TE Vwgh Erkenntnis 1995/8/29 95/05/0170

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Veröffentlicht am 29.08.1995
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita idF 8200-6;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z1;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4 idF 8000-5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Mai 1995, Zl. R/1-V-93097/00, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid vom 15. April 1983 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei die Errichtung eines Kellers auf dem Grundstück Nr. 215, KG O. Nach dem dieser Baubewilligung zugrundeliegenden Einreichplan vom Februar 1983 bzw. nach der Baubeschreibung war in diesem Kellerhaus im Erdgeschoß ein Stüberl, ein Arbeitsraum, eine Halle und ein Zugang zu der bestehenden Weinkellerröhre enthalten. Mit Schreiben vom 16. März 1992 ersuchte die Beschwerdeführerin um die Erlaubnis, im Gebäude wohnen zu dürfen. Eine am 3. September 1992 abgehaltene Überprüfungsverhandlung ergab, daß das Dachgeschoß zur Gänze als Wohneinheit mit 3 Zimmern, Küche, Bad, WC und Vorraum ausgebaut worden war. Für diesen Dachgeschoßausbau lag keine baubehördliche Bewilligung vor.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführerin der baupolizeiliche Auftrag zur Beseitigung der konsenslosen Umbauten im Dachgeschoß und zur Wiederherstellung des mit Bescheid vom 15. April 1983 bewilligten Zustandes erteilt. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Gemeinderat der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 25. Februar 1993 abgewiesen.

Die Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde in der Folge von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Der verfahrensgegenständliche Dachausbau liege unbestritten auf einem Grundstück mit der Widmung "Grünland-Landwirtschaft". Gemäß § 19 Abs. 2 und 4 Nö ROG 1976 dürften im Gründland Neu-, Zu- und Umbauten nur errichtet werden, wenn sie für die Nutzung nach Abs. 2 - hier für die landwirtschaftliche Nutzung bzw. für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe - erforderlich seien. Die Zulässigkeit eines Bauvorhabens in einem solchen Fall setze ein wenigstens auf einen Nebenerwerb gerichtetes Betriebskonzept voraus, wie sich dies aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergäbe. Die im Gesetz verwendete Formulierung der "familieneigenen Wohnbedürfnisse der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe" setze einen landwirtschaftlichen Betrieb voraus. Ein solcher Betrieb müsse zumindest nebenberuflich ausgeübt werden. Im Rahmen des Ortsaugenscheines am 28. September 1992 habe der agrartechnische Sachverständige in seinem Befund festgestellt, daß die Beschwerdeführerin ehemals eine Gastwirtschaft betrieben und diese später ihrem Sohn übergeben habe. Einer wie auch immer gearteten landwirtschaftlichen Tätigkeit sei die Beschwerdeführerin jedenfalls weder früher noch jetzt nachgegangen. Die Beschwerdeführerin habe diese Feststellungen des Sachverständigen nicht widerlegt und in späteren Vorbringen und Einwendungen nie die tatsächliche Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit behauptet. Allein ihr landwirtschaftlicher Grundbesitz (nach der Aktenlage ein kleiner Weingarten), der - wie im Befund des agrartechnischen Sachverständigen festgestellt werde - laut Aussage der Beschwerdeführerin selbst einem Bekannten zur Bearbeitung überlassen werde, entspreche der Erforderlichkeit im Sinne des § 19 Abs. 4 Nö ROG nicht. Weiters liege eine bewilligungsfähige bloße Änderung des Verwendungszweckes nicht vor, vielmehr handle es sich im vorliegenden Fall um einen Umbau gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 Nö Bauordnung, weshalb die Erforderlichkeitsprüfung im Sinne des § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 anzustellen gewesen sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf den Bestand ihrer bewilligungsfähigen Baulichkeit auf Bauparzelle 215 KG Oberrohrendorf verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 Nö Bauordnung, LGBl. Nr. 8200-0 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung bedürfen Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden einer Bewilligung der Baubehörde. Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 Nö Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6, hat die Baubehörde den Abbruch einer Baulichkeit u.a. anzuordnen, wenn für die Baulichkeit keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist (lit. a). Gemäß § 19 Nö ROG 1976, LGBl. 8000-0 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. 8000-5, gehören alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen zum Grünland (Abs. 1). Im Grünland dürfen Neu-, Zu- und Umbauten nur errichtet werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind (Abs. 4). Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse u.a. für Flächen, die für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung bzw. für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe bestimmt sind, die entsprechenden Grünlandnutzungsarten auszuweisen. Alle Flächen des Grünlandes, die nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, nicht familieneigenen Wohnbedürfnissen der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen und nicht Ödland sind, müssen im Flächenwidmungsplan unter Angabe der besonderen Nutzung ausgewiesen werden (§ 19 Abs. 2 leg. cit.).

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Annahme der belangten Behörde, die Erforderlichkeit des Dachgeschoßausbaues im Sinne des § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 liege nicht vor, indem sie darauf verweist, daß ihrem Rechtsvorgänger die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung des Kellers erteilt worden sei. Die Errichtung dieses Kellers sei gemäß § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 als erforderlich angesehen worden. Über die Erforderlichkeit gemäß § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 sei daher bereits rechtskräftig mit diesem Bescheid aus dem Jahre 1983 abgesprochen worden. Es stelle daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dar, wenn nunmehr diese Erforderlichkeit verneint werde.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Im Rahmen des Bescheides vom 15. April 1983 wurde die Erforderlichkeit des eingangs dargestellten KELLERS im Sinne des § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 für das damals eingereichte Projekt für den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin bejaht. Der nunmehr verfahrensgegenständliche DACHGESCHOßAUSBAU ist - auch von der Beschwerdeführerin unbestritten - baubehördlich nicht bewilligt. Im vorliegenden Fall geht es also in bezug auf die Beschwerdeführerin um die Frage, ob dieser Ausbau im Sinne des § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 erforderlich ist. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Frage im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin selbst nicht bestreitet, keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit zumindest im Nebenerwerb zu betreiben, verneint hat.

Auch der Umstand, daß die belangte Behörde über ein nach Auffassung der Beschwerdeführerin eingebrachtes Ansuchen um baubehördliche Bewilligung vor Erlassung des vorliegenden Beseitigungsauftrages nicht entschieden hat, kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bewirken, da der verfahrensgegenständliche Dachgeschoßausbau von der Beschwerdeführerin unbestritten ohne baubehördliche Bewilligung erfolgt ist. Gemäß § 113 Abs. 3 lit. a Nö Bauordnung ist ein Beseitigungsauftrag zu erteilen, wenn für die Baulichkeit keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist, was im vorliegenden Fall von der Behörde zutreffend angenommen worden ist.

Die Beschwerdeführerin ist auch nicht im Recht, wenn sie meint, die Erforderlichkeit für land- und forstwirtschaftliche Zwecke sei bereits dann zu bejahen, wenn eine solche Tätigkeit beabsichtigt sei. Gemäß § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 sind u.a. Umbauten nur zulässig, wenn sie u.a. für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung oder für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erforderlich sind. Dies ist dahin zu verstehen, daß zumindest im Rahmen des eingereichten Bauprojektes die geplante land- und forstwirtschaftliche Nutzung dargelegt werden muß. Es genügt somit nicht, wenn die bloße Absicht zu einer solchen Nutzung im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführt wird. Ganz in diesem Sinne wird nach der hg. Judikatur (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 18. Jänner 1994, Zl. 93/05/0212, und vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0074) das Vorliegen einer solchen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung - wie die belangte Behörde zu Recht angeführt hat - streng anhand eines wenigstens auf einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerb gerichteten Betriebskonzeptes geprüft.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050170.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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