TE Vwgh Erkenntnis 1995/8/29 95/05/0222

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Veröffentlicht am 29.08.1995
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §135 Abs1;
BauRallg;
VStG §19 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des K in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. April 1995, Zl. UVS-04/A/41/00048/95, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei gemäß § 21 Abs. 1 VwGG: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28. Dezember 1993 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. zu einer Geldstrafe von S 50.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen, verurteilt.

Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet in bezug auf die angelastete Verwaltungsstraftat wie folgt:

"Sie haben als Eigentümer des Hauses in Wien, W-Straße 16, jedenfalls in der Zeit vom 31.8.1992 bis 8.10.1993 verabsäumt, nachstehende Abweichungen von den Bauvorschriften für die eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt wurde, beseitigen zu lassen."

In der Folge werden im Straferkenntnis in einer beinahe dreiseitigen Auflistung eine Vielzahl von Konsenswidrigkeiten betreffend das Dachgeschoß, das Erdgeschoß und den Keller des genannten Hauses angeführt.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Tatzeitraum "5.1.1993 bis 8.10.1993" und die verletzte Gesetzesbestimmung "§ 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien" zu lauten habe. Der Berufung in der Straffrage wurde insoweit Folge gegeben, als die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen auf zehn Tage herabgesetzt wurde. Die im Lichte der Beschwerdeausführungen maßgebliche Begründung der Strafbemessung lautete dahin, daß der Unrechtsgehalt der Tat im Hinblick auf das der Bestimmung zugrundeliegende öffentliche Interesse an der Beseitigung konsenswidriger Bauten auch bei Fehlen nachteiliger Folgen an und für sich groß sei. Das Verschulden des Beschwerdeführers sei, da er den konsenswidrigen Zustand gekannt habe und sohin Wissentlichkeit vorliege, als erheblich anzusehen. Dabei sei auch die große Anzahl von Konsenswidrigkeiten erschwerend zu berücksichtigen. Erschwerend seien auch eine Vielzahl von verwaltungsbehördlichen Vormerkungen, wobei auch eine einschlägige Vorstrafe vorliege. Da diese von der Erstbehörde bei der Strafbemessung bisher nicht berücksichtigt worden sei, sei trotz Einschränkung des Tatzeitraumes die verhängte Geldstrafe nicht herabzusetzen. Eine Herabsetzung der Strafe käme zudem aus spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht, sei doch die zuletzt verhängte einschlägige Vorstrafe bereits bei S 70.000,-- gelegen. Mildernde Umstände lägen keine vor. Die verhängte Geldstrafe sei unter Berücksichtigung des Strafrahmens von S 300.000,-- selbst bei schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen und mehreren Sorgepflichten nicht zu hoch, wobei jedoch darauf zu verweisen sei, daß aus einer Mehrzahl von Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien hervorgehe, daß der Beschwerdeführer Eigentümer mehrerer Liegenschaften oder Liegenschaftsanteile sei und daher über entsprechendes Vermögen verfüge, wobei er selbst im Schreiben vom 11. April 1994 eine konkrete Angabe über den Wert seines Immobilienbesitzes verweigert habe, und konkret keine Sorgepflichten hervorgekommen seien.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, die sich ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet, wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die belangte Behörde sei in Verkennung und unter Nichtberücksichtigung der Angabe des Beschwerdeführers davon ausgegangen, daß er "Eigentümer mehrerer Liegenschaften oder Liegenschaftsanteile ist und daher über ein entsprechendes Vermögen verfügt", und habe auch die Sorgepflicht für das Enkelkind nicht anerkannt. Es sei unbestritten und auch für die belangte Behörde jederzeit nachprüfbar, daß sämtliche Einkünfte des Beschwerdeführers bis auf das Existenzminimum gepfändet würden. Ebenso liege die Sorgepflicht für das Enkelkind des Beschwerdeführers vor. In den letzten Jahren sei es zu hohen Verlusten aus Vermietung und Verpachtung gekommen und seien den von der belangten Behörde angeführten Vermögenswerten von Liegenschaften oder Liegenschaftsanteilen - die trotz zahlreicher erfolgloser Versuche des Beschwerdeführers nicht verwertet werden konnten - immer jeweils wesentliche Verbindlichkeiten gegenübergestanden, sodaß nicht von einem "entsprechenden Vermögen" auszugehen sei, welches darüber hinaus durch die Zinsenbelastung laufend geschmälert werde. Die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe sei daher zu hoch bemessen worden.

Mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Die belangte Behörde hat sich im Rahmen des Strafrahmens von S 300.000,--, wie schon erwähnt, zur konkreten Strafbemessung auf folgende Umstände gestützt: der große Unrechtsgehalt der Tat, die wissentliche Begehung der Verwaltungsübertretung, die große Anzahl von Konsenswidrigkeiten, das Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe und die zuletzt verhängte einschlägige Vorstrafe in Höhe von S 70.000,--. Die verhängte Geldstrafe beurteilte die belangte Behörde im Rahmen des Strafrahmens selbst bei angenommenen schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen und mehreren Sorgepflichten als nicht zu hoch an. Als zusätzliches Argument führte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang ins Treffen, daß - was auch vom Beschwerdeführers nicht bestritten wird - der Beschwerdeführer Eigentümer mehrerer Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile sei. Unbestritten vom Beschwerdeführer ist auch, daß er eine konkrete Angabe über den Wert seines Immobilienbesitzes verweigert habe, wobei er auch die darauf lastenden Verbindlichkeiten hätte näher angeben können. Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die Verweigerung näherer Angaben über die Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers vom Vorliegen eines "entsprechenden Vermögens" ausgegangen ist, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Dem Beschwerdeführer wäre es im Verwaltungsstrafverfahren offengestanden, seine Liegenschaften und die darauf lastenden Verbindlichkeiten detailliert anzugeben.

In gleicher Weise kann der Beschwerdeführer mit der bloßen Behauptung in der Beschwerde, es bestehe eine Sorgepflicht für das Enkelkind, die Auffassung der belangten Behörde, es seien konkret keine Sorgepflichten hervorgekommen, nicht in Frage stellen.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, daß entgegen dem § 51e VStG keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe. Keiner der in dieser Bestimmung angeführten Ausnahmetatbestände läge jedoch vor.

Auch mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Gemäß § 51e Abs. 2 VStG ist in dem Fall, daß in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde.

Der Beschwerdeführer stellt in der Beschwerde selbst mit Nachdruck fest, daß er sich in der Berufung sowohl gegen die unrichtige rechtliche Beurteilung als auch gegen die Höhe der Strafe gerichtet habe. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer - in der Beschwerde wird dies nicht geltend gemacht - in der Berufung gemäß § 51e Abs. 2 VStG ausdrücklich die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, da der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines allfälligen Verfahrensfehlers der belangten Behörde nicht dargetan, also im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht aufgezeigt hat, inwieferne die belangte Behörde im Falle der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, weshalb dem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht stattzugeben war.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Eingehen auf den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Schuldform Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen Persönliche Verhältnisse des Beschuldigten Rücksichten der Generalprävention

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050222.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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