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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des W in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 13. April 1995, Zl. 11 3410/1-III/1a/95, betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; bis zu der von ihm bekämpften Versetzung war seine Dienststelle die Zollwachabteilung X, Vorarlberg.
Mit Schreiben der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Dienstbehörde erster Instanz) vom 29. November 1994 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 4 BDG 1979 verständigt, daß seine Versetzung zur Zollwachabteilung Y mit Wirksamkeit vom 19. Dezember 1994 aus wichtigen dienstlichen Interessen beabsichtigt sei.
Hiezu erklärte der Beschwerdeführer, daß er mit einer Versetzung aus familiären und sozialen Gründen sowie wegen § 40 Abs. 2 BDG 1979 nicht einverstanden sei. In einem weiteren Schreiben vom 20. Dezember 1994 sprach sich der Beschwerdeführer neuerlich gegen seine Versetzung aus und erklärte, auch keine Wohnsitzänderung zu beabsichtigen.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 1994 sprach die Dienstbehörde erster Instanz wie folgt ab:
"Sie werden gemäß § 38 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, von Amts wegen mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1995 von der Zollwachabteilung X zur Zollwachabteilung Y versetzt. Gleichzeitig werden Sie mit der Funktion eines Grenzkontrollbeamten betraut.
Eine Berufung gegen diesen Bescheid hat gemäß § 38 Abs. 5 des genannten Gesetzes aufschiebende Wirkung."
Zur Begründung wird nach Darstellung des bereits wiedergegebenen Vorverfahrens und einer Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen für eine qualifizierte Verwendungsänderung (§ 40 Abs. 2 BDG 1979 - wird näher dargestellt) weiter ausgeführt, im Zeitraum 1992 bis 31. Oktober 1994 sei der Beschwerdeführer insgesamt 139 Arbeitstage krank gemeldet gewesen. Diese Absenzen hätten sich in 16 von einander unabhängige "Krankenstände" vorwiegend wegen Depressionen, Magenbeschwerden, Erkältungen und Nervenbeschwerden geteilt. Wegen der vielen Krankenstände sei seitens der zuständigen Dienststelle die Glaubwürdigkeit einer tatsächlichen Krankheit des Beschwerdeführers angezweifelt worden. Dies habe im Laufe der Zeit zu Spannungsverhältnissen nicht nur zwischen dem Beschwerdeführer und der Kollegenschaft, sondern ganz besonders zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten geführt. Nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers habe er sich im Jahre 1992 in psychiatrischer Behandlung befunden. Die Dienstbehörde erster Instanz habe sich aufgrund der vorliegenden Berichte der Vorgesetzten veranlaßt gesehen, ein vertrauensärztliches Gutachten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie einzuholen. Mit der Begutachtung sei der gerichtlich beeidete Sachverständige Dr. G, Facharzt für Psychiatrie, betraut worden. In seinem Gutachten vom 24. Februar 1993 habe er festgestellt, daß der Beschwerdeführer multiple psychosomatische Störungen in hypochondrischer Weise in den Vordergrund stelle. Damit erziele der Beschwerdeführer einen "Krankheitsgewinn" in Form eines unverhältnismäßig lange dauernden "Krankenstandes", der nicht mehr ausreichend begründbar sei. Zwar ließe sich zur Zeit immer noch ein neurasthenisch, hyperästhetischer Schwächezustand und eine chronische Lumbalgie feststellen, doch sei damit keine wesentliche Beeinträchtigung der gesundheitlichen Gesamtverfassung oder eine psychosoziale Behinderung gegeben. Das Verhalten des Beschwerdeführers in bezug auf diese "Krankenstände" habe im Laufe der Zeit unter den Bediensteten der Zollwachabteilung X eine große Unruhe verursacht, sodaß eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheine. Besonders zugespitzt habe sich dieses Spannungsverhältnis im Laufe der Zeit zwischen dem Beschwerdeführer und dem Leiter der Zweigstelle X. Diesem obliege die Fachaufsicht über den Beschwerdeführer; ein effizientes Arbeiten beim Fehlen eines Mindestmaßes an gegenseitigem Vertrauen mache nicht nur die Arbeitsbeziehung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Leiter der Zweigstelle unmöglich, sondern stelle den Nährboden für Demotivation und Frustration der übrigen Bediensteten dieser Dienststelle dar. Die Dienstbehörde habe sich aufgrund dieser nicht mehr tragbaren Situation gezwungen gesehen, dem Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1. November 1994 bis auf weiteres zur Zollwachabteilung Y als Grenzkontrollbeamten zum Dienst zuzuteilen.
Nach Wiedergabe der Rechtslage führt die Behörde erster Instanz in der Begründung ihres Bescheides weiter aus, das wichtige dienstliche Interesse sei ausschließlich nach objektiven Merkmalen zu beurteilen und nicht danach, inwieweit der Beamte diese Momente schuldhaft herbeigeführt habe. Ein wichtiges dienstliches Interesse werde jedenfalls dann berührt, wenn eingetretene objektiv festgestellte Tatsachen (hier: das Vorliegen eines durch den Gesundheitszustand beeinflußten dienstlichen Spannungsverhältnisses bei der Zollwachabteilung X) den Schluß rechtfertigten, daß der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgabe nicht oder nicht mehr gegeben sei. Eine Versetzung umfasse sowohl das Abziehen eines Beamten von seiner bisherigen Verwendung als auch die Zuweisung einer neuen Verwendung. Für die Versetzung reiche es aus, wenn das wichtige dienstliche Interesse an einem der beiden Abschnitte bestehe. Eine Verpflichtung zur Gegenüberstellung der dienstlichen Interessen sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zu der Interessensabwägung nach § 38 Abs. 3 BDG 1979 sei festzustellen, daß persönliche, familiäre und soziale Verhältnisse zwar zu berücksichtigen seien, aber für sich allein die Unzulässigkeit der Versetzung nicht bewirken könnten. Der Beschwerdeführer habe im übrigen nicht klar zum Ausdruck gebracht, was für soziale und familiären Gründe vorherrschten, die einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil für ihn hätten erkennen lassen. Die Entfernung zwischen dem Wohnort und der neuen Dienststelle (ca. 8 km), sei nicht so groß, daß ein mit der Versetzung verbundener wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil offenkundig wäre. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer seine frühere Dienststelle, welche ca. 1 km von seiner Wohnung entfernt gelegen gewesen sei, grundsätzlich immer mit dem eigenen Kraftfahrzeug aufgesucht habe, trage dazu bei, diesen durch die Versetzung entstehenden geringfügigen materiellen Mehraufwand, der für sich alleine noch keinen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil darstellen könne, auf einen nicht mehr erwähnenswerten Umstand zu reduzieren. Über Aufforderungen der Dienstbehörde, ob der Beschwerdeführer seinen Wohnort in den neuen Dienstort verlegen werde, habe der Beschwerdeführer lediglich betont, daß er mit seiner Versetzung nicht einverstanden sei und daher auch nicht beabsichtige, den Wohnsitz zu ändern. Auch der Hinweis auf § 40 Abs. 2 BDG 1979 könne nicht ins Treffen geführt werden. (- In der weiteren Begründung des erstinstanzlichen Bescheides setzt sich die Dienstbehörde erster Instanz mit den im übrigen für den Beschwerdeführer völlig bedeutungslosen Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 2 BDG 1979 näher auseinander -).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte vor:
"Eine Dienstversetzung zur Zollwachabteilung Y würde unweigerlich eine Dienstverrichtung im Wechseldienst nach sich ziehen, was meinen derzeitigen gesundheitlichen Zustand (der schon im jetzt angefochtenen Bescheid vom 22.12.1994 beschrieben wurde) erheblich verschlechtern würde.
Ein ärztliches Attest, in dem beurkundet wird, daß mir die zusätzliche körperliche Belastung eines Wechseldienstes gesundheitlich nicht zumutbar ist, wird binnen 2 Wochen nachgereicht.
Auch liegen gewichtige familiäre Gründe vor, die eine Dienstverrichtung mit regelmäßg beginnender und endender Arbeitszeit für äußerst wichtig erscheinen lassen:
Mein Vater erkrankte im Jahr 1994 an Zungen-, Mundboden-, und Lymphdrüsenkrebs, was auch schon im Jahr 1994 zu 2 Operationen führte und ihn in der Folge zum schweren Pflegefall machte. Seine Pflege kann von meiner 75-jährigen Mutter aufgrund eigener, altersbedingter Gebrechlichkeit nicht mehr voll übernommen werden, weshalb nun auch im verstärkten Maße meine Mithilfe von Nöten ist.
Eine fürsorgliche und auch regelmäßige Pflege kann nur dann gewährleistet werden, wenn ich meinen Dienst zu einheitlichen, regelmäßigen Zeiten beginnen und beenden kann, was somit die Dienstverrichtung im Wechseldienst ausschließt.
Weiters sei angeführt, daß durch eine Dienstversetzung zur Zollwachabteilung Y mir auch erhebliche finanzielle Mehrkosten erwachsen würden, müßte doch die Wegstrecke X(Wohnsitz) - Y, die 20 km beträgt, mindestens 25 x/Monat zurückgelegt werden, was meine jetzt schon angespannte finanzielle Situation, welche durch in der Vergangenheit durchgeführte Investitionen in die Naturalwohnung K-Straße 12, X(Heizungsinstallation, Badezimmerrenovierung, etc; Kosten: ca. 300.000,--) noch verschlechtern würde.
Aus oben angeführten Gründen bitte ich Sie höflichst und eindringlichst, von einer Dienstversetzung zur Zollwachabteilung Y abzusehen und mir somit die Möglichkeit zu geben, das aus verschiedensten, in der Vergangenheit liegenden Gründen angespannte Arbeitsklima zwischen dem Zweigstellenleiter der Zweigstelle X und meiner Person zu verbessern."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt, änderte aber den Spruch dahingehend ab, daß die Versetzung erst mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides wirksam wird.
Zur Begründung wird nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage im wesentlichen weiter ausgeführt, wie der Beschwerdeführer selbst eingeräumt habe bestehe zwischen ihm und dem Zweigstellenleiter ein "aus verschiedensten, in der Vergangenheit liegenden Gründen angespanntes Arbeitsklima". Dieses Spannungsverhältnis sei tatsächlich gegeben und sei in den letzten Jahren so verschärft worden, daß ein gedeihliches Zusammenarbeiten zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten nahezu unmöglich sei. Dazu kämen noch die zahlreichen "Krankenstände" des Beschwerdeführers, die zu einem vermehrten Arbeitsanfall für die für den Beschwerdeführer "einspringenden Kollegen" geführt und daher auch keine Besserung des Arbeitsklimas hinsichtlich der Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern mit sich gebracht habe. Wie aus dem Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G hervorgehe, sei beim Beschwerdeführer zwar eine erhöhte Depressionsbereitschaft festzustellen, die u.a. zu multiplen psychosomatischen Störungen führe, die der Beschwerdeführer in hypochondrischer Weise in den Vordergrund stelle. Damit erziele der Beschwerdeführer - laut Gutachten - einen "Krankheitsgewinn" in Form eines unverhältnismäßig lang dauernden "Krankenstandes", der nicht mehr ausreichend begründbar sei. Im übrigen sei beim Beschwerdeführer keine wesentliche Beeinträchtigung der gesundheitlichen Gesamtverfassung oder eine psychosoziale Behinderung gegeben, welche ihn hindern würde, seinen angestammten Beruf als Zollwachebeamter auszuüben. In einer weiteren ärztlichen Bestätigung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K werde angeführt, daß der Beschwerdeführer bedingt durch die Nachtdienste an massiven Schlafstörungen leide, die zu einem chronischen Erschöpfungszustand geführt hätten. Dazu sei zu bemerken, daß der Beschwerdeführer seit 1. November 1994 und weiter ab 1. Jänner 1995 der Zollwachabteilung Y dienstzugeteilt gewesen sei, jedoch den größten Teil dieser Zeit sich im "Krankenstand" befunden habe. Der angebliche Erschöpfungszustand könne daher nicht von einer Dienstverrichtung abgeleitet werden. Dazu komme noch, daß die genannte Dienststelle in der Zeit vom 24.00 Uhr bis 5.00 Uhr für den Grenzübertritt geschlossen sei und daher für die Zeit von 0.30 Uhr bis 5.00 Uhr keine Dienste eingeteilt seien; von einem durchgehenden Nachtdienst könne also nicht gesprochen werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung festgestellt habe, könne ein dienstliches Spannungsverhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter, das überdies schon seit Jahren bestehe, sehr wohl ein dienstliches Interesse an einer Versetzung begründen. Der Dienststellenleiter sei unter Aufsicht der Dienstbehörde verpflichtet, für einen geordneten Dienstbetrieb zu sorgen. Wenn die Zusammenarbeit mit einem Mitarbeiter - aus welchen Gründen auch immer - nicht möglich sei, so seien die dienstrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Das Ersuchen des Beschwerdeführers, ihm die Möglichkeit zu geben, das angespannte Arbeitsklima nunmehr zu verbessern, müsse von vornherein als aussichtslos angesehen werden, weil bisher vom Beschwerdeführer keine Bereitschaft zu einer Anpassung zu erkennen gewesen sei.
Was die Entfernung des Wohnortes des Beschwerdeführers zu seinem neuen Dienstort (weniger als 10 km je Richtung) betreffe, sei anzuführen, daß sich dies durchaus im Bereich des Zumutbaren halte; ein großer Teil der Berufstätigen wäre froh, keinen weiteren Arbeitsweg zurücklegen zu müssen. Sicher sei es angenehmer und billiger, wenn die Arbeitsstätte fast "ums Eck" sei, was beim Beschwerdeführer bisher der Fall gewesen sei. Aus dem nunmehrigen Arbeitsweg könne dem Beschwerdeführer aber kein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil erwachsen. Was den Einwand des Beschwerdeführers der Pflege und Unterstützung seiner alten und kranken Eltern betreffe, sei entgegenzuhalten, daß der Dienstplan in der neuen Dienststelle des Beschwerdeführers ihm sicherlich die Möglichkeit gebe, diesen Verpflichtungen nachzukommen, wenngleich ihm wahrscheinlich nicht täglich die gleichen Zeiten hierfür zur Verfügung stehen würden. Die verhältnismäßig geringe Entfernung zwischen Wohnort und neuem Dienstort könne jedenfalls nicht als wesentliches Hindernis angesehen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 237 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, i.d.F. des Besoldungsreformgesetzes BGBl. Nr. 550/1994, sind am 1. Jänner 1995 anhängige Versetzungsverfahren, die nach § 38 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 geltenden Fassung eingeleitet worden sind, nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen. Im Beschwerdefall wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben seiner Dienstbehörde vom 29. November 1994 von der beabsichtigten Versetzung i.S.d. § 38 Abs. 4 BDG 1979 in Kenntnis gesetzt.
Da bereits mit der Verständigung das Versetzungsverfahren eingeleitet worden ist, findet im Beschwerdefall - wovon die Behörde zutreffend ausgegangen ist - das BDG 1979 i.d.F. vor dem Besoldungsreformgesetz Anwendung.
Nach § 38 Abs. 1 BDG 1979 liegt eine Versetzung vor, wenn der Beamte innerhalb des Ressorts einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird. Eine Versetzung von Amts wegen ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind nach Abs. 3 der genannten Bestimmung die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.
Gemäß § 38 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 ist eine Versetzung von Amts wegen also nur zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Dieses wichtige dienstliche Interesse, das eine Versetzung zulässig macht, ist ausschließlich nach objektiven Merkmalen und nicht danach zu beurteilen, inwieweit der betroffene Beamte diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 2. März 1981, Slg. N.F. Nr. 10.386/A).
Liegt ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung vor, so wird damit dem Schutzzweck der Versetzungsregelung, nämlich ein unsachliches Vorgehen der Behörde zu verhindern, Genüge getan (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 18. März 1985, Zl. 83/12/0178).
Ausgehend davon, daß eine Versetzung sowohl das Abziehen eines Beamten von seiner bisherigen Verwendung als auch die Zuweisung zu einer neuen Verwendung enthält, ist es für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung ausreichend, wenn das wichtige dienstliche Interesse an einem der beiden Akte besteht (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 22. Jänner 1987, Slg. N.F. Nr. 12.383/A).
Die Behörde hat ihre dienstlichen Maßnahmen nicht vorrangig an den Interessen der Bediensteten, sondern an den Interessen des Dienstes zu orientieren. Aus § 38 BDG 1979 kann nicht abgeleitet werden, daß die Personalplanung einer ganzen Personalgruppe im einzelnen dargelegt werden muß (vgl. das bereits vorher zitierte Erkenntnis).
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat als ein solches wichtiges dienstliches Interesse, das eine Versetzung rechtfertigt, auch das Vorliegen von wesentlichen Konflikten und Spannungen zwischen Beamten einer Dienststelle gewertet (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1984, Zl. 83/12/0056).
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 BDG 1979 von Amts wegen versetzt zu werden, durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Der Beschwerdeführer bringt insbesondere vor, er habe in seiner Berufung zwar das angespannte Arbeitsklima zugegeben, aber auch sein Bemühen um Besserung zugesagt. Es sei aus dem Verfahren nicht zu ersehen, auf welche Beweisergebnisse und welche konkreten Tatsachenannahmen sich die Behauptung der mangelnden Anpassungsbereitschaft seinerseits stützten. Schon aufgrund der erstinstanzlichen Bescheidbegründung sei nicht faßbar, was die effektiven Auswirkungen auf den Dienst sein sollten; es bleibe die Frage offen, ob es sich in Wahrheit nicht doch nur um eine das Emotionale betreffende Unbequemlichkeit der Beteiligten handle. Die belangte Behörde versuche nicht nur keinerlei Präzisierung, sondern gehe noch über die erstinstanzlichen Annahmen hinaus, indem sie gerade eine Unmöglichkeit der Zusammenarbeit unterstelle. Dies sei aber beweismäßig überhaupt nicht gedeckt; auch ansonsten enthalte weder die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides noch die Begründung des angefochtenen Bescheides die vom Gesetz verlangte Darstellung der Beweisergebnisse und eine Beweiswürdigung. Dies hänge offensichtlich damit zusammen, daß entsprechende Erhebungen überhaupt nicht gepflogen worden seien, jedenfalls nicht unter Gewährung des Parteiengehörs. Bei Vermeidung dieser Mängel wäre die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt, daß zwar ein Spannungsverhältnis bestehe, daß dieses jedoch ein zielführendes und erfolgreiches dienstliches Arbeiten nicht behindere, weil die Dienstpflichten korrekt eingehalten worden seien. Es wäre weiters hervorgekommen, daß das bisherige Spannungsverhältnis in keiner Weise vom Beschwerdeführer zu vertreten sei, weil er seine Dienstpflichten immer genau eingehalten und auch ein einwandfreies Verhalten gezeigt habe, sodaß es ausschließlich rechtswidrige Auffassungen und Handlungen seitens der Vorgesetzten gewesen seien, die zu allfälligen Spannungen geführt hätten. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers weise die Begründung des angefochtenen Bescheides eine Undeutlichkeit und eine Unvollständigkeit auf. Die Undeutlichkeit betreffe die Frage der Nachtdienste. Die belangte Behörde habe zwar ausgeführt, daß an der neuen Dienststelle des Beschwerdeführers für ihn in der Zeit vom 24.00 Uhr bis 5.00 Uhr kein Dienst anfalle; das schließe jedoch Nachtdienste außerhalb dieser Stunden nicht aus. Richtig wäre festzustellen gewesen, daß der Beschwerdeführer auf seinem neuen Arbeitsplatz solche Nachtdienste zu machen habe. Die Unvollständigkeit bestehe darin, daß die belangte Behörde in bezug auf das vom Beschwerdeführer vorgelegte ärztliche Attest Dris. K vom 9. Jänner 1995 nicht die darin enthaltene Aussage erörtert habe, daß eine geregelte tägliche Dienstzeit für den Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen notwendig sei. Dazu wäre richtig festzustellen gewesen, daß der Beschwerdeführer an der neuen Dienststelle keine regelmäßige, sondern nur eine stark schwankende Arbeitszeit zu absolvieren habe.
Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Insoweit die Behörde die verfügte Personalmaßnahme auf dem wichtigen dienstlichen Interesse des Vorliegens eines Spannungsverhältnisses stützt, setzt die Annahme eines solchen Spannungsverhältnisses die in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren unter Einbeziehung des betroffenen Beamten getroffenen Feststellungen über die Umstände, die zu diesem Spannungsverhältnis geführt haben, voraus. Denn, wenn es an solchen Feststellungen fehlt, wäre der Beamte in der Frage der Versetzung von X seiner Vorgesetzten bzw. seiner Kollegen abhängig. Derartige in der subjektiven Sphäre liegende, einer Rechtskontrolle unzugänglichen Momente, müssen durch Fakten objektiviert werden, ansonst würde dies nicht dem Sinn des Versetzungsschutzes entsprechen. Diese Überlegung hat der Verwaltungsgerichtshof insbesondere im Zusammenhang mit der Störung des Vertrauensverhältnisses (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/12/0070) zum Ausdruck gebracht, gleiches gilt aber auch für die Behauptung des Vorliegens eines Spannungsverhältnisses.
Wenn sich aus dem Verfahren ergibt, daß die (Mit-)Ursache der Spannungen zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten in häufigen "Krankenständen" des Beschwerdeführers zu suchen ist, so stellt die Versetzung für sich allein weder eine adäquate Rechtsfolge einer allfälligen Rechtswidrigkeit noch eine Lösung des zugrundeliegenden Problems dar. Sollte der Verdacht bestehen, daß die "Krankenstände" des Beschwerdeführers nicht berechtigt waren, daß also rechtlich keine Dienstunfähigkeit gegeben war, müßte dies wohl vorrangig zu anderen dienstrechtlichen bzw. besoldungs- und allenfalls disziplinarrechtlichen Folgen führen.
Ungeachtet dieser im Zusammenhang mit dem behaupteten Spannungsverhältnis angestellten Überlegung ist es aber denkbar, daß bei bestimmten dienstlichen Tätigkeiten die volle gesundheitliche Eignung des Beamten erforderlich ist (vgl. Erkenntnis vom 19. September 1979, Zl. 1271/79) und deren Einschränkung, die sich etwa in häufigen Dienstverhinderungen wegen Erkrankung zeigt, ein wichtiges dienstliches Interesse darstellt, das eine Versetzung rechtfertigt. Es geht aber nicht an, aus dem Umstand häufiger "Krankenstände" allein, bei denen nicht einmal zweifelsfrei feststeht, daß sie (allenfalls zum Teil) ungerechtfertigt gewesen sind, ein Spannungsverhältnis mit den Vorgesetzten bzw. Mitarbeiter zu begründen und darin das wichtige dienstliche Interesse an einer Versetzung zu sehen.
Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eine ärztliche Bestätigung eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vorgelegt, in der dieser dem Beschwerdeführer Schlafstörungen und einen chronischen Erschöpfungszustand wegen der Nachtdienste diagnostiziert und weiter ausführt:
"Um einen schweren Gesundheitsschaden zu vermeiden wäre eine geregelte Dienstzeit nur tagsüber notwendig"
Mit diesem ärztlichen Gutachten setzt sich die belangte Behörde aber nur hinsichtlich des ersten Teiles auseinander und trifft die Aussage, daß der Beschwerdeführer den größten Teil der in Frage kommenden Zeit ohnehin wegen Krankenstandes keinen Nachtdienst geleistet hat und der Grenzübertritt von 0.30 Uhr bis 5.00 Uhr geschlossen ist, sodaß von einem durchgehenden Nachtdienst nicht gesprochen werden kann. Abgesehen davon, daß die Argumentation der Behörde hinsichtlich des Erschöpfungszustandes keine klare Aussage ergibt, geht sie aber überhaupt nicht auf die zweite Aussage des vorgelegten Gutachtens, nämlich die Gefahr einer Gesundheitsschädigung beim Beschwerdeführer, ein. Auch wenn die Versetzung örtlich gesehen nur einen geringfügigen Eingriff in die Lebensumstände des Beschwerdeführers darstellt und diesem Umstand im Rahmen einer Berücksichtigung nach § 38 Abs. 3 BDG 1979 wohl keine entscheidende Bedeutung zukommen wird, rechtfertigt die Geringfügigkeit der Auswirkungen der Versetzung auf die Interessenssphäre des Beschwerdeführers allein noch nicht die verfügte Personalmaßnahme. Insbesondere für den Einsatz des Beschwerdeführers im Rahmen von Nachtdiensten (auch wenn dieser unterbrochen ist) hätte es einer entsprechenden Auseinandersetzung mit dem von ihm vorgelegten fachärztlichen Gutachten bedurft.
Die Behörde hat daher der sie nach §§ 58 und 60 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG treffenden Feststellungs- und Begründungspflicht nicht entsprochen.
Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Gutachten Beweiswürdigung der BehördeSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitGutachten rechtliche BeurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995120144.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
10.12.2018