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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §6 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Mai 1995, Zl. 110.546/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Mai 1995 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 6 Abs. 3 leg. cit. nicht stattgegeben. In der Begründung geht die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz mit einer Geltungsdauer bis 30. Oktober 1994 erteilt worden sei. Da er seinen Verlängerungsantrag erst am 11. Oktober 1994 eingebracht habe, sei die Frist des § 6 Abs. 3 AufG versäumt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach dem Beschwerdevorbringen erfolgte die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer am 5. Mai 1995. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist daher die Rechtslage vor Inkrafttreten der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351/1995, maßgebend.
Gemäß § 6 Abs. 3 AufG in der Fassung vor Inkrafttreten dieser Novelle sind Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung so rechtzeitig zu stellen, daß darüber vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden werden kann; solche Anträge sind jedenfalls spätestens 4 Wochen vor diesem Zeitpunkt zu stellen.
Unbestritten ist, daß die Geltungsdauer der dem Beschwerdeführer erteilten Bewilligung am 30. Oktober 1994 abgelaufen ist, und daß der Beschwerdeführer den Antrag auf Verlängerung der Bewilligung erst am 11. Oktober 1994, somit nach dem gemäß § 6 Abs. 3 AufG in der hier anzuwendenden Fassung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
Der Beschwerdeführer verkennt nicht, daß die Frist der zitierten Gesetzesbestimmung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine materiell-rechtliche Frist darstellt, deren Nichteinhaltung zum Untergang des Anspruches des Antragstellers auf Verlängerung seines Aufenthaltsrechtes führt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 94/18/0748).
Aus der Formulierung des Gesetzestextes sei aber deutlich erkennbar, daß der der Bestimmung zugrundeliegende Gesetzeszweck darin liege, der Behörde aus Gründen der Verfahrensökonomie einen zeitlichen Spielraum für ihre Entscheidungsfindung zu geben. Jedenfalls sei deutlich ersichtlich, daß es sich bei der gegenständlichen Frist um eine Frist für eine prozessuale Handlung, nämlich die Stellung des Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung handle. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewiligung seien im § 5 Abs. 1 AufG taxativ aufgezählt. Demgegenüber sei aus § 6 AufG in der hier anzuwendenden Fassung nicht zu entnehmen, daß die Fristversäumnis den Untergang des Anspruches zur Folge habe.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß dem Zweck, der Behörde einen zeitlichen Spielraum für ihre Entscheidungsfindung zu geben, schon allein durch die Vorschrift genüge getan ist, wonach Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung so rechtzeitig zu stellen sind, daß darüber vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden werden kann. Der Verlängerungsantrag ist nicht bloß auf die Auslösung prozessualer Rechtswirkungen gerichtet, sondern dient der Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruches des Fremden, nämlich des Anspruches auf VERLÄNGERUNG SEINES AUFENTHALTSRECHTES. Der Verlängerungsantrag ist darüber hinaus auch unmittelbar auf die Herbeiführung materieller Rechtswirkungen gerichtet, zumal sich für den Fall der rechtzeitigen Antragstellung die Geltungsdauer der bestehenden Bewilligung - bei nicht rechtzeitiger Entscheidung über den Antrag vor ihrem Ablauf - bis zum Entscheidungszeitpunkt, längstens aber um 6 Wochen verlängert. Schon aus dieser - allein durch die rechtzeitige Antragstellung bewirkten - Gestaltung der materiellen Rechtslage erscheint die Annahme einer (bloß) prozessualen Frist nicht gerechtfertigt.
Damit geht aber auch die Berufung des Beschwerdeführers auf § 33 Abs. 3 AVG 1991 ins Leere, zumal diese Bestimmung lediglich auf prozessuale Fristen Anwendung findet (Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5 RZ 237).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Fremden im Rahmen einer auf § 6 Abs. 3 AufG gestützten Entscheidung nicht vorgesehen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Februar 1995, Zl. 95/18/0087).
Selbst auf dem Boden des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Zl. B 1611-1614/94-24, ist bei einer auf § 6 Abs. 3 AufG gestützten Abweisung eines Antrages auf VERLÄNGERUNG der Aufenthaltsberechtigung keine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geboten. Denn dem Fremden steht danach das Recht zu, einen NEUANTRAG i.S. des § 6 Abs. 2 zweiter Satz VOM INLAND aus zu stellen. Eine Beeinträchtigung des Privat- und Familienlebens findet somit durch die Abweisung des Verlängerungsantrages wegen Versäumung der in § 6 Abs. 3 AufG genannten Frist in relevanter Weise nicht statt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Gerichtsentscheidung
abg v VfGH E 1995/06/16 B 1611/94European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995190137.X00Im RIS seit
11.07.2001