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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des R in T, vertreten durch Mag. A, Rechtsanwalt in T, gegen den auf Grund eines Beschlusses des zuständigen Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des AMS OÖ vom 11. Mai 1985, Zl. B1-AlV-7022-9-B/4023 191258/Linz, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides sowie aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Berufungsschriftsätzen ist folgender Sachverhalt ersichtlich:
Dem im Notstandshilfebezug stehenden Beschwerdeführer wurde am 23. November 1994 vom Arbeitsamt eine Beschäftigung als Lagerarbeiter bei dem näher genannten Unternehmen in T mit einer Entlohnung von S 12.500,-- brutto und einem Arbeitsantritt vom 29. November 1994 zugewiesen. Anläßlich des Vorstellungstermins gab der Beschwerdeführer im Personalfragebogen bei der Frage nach seinen Gehaltsvorstellungen einen Betrag von S 25.000,-- an. Daraufhin wurde seitens des Unternehmens kein näheres Einstellungsgespräch mit dem Beschwerdeführer geführt und seine Einstellung abgelehnt.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes Linz vom 21. Dezember 1994 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG die Notstandshilfe für den Zeitraum vom 29. November 1994 bis 1. Jänner 1995 und aufgrund eines weiteren Antrages vom 9. Jänner 1995 mit Bescheid vom 2. Februar 1995 auch für den Zeitraum vom 2. Jänner bis 9. Jänner 1995 versagt. Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufungen, in denen er im wesentlichen den obigen Sachverhalt nicht bestritt, sondern vorbrachte, die Bekanntgabe seiner Gehaltsvorstellungen mit S 25.000,-- beruhten nicht nur darauf, daß der Beschwerdeführer als erfahrener Kaufmann und ehemals selbständig Tätiger sowie "nunmehrig 36-jährige Arbeitskraft ... jederzeit derartige Vorstellungen rechtfertige", sondern auch aus dem Grunde, daß "eine derartige Vorstellung lediglich eine grundsätzliche Verhandlungsbasis darstellen könnte, wobei hier hinzuzufügen gewesen wäre, daß derartige, wie angestellte Vorstellungen, ebenfalls nur eine anzustrebende Richtlinie für die nächsten 10 oder 15 Jahre zu sein hätten". Dies alles habe er aber nicht mehr zu Gehör bringen können, da jedes weitere Gespräch abgelehnt worden sei.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 21. Dezember 1994 nicht, hingegen jener gegen den Bescheid vom 2. Februar 1995 stattgegeben und den zuletzt genannten Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben.
Nach der Begründung dieses Berufungsbescheides beurteilte die belangte Behörde den oben dargelegten Sachverhalt als Vereitelung der Vermittlung einer Beschäftigung: Dem Beschwerdeführer sei als Lagerarbeiter eine Entlohnung von S 12.500,-- monatlich geboten worden. Die kollektivvertragliche Entlohnung für einen Lagerarbeiter betrage S 12.320,-- brutto monatlich. Dies entspreche weniger als der Hälfte der vom Beschwerdeführer geäußerten Gehaltsvorstellungen von S 25.000,--. Demgegenüber wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, seine Gehaltsvorstellungen innerhalb eines "realistischen Rahmens" bekanntzugeben. Hingegen sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe vom 9. Jänner 1995 vom Arbeitsmarktservice Linz ohne Angabe von Gründen auf 2. Jänner 1995 rückdatiert und die Leistung vom 2. Jänner bis 9. Jänner 1995 mit Bescheid vom 2. Februar 1995 versagt worden. Da kein Grund für die Rückdatierung bestanden habe, hätte die Beurteilung des Anspruches mit 9. Jänner 1995 erfolgen und der zuletzt genannte Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufgehoben werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorausgeschickt sei, daß sich die vorliegende Beschwerde (ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Einschränkung) nach ihrem gesamten Vorbringen augenscheinlich nur gegen jenen Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides richtet, mit welchem der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 21. Dezember 1994 keine Folge gegeben, nicht jedoch gegen den Ausspruch, wonach seiner Berufung gegen den Bescheid vom 2. Februar 1995 stattgegeben wurde.
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG 1977 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 ist arbeitswillig, wer (u.a.) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung zumutbar, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliert der Arbeitslose für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn er sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt.
Gemäß § 10 Abs. 2 AlVG kann der Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengeldes in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z. B. der Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachgesehen werden. Vor dieser Nachsicht, sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Regionalbeirat anzuhören.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde stelle zu Unrecht fest, das Unternehmen sei zu einer Einstellung des Beschwerdeführers nicht mehr bereit gewesen, nachdem er bei der Bewerbung im Personalfragebogen Gehaltsvorstellungen in der Höhe von S 25.000,-- bekanntgegeben habe. Nicht alleine auf Grund der vom Beschwerdeführer angegebenen Gehaltsvorstellungen sei das Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen, habe doch der Beschwerdeführer sogar anhängige Exekutionen beim Ausfüllen des Fragebogens verschwiegen, um nicht den Arbeitgeber dadurch allenfalls von der Einstellung abzuhalten. Er habe durch die Angabe von Gehaltsvorstellungen keinen Einfluß darauf nehmen können, ob ihn das Unternehmen beschäftigen werde. Es sei zwischen ihm und der mit Personalangelegenheiten betrauten Dienstnehmerin des Unternehmens zu gar keinem Gespräch gekommen, diese habe vielmehr nach Durchlesen des Personalfragebogens geäußert "das hat mit Ihnen ja sowieso keinen Sinn". Dabei habe sie nicht auf die Gehaltsvorstellungen des Beschwerdeführers Bezug genommen, sondern die Person des Beschwerdeführers abgelehnt. Die Angabe der Gehaltsvorstellung des Beschwerdeführers sei nicht kausal dafür gewesen, daß der Beschwerdeführer nicht eingestellt worden sei.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, die in Personalangelegenheiten zuständige Dienstnehmerin des Unternehmens einzuvernehmen. Wäre sie einvernommen worden, so hätte sich ergeben, daß ungeachtet der Angaben im Personalfragebogen der Beschwerdeführer allein auf Grund seiner Person von ihr mit den Worten "das hat mit Ihnen keinen Sinn" abgelehnt worden sei. Daraus folge, daß die belangte Behörde zwangsläufig zu der Feststellung gelangt wäre, daß das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten nicht ursächlich für die Nichteinstellung gewesen sei. Die belangte Behörde habe auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, weshalb sie davon ausgehe, daß der Beschwerdeführer mit dem Ausfüllen des Personalfragebogens eine Vereitelung der Einstellung in Kauf genommen habe.
Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers läuft - soweit es Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht - in Wahrheit auf eine Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der Ursächlichkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers für die erfolgte Nichteinstellung hinaus. Andererseits läßt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften den festgestellten Sachverhalt, wonach er ungeachtet eines Entlohnungsanbotes von S 12.500,-- im Personalfragebogen Gehaltsvorstellungen von S 25.000,-- bekanntgegeben habe, unbestritten. Er bestreitet auch in diesem Zusammenhang lediglich, daß die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen zu der Frage angestellt habe, ob diese Gehaltsangabe für die Nichteinstellung des Beschwerdeführers kausal gewesen sei.
Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen: Schon der vom Beschwerdeführer nicht bestrittene Sachverhalt, wonach unmittelbar nach Kenntnisnahme von seinen Angaben im Personalfragebogen die für Personalangelegenheiten zuständige Dienstnehmerin des Unternehmens erklärt habe, "das hat mit Ihnen keinen Sinn", erweist den vom Beschwerdeführer bestrittenen Kausalzusammenhang. Die nicht näher substantiierte Behauptung des Beschwerdeführers, die Nichteinstellung sei "aufgrund seiner Person" erfolgt, vermag die bei diesem unbestrittenen Sachverhalt schlüssige Begründung des angefochtenen Bescheides nicht in Zweifel zu ziehen.
Hinsichtlich der danach noch relevanten Frage, ob in der Bekanntgabe eines Gehaltswunsches von S 25.000,-- bei einer angebotenen Entlohnung von S 12.500,-- eine Vereitelungshandlung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu erblicken ist, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Überlegung auszugehen, daß der Arbeitslose - um sich in bezug auf eine vom Arbeitsamt vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen - jedes Verhalten zu unterlassen hat, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern (vgl. die Erkenntnisse vom 12. Mai 1992, Zl. 92/08/0051, und vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132).
Letzteres liegt insbesondere dann vor, wenn der Arbeitslose den Erfolg seiner (nach außen zutage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. neuerlich das bereits erwähnte Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132).
Es kann auf sich beruhen, ob der Beschwerdeführer unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt berechtigt gewesen wäre, angesichts der im Stellenangebot angebotenen S 12.500,-- brutto einen über diesem Betrag liegenden Gehaltswunsch im Hinblick auf die von ihm behaupteten Qualifikationen bekanntzugeben. Es mußte ihm jedenfalls klar sein, daß bei einem Gehaltsanbot von S 12.500,-- eine doppelt so hohe Gehaltsvorstellung den Vorstellungen des potentiellen Dienstgebers auf keinen Fall entsprechen konnte. Die belangte Behörde hat daher das Verhalten des Beschwerdeführers mit Recht als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG qualifiziert (vgl. in diesem Zusammenhang auch die entsprechende Beurteilung ähnlicher Sachverhalte in den Erkenntnissen vom 30. Mai 1995, Zl. 95/08/0054, und vom 4. Juli 1995, Zl. 95/08/0159).
Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995080178.X00Im RIS seit
18.10.2001