TE Vfgh Beschluss 1993/6/15 V93/92

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Veröffentlicht am 15.06.1993
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Änderung des Teilbebauungsplanes der Gemeinde Itter (Tirol). Der Antragsteller erachtet sich ausschließlich durch die geänderten Möglichkeiten der Verbauung der Nachbargrundstücke beeinträchtigt, nicht aber durch allfällige geänderte Nutzungsmöglichkeiten bezüglich seiner eigenen Grundstücke. Der Verfassungsgerichtshof hat hiebei vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert. Ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre von Anrainern erfolgt jedoch erst durch den Bescheid über die Erteilung der Baubewilligung für das Nachbargrundstück.

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben Eigentümer der Grundstücke Nr. 130/2 und 632/2 Grundbuch Itter. Gemäß Art139 B-VG erhebt er "Beschwerde gegen die Verordnung der Gemeinde Itter vom 29.9.1992, Z 031-2". Bei dieser Verordnung handle es sich um eine Bebauungsplanänderung, von der seine eigenen sowie mehrere diesen benachbarte Grundstücke erfaßt seien. Die Bebauungsplanänderung sei gesetzwidrig, weil sie nicht den in §28 Tiroler Raumordungsgesetz aufgestellten Voraussetzungen für eine derartige Planänderung entspreche, sondern ausschließlich im Interesse des Nachbarn des Antragstellers erfolgt sei. Da die Nachbargrundstücke aufgrund der bekämpften Bebauungsplanänderung nun dichter bebaut werden könnten, werde der Antragsteller in der Nutzung des Eigentumsrechtes an seinen Liegenschaften beeinträchtigt.

2. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist (s. die mit dem Beschluß VfSlg. 8058/1977 beginnende ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

Die Rechtssphäre von Anrainern wird durch einen Bebauungsplan nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur insoweit berührt, als der Bebauungsplan eine Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung von Bauwerken auf den Nachbargrundstücken bildet (s. VfSlg. 9061/1981). Ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre von Anrainern erfolgt somit durch den - bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nach Erschöpfung des Instanzenzuges bekämpfbaren - Bescheid über die Erteilung der Baubewilligung für das Nachbargrundstück, nicht jedoch unmittelbar durch die Verordnung (vgl. zB VfSlg. 8967/1980, 9061/1981, 11907/1988). Sofern der Antragsteller also die Aufhebung der bekämpften Verordnung, insoweit sie eine dichtere Bebauung der Nachbargrundstücke ermöglicht, begehrt, ist sein Antrag mangels Legitimation zurückzuweisen.

An diesem Ergebnis vermag nichts zu ändern, daß durch die bekämpfte Verordnung auch die im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücke betroffen sind, hinsichtlich derer der Einschreiter nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das zu einem Flächenwidmungsplan in Tirol ergangene Erkenntnis VfSlg. 9260/1981) an sich durchaus antragslegitimiert wäre: Der Antragsteller erachtet sich nämlich ausschließlich durch die geänderten Möglichkeiten der Verbauung der Nachbargrundstücke beeinträchtigt, nicht aber durch allfällige geänderte Nutzungsmöglichkeiten bezüglich seiner eigenen Grundstücke und macht hinsichtlich der eigenen Grundstücke keine Bedenken geltend. Der Verfassungsgerichtshof hat hiebei vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).

3. Der Antrag ist somit gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Bebauungsplan, Nachbarrechte, VfGH / Bedenken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:V93.1992

Dokumentnummer

JFT_10069385_92V00093_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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