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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des Dr. W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 30. Juni 1995, Zl. Abt. 12/7022/7100, VNr. 920/3433 071043, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich im wesentlichen nachstehender Sachverhalt:
Dem Beschwerdeführer wurde am 10. Jänner 1995 vom Arbeitsmarktservice Angestellte zwecks Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ein Berufsfindungs- und Berufsorientierungskurs beim Berufsfindungszentrum (Kursbeginn am 6. März 1995) angeboten. Der Beschwerdeführer nahm an diesem Kurs nicht teil.
Mit Bescheid vom 7. April 1995 sprach das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien unter Berufung auf § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) aus, daß der Beschwerdeführer die Notstandshilfe für die Zeit vom 6. März bis 2. April 1995 wegen seiner Weigerung, eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene zumutbare Wiedereingliederungsmaßnahme anzunehmen, verloren habe. Eine Nachsicht wurde nicht erteilt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er vorbrachte, es sei ihm nicht möglich gewesen, die Fahrtkosten für ein öffentliches Verkehrsmittel für die Fahrt zum Berufsfindungszentrum aufzubringen, da er vom 17. November 1994 bis 8. März 1995 keine Notstandshilfe hätte ausbezahlt bekommen. Auch wäre die Wiedereingliederungsmaßnahme für ihn ungeeignet gewesen, da er eine abgeschlossene Berufsausbildung besitze.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Nach der Begründung sei es ab 17. November 1994 tatsächlich zu keiner REGELMÄßIGEN Anweisung der Notstandshilfe gekommen. Der Grund dafür liege jedoch überwiegend im Verhalten des Beschwerdeführers und den daraufhin vom Arbeitsmarktservice verhängten Sanktionen. Im übrigen erscheine es durchaus zumutbar, daß der Beschwerdeführer den Weg von seinem Wohnort zum Berufsfindungszentrum in Wien VII zu Fuß zurücklege. Zur Schulungsmaßnahme sei festzustellen, daß der Beschwerdeführer seit März 1991 ohne Unterbrechung arbeitslos sei. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß bei ihm eine gewisse Distanz zum aktuellen Arbeitsmarkt vorliege. Initiativen oder Strategien von seiner Seite, den Zustand der Arbeitslosigkeit zu beenden, seien nicht erkennbar. Seine bisherigen Eingaben ließen eher den Schluß zu, daß er glaube, am Arbeitsmarkt nicht mehr gebraucht zu werden. Inhalt des angebotenen Kurses sei unter anderem eine Standortbestimmung gewesen, die Erhebung von Interessen, Kenntnissen und Fähigkeiten, die praktische Erprobung, Durchführung von Eignungstests, Information über Berufsanforderungen und über die Arbeitsmarktsituation und die Erarbeitung der einzelnen Schritte zur Erreichung des angestrebten Kernzieles. Ziel des Kurses sei das Treffen einer realistischen Entscheidung über die weitere berufliche Laufbahn auf Basis eines umfangreichen Informationshintergrundes sowie die Erstellung eines individuellen Berufs- und Bildungsfahrplans. Aufgrund des bisherigen Verlaufes der Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers erscheine die angebotene Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durchaus sinnvoll und zumutbar. Da der Beschwerdeführer ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert habe, sei der Bescheid der Behörde erster Instanz zu Recht erlassen worden. Gründe für eine allfällige Nachsicht seien weder vom Beschwerdeführer genannt noch von der belangten Behörde gefunden worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird im wesentlichen die Auffassung vertreten, daß der Beschwerdeführer wegen seines Alters (er steht im 52. Lebensjahr) keine Arbeit finden könne. Er habe bereits alle Bewerbungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt ausgeschöpft, sodaß es keine potentiellen Arbeitgeber mehr gebe, bei denen er sich um eine Stelle bewerben könne. Der ihm angebotene Kurs sei daher gänzlich wirkungs- und sinnlos. Es sei ihm auch unmöglich gewesen, die Fahrtkosten für ein öffentliches Verkehrsmittel aufzubringen, da er seit 17. November 1994 keinen einzigen Notstandshilfebezug mehr ausbezahlt bekommen hätte. Geldmangel und die dadurch bedingte Unmöglichkeit einer Kursteilnahme seien entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sehr wohl wichtige Gründe im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG. Der angebotene Kurs hätte in der Vermittlung bzw. im Training von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten bestanden, die der Beschwerdeführer aufgrund seiner Berufserfahrung und seiner Aktivitäten bei der Arbeitssuche bereits alle besitze. Was dem Beschwerdeführer für eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß einzig und allein fehle, sei eine Verjüngung um mindestens zehn Jahre. Der Geldmangel des Beschwerdeführers sei von der belangten Behörde verursacht, da sie ihm fortwährend völlig gesetzwidrige Kontrollmeldungen vorschreibe. Er hätte im übrigen in die Sandwirtgasse 16, Wien VI, zu Fuß gehen müssen, was ihm aber wegen der Länge des Weges keineswegs zumutbar sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
§ 10 AlVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 lautet auszugsweise:
"§ 10. (1) Wenn der Arbeitslose ... ohne wichtigen Grund
die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den
Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt,
... verliert er auf die Dauer der Weigerung, jedenfalls
aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der im ersten Satz genannte Zeitraum sechs Wochen, im Falle von zwei oder mehr Anspruchsverlusten acht Wochen. ...
(2) Der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Aufnahme einer anderen Beschäftigung ganz oder teilweise nachzusehen. ..."
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich und schlüssig dargelegt, weshalb die dem Beschwerdeführer angebotene Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt geeignet war, sein seit Jahren bestehendes Beschäftigungsproblem einer Lösung zuzuführen. Die in der Beschwerde angeführten erfolglosen Bemühungen des Beschwerdeführers bzw. des Arbeitsmarktservice, für ihn eine geeignete Arbeitsstelle zu finden, sprechen gerade dafür, ihm eine Teilnahme an dem genannten Berufsfindungs- und Berufsorientierungskurs anzubieten (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 94/08/0150). Daß diese Maßnahme schon aufgrund des Alters des Beschwerdeführers völlig wirkungs- und sinnlos sei, kann daher nicht gesagt werden. Dies gilt auch für seine Behauptung, daß es für ihn in seinem Alter keinen Arbeitsplatz mehr geben könnte.
Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie es als durchaus zumutbar erachtete, daß der Beschwerdeführer den Weg von seinem Wohnort zum Berufsfindungszentrum im VII. Bezirk zu Fuß zurücklege. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß sich dieses Zentrum - nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers - in Wien VI (und nicht in Wien VII) befindet. Ein wichtiger Grund iS des § 10 Abs 1 AlVG war daher nicht gegeben. Gründe für eine allfällige Nachsicht gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Da die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Eine Entscheidung über die beantragte Verfahrenshilfe war daher entbehrlich (vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 95/08/0191, 0192).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995080193.X00Im RIS seit
18.10.2001