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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des K in E, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. April 1994, Zl. GA 9-1615/93, betreffend Nachsicht von Erbschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen den den Nachsichtsantrag des Beschwerdeführers vom 19. April 1993 abweisenden Bescheid keine Folge. Dies - soweit im Beschwerdefall von Relevanz - mit der Begründung, es sei den Verwaltungsakten keineswegs zu entnehmen, die Abgabenentrichtung führe zur Existenzgefährdung des Beschwerdeführers. Dieser verfüge nach seinen eigenen Angaben nach Abzug sämtlicher Ausgaben für den notwendigen Lebensunterhalt monatlich frei über einen Betrag von nicht ganz S 4.000,--. Weiters sei zu erwähnen, daß der aus der Verlassenschaft zugeflossene Betrag in der Höhe von 381.000,-- dem Beschwerdeführer bar von der Versicherung ausbezahlt worden sei. In Anbetracht der dargestellten finanziellen Situation des Beschwerdeführers könne daher in der Entrichtung der Abgabe eine unbillige Härte nicht erkannt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch beschwert, daß die belangte Behörde trotz Vorliegens der Voraussetzung für die Gewährung der Nachsicht diese abgewiesen habe. Im Administrativverfahren - wie auch im Beschwerdeverfahren - brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse vor, er habe den ererbten Geldbetrag in der Höhe von S 381.000,-- noch vor der Abgabenvorschreibung für den Ankauf eines Kraftfahrzeuges, das er zur Fahrt zu seiner Arbeitsstätte benötige, sowie für Investitionen in das Haus und für Einrichtungsgegenstände verwendet. Dadurch hätten er und seine Gattin die Ersparnisse aufgebraucht. Er verfüge über Einkünfte eines Finanzbediensteten der Verwendungsgruppe C und vermiete eine ihm gehörende Eigentumswohnung, welche ihm aber nur Verluste bringe. Die Bezahlung der von ihm geforderten Erbschaftsteuer in der Höhe von S 45.000,-- wäre nur durch den Verkauf seiner Eigentumswohnung möglich.
In einer im Administrativverfahren eingeholten Vorhaltbeantwortung gab der Beschwerdeführer bekannt, ihm verbleibe nach Abzug der notwendigen Aufwendungen ein Rest von monatlich S 3.864,90. Dieses Geld benötige er aber, um die angefallenen Reparaturen von Haus und Wohnung ordnungsgemäß durchführen lassen zu können. Weiters weise er darauf hin, daß er wieder ein Auto kaufen müsse, um zu seiner Arbeitsstätte gelangen zu können. Seine Ehegattin gebe ihm ihre Einkommensverhältnisse nicht bekannt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen gemäß § 236 Abs 1 BAO ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre.
Die Feststellung, ob das gesetzliche Merkmal der Unbilligkeit der Einhebung gegeben ist, liegt im Bereich der gesetzlichen Gebundenheit. Erst nach der Feststellung, daß der Sachverhalt dem unbestimmten Gesetzesbegriff "Einhebung nach der Lage des Falles unbillig" entspricht, betritt die Behörde den Bereich des Ermessens und hat nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu entscheiden. Liegt nach begündeter Auffassung der Behörde also Unbilligkeit nicht vor, so fehlt die gesetzlich vorgesehene Bedingung für die Nachsicht und das darauf gerichtete Ansuchen ist abzuweisen (Stoll, BAO-Kommentar, 2426, mit angeführter Rechtsprechung).
Persönliche Unbilligkeiten sind anzunehmen, wenn die Einhebung der Abgabe, also die Einziehung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und das Einkommen des Abgabenschuldners in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigten. Die deutlichste Form der perönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müßte gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend ("auch") mitverursacht sein (Stoll aaO, 2430 und 2431).
Mit Rücksicht auf das Erfordernis eines Antrages und in Anbetracht der Interessenslage hat bei Nachsichtsmaßnahmen der Nachsichtswerber einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. Derjenige der eine Abgabennachsicht anstrebt, hat also jene Umstände anzugeben, uneingeschränkt offenzulegen und nachzuweisen, die für eine Abgabennachsicht von Bedeutung sind (Stoll, aaO, 2422).
Im Beschwerdefall kann bei den vom Beschwerdeführer geschilderten wirtschaftlichen Verhältnissen keine Rede davon sein, daß eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die Entrichtung der Erbschaftssteuerschuld dargelegt wurde. Die Bezahlung der Erschaftssteuerschuld, mit der der Beschwerdeführer rechnen mußte, war auf Grund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse möglich. Nur dann, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt (Vorsorge für die Abgabenentrichtung) allein durch die Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung nach den Gegebenheiten des Falles einer Vermögensverschleuderung gleichkäme, könnte darin eine Unbilligkeit der Einhebung gelegen sein. Dafür besteht aber - ungeachtet der mangelnden Sorgfalt bei der Vorsorge für die Abgabenentrichtung - im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt. Die belangte Behörde hat daher mit Recht das Vorliegen einer Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO verneint und die Abgabennachsicht schon deswegen versagt, ohne noch weiter auf die Ermessensfrage einzugehen.
Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde nicht näher ausgeführt. Wesentliche Verfahrensmängel sind nicht erkennbar.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994160125.X00Im RIS seit
20.11.2000