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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der I Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 28. April 1995, MD-VfR - B XV - 8/95, betreffend Feststellung in bezug auf die Zahl der Pflichtstellplätze, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 7. März 1995 wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 70 und 73 Bauordnung für Wien die Bewilligung erteilt, von den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen des mit Bescheid vom 10. Oktober 1994 bewilligten Bauvorhabens insofern abzuweichen, als die Zusammenlegung der Wohnungen Nr. 47 und Nr. 48 im dritten Stock der Stiege 1 unterbleiben solle und das Geschäftslokal samt Nebenräumen im Erdgeschoß an der Ecke Z-Gasse-M-Straße in zwei Bestandsobjekte unterteilt werde. Weiters wurde die Raumeinteilung einer Wohnung im Erdgeschoß und einer Wohnung im dritten Stock abgeändert. Auf dem Bauplatz befänden sich daher künftig nicht insgesamt 47, sondern 48 Wohnungen. Gemäß § 40 Abs. 1 Wr. Garagengesetz wurde im zweiten Absatz des erstinstanzlichen Bescheides festgestellt, daß die Zahl der Pflichtstellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß um einen Stellplatz zurückbleibe. Die gegen diese Feststellung erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 28. April 1995 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Teil des erstinstanzlichen Bescheides bestätigt.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf richtige Anwendung der Bestimmungen des Wr. Garagengesetzes, insbesondere "im Recht auf Nichtvorschreibung weiterer Pflichtstellplätze für die gegenständliche Baubewilligung" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 73 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 34/1992 (im folgenden: BO) sieht für beabsichtigte Abweichungen von rechtskräftigen Baubewilligungen vor, daß diese nach den Bestimmungen der §§ 60 und 62 leg. cit. wie Änderungen an bereits bestehenden Baulichkeiten zu behandeln sind. Gemäß § 36 Abs. 1
Wr. Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 7/1975, sind bei Neu- und Zubauten, mit Ausnahme unmittelbar kultischen oder Bestattungszwecken dienenden Anlagen, auf dem Bauplatz Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen in Ansehung des künftigen Bedarfes für die Benützer und Besucher dieser Bauten nach Maßgabe der folgenden Absätze zu schaffen. Die dafür erforderlichen Stellplätze (Pflichtstellplätze) sind
"a)
bei Wohngebäuden, Gebäuden für Beherbergungsbetriebe, bei Heimen, bei welchen Wohneinheiten bestehen oder vorgesehen sind, wie bei Ledigenheimen, bei Heimen für betagte Menschen und dergleichen, nach der Anzahl der Wohneinheiten, Zimmereinheiten oder Appartements,
b)
bei Industrie- und Betriebsgebäuden, Büro- und Geschäftshäusern, Amtsgebäuden, Schulen und Instituten, Krankenanstalten, Heimen, bei welchen keine Wohneinheiten bestehen oder vorgesehen sind, wie bei Heimen für Lehrlinge und Jugendliche, Arbeiter, Schüler und Studenten und dergleichen, nach der Fläche der Aufenthaltsräume,
c)
bei Bauten für Veranstaltungen, Versammlungsräume, Sportanlagen und dergleichen nach den behördlich zugelassenen Besucherzahlen,
d)
bei Bädern nach der Zahl der Kabinen und Kästchen,
e)
bei Kleingartenflächen nach der Zahl der Lose zu ermitteln."
Die Ermittlung der Pflichtstellplätze für die in lit. a) bis d) angeführten Gebäude, in denen Räume verschiedener Widmung untergebracht sind, hat nach den einzelnen Widmungskategorien getrennt zu erfolgen. Gemäß § 36 Abs. 2 Wr. Garagengesetz sind bei Widmungsänderungen Pflichtstellplätze nach den Grundsätzen des Abs. 1 zu schaffen, sofern diese Widmungsänderungen eine zusätzliche Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen nach sich ziehen. Gemäß § 40 Wr. Garagengesetz ist, wenn eine Baubewilligung erteilt wird, ohne daß die Verpflichtung nach § 36 Abs. 1 oder 2 leg. cit. überhaupt oder voll erfüllt werden kann, dies im Bescheid festzustellen und auszusprechen, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt. Wird nur gegen diese Feststellung Berufung erhoben, so kann das bewilligte Vorhaben begonnen werden, wenn die entsprechende Ausgleichsabgabe bezahlt wird. Wird der Berufung stattgegeben, so ist die Ausgleichsabgabe zur Gänze oder nach Maßgabe der Herabsetzung zurückzuerstatten. § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 9/1975 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 30/1994, sieht für jede Wohneinheit die Schaffung eines Stellplatzes vor. Gemäß § 1 Abs. 2 dieser Verordnung in der Stammfassung war für je 1,5 Wohneinheiten ein Stellplatz zu schaffen. Gemäß Art. III der Verordnung, mit der die Verordnung zur Durchführung des Wr. Garagengesetzes geändert wird, LGBl. Nr. 30/1994, gelten für alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung (am 1. September 1994) anhängigen Verfahren die bisherigen Bestimmungen weiter.
Der Antrag auf Abänderung des rechtskräftig bewilligten Bauvorhabens wurde im vorliegenden Fall am 22. November 1994 gestellt. Das Verfahren betreffend dieses Ansuchen, das gemäß § 73 BO wie eine Änderung einer bereits bestehenden Baulichkeit zu behandeln ist und somit nicht als in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem ursprünglichen Bauvorhaben stehend angesehen werden kann, war somit im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle der Durchführungsverordnung zum Wr. Garagengesetz noch nicht anhängig. Es kommt somit nicht die Übergangsbestimmung der Verordnung, LGBl. Nr. 30/1994, sondern die Durchführungsverordnung zum Wr. Garagengesetz in der Fassung der Verordnung, LGBl. Nr. 30/1994, zur Anwendung.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig, weil die Änderung des rechtskräftig bewilligten Bauvorhabens weder einen Neu- oder Zubau im Sinne des § 36 Abs. 1 Wr. Garagengesetz noch eine Widmungsänderung im Sinne des § 36 Abs. 2 leg. cit. darstelle. Der Ausspruch "Widmungsänderung" in § 36 Abs. 2 leg. cit. beziehe sich auf die Widmungen gemäß § 36 Abs. 1 lit. a bis e Wr. Garagengesetz. Die planmäßig gewünschte Wohnungsteilung stelle keine Widmungsänderung eines Wohngebäudes im Sinne des § 36 Abs. 1 lit. a leg. cit. dar.
Die belangte Behörde hat zu Recht das Vorliegen einer Widmungsänderung im Sinne des § 36 Abs. 2 leg. cit. angenommen. Bei der Frage, welche Bedeutung dem Begriff "Widmungsänderung" in dieser Bestimmung zukommt, muß von § 36 Abs. 1 vorletzter Satz Wr. Garagengesetz ausgegangen werden. Dort wird von den in lit. a bis d angeführten Gebäuden mit "Räumen verschiedener Widmung" gesprochen, bei denen die Ermittlung der Pflichtstellplätze nach den einzelnen Widmungskategorien getrennt zu erfolgen hat. Unter "Räumen verschiedener Widmung" können im Zusammenhalt mit lit. a bis lit. d nur Räume, die eine oder keine Wohneinheit darstellen (lit. a und b), Räume für Veranstaltungen, Versammlungen und Sportanlagen (lit. c) oder Räume im Rahmen von Bädern (lit. d) gemeint sein. Daraus ergibt sich, daß auch die Teilung einer Wohneinheit insofern eine Widmungsänderung darstellt, als aus der Widmung von Räumen zu EINER Wohneinheit die Widmung derselben Räume zu ZWEI Wohneinheiten wurde. Es ist daher nicht zutreffend - wie die Beschwerdeführerin meint -, daß unter "Widmungsänderung" nur eine solche Änderung zu verstehen ist, bei der die Gebäude- oder Widmungskategorie im Sinne des § 36 Abs. 1 lit. a - d Wr. Garagengesetz geändert wird. Die belangte Behörde ist daher zu Recht von einer Stellplatzverpflichtung von 48 Stellplätzen für 48 Wohneinheiten ausgegangen und hat darauf aufbauend gemäß § 40 Wr. Garagengesetz zutreffend festgestellt, daß die Zahl der Pflichtstellplätze, die für 47 Wohneinheiten vorgesehen worden war, um einen Pflichtstellplatz zurückbleibe.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995050176.X00Im RIS seit
11.05.2001