Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. April 1995, Zl. 300.717/2-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß nach der auch auf den Angaben des Beschwerdeführers beruhenden Aktenlage dieser seit dem 5. September 1991 wegen 18 Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz und der Straßenverkehrsordnung bestraft worden sei. Davon habe er im Zeitraum vom 16. August 1993 bis 15. März 1994 14 Übertretungen, die mit sieben Verwaltungsstrafen abgestraft wurden, begangen. Es handle sich hiebei nicht lediglich um geringfügige Verwaltungsübertretungen. Nichtbeachtung eines Überholverbotes, Geschwindigkeitsüberschreitung, Vorrangverletzungen und insbesondere die wiederholten Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz, die allesamt auf die mangelnde Verkehrs- und Betriebssicherheit des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers hinweisen, seien keinesfalls geringfügig. Zudem sei der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des LG Wr. Neustadt vom 11. August 1993 wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt worden. Auch dieses Vergehen sei keinesfalls geringfügig.
Eine Abwägung der privaten Interessen im Sinne des Art. 8 EMRK mit den öffentlichen Interessen ergebe, daß die öffentlichen Interessen überwiegen. Dabei sei auch berücksichtigt worden, daß seiner Ehefrau und den Kindern keine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Verurteilung des LG Wr. Neustadt lediglich daraus resultiere, daß er die damals verletzte Person daran hindern wollte, in seine Wohnung einzudringen. Aus dem Umstand, daß das Gericht lediglich eine bedingte Strafe ausgesprochen habe, sei abzuleiten, daß die Besorgnis, er könne auch weiterhin strafbare Handlungen begehen, unbegründet sei. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden werde. Die Übertretungen nach dem KFG resultierten daraus, daß sein Kfz aufgrund eines Autounfalles beschädigt gewesen sei und er es aufgrund von Geldmangel nicht habe reparieren lassen können. Zudem liege der Verfahrensmangel des mangelnden Parteiengehörs dergestalt vor, daß die Behörde erster Instanz lediglich von sieben verwaltungsstrafrechtlichen Übertretungen kraftfahrrechtlicher Art ausgegangen sei, welche ihm auch vorgehalten worden seien, die belangte Behörde jedoch 18 Übertretungen nach dem KFG und der StVO heranziehe, ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt zu haben. Bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift hätte er ausführen können, daß es sich nicht um 18 Verwaltungsstrafen gehandelt habe. Letztlich rügt der Beschwerdeführer die Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK. Bei richtiger Abwägung hätte die belangte Behörde zu dem Schluß kommen müssen, daß die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung und damit verbunden die ihm und seiner Familie drohende Abschiebung in seine ehemalige Heimat unverhältnismäßig und in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0321, zu § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG erkannt hat, liegt in einem Fall, in welchem der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung (begangen im Familienkreis gegenüber dem Vater) gemäß § 107 und zusätzlich wegen Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt wurde, jedenfalls eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor. Auch in diesem Fall erfolgte durch das Strafgericht eine Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe.
Aus dem Umstand, daß das Strafgericht die verhängte Freiheitsstrafe von zwei Monaten bedingt nachgesehen hat, ist nicht der vom Beschwerdeführer gezogene Schluß zwingend, denn die Behörde hat die aus dem Aufenthalt des Fremden resultierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit unabhängig von einem Ausspruch des Gerichtes betreffend eine bedingte Strafnachsicht zu beurteilen (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0217).
Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist nicht vom Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung (oder einer rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafung) - gleichgültig in welcher Form - abhängig, sondern davon, ob das (gesamte) Verhalten des Fremden die in der genannten Bestimmung umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0021). Dies ist - unter Zugrundelegung der den Gegenstand seiner gerichtlichen Verurteilung bildenden Straftat - in bezug auf den Beschwerdeführer der Fall.
Vergleicht man den Unrechtsgehalt der die körperliche Unversehrtheit bedrohenden bzw. verletzenden Taten der einfachen Körperverletzung, der schweren Körperverletzung und der gefährlichen Drohung, so erkennt man aus den gesetzlichen Strafdrohungen, daß die schwere Körperverletzung mit der höchsten Strafe (Freiheitsstrafe bis drei Jahre) bedroht ist, sohin die Gesellschaft darin den höchsten Unrechtsgehalt erblickt. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht den der gerichtlichen Bestrafung wegen § 84 StGB zugrundeliegenden Angriff gegen die körperliche Unversehrtheit. Dieser Angriff ist aber im Hinblick auf die drohende weitere Gefährdung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit jedenfalls zumindest gleich schwer zu werten wie die im Familienkreis erfolgten Taten nach § 107 und § 83 StGB des Vergleichsfalles.
Im konkreten Fall kommt hinzu, daß dem Beschwerdeführer noch (nach dem erstinstanzlichen Verfahren sieben, nach dem Berufungsverfahren 18) Übertretungen straßenverkehrsrechtlicher Art zu seinem Nachteil gereichen. Selbst wenn man lediglich die sieben verwaltungsstrafrechtlichen Übertretungen kraftfahrrechtlicher Art heranzöge, welche auf Schäden am Kfz des Beschwerdeführers infolge eines Autounfalles und der Unterlassung deren Reparatur beruhen sollen, so ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie diese Übertretungen aufgrund mangelnder Verkehrs- und Betriebssicherheit des Kfz als keinesfalls geringfügig ansieht. Denn von eingeschränkt verkehrs- und betriebssicheren Kraftfahrzeugen gehen im Straßenverkehr bedeutende Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer aus. Daß er diese Gefahren nicht hätte vermeiden können, führt der Beschwerdeführer nicht aus.
Ergibt sich sowohl aus der vorliegenden strafgerichtlichen Verurteilung als auch aus den von der Erstbehörde herangezogenen sieben Verwaltungsübertretungen des KFG alleine für sich und daher umsomehr in ihrem Zusammenhange, daß die belangte Behörde zu Recht § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG heranziehen konnte, so erübrigt es sich darauf einzugehen, ob die von der Berufungsbehörde darüberhinaus herangezogenen Verwaltungsübertretungen dem Beschwerdeführer hätten zur Kenntnis gebracht werden müssen, da die belangte Behörde nicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, weshalb einem eventuellen Verfahrensmangel jedenfalls die Relevanz mangelt.
Angesichts der durch das Verhalten des Beschwerdeführers bewirkten schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen begegnet es auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde unter Berücksichtigung der privaten und familiären Interessen (Gattin, zwei Kinder, Berufstätigkeit in Österreich, bereits längerwährender Aufenthalt) des Beschwerdeführers zum Ergebnis kam, daß letztere Interessen gegenüber den maßgeblichen öffentlichen Interessen zurückzutreten hätten. An diesem Ergebnis kann auch der Hinweis darauf, daß er als Staatsbürger der ehemaligen SFR Jugoslawien und Sohn einer kroatischen Mutter die drohende Abschiebung in seine ehemalige Heimat als unverhältnismäßig ansieht, nichts ändern, da die Beurteilung, ob der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG erfüllt ist, unabhängig von der Frage ist, ob und in welches Land er ausreisen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 94/18/0103, und vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0593, u. a.).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995190105.X00Im RIS seit
02.05.2001