TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/6 94/12/0082

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Veröffentlicht am 06.09.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AVG §56;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
RDG §66 Abs6 Z2;
RDG §66 Abs7;
RDG §66 Abs9 Z2;
StGG Art2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/12/0083

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerden des Dr. G in W,

1. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 8. Jänner 1993 und

2. gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 14. Jänner 1994, GZ. 4655/2-III 5/94, betreffend Hemmung der Vorrückung,

Spruch

beschlossen bzw. zu Recht erkannt:

ad 1.: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

ad 2.: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Richter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; in Vollziehung des Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofes als Disziplinargericht für Richter vom 13. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführer mit 19. Oktober 1992 auf die Planstelle eines Richters der Bezirksgerichte A und B ernannt.

Mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Disziplinargericht für Richter vom 9. März 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 123 Abs. 6 RDG ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Während dieses Verfahrens wurde er am 16. November 1990 vom Präsidenten des Landesgerichtes Y gemäß § 147 RDG vorläufig vom Dienst suspendiert. Mit Beschluß vom 30. November 1990, dem Beschwerdeführer zugestellt am 3. Dezember 1990, verfügte das OLG Wien als Disziplinargericht die Suspendierung gemäß § 146 RDG, wodurch gemäß § 150 Abs. 1 RDG ab 1. Jänner 1991 eine Kürzung der Bezüge des Beschwerdeführers auf zwei Drittel erfolgte.

Im Rechtszug behob der OGH als Disziplinargericht für Richter in nichtöffentlicher Sitzung am 10. Jänner 1991 den vorher genannten Suspendierungsbeschluß des OLG Wien und verwies die Sache zur neuen Entscheidung an das OLG Wien zurück. Dieses verfügte mit Beschluß vom 28. Februar 1991 neuerlich gemäß § 146 RDG die Suspendierung des Beschwerdeführers. Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem vorher genannten Aufhebungsbeschluß des OGH am 4. März 1991 zugestellt. Im daraufhin neuerlich angestrengten Rechtsmittelverfahren bestätigte der OGH die Suspendierung des Beschwerdeführers mit Beschluß vom 21. Juni 1991.

Das gegen den Beschwerdeführer geführte Disziplinarverfahren endete durch Verhängung der Disziplinarstrafe der Versetzung an einen anderen Dienstort ohne Anspruch auf Übersiedlungsgebühren. Zur Vermeidung weiterer Wiederholungen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1993, 92/12/0259, verwiesen, mit dem in Angelegenheit der Nachzahlung der wegen Suspendierung erfolgten Bezugskürzung die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde abgewiesen worden war.

Mit Bescheid des Präsidenten des OLG Wien vom 8. Jänner 1993 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer festgestellt, daß gemäß § 66 Abs. 9 Z. 2 RDG i.V.m. § 10 Abs. 1 GG 1956 die Vorrückung für die Zeit vom 16. November 1990 bis 13. Oktober 1992 (- Zeit seiner Suspendierung -) gehemmt ist. Weiters wurde festgestellt, daß dem Beschwerdeführer daher ab 1. Jänner 1991 weiterhin das Gehalt der Gehaltsstufe 7 der Gehaltsgruppe I und die Dienstzulage gemäß § 68a Abs. 1 Z. 3 RDG gebührt, wobei während der Zeit vom 1. Jänner 1991 bis 31. Oktober 1992 die Bezüge des Beschwerdeführers gemäß § 150 RDG auf zwei Drittel kraft Gesetzes gekürzt waren und seit 1. Jänner 1993 der Beschwerdeführer das Gehalt der Gehaltsstufe 8 der Gehaltsgruppe I, mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 1995, erhalte. Die Dienstzulage bleibe gemäß § 68a Abs. 1 Z. 3 RDG unverändert.

Dieser erstinstanzliche Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 15. Jänner 1993 zugestellt. Am 28. Jänner 1993 brachte der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung beim BG A im Dienstwege rechtzeitig ein. Zufolge eines Irrtums beim BG A - so die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift - erfolgte die Vorlage der Berufung an das OLG Wien erst am 15. November 1993.

Wegen der Nichterledigung dieser Berufung erhob der Beschwerdeführer am 6. September 1993, unter Zl. 93/12/0263, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Verfügung vom 11. Oktober 1993, zugestellt am 10. November 1993, unter Einräumung einer Dreimonatsfrist für die Nachholung des versäumten Bescheides das Vorverfahren einleitete.

Die belangte Behörde entschied mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Jänner 1994 innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Dreimonatsfrist über die Berufung des Beschwerdeführers abweisend.

Zur Begründung dieses Bescheides wird nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Berufung im wesentlichen weiter ausgeführt, ergänzend zu den unbekämpften Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides - die auch dem angefochtenem Bescheid zugrundegelegt wurden - werde festgestellt, daß der Beschwerdeführer vom 16. November 1990 (Zeitpunkt der Suspendierung durch den Präsidenten des Landesgerichtes Y gemäß § 147 RDG) bis zum 22. Oktober 1992 (Dienstantritt des Beschwerdeführers beim BG A) aufgrund seiner Suspendierung keinen Dienst verrichtet habe. Der Beschwerdeführer sei in Vollziehung des Erkenntnisses des OGH als Disziplinargericht für Richter vom 13. Oktober 1992 mit Wirksamkeit vom 19. Oktober 1992 auf die Planstelle eines Richters des BG A und des BG B in der Gehaltsgruppe I ernannt worden.

Nach Wiedergabe der maßgebenden Rechtslage wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter ausgeführt, da über den Beschwerdeführer durch Erkenntnis des OGH als Disziplinargericht für Richter vom 13. Oktober 1992 - in Abänderung des Erkenntnisses des OLG Wien als Disziplinargericht für Richter vom 10. September 1991 - die Disziplinarstrafe der Versetzung zu einem anderen Dienstort ohne Anspruch auf Übersiedlungsgebühren verhängt worden sei, trete eine Hemmung der Vorrückung für die Zeitdauer der Suspendierung ein. Eine rückwirkende Vollziehung der Vorrückung scheide nach der klaren Anordnung des Gesetzes aus, weil durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe eine Hemmung der Vorrückung nach § 66 Abs. 9 RDG eintrete.

Die Berufungsausführungen, wonach das Gehaltsgesetz 1956 auf Richter generell nicht anwendbar sei, stünden im Widerspruch zu der klaren gesetzlichen Anordnung im § 66 Abs. 9 RDG. Gleiches gelte für die darauf aufbauenden Ausführungen unter der - irreführend unrichtigen - Heranziehung des § 66 Abs. 7 RDG, wonach eine Hemmung der Vorrückung nur bei Verhängung der Disziplinarstrafe der Ausschließung von der Vorrückung eintreten solle. Aus dem Wortlaut des § 66 Abs. 9 Z. 2 RDG, der eine Hemmung der Vorrückung bei Verhängung einer Disziplinarstrafe anordne, ergebe sich unmißverständlich, daß natürlich auch bei der Verhängung der Disziplinarstrafe der Versetzung an einen anderen Dienstort ohne Anspruch auf Übersiedlungsgebühren (§ 104 Abs. 1 lit. d RDG) eine Hemmung der Vorrückung eintrete, wenn der Richter während des Disziplinarverfahrens suspendiert gewesen sei. Auch das weitere Begehren des Beschwerdeführers, den Zeitraum der Suspendierung ab dem 4. März 1991 bis zum 13. Oktober 1992 richtig festzustellen, sei unberechtigt. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufungsschrift keine Begründung für sein diesbezügliches Begehren gegeben, sondern lediglich auf seine in Kopie der Berufung angeschlossenen Ausführungen vom 28. Jänner 1992 sowie auf seine Berufungsausführungen zum Bescheid vom 2. Juni 1992 verwiesen. Mit dem damals angefochtenen Bescheid hatte der Präsident des OLG Wien die bezugsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers infolge seiner Suspendierung festgestellt. Über diese Berufung habe die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. August 1992 abschlägig entschieden. Die dagegen erhobene Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. September 1993, Zl. 92/12/0259, als unbegründet abgewiesen. Er habe sich dabei auch mit der Rechtsfrage der (Fort)Dauer der Suspendierung des Beschwerdeführers befaßt und dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach - infolge Aufhebung des ersten Suspendierungsbeschlusses des OLG Wien als Disziplinargericht für Richter vom 30. November 1990 durch den OGH - für den Zeitraum vom 30. November 1990 bis zum 28. Februar 1991 (4. März 1991) rechtlich gar keine Suspendierung vorgelegen habe, entgegengehalten, "daß auch später aufgehobene Entscheidungen in der Zeit ihres rechtlichen Bestandes, wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukommt, Wirkungen entfalten, die konkret nicht rückgängig gemacht werden können. So ist es vorliegendenfalls nicht möglich, den durch den Suspendierungsbeschluß vom 30. November 1990 bewirkten Ausschluß des Beschwerdeführers von der Dienstleistung rückwirkend zu beseitigen".

Es sei daher auch anläßlich der vorliegenden Berufung - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - darauf hinzuweisen, daß die vom Präsidenten des Landesgerichtes Y am 16. November 1990 ausgesprochene Suspendierung gemäß § 147 RDG von ihrem Ausspruch bis zum Wirksamwerden der vom OLG Wien (Beschluß vom 30. November 1990) ausgesprochenen Suspendierung des Beschwerdeführers mit der Zustellung dieses Beschlusses am 3. Dezember 1990 (§ 147 letzter Satz RDG) wirksam gewesen sei. Der vom Beschwerdeführer gegen den Beschluß des OLG Wien als Disziplinargericht für Richter vom 30. November 1990 erhobenen Beschwerde sei eine aufschiebende Wirkung gemäß § 149 Abs. 2 RDG nicht zugekommen. Die folgende Aufhebung des Beschlusses durch den OGH habe daher konstitutiv und ex nunc gewirkt. Die Wirkung des nicht mündlich verkündeten Aufhebungsbeschlusses des OGH vom 10. Jänner 1991 sei erst mit der Zustellung an den Beschwerdeführer eingetreten; gleichzeitig sei aber unter einem der Beschluß des OLG Wien vom 28. Jänner 1991, mit dem neuerlich gemäß § 146 RDG eine Suspendierung ausgesprochen worden sei, zugestellt worden. Einer gegen diesen Beschluß vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde sei durch den Beschluß des OGH vom 21. Juni 1991 nicht Folge gegeben worden; der Suspendierungsbeschluß des OLG Wien sei vielmehr bestätigt worden, sodaß die Suspendierung des Beschwerdeführers während des gesamten Zeitraumes aufrecht gewesen sei.

Aus dem klaren Wortlaut des § 66 Abs. 9 Z. 2 RDG ergäbe sich, daß für den Zeitraum der Suspendierung eine Hemmung der Vorrückung eintrete. Aus den Feststellungen sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer vom 16. November 1990 bis zum 22. Oktober 1992 keinen Dienst verrichtet habe. Darüber hinaus sei noch darauf hinzuweisen, daß die Hemmung von der Vorrückung nicht unbedingt Pönalcharakter habe, sondern daß der Gesetzgeber auch beabsichtigt habe, Zeiten, in denen Dienstleistungen nicht erbracht worden seien, für die Vorrückung außer Betracht zu lassen; selbst dann, wenn die Nichterbringung der Dienstleistung nicht auf einem Verschulden des öffentlich-rechtlichen Bediensteten beruhe. § 10 Abs. 1 Z. 3 GG 1956 ordne an, daß etwa durch den Antritt eines Karenzurlaubes - soweit nicht gemäß § 55 RDG anderes verfügt worden sei oder ein Karenzurlaub nach dem Mutterschutzgesetz oder dem Eltern-Karenzurlaubsgesetz vorliege - eine Hemmung der Vorrückung eintrete. Aus diesem weiteren Hemmungsgrund ergebe sich aus der systematischen Auslegung der Bestimmungen über die Hemmung der Vorrückung, daß das maßgebliche Faktum die Nichterbringung der Dienstleistung sei. Dies ergebe sich auch aus § 75 Abs. 2 und 3 RDG, der anordne, daß Karenzzeiten für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhingen, nicht zu berücksichtigen seien, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt sei. Lediglich bei Vorliegen anderer als privater Interessen und bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe könne der Bundesminister verfügen, daß diese Rechtsfolgen nicht oder nicht im vollen Umfange eintreten sollten. Umsomehr seien nach dem klaren und eindeutigen Willen des Gesetzgebers Zeiträume nicht in eine Vorrückung einzurechnen, in der die Nichterbringung der Dienstleistung durch eine Suspendierung aufgrund einer schweren, schuldhaften Pflichtverletzung erfolgt sei. Aus einem Größenschluß ergebe sich daher, daß umsomehr auch die Zeit der vorläufigen Suspendierung gemäß § 147 RDG einen Zeitraum der Suspendierung darstelle, für den nach § 66 Abs. 9 Z. 2 RDG eine Hemmung von der Vorrückung angeordnet sei. Der bescheidmäßige Ausspruch über den Eintritt der Hemmung von der Gehaltsvorrückung erweise sich somit als einwandfrei.

Da die Zustellung des angefochtenen Bescheides in der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Dreimonatsfrist wegen eines Auslandsurlaubes des Beschwerdeführers nicht möglich war, ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom 4. Februar 1994 innerhalb offener Frist um Fristverlängerung, die auch gewährt wurde.

Die Zustellung des angefochtenen Bescheides erfolgte also innerhalb der verlängerten Frist am 14. Februar 1994.

Aufgrund dieses Umstandes wurde das vom Beschwerdeführer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht angestrengte Verfahren mit Beschluß vom 18. März 1994, Zl. 93/12/0263, eingestellt.

Mit der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer primär neuerlich Verletzung der Entscheidungspflicht geltend (prot. unter Zl. 94/12/0082) und bekämpft den angefochtenen Bescheid aber auch "vorsichtshalber" inhaltlich (prot. unter Zl. 94/12/0083).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, zwei Gegenschriften erstattet und kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbunden und erwogen:

I. Zur behaupteten Verletzung der Entscheidungspflicht:

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über seine Berufung gegen den Bescheid des Präsidenten des OLG Wien vom 8. Jänner 1993 erhobene Beschwerde wegen Nachholung der Entscheidung mit dem angefochtenen Bescheid innerhalb der - wegen des genannten Zustellungsproblemes verlängerten - Frist mit Beschluß vom 18. März 1994 eingestellt hat.

Da der Beschwerdeführer seine nunmehrige Säumnisbeschwerde auf denselben Tatbestand stützt, über den der Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden hat, war die neuerliche Säumnisbeschwerde schon deshalb wegen entschiedener Sache gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, zu § 34 auf S. 410 ff diesbezüglich wiedergegebene Rechtsprechung, beispielsweise den Beschluß vom 19. September 1967, Slg. N.F. 7177/A).

II. Zur Bescheidbeschwerde:

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid "vorsichtshalber" auch inhaltlich. Er bringt im wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid verletze das Gesetz insoweit, als er einem aufgehobenen Beschluß konstituierende Wirkungen zugrundelege und bestehende gesetzliche Bestimmungen unrichtig zur Anwendung bringe. Weiters werde er durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, daß der Zeitraum der Suspendierung richtig (nur für den Zeitraum vom 4. März 1991 bis 13. Oktober 1992) festgestellt werde und sich allfällige Rechtsauswirkungen der Suspendierung nur auf diesen Zeitraum beschränken bzw. nur aus diesem Zeitraum heraus entstehen könnten verletzt.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1993, Zl. 92/12/0259, habe lediglich zum Ausdruck gebracht, daß der Beschwerdeführer in der in Frage stehenden Zeit "de facto nicht gearbeitet" habe, weswegen ihm kein voller Gehalt zustünde. Nicht sei aber darüber abgesprochen worden, ob dieser Zeitraum auch in eine allfällige Hemmung einzubeziehen sei. Die belangte Behörde gehe zu Unrecht vom

"de facto-Zustand" einer nachträglich aufgehobenen Suspendierung im Zeitraum vom 16. November bis 3. März 1991 aus und vermeine fälschlich, daß der Verwaltungsgerichtshof darüber bereits mit seiner Entscheidung Zl. 92/12/0259 abschlägig entschieden habe. Dem entgegen sei bislang nicht darüber abgesprochen worden, ob der Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer zweifelsfrei gesetzwidrig suspendiert gewesen sei, weswegen die Suspendierung ja auch aufgehoben worden sei, in eine Hemmung einzubeziehen sei. Mit einer Entscheidung i.S. der Ausführungen der belangten Behörde werde ausgesprochen, daß auch ein "ersatzlos aufgehobener Beschluß oder Bescheid" Rechtswirkungen i.S. von "fortdauernden Rechtsverlusten" entwickeln könne.

Nach § 66 Abs. 6 RDG, BGBl. Nr. 305/1961, i.d.F. BGBl. Nr. 136/1979, wird die Vorrückung der Richter aufgeschoben

1. durch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den betreffenden Richter bis zum Abschluß des Verfahrens sowie

2. durch Verhängung der Suspendierung des Richters bis zu ihrer Aufhebung.

Gemäß § 66 Abs. 7 RDG ist die Vorrückung bei Wegfall des Aufschiebungsgrundes rückwirkend zu vollziehen; die zurückbehaltenen Teile des Monatsbezuges sind nachzuzahlen. Dies gilt jedoch nur soweit, als nicht die Vorrückung gehemmt ist oder eingestellt wird.

§ 66 Abs. 9 RDG ordnet an, daß § 10 Abs. 1 GG 1956, der die Hemmung der Vorrückung regelt, auf Richter mit der Maßnahme anzuwenden ist, daß an die Stelle des in Z. 1 des § 10 Abs. 1 GG 1956 angeführten Hemmungsgrundes folgende Hemmungsgründe treten:

1. Disziplinarerkenntnis, das auf Ausschließung von der Vorrückung oder auf die Minderung der Bezüge lautet; die Hemmung gilt für die im Erkenntnis bestimmte Zeit und beginnt mit dem der Einleitung des Disziplinarverfahrens nächstfolgenden 1. Jänner oder 1. Juli;

2. Verhängung einer Disziplinarstrafe, wenn der Richter während des Disziplinarverfahrens vom Dienst suspendiert wird;

die Hemmung gilt für die Zeit der Suspendierung;

3. eine auf "nicht entsprechend" lautende Gesamtbeurteilung

...

§ 10 Abs. 2 und Abs. 3 GG 1956 ist auf die in den Z. 1 bis 3 angeführten Fällen nach § 66 Abs. 9 RDG anzuwenden.

Nach § 10 Abs. 2 GG 1956, BGBl. Nr. 54, ist die Zeit der Hemmung für den Lauf der Vorrückungsfrist (§ 8 Abs. 1) nicht zu berücksichtigen.

Hat sich der Beamte in den Fällen des Abs. 1 Z. 1 und 2 nach dem Ablauf des Hemmungszeitraumes durch drei aufeinanderfolgende Jahre tadellos verhalten und ist in diesem Zeitraum keine Hemmung i.S.d. Abs. 1 Z. 1 eingetreten, so ist ihm gemäß § 10 Abs. 3 GG 1956 auf Antrag der Hemmungszeitraum für die Vorrückung anzurechnen.

Da über den Beschwerdeführer durch Erkenntnis des OGH als Disziplinargericht für Richter vom 13. Oktober 1992 die Disziplinarstrafe der Versetzung an einen anderen Dienstort ohne Anspruch auf Übersiedlungsgebühren verhängt wurde, tritt jedenfalls eine Hemmung der Vorrückung für die Dauer der Suspendierung ein. Eine rückwirkende Vollziehung der Vorrückung scheidet nach § 66 Abs. 7 RDG aus, weil durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe die Hemmung der Vorrückung eintritt.

Die nach § 66 Abs. 9 RDG vorgesehene Hemmung geht vom Faktum der rechtskräftigen Verhängung einer Disziplinarstrafe aus, wobei die Hemmung für die "Zeit der Suspendierung" während des Disziplinarverfahrens gilt. Nun kann aber im Beschwerdefall nicht bestritten werden, daß der Beschwerdeführer in dem in Frage stehenden Zeitraum jedenfalls wegen seiner Suspendierung keinen Dienst verrichtet hat. Die Wirkung des Aufhebungsbeschlusses des OGH betreffend die Suspendierung des Beschwerdeführers im ersten Rechtsgang ist nur aus formalen Gründen und erst mit der gleichzeitigen Zustellung der neuerlichen Suspendierung, deren Rechtmäßigkeit letztlich vom OGH bestätigt wurde, eingetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem genannten Erkenntnis vom 28. September 1993, Zl. 92/12/0259, mit der Rechtsfrage der (Fort)Dauer der Suspendierung des Beschwerdeführers nach Aufhebung des Suspendierungsbeschlusses des OLG Wien vom 30. November 1990 durch den OGH auseinandergesetzt und hat dem in diesem Verfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers, daß für den Zeitraum vom 30. November 1990 bis zum 28. Februar 1991 bzw. 4. März 1991 rechtlich gar keine Suspendierung vorgelegen sei, entgegengehalten, "daß auch später aufgehobene Entscheidungen in der Zeit ihres rechtlichen Bestandes, wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukommt, Wirkungen entfalten, die konkret nicht rückgängig gemacht werden können. So ist vorliegendenfalls nicht möglich, den durch den Suspendierungsbeschluß vom 30. November 1990 bewirkten Ausschluß des Beschwerdeführers von der Dienstleistung rückwirkend zu beseitigen".

Tatsächlich war der Beschwerdeführer in der Zeit vom 16. November 1990 bis zum 13. Oktober 1992 suspendiert und hat keinen Dienst verrichtet.

Die mit der Suspendierung verbundenen besoldungsrechtlichen Folgen des § 66 Abs. 9 Z. 2 RDG sind - wie bereits im mehrfach genannten Vorerkenntnis ausgeführt - i.V.m. dem Ausgang des Disziplinarverfahrens zu sehen. Da über den Beschwerdeführer wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung eine Disziplinarstrafe verhängt worden ist, und er während des bereits früher eingeleiteten Disziplinarverfahrens in der in Frage stehenden Zeit durch eine damit im Zusammenhang stehende Suspendierung durchgehend keine Dienstleistung erbracht hat, teilt der Verwaltungsgerichtshof die rechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Rechtsfolge der Hemmung seiner Vorrückung nicht. Im übrigen wird der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit nach § 10 Abs. 3 GG 1956 hingewiesen.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschlierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994120082.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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