.b.H. zurückgesandt. Beauftragter Transporteur seien die polnischen Staatsbahnen "PKP" gewesen. Von diesen seien die gefährlichen Abfälle von den Österreichischen Bundesbahnen übernommen und weitertransportiert worden. Am 3. April 1989 seien die gefährlichen Abfälle in Wien-Südbahnhof für die I Gesellschaft m.b.H. als Empfängerin eingelangt, von dieser jedoch nicht übernommen worden. Auch Verständigungen des polnischen Absenders hätten nicht dazu geführt, daß die Abfälle abgeholt worden wären. Am 27. Juli 1989 sei von den Österreichischen Bundesbahnen eine Materialprüfung vorgenommen worden, die ergeben habe, daß es sich um gefährliche Abfälle handle. Gleichzeitig sei die Umladung der Abfälle auf ÖBB-eigene Waggons erfolgt. Eine Zustellung dieser Abfälle an die Empfängerin wie an den Übergeber der Sendung sei nicht möglich gewesen. Gemäß § 32 Abs. 1 AWG habe die Bezirksverwaltungsbehörde u.a. für Abfälle, die nicht gemäß den §§ 16 bis 18 AWG entsorgt oder entgegen den §§ 19, 20 und 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt würden, dem Verpflichteten die entsprechenden Maßnahmen aufzutragen. Gemäß § 17 Abs. 1 AWG seien gefährliche Abfälle und Altöle jedenfalls so zu lagern und zu behandeln, daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG vermieden würden. Sei der Besitzer der gefährlichen Abfälle und Altöle zu einer entsprechenden Behandlung nicht befugt oder imstande, habe er gemäß § 17 Abs. 3 AWG die gefährlichen Abfälle und Altöle, soweit nicht anders angeordnet sei, zu einer entsprechenden Sammlung oder Behandlung Befugten zu übergeben. PCB-hältige Transformatoröle und polychlorierte Biphenyle seien nach Schlüssel-Nr. 54107 der ÖNORM S 2101 gefährliche Abfälle, die gemäß § 17 Abs. 1 AWG nicht außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen abgelagert werden dürften. Daher liege ein Verstoß gegen das AWG vor, sodaß § 32 Abs. 1 AWG zur Anwendung komme. Verpflichteter nach § 32 Abs. 1 AWG sei der zurücklassende Abfallbesitzer, dies gelte auch für Ablagerungen vor dem 1. Juli 1990. Wer Abfallbesitzer sei, sei aufgrund der allgemeinen zivil- und handelsrechtlichen Bestimmungen zu lösen. Gemäß § 309 ABGB sei Inhaber einer Sache, wer sie in seiner Macht und Gewahrsame habe. Habe der Inhaber einer Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten, so sei er ihr Besitzer. Für den Besitz im Sinne des Handelsgesetzbuches sei es gemäß Art. 5 der
4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch nicht erforderlich, daß der Inhaber den Willen habe, die Sache als die seinige zu behalten. Die gegenständlichen Abfälle befänden sich in der Macht und Gewahrsame der Beschwerdeführerin, was sich darin äußere, daß die Beschwerdeführerin Materialproben habe nehmen und die Abfälle habe umladen können und auch sonst frei über sie verfügen könnte. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Bundesbahngesetz 1992 kämen für die Beschwerdeführerin die für Vollkaufleute geltenden Rechtsvorschriften zur Anwendung. Dazu zähle auch Art. 5 der 4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch. Auch vor Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes habe ein Besitzwille im Sinne des § 309 ABGB vorgelegen, was im Vorgang des Umladens der Transformatoren und Kondensatoren zum Ausdruck gekommen sei. Es liege nicht der Fall vor, daß der Besitzwille auszuschließen sei, weil der Besitzakt in Erfüllung einer Pflicht erfolgt sei. Das Umladen sei nur erfolgt, um sich Mietkosten zu ersparen. Die Beschwerdeführerin sei somit Abfallbesitzer. Es sei daher ihr der Auftrag zur Entfernung der gefährlichen Abfälle zu erteilen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr 155/1994, lauten:
"§ 17. (1) Gefährliche Abfälle und Altöle sind unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.
(2) ...
(3) Ist der Besitzer der gefährlichen Abfälle oder Altöle zu einer entsprechenden Behandlung nicht befugt oder imstande, hat er diese, soweit nicht anderes angeordnet ist, einem zu einer entsprechenden Sammlung oder Behandlung Befugten zu übergeben. Altöle sind in diesem Fall regelmäßig, mindestens einmal innerhalb von 24 Monaten, einem nach den §§ 15 oder 24 Befugten zu übergeben oder bei einer öffentlichen Sammelstelle (§ 30) abzugeben.
(4) ...
§ 19. (1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle einem Übernehmer übergibt oder sie in der Absicht, sie einem Übernehmer zu übergeben, zu diesem befördert oder befördern läßt, hat Menge und Art der gefährlichen Abfälle oder Altöle in einem Begleitschein zu deklarieren. Besondere Gefahren, die mit der Behandlung verbunden sein können, sind bekanntzugeben. Mit der Übernahme des Begleitscheines durch den Übernehmer gehen die in § 17 geregelten Pflichten auf den Übernehmer über; dessen Ersatzansprüche gegen den Vorbesitzer bleiben unberührt.
(2) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle als Sammler oder Behandler übernimmt oder eigene gefährliche Abfälle oder Altöle selbst behandelt, hat innerhalb von drei Wochen nach der Übernahme oder der Behandlung dem Landeshauptmann Art, Menge, Herkunft, Transporteur und Adressat dieser Abfälle und Altöle zu melden. Die Übermittlung von Daten der Begleitscheine kann im Wege der automatischen Datenverarbeitung an den zuständigen Landeshauptmann mit dessen Zustimmung erfolgen.
...
§ 20. (1) Unbeschadet weitergehender Rechtsvorschriften dürfen gefährliche Abfälle und Altöle nur befördert werden, wenn diese auf den Verpackungen und Gebinden, in denen sie befördert werden, deutlich sichtbar gekennzeichnet sind. Der Bundesminister für Umwelt kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr und dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf eine ausreichende, sichere und genaue Erfassung der gefährlichen Abfälle und Altöle sowie die Anforderungen der Transportwirtschaft nähere Vorschriften betreffend die Kennzeichnung gefährlicher Abfälle und Altöle erlassen. Die Bestimmungen über den Transport gefährlicher Güter bleiben unberührt.
(2) Die Begleitscheine (§ 19) sind während der Beförderung der gefährlichen Abfälle oder Altöle mitzuführen und der Behörde bzw. den Organen der öffentlichen Aufsicht (§ 40) auf Verlangen jederzeit vorzuweisen. Werden gefährliche Abfälle oder Altöle ohne die nach § 19 erforderlichen Begleitscheine befördert, so treffen den Beförderer (den nach § 15 Abs. 2 Z. 3 beauftragten Transporteur) die im § 17 geregelten Pflichten.
...
Behandlungsaufträge
§ 32. (1) Werden Problemstoffe und Altöle aus privaten Haushalten und vergleichbaren Einrichtungen nicht gemäß § 12 gelagert oder entsorgt, werden andere Abfälle - soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind - oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt oder werden sie entgegen den §§ 19, 20 und §§ 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt oder ist die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Dies gilt sinngemäß in den Fällen des § 37 Abs. 3 für die unverzügliche Wegbringung vom Amtsplatz des Zollamtes.
(2) Ist der gemäß Abs. 1 Verpflichtete nicht feststellbar, zur Entsorgung rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen dazu nicht verhalten werden, so ist der Auftrag unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 und 4 dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die im Abs. 1 genannten Abfälle befinden, zu erteilen; dessen Ersatzansprüche gegen den gemäß Abs. 1 Verpflichteten bleiben unberührt.
..."
Art. 5 der 4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch (im folgenden: HGB) lautet:
"Für den Besitz i.S. des Handelsgesetzbuches ist es nicht erforderlich, daß der Inhaber den Willen hat, die Sache als die seinige zu behalten."
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, daß sie weder Verpflichtete nach § 32 Abs. 1 AWG noch Besitzerin des Abfalls nach § 17 Abs. 3 AWG sei. Aus der genauen Zuweisung der Pflichten im AWG sei abzuleiten, daß diese nur jene Personen träfen, die schon im Zeitpunkt der Erlassung des AWG entsprechende Pflichten gehabt hätten, nämlich die Erzeuger, Sammler und Behandler. Für die Begriffe Erzeuger, Sammler und Behandler habe im Sonderabfallgesetz der Überbegriff Sonderabfallbesitzer bestanden. Auch die Abfallnachweisverordnung gehe von diesem Begriff des Abfallbesitzers aus. Danach seien Abfallbesitzer natürliche oder juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, die als Erzeuger, Sammler oder Behandler von Abfällen tätig würden. Dies treffe auf die Beschwerdeführerin nicht zu. Die Beschwerdeführerin habe die zur Abholung bereitstehenden Transformatoren und Kondensatoren lediglich aus wirtschaftlichen Gründen von einem Waggon der polnischen Staatsbahnen auf einen Waggon der Beschwerdeführerin umgeladen und "weiter mobil zur Abholung bereitgestellt". Im Zeitpunkt der Umladung habe die Beschwerdeführerin davon ausgehen können, daß es sich bei der Sendung nicht um gefährliche Abfälle, sondern um gebrauchte Wirtschaftsgüter handle.
Der Beschwerdeführerin kann nicht darin gefolgt werden, daß vom Begriff des Besitzers von gefährlichen Abfällen oder Altölen in § 17 Abs. 3 AWG nur jene Personen erfaßt sein können, die nach dem Sonderabfallgesetz als Sonderabfallbesitzer galten. Das AWG enthält im Gegensatz zum Sonderabfallgesetz keine Definition des Begriffes des Abfallbesitzers. Es kann daher eine Einschränkung dieses Begriffes, wie er positiv-rechtlich im Sonderabfallgesetz vorgenommen wurde, aus dem AWG nicht abgeleitet werden. Sofern die Abfallnachweisverordnung, BGBl. Nr. 65/1991, die keine Durchführungsverordnung zu § 17 Abs. 3 AWG, sondern zu den §§ 13, 14, 19 und 38 leg. cit. darstellt, den Abfallbesitzer im Sinne des Sonderabfallgesetzes definiert, kann diesem Umstand im Zusammenhalt mit § 17 Abs. 3 AWG keine Bedeutung zukommen.
Dennoch ist die belangte Behörde aus folgenden Gründen zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin als Abfallbesitzer im Sinne des § 17 Abs. 3 AWG anzusehen ist:
Da das AWG den Begriff des Abfallbesitzers nicht definiert, ist dieser nach § 309 ABGB auszulegen. Danach ist Besitzer einer Sache, wer diese in seiner Macht oder Gewahrsame und den Willen hat, sie als die seinige zu behalten. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang Art. 5 der 4. Einführungsverordnung des HGB ins Treffen führt, nach der es für den Besitz im Sinne des HGB nicht erforderlich ist, daß der Inhaber einer Sache auch den Willen hat, die Sache als die seinige zu behalten, ist sie nicht im Recht. Zutreffend wird in der Beschwerde dazu geltend gemacht, daß Art. 5 der 4. Einführungsverordnung zum HGB nur für den Besitz im Sinne des HGB gelte. Der Besitz im Sinne des HGB ist maßgeblich, wenn in einer anzuwendenden Vorschrift des HGB (bzw. einer Einführungsverordnung zum HGB) der Besitz als Tatbestandsmerkmal aufscheint (vgl. Schuhmacher in Straube, Kommentar zum Handelsgesetzbuch I2, 1995, Rz. 1 zu Art. 5 (§ 364)). Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin gemäß dem Bundesbahngesetz 1992 Kaufmann im Sinne des § 1 HGB ist, bewirkt nicht, daß für die vorliegende Angelegenheit der Erteilung eines Behandlungsauftrages gemäß § 32 Abs. 1 AWG eine Vorschrift des HGB anzuwenden ist, die auf den Besitz einer Sache abstellte, für die der Besitz im Sinne des HGB entscheidend wäre. Dieses Ergebnis wird bestätigt, wenn in § 20 leg. cit. angeordnet ist, daß für den Transporteur, der ohne Zweifel Besitzer im Sinne des HGB ist, nur dann die Pflichten gemäß § 17 leg. cit. gelten, wenn er die Beförderung ohne die erforderlichen Begleitscheine vornimmt. In den Erläuterungen (RV 1274 XVII. GP) heißt es ganz in diesem Sinne dazu:
"Der Transporteuer ist grundsätzlich nicht als gemäß § 17 verantwortlicher Abfallbesitzer oder Abfallsammler anzusehen. Handelt er im Auftrag des Übergebers, bleibt während des Transportes dessen Verantwortlichkeit aufrecht, handelt er im Auftrag des Übernehmers, ist während des Transportes bereits dessen Verantwortlichkeit gegeben. Von dieser Regel bestehen zwei Ausnahmen: Werden Abfälle ohne die erforderlichen Papiere befördert, d.h. kann der Transporteur die Papiere nicht vorweisen, gilt er nach Abs. 2 selbst als verantwortlicher Besitzer."
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann daher vom Abfallbesitzer im Sinne des § 17 Abs. 3 AWG nur dann ausgegangen werden, wenn er die Voraussetzungen des § 309 ABGB erfüllt. Für die Frage des Vorliegens des Besitzwillens ist das äußere Bild der Beziehung zu der Sache ausschlaggebend (vgl. Spielbüchler in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch I2, Rz. 3 zu § 309). Aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin in Erfüllung ihrer Verpflichtung, von ihr beförderte oder (wie im vorliegenden Fall) von einem anderen Eisenbahnunternehmen am Bestimmungsbahnhof übernommene Waren für den vorgesehenen Empfänger bereitzustellen und abzuliefern (vgl. Art. 16 §§ 1-6 des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM), BGBl. Nr. 266/1964), die verfahrensgegenständlichen Abfälle auf einen eigenen Waggon umgeladen hat, um Mietkosten bei den polnischen Staatsbahnen, die die gefährlichen Abfälle bis Wien befördert hatten, zu vermeiden, kann nicht auf den Besitzwillen der Beschwerdeführerin im Sinne des § 309 ABGB an diesen Abfällen geschlossen werden. Es ist für ein Transportunternehmen geradezu typisch, daß mit der Innehabung der zum Transport übergebenen Waren im Regelfall kein Besitzwille des Transporteurs verbunden ist, weshalb im AWG auch für den Beförderer eine eigene Regelung in § 20 leg. cit. getroffen werden mußte (die aber im vorliegenden Fall - wie dies im hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/05/0300, ausgeführt worden war - nicht angewendet werden kann). Die Beschwerdeführerin kann daher nicht als Abfallbesitzerin im Sinne des § 17 Abs. 3 AWG in Verbindung mit § 309 ABGB qualifiziert werden. Damit stellt sich aber der vorliegende Behandlungsauftrag, der gemäß § 32 in Verbindung mit § 17 Abs. 3 AWG ergangen ist, als rechtswidrig dar. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995050005.X00Im RIS seit
17.07.2001Zuletzt aktualisiert am
10.10.2010