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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, in der Beschwerdesache des D in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. März 1995, Zl. 111.487/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 9. März 1995 wurde dem Beschwerdeführer in Stattgebung seiner Berufung eine Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "selbständig erwerbstätig/Geschäftsführer" vom 7. November 1994 bis 6. November 1996 erteilt. Die Berufungsbehörde erachtete - ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er für seine Tätigkeit als Geschäftsführer "ein Gehalt von S 14.000,--" beziehen würde - die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG), BGBl. Nr. 466/1992, für gegeben, führte jedoch im Absatz 4 ihrer Bescheidbegründung aus wie folgt:
"Die Voraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 AufG insbesonders im Hinblick auf den Unterhalt sind derzeit als grenzwertig zu beurteilen. Bei der nächsten Verlängerung müssen die Voraussetzungen eindeutig vorliegen, ansonsten mit einer Versagung gerechnet werden muß".
Gegen diese Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides richtet sich die gegenständliche Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid "im Umfang der Anfechtung" aufzuheben. Der Beschwerdeführer betrachtet die oben wiedergegebenen Ausführungen in der Bescheidbegründung als eigenen Bescheid oder als Teil des Bescheidspruches. Der Ausspruch sei geeignet, eine normative Wirkung für Behörde und Beschwerdeführer anläßlich der nächsten Antragstellung auszuüben, wonach bei gleichen oder ähnlichen Unterhaltsvoraussetzungen eine abweisliche Entscheidung ergehen müsse.
Diesen Ausführungen ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Behörde mit dem bekämpften Bescheid - wie sich schon aus der Gliederung desselben in Spruch und Begründung ergibt - ausschließlich über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (im stattgebenden Sinne) entschieden hat. Für die Annahme des Beschwerdeführers, wonach der vierte Absatz der Bescheidbegründung Teil des Spruches oder ein Bescheid sui generis sein sollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Bescheidqualität kommt nur normativen Akten zu und setzt ein autoritatives Wollen der Behörde voraus. Für das Vorliegen eines Bescheides ist der "Wille" der Behörde maßgeblich, "hoheitliche Gewalt" zu üben. Fehlt dieser Wille, dann kommt dem betreffenden Akt kein normativer Gehalt zu. Nur wenn die Behörde den Willen hatte, eine bindende Regelung zu erlassen, kann das Vorliegen eines Bescheides angenommen werden. Bloße "Mitteilungen" sind daher keine Bescheide (Walter - Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5 RZ 384 mwN).
Die für das Vorliegen eines Bescheides maßgeblichen Kriterien treffen auf den vom Beschwerdeführer bekämpften Teil der Bescheidbegründung jedoch nicht zu. Mit dem ersten Satz dieser Ausführungen beurteilt die belangte Behörde lediglich eine für die Hauptfrage, ob eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen ist, präjudizielle Vorfrage. Der Beurteilung einer solchen Vorfrage kann aber niemals Rechtskraftwirkung zukommen (Verfassungsgerichtshof vom 10. Oktober 1955, B 87/55, Slg. 2871/1955 = Mannlicher - Quell8 S 800). Auch aus dem zweiten Satz des angefochtenen Begründungsteiles kann nicht geschlossen werden, daß die Behörde damit bereits eine bindende Regelung der Voraussetzungen für eine allfällige Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers über den 6. November 1996 hinaus treffen wollte. Im Sinne der - gebotenen - gesetzeskonformen Interpretation des angefochtenen Bescheides kann diesem Satz lediglich der Charakter einer Mitteilung, bzw. Belehrung beigemessen werden.
Damit ficht der Beschwerdeführer aber einen Berufungsbescheid an, der seiner Berufung vollinhaltlich stattgegeben hat. Der Zulässigkeit einer derartigen Beschwerde steht der Mangel der formellen Beschwer und daher des Rechtsschutzbedürfnisses entgegen, weshalb sie zurückzuweisen ist (Oberndorfer, Verwaltungsgerichtsbarkeit S. 92 f).
Ebenso als unzulässig zurückzuweisen ist der Eventualantrag des Beschwerdeführers, die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, da ein solcher im Gesetz nicht vorgesehen ist (Verwaltungsgerichtshof 14.9.1982, Zl. 82/07/0069).
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und RechtsbelehrungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995190212.X00Im RIS seit
11.07.2001