TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/4 94/10/0150

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Veröffentlicht am 04.09.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §7 Abs1 litc;
LMG 1975 §74 Abs1;
LMG 1975 §74 Abs6;
LMG 1975 §8 litf;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der E in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 26. August 1994, Zl. VwSen-240097/2/Gf/Km, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Februar 1994 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe als Gewerbeinhaberin der Firma P. Drogerie in L., Nachstehendes verwaltungsstrafrechtlich zu veranworten:

"Laut Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz, U.Zl. 1970/93 vom 8.6.1993 sind die am 30.3.1993 bei der Firma P. Filiale W-Straße 38, L., entnommenen Proben "Aktiv-Haustee" (2 x 150 g) als falsch bezeichnet i.S.d. § 8 lit. f des LMG 1975 zu beanstanden.

Die vorliegenden Proben weisen in ihrer Bezeichnung folgende unzulässige Angaben auf:

"Erhöht die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden"

"Auch bei der Schlankheitskur ..."

    "... enthält Spurenelemente ..."

    "... keine Reizstoffe oder Alkaloide wie Coffein ..."

Die beiden erstgenannten Hinweise stellen gemäß § 9 Abs. 1 lit. a LMG unzulässige gesundheitsbezogene Angaben dar. Der Hinweis auf Spurenelemente ist irreführend, weil die in einem Lebensmittel der vorliegenden Zusammensetzung unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Verzehrmenge enthaltenen Spurenelemente physiologisch unbedeutend sind. Der Hinweis auf die Coffeinfreiheit ist irreführend, weil in der vorliegenden Mischung, wie aus oben stehenden Befund hervorgeht, auch schwarzer Tee enthalten ist. Nach den Richtlinien des Kodexkapitels B 31 Teilkapitel B, Zi. 5.3, erfolgt bei Mischungen teeähnlicher Produkte, die schwarzen Tee enthalten, ein deutlich sicht- und lesbarer Hinweis auf den Coffeingehalt, sowie die Angabe der Menge des Tees in der Mischung. Diese Angaben fehlen bei der vorliegenden Probe. Die Probe ist daher gemäß den Begriffsbestimmungen des § 8 lit. f LMG als falsch bezeichnet zu beurteilen. Außerdem ist die angegebene Zusammensetzung wenig informativ, weil die lateinischen Bezeichnungen den meisten Verbrauchern nicht geläufig sind. Die ist außerdem unvollständig, weil außer dem fehlenden Hinweis auf den enthaltenen schwarzen Tee auch die enthaltenen Johannisbeerblätter nicht angeführt sind. Schließlich wird darauf hingewiesen, daß der Zusatz von Fructose nach den Richtlinien des zitierten Kodexkapitels lediglich bei Instantproduktion üblich ist.

Als Gewerbeinhaberin und somit als Verantwortliche des obzit. Betriebes, haben Sie durch die Inverkehrsetzung, Erzeugungsdatum Jänner 1993, der gegenständlichen Ware nach den Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes (LMG) eine Verwaltungsübertretung begangen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 74 Abs. 1 i.V.m. §§ 7 Abs. 1 lit. c und 8 lit. f LMG 1975."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und ihr Untersuchungskosten vorgeschrieben.

Aufgrund des Einspruches der Beschwerdeführerin vom 6. April 1994 erging das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1994, dessen Spruch sich von jenem der Strafverfügung nur insoferne unterscheidet, als der Beschwerdeführerin nunmehr auch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben wurde.

Die von der Beschwerdeführerin gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung wurde mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates für das Land Oberösterreich vom 26. August 1994 abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in dessen Spruch im Zuge der Zitierung der Produktbeschreibung statt "Erhöht die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden" richtig "erhält die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden" zu lauten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht, "den gegenständlichen "Aktiv-Haustee" dem Arzneimittelgesetz und nicht dem Lebensmittelgesetz zu subsumieren verletzt, ferner in eventu in meinem Recht, die Aufschrift des gegenständlichen "Aktiv-Haustees" mit dem Inhalt zu versehen, welchen sie aufweist" und schließlich im Recht auf Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG.

Die Beschwerde erweist sich schon aus folgenden Gründen als berechtigt:

Zunächst läßt der Vorwurf, die Beschwerdeführerin habe die "Inverkehrsetzung" der näher beschriebenen Ware zu verantworten, nicht mit der gemäß § 44a Z. 1 VStG gebotenen Deutlichkeit erkennen, worin die "Inverkehrsetzung" bestanden haben, bzw. durch welche Vorgangsweise (vgl. hiezu § 1 Abs. 2 LMG 1975) diese bewirkt worden sein soll (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. März 1984, Zl. 10/1124/80, und 15. Juni 1987, Zl. 87/10/0020). Daran vermag auch die diesem Begriff angeführte Wortfolge "Erzeugungsdatum Jänner 1993" nichts zu ändern, weil sich auch daraus nichts Näheres zur Frage ergibt, welche Tat der Beschwerdeführerin zur Last gelegt wird.

Dazu kommt, daß die Verfolgung einer Person wegen einer der in § 74 Abs. 1 bis 5 LMG angeführten Verwaltungsübertretungen gemäß § 74 Abs. 6 LMG unzulässig ist, wenn gegen diese Person binnen Jahresfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. Geht man daher mit der belangten Behörde von der Tatzeit 30. März 1993 aus, so erweist sich diese Tat - weil gegen die Beschwerdeführerin keine Verfolgungshandlung gesetzt wurde, in der die ihr vorgeworfene Tat anders als mit dem (wie dargelegt) unzureichenden Vorwurf der "Inverkehrsetzung" beschrieben wurde (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1987) - seit dem 30. März 1994 als verjährt und bereits die Erlassung des Straferkenntnisses vom 11. Mai 1994 als unzulässig. Indem die belangte Behörde demgegenüber dieses Straferkenntnis bestätigte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher - ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994100150.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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