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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Hinreichende Determinierung der im GSVG enthaltenen Ermächtigung des Satzungsgebers zur Regelung der zu gewährenden Leistungen bei Zahnbehandlungen durch Verordnung; keine Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft; Zurückweisung des Verordnungsprüfungsantrags hinsichtlich der Bestimmungen für Kieferregulierungen und des VergütungstarifsSpruch
Der Antrag auf teilweise Aufhebung der Satzung wird in bezug auf deren §34 mit Ausnahme der Wortfolge "Zahnbehandlung, und zwar chirurgische und konservierende Zahnbehandlung sowie", in bezug auf den Vergütungstarif zur Gänze zurückgewiesen.
Im übrigen werden die Anträge abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Das Oberlandesgericht Wien beantragt die Aufhebung des §94 Abs2 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. 560/1978 (GSVG) als verfassungswidrig und des §34 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie des einen Bestandteiles dieser Satzung bildenden Vergütungstarifes als gesetzwidrig. Es hat als Berufungsgericht über die Berufung des Klägers gegen ein Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21. Jänner 1991 zu entscheiden, womit eine Klage auf Gewährung eines höheren Kostenersatzes für Zahnbehandlung abgewiesen wird. Die beklagte Sozialversicherungsanstalt hatte sich in ihrem Bescheid auf §85 Abs2 litc GSVG, auf den in dieser Gesetzesstelle genannten Vergütungstarif und auf §94 Abs1 GSVG berufen.
§94 Abs2 GSVG steht in der Fassung der 13. Novelle, BGBl. 610/1987, in folgendem Zusammenhang:
"(1) Pflichtleistungen sind
1. Zahnbehandlung, und zwar chirurgische und konservierende Zahnbehandlung sowie Kieferregulierungen, soweit sie zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen oder zur Beseitigung von berufsstörenden Verunstaltungen notwendig sind;
2. Zahnersatz, der notwendig ist, um eine Gesundheitsstörung oder eine wesentliche Störung der Berufsfähigkeit hintanzuhalten.
(2) Zahnbehandlung und Zahnersatz sind durch Ärzte, nach den Bestimmungen des Dentistengesetzes, BGBl. Nr. 90/1949, auch durch Dentisten, in eigenen hiefür ausgestatteten Einrichtungen des Versicherungsträgers oder in Vertragseinrichtungen nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren."
Mit Wirkung vom 1. Jänner 1992 wurde durch die 18. Novelle, BGBl. 677/1991, dem Abs2 der Satz angefügt:
"§90 Abs2 gilt entsprechend."
Nach §85 Abs1 GSVG sind die Leistungen der Krankenversicherung Geldleistungen oder Sachleistungen. Geldleistungen werden nach Abs2 unter anderem erbracht
"b) wenn ein Anspruch auf Sachleistungen gegeben ist, der Anspruchsberechtigte jedoch die Sachleistung nicht in Anspruch nimmt, durch Kostenersätze bis zur Höhe jenes Betrages, den der Versicherungsträger bei Inanspruchnahme der Leistung als Sachleistung aufzuwenden gehabt hätte, abzüglich des vom Versicherten zu leistenden Kostenanteiles ...;
c) wenn kein Anspruch auf Sachleistung gegeben ist, durch Kostenersätze nach einem Vergütungstarif, der einen Bestandteil der Satzung darstellt, bis zur Höhe von 80 v.H. der dem Versicherten für die jeweilige Leistung erwachsenen Kosten ..."
§34 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bestimmt (Fassung vom 27. Jänner 1981):
"(1) Zahnbehandlung, und zwar chirurgische und konservierende Zahnbehandlung sowie Kieferregulierungen werden nach Maßgabe der Bestimmungen des §94 GSVG in Zusammenhalt mit §85 GSVG im Rahmen der bestehenden Verträge als Sachleistungen, sonst als Geldleistungen gewährt.
(2) Für kieferorthopädische Behandlungen (Kieferregulierungen) hat der Versicherte im Falle der Sachleistung eine Zuzahlung im Ausmaß von 50 v.H. der jeweiligen Vertragsleistung zu entrichten."
Die Anlage 2 zur Satzung enthält den "Vergütungstarif für Zahnbehandlung und Zahnersatz gemäß §85 Abs2 litc GSVG im Zusammenhalt mit §94 GSVG". Für den vorliegenden Fall kommen die Fassungen vom 23. Februar 1989 (gültig ab 1. April 1989) und vom 13. März 1990 (gültig ab 1. April 1990) in Betracht.
1. Das antragstellende Gericht begründet sein Begehren wie folgt:
"Die Satzungen der Sozialversicherungsträger dienen nicht nur der Ausgestaltung der Innenorganistion, sondern sie setzen auch objektives Recht für die Versicherten, Beitragspflichtigen, Anspruchsberechtigten und Leistungsberechtigten hinsichtlich jener Gegenstände, die nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift der Regelung durch die Satzung zugewiesen sind (Teschner ASVG 48, Ergänzungslieferung 1.870 Anm. 1 zu §453; Tomandl im Tomandl System 4. Ergänzungslieferung 14; Korinek im Tomandl a.a.O. 498). Insbesondere kann die Satzung den Leistungskatalog ausweiten und bestimmte Mehrleistungen als Pflichtleistung vorsehen, sogenannte satzungsmäßige Mehrleistungen. Nach österreichischem Verfassungsrecht ist die Satzung ihrer Struktur nach als Verordnung zu qualifizieren (VfSlg. 1.798, 3.219, 3.709, 5.422 u.a.). Bei der Erlassung oder Änderung der Satzung ist der Sozialversicherungsträger mehrfach gebunden. Selbstverständlich ist die Bindung an das Gesetz. Es ist unbestritten, daß sich Artikel 18 Abs2 B-VG auch auf generelle Regelungen von Selbstverwaltungskörpern bezieht, weshalb es für jede Satzung eines Sozialversicherungsträgers der inhaltlichen Bestimmung durch das Gesetz bedarf. Jede Satzung bedarf überdies der Genehmigung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Aufsichtsbehörde. Aus der notwendigen gesetzlichen Determinierung jeder Verordnung ergibt sich, daß auch Verordnungen der Sozialversicherungsträger nur dort verfassungsgemäß rechtssetzend eingreifen dürfen, wo bereits das Gesetz die Grundlinien der in Betracht kommenden Regelungen sichtbar gemacht hat (Tomandl a.a.O. 14).
Da es sich also bei den Satzungen der Sozialversicherungsträger um Durchführungsverordnungen im Sinne des Artikels 18 Abs2 B-VG handelt, muß das betreffende Gesetz den Inhalt der Verordnung bereits determinieren, es muß inhaltlich bestimmt sein und darf den Sozialversicherungsträger nicht lediglich zur Regelung einer Angelegenheit durch Satzung ermächtigen. Der Gesetzgeber wird durch
Artikel 18 Abs2 B-VG verpflichtet, den Regelungsspielraum der Verwaltung für die Erlassung von Durchführungsverordnungen soweit einzuengen, daß alle wesentlichen Merkmale einer näheren Konkretisierung des Gesetzes im Verordnungswege bereits dem Gesetz selbst zu entnehmen sind. Gesetzliche Regelungen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, sind wegen Undeterminiertheit verfassungswidrig; soweit es sich dabei um eine ausdrückliche Verordnungsermächtigung handelt, spricht man von einer formalgesetzlichen Delegation (Walter-Mayer Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts4 170; Adamovich-Funk, österreichisches Verfassungsrecht H3 T252; Aichleitner, österreichisches Verordnungsrecht Band II, 986; VfSlg. 6.289, 7.334, 7.903 u.a.).
Nach Ansicht des erkennenden Senates liegt im Falle des §94 Abs2 GSVG eine solche verfassungswidrige formalgesetzliche Delegation vor. Ausmaß, Umfang und Charakter der im Rahmen der Zahnbehandlung zu erbringenden Leistungen werden der Regelung durch die Satzung überlassen, ohne die wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung erkennen zu lassen.
Ist aber §94 Abs2 GSVG verfassungswidrig, dann fehlt es auch an der gesetzlichen Deckung für §34 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und für den einen Bestandteil dieser Satzung darstellenden Vergütungstarif."
Bei Einleitung des Vorverfahrens wurde das antragstellende Gericht unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1992, G245/91, V189/91 (mit dem ein ähnlicher Antrag des Obersten Gerichtshofes in bezug auf §153 Abs1 ASVG abgewiesen worden war) eingeladen, darzulegen, ob und warum es die Rechtslage nach dem GSVG anders beurteilt als der Verfassungsgerichtshof die Rechtslage nach dem ASVG beurteilt hat. Es hat hierauf bekanntgegeben, daß es von einer ergänzenden Stellungnahme Abstand nimmt.
2. Die Bundesregierung verteidigt die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes und äußert sich im wesentlichen wie folgt:
"Nach seiner ständigen Rechtsprechung beschränkt der Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Frage, ob eine formalgesetzliche Delegation oder aber eine dem Art18 B-VG entsprechende gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung von Verordnungen vorliegt, nicht notwendigerweise und allein auf jene Bestimmung, die die ausdrückliche Ermächtigung zur Verordnungserlassung enthält. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes muß bei einer solchen Prüfung vielmehr der gesamte Inhalt des in Prüfung gezogenen Gesetzes berücksichtigt werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. Juni 1992, G245/91, sowie VfSlg. 2381/1952, 3322/1957, 3360/1958, 3393/1961).
Wenn man nun im Sinne dieser Rechtsprechung die angefochtene Verordnungsermächtigung des §94 GSVG in ihren Zusammenhängen betrachtet, so scheint auch sie ausreichend bestimmt zu sein:
So ergibt sich zunächst aus §94 Abs1 Z1 GSVG eine nähere Bestimmung der in Frage kommenden Zahnbehandlungs(pflicht) leistungen, nämlich chirurgische und konservierende Zahnbehandlung sowie Kieferregulierungen, soweit sie zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen oder zur Beseitigung von berufsstörenden Verunstaltungen notwendig sind.
Aus §94 Abs1 und 3 GSVG läßt sich im Zusammenhalt mit §94 Abs2 GSVG auch ein Anspruch auf diese im zweiten Satz angeführten Zahnbehandlungen ableiten:
Dafür kann zum einen ins Treffen geführt werden, daß der angefochtene Absatz selbst ausdrücklich vorsieht, daß Zahnbehandlung zu gewähren ist. Den Worten 'nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung' kommt im Sinne des Art18 Abs2 B-VG - sofern nicht gravierende Argumente dagegen sprechen, was im vorliegenden Fall nicht zutreffen dürfte - die Bedeutung von ausführenden, im Dienste des Gesetzes stehenden Bestimmungen zu.
Für das Bestehen eines Anspruches auf Zahnbehandlung nach §94 Abs2 GSVG spricht aber vor allem auch die Anordnung im dritten Absatz dieser Bestimmung, derzufolge bei Inanspruchnahme der Zahnbehandlung oder des Zahnersatzes als Sachleistung die Anspruchsberechtigung nachzuweisen ist.
Die nähere Bestimmung des Ausmaßes der Leistungspflicht bei Zahnbehandlung ist aus den Regelungen des GSVG über die Leistungen der Krankenversicherung insgesamt abzuleiten. Hiezu ist auf die grundsätzliche Regelung des §90 Abs2 GSVG hinzuweisen, die bei der Erlassung einer Verordnung (Satzung) aufgrund des ausdrücklichen Verweises in §94 Abs2 GSVG als Kriterium heranzuziehen ist. Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Juni 1992, G245/91, die Regelung der Zahnbehandlung nach §153 Abs1 ASVG im wesentlichen deshalb als ausreichend determiniert angesehen, weil er zum Schluß gelangte, daß
'der Gesetzgeber im Abschnitt über die Zahnbehandlung und den Zahnersatz an die für die Krankenbehandlung getroffenen Regelungen grundsätzlich anknüpft und daher die für die Krankenbehandlung getroffene Regelung auch für den (die Zahnbehandlung und den Zahnersatz regelnden) 5. Unterabschnitt - wenn auch unter dem Gebot erforderlicher Anpassungen - maßgeblich ist'.
Während also der Verfassungsgerichtshof zu diesem Schluß erst durch systematische Betrachtungen der über die angefochtene Bestimmung hinausgehenden Regelungen gelangen konnte, ist die grundsätzliche Geltung der für die Krankenbehandlung bestehenden Regelungen auch für die Zahnbehandlung und den Zahnersatz im GSVG bereits dem §94 selbst zu entnehmen: §94 Abs2 letzter Satz ordnet nämlich ausdrücklich die entsprechende Geltung des den Umfang der Krankenbehandlung regelnden §90 Abs2 leg.cit. an.
Im übrigen erscheint auch der durch §94 Abs3 GSVG gegebene Zusammenhalt mit §81 Abs2 GSVG für die Determinierung der angefochtenen Verordnungsermächtigungen beachtlich: Daraus ergibt sich nämlich, daß die Zahnbehandlungen im Ausmaß gesetzlicher Mindestleistungen gemäß §81 Abs2 GSVG zu erbringen sind und in der Satzung Mehrleistungen unter Beachtung der in §94 Abs2 GSVG genannten Kriterien bestimmt werden können.
Schließlich weist die Bundesregierung noch darauf hin, daß der Oberste Gerichtshof in seinem Antrag vom 30. April 1991, 10 Ob S 63/91, der zum Gesetzesprüfungsverfahren G245/91 führte, die nach seiner damaligen Ansicht mangelnde Determinierung des Anspruches auf Zahnbehandlung im ASVG sogar der sich aus dem GSVG und BSVG unmittelbar ergebenden Bestimmung dieses Anspruches gegenübergestellt hat und in diesem Gegensatz eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung gesehen hat:
'Nach dem ASVG (wie auch nach dem B-KUVG) ist es weitgehend der Satzung überlassen, den Leistungsumfang bei Zahnbehandlung und Zahnersatz zu bestimmen. Hingegen ergibt sich der konkrete Anspruch auf Zahnbehandlung und Zahnersatz nach dem GSVG und dem BSVG schon unmittelbar aus dem Gesetz (Binder in Tomandl, SY-System 4. Erglfg 259).'"
Auch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft verteidigt die Gesetzmäßigkeit der Satzung mit dem Hinweis auf das Verfahren G245/91, V189/91, nach dessen Ergebnis die vom Obersten Gerichtshof gegenüber dem GSVG sogar als weniger klar beurteilten einschlägigen Bestimmungen des ASVG hinreichend bestimmt seien, sodaß die Satzung insoweit auf einer verfassungsmäßigen Grundlage beruhe.
II. Die Anträge sind zulässig, soweit sie das Gesetz und die Wortfolge "Zahnbehandlung, und zwar chirurgische und konservierende Zahnbehandlung sowie" in §34 Abs1 der Satzung betreffen; im übrigen ist der Verordnungsprüfungsantrag unzulässig.
Nach dem Antragsvorbringen hat das antragstellende Gericht über einen Kostenersatz für Zahnbehandlung zu entscheiden. §94 Abs2 GSVG betrifft zwar nicht nur die Zahnbehandlung, sondern auch den Zahnersatz, doch lassen sich die beiden Anwendungsbereiche aus sprachlichen Gründen nicht trennen. §34 der Satzung handelt von Zahnbehandlungen, unterscheidet aber die chirurgische und konservierende Zahnbehandlung von Kieferregulierungen. Die Akten enthalten nichts, was darauf hindeuten würde, daß es in der anhängigen Rechtssache auch um Kieferregulierungen gehen könnte. Da eine Entfernung der auf die Zahnbehandlung im engeren Sinn bezugnehmenden Wortfolge am Sinn des verbleibenden Textes für Kieferregulierungen nichts ändern würde, kann in Abs1 nur die genannte (den Satz einleitende) Wortfolge anwendbar sein, während Abs2 zur Gänze ausscheidet.
Was den Vergütungstarif betrifft, führt der Antrag - offenbar in Anbetracht der dem Verfassungsgerichtshof eingeräumten Möglichkeit, in gewissen Fällen die ganze Verordnung aufzuheben (Art139 Abs1 B-VG) - nicht weiter aus, welche der dort genannten zahlreichen Leistungen für die Beurteilung der Rechtssache von Bedeutung sind. Überdies wurde der Tarif mit Wirkung vom 1. April 1990, also während der zwischen 15. März 1990 und 4. Mai 1990 durchgeführten Zahnbehandlung, geändert, sodaß auch nicht erkennbar ist, welche Bestimmung in welcher Fassung heranzuziehen wäre. Wie zuletzt im Erkenntnis G204/90, V358/90 vom 10. Oktober 1991 dargelegt wurde, ist es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes zu untersuchen, ob und inwiefern welche Norm für das antragstellende Gericht präjudiziell sein könnte.
Insoweit ist der Verordnungsprüfungsantrag daher zurückzuweisen.
III. Im zulässigen Teil sind die Anträge jedoch nicht begründet.
§94 Abs2 GSVG ist nicht zu unbestimmt und §34 der Satzung nicht gesetzwidrig.
1. In der hier maßgeblichen Fassung der 13. Novelle gehörte zu den Aufgaben der Krankenversicherung nach den allgemeinen Bestimmungen über deren Leistungen (Abschnitt II, erster Unterabschnitt) unter anderem die Vorsorge "für die Versicherungsfälle der Krankheit" (und der Mutterschaft, §78 Abs1 Z2 GSVG). Nach §79 Abs1 sind aus dem Versicherungsfall der Krankheit "Leistungen zur Wiederherstellung oder Besserung der Gesundheit (§§90 bis 99)" zu gewähren (Z2). Die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit umfassen nach den besonderen Bestimmungen über die Leistungen der Krankenversicherung (Abschnitt II, 2. Unterabschnitt) gemäß §90 Abs1
"a) Krankenbehandlung, das ist die ärztliche Hilfe, Versorgung mit Heilmitteln und Heilbehelfen sowie Hilfe bei körperlichem Gebrechen (§§91 - 93);
b) Zahnbehandlung und Zahnersatz (§94);
c) erforderlichenfalls Anstaltspflege (§§95 - 98) ...;
d) Hauskrankenpflege (§99)."
In §90 Abs2 ist bestimmt, daß die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein muß, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf; durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden.
2. Der vorliegende Antrag beschränkt sich im konkreten Vorwurf gegen das Gesetz auf die Behauptung, Ausmaß, Umfang und Charakter der im Rahmen der Zahnbehandlung zu erbringenden Leistungen würden der Regelung durch die Satzung überlassen, ohne daß die wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung zu erkennen wären.
Zieht man in Betracht, daß nach §94 Abs1 schlechthin ein Anspruch auf chirurgische und konservierende Zahnbehandlung besteht (während der Anspruch auf Kieferregulierung auf den Fall der Notwendigkeit zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen oder zur Beseitigung von berufsstörenden Verunstaltungen beschränkt ist), kann kein Zweifel bestehen, daß die Zahnbehandlung, auf die Anspruch besteht, wie die Krankenbehandlung nach §90 Abs2 ausreichend und zweckmäßig sein muß und nur das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf und auch sie die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederherstellen, festigen oder bessern soll. Die Anfügung eines Satzes über die entsprechende Geltung des §90 Abs2 durch die Novelle 1991 kann die Rechtslage daher nur verdeutlicht haben.
Bei dieser Sachlage gilt für §94 Abs1 GSVG dasselbe wie für §153 Abs1 ASVG, den der Verfassungsgerichtshof jüngst im Erkenntnis G245/91, V189/91 vom 25. Juni 1992 für hinreichend bestimmt im Sinne des Art18 B-VG angesehen hat. Das Gesetz enthält die wesentlichen Merkmale der in der Satzung zu treffenden Regelung.
Ist aber §94 Abs1 GSVG nicht verfassungswidrig, so ist auch den Bedenken gegen §34 der Satzung der Boden entzogen.
Beide Anträge sind daher abzuweisen.
Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Verfassungsgerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG).
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Sozialversicherung, Krankenversicherung, Zahnbehandlung, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:G198.1992Dokumentnummer
JFT_10069384_92G00198_00