TE Vwgh Erkenntnis 1995/8/30 95/16/0205

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Veröffentlicht am 30.08.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ABGB §7;
ErbStG §7 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der W in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 18. Mai 1995, Zl. B 111-7/94, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit der Beschwerde vorgelegten Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

P.K. war grundbücherlicher Eigentümer einer Eigentumswohnung in Graz. Mit Vertrag vom 26. Jänner 1994 schenkte er diese Wohnung der Beschwerdeführerin. In der Anzeige dieses Vorganges an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz (im folgenden: Finanzamt) wurde angegeben, P.K. sei Adoptivsohn der Beschwerdeführerin, weshalb die Bemessung nach der Steuerklasse III des § 8 Abs. 1 ErbStG begehrt wurde.

Das Finanzamt setzte die Steuer unter Heranziehung der Steuerklasse V zuzüglich eines Zuschlages gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG fest.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wurde ausgeführt, daß unter "Eltern" in der Steuerklasse III des § 7 Abs. 1 ErbStG nur die leiblichen Vorfahren zu verstehen seien.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Heranziehung der Steuerklasse III anstelle der Steuerklasse V verletzt und begehrt Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 Abs. 1 ErbStG lautet auszugsweise:

"Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser werden die folgenden fünf Steuerklassen unterschieden:

I.

Steuerklasse I.

1.

Der Ehegatte,

2.

die Kinder; als solche gelten auch

a)

die an Kindes Statt angenommenen Personen,

b)

die Stiefkinder.

III.

Steuerklasse III.

1.

Die Eltern, Großeltern und weiteren Voreltern,

2.

die Stiefeltern,

3.

die voll- und halbbürtigen Geschwister.

V.

Steuerklasse V.

Alle übrigen Erwerber und die Zweckzuwendungen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem auch der Beschwerdeführerin bekannten Erkenntnis vom 26. November 1970, Zl. 433/69, betreffend das Vorliegen des Begünstigungstatbestandes des § 14 Abs. 1 Z. 1 lit. a Grunderwerbsteuergesetz 1955, mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Wahlelternteil dem Begriff "Eltern" zuzuordnen sei. Er gelangte zum Ergebnis, daß mit "Elternteil" nur leibliche Eltern gemeint seien. Aus der zivilrechtlichen Gleichstellung der Wahleltern und Wahlkinder mit den leiblichen Eltern und den leiblichen Kindern durch das Bundesgesetz vom 17. Februar 1960, BGBl. Nr. 58, können Auswirkungen auf dem Gebiet des Abgabenrechtes nicht abgeleitet werden. Begünstigt solle nämlich nach dem Sinn dieses Gesetzes vor allem der "fallende" Erwerb werden.

Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, daß in der Steuerklasse III - und somit anders als in § 14 GrEStG 1955 - nicht nur Eltern, sondern auch Stiefeltern genannt seien, weshalb diese Steuerklasse kraft Größenschlusses auch für Adoptiveltern Anwendung finden müsse. Nach Dorazil (Anm. 14.1 zu § 7 ErbStG, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz3) sei es nicht einzusehen, daß Stiefeltern in die Steuerklasse III eingereiht sind, Adoptiveltern nicht.

Die Beschwerdeführerin verkennt allerdings, daß das Vorhandensein einer GesetzesLÜCKE primäre Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung (etwa durch Größenschluß) ist (Bydlinski in Rummel-ABGB I2, Rz. 2 zu § 7 ABGB). Von einer solchen "planwidrigen Unvollständigkeit" (Bydlinski aaO) kann aber keine Rede sein, wenn der Gesetzgeber in derselben Bestimmung (und zwar in den Steuerklassen I und II) auf das durch Adoption entstandene Verwandtschaftsverhältnis (steuermindernd) Bedacht nimmt, in der Steuerklasse III die Adoption aber nicht berücksichtigt. Vielmehr ist davon auszugehen, daß bewußt und gewollt vom Gesetzgeber unter Begünstigung vor allem des "fallenden" Erwerbes die Adoptiveltern in der Steuerklasse III nicht aufgezählt wurden, sodaß sich jegliche Ausweitung durch ergänzende Interpretation verbietet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar im Erkenntnis vom 30. Juni 1988, Zl. 87/16/0038, die Einreihung der Adoptivgeschwister in die Steuerklasse III Z 3 gebilligt, damit auch steuerrechtlich die vom Gesetz (§ 182 Abs. 1 ABGB) geforderte Gleichstellung der Wahlkinder mit den ehelichen Kindern erreicht wird. Dort wurde zur Vorjudikatur (Erkenntnis vom 26. November 1970) ausgeführt, daß mit diesem Erkenntnis nicht gegen den Sinn des § 182 Abs. 1 ABGB verstoßen wurde, weil danach das Wahlkind durch die Adoption die volle Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erhalten soll, womit noch nicht gesagt ist, daß auch die WahlELTERN die volle Rechtsstellung ehelicher Eltern erlangen sollen.

Auch anläßlich des Erbrechtsänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 656/89, sah sich der Gesetzgeber nicht veranlaßt, eine steuerrechtliche Gleichstellung der Adoptiveltern zu den leiblichen Eltern herbeizuführen. Im Ausschußbericht (1158 BlgNR XVII. GP) heißt es dazu:

"Werden die unehelichen Kinder mit den ehelichen im Erbrecht gleich behandelt, so besteht für eine unterschiedliche Behandlung im Erbschaftssteuerrecht kein Grund mehr. Diese Unterscheidungen müssen entfallen.

Es ist nur noch klarzustellen, daß - wie bisher - auch Adoptiv- und Stiefkinder in die Steuerklasse I fallen."

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995160205.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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