TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/6 95/01/0002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/01/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden 1.) des R S in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, (protokolliert zu hg. Zahl 95/01/0002) und 2.) der G S in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, (protokolliert zur hg. Zl. 95/01/0048), gegen die Bescheide des BMI jeweils vom 14. Oktober 1994, Zl. 4.308.698/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Beide Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres, jeweils vom 14. Oktober 1994, wurde in Erledigung der Berufungen ausgesprochen, daß Österreich den Beschwerdeführern - einem Ehepaar mit Staatsangehörigkeit "der Jugosl. Föderation", das am 23. Jänner 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 25. Jänner 1991 die Asylanträge gestellt hat, kein Asyl gewähre.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, vom jeweiligen Beschwerdeführer in Ansehung des ihn betreffenden Bescheides erhobenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges erwogen hat:

1. Der Erstbeschwerdeführer hatte bei seiner am 29. Jänner 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich erfolgten niederschriftlichen Befragung im wesentlichen angegeben, er sei am 22. November 1990 von der serbischen Miliz verhaftet worden, weil er auf einem Hügel seiner Heimatstadt eine albanische Flagge aufgezogen und seine Mitbürger aufgefordert habe, für die Eigenständigkeit des Kosovo zu demonstrieren. Er sei am 15. Dezember 1990 vom Kreisgericht Kosovo wegen § 114 (offenbar gemeint des jugoslawischen Strafgesetzbuches) zu einer Gefängnisstrafe von 16 Monaten verurteilt worden. Nach dieser Verurteilung habe er in Begleitung von zwei Milizbeamten den Gerichtssaal verlassen und sei hiebei geflohen. Daraufhin habe er sich bei Verwandten in den Bergen versteckt gehalten und sei nur abends in seine Wohnung zurückgekehrt. Er habe kein Verbrechen begangen und die albanische Fahne nur aus politischen Gründen aufgezogen. Er habe in seiner Heimat für sich und seine Familie keine Zukunft mehr gesehen und habe sich daher gemeinsam mit dieser zur Ausreise entschlossen. Im Zuge des über seine fristgerecht gegen den abweislichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Februar 1991 eingebrachte Berufung abgeführten Verfahrens bekräftigte der Beschwerdeführer diese Angaben und erklärte sich auch mit der Verifizierung des von ihm im Original sowie beglaubigter Übersetzung vorgelegten Strafurteiles einverstanden. In dem daraufhin von der belangten Behörde durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren ergab sich, daß es sich bei dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokument um eine offensichtliche Fälschung handelt. Dies wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme vorgehalten, wobei er lediglich deponierte, es sei nicht richtig, daß dieses Dokument gefälscht sei. Er sei tatsächlich von dem genannten Gericht verurteilt worden und habe dabei das vorgelegte Urteil erhalten. Er vermute, daß die "Führung in Belgrad" insofern "lüge", als sie behaupte, daß das Urteil gefälscht sei, damit man ihn in sein Heimatland zurückschicke und den dortigen Behörden ausliefere.

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, gerade für die zuletzt aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers bestünden keinerlei Anhaltspunkte, zumal die "Führung in Belgrad" von den gepflogenen Ermittlungen keine Kenntnis gehabt habe. Die Ermittlungen hätten eben ergeben, daß u.a. auch auf Grund der Form und des Inhaltes der vorgelegten Urkunde davon auszugehen sei, daß diese eine Fälschung darstelle. Da sich der Beschwerdeführer einer gefälschten Urkunde bedient habe, um das Asylrecht zu erschleichen, sei auch nicht anzunehmen, daß der von ihm im Laufe des Verfahrens vorgebrachte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Es sei ihm daher nicht möglich gewesen, einen asylbegründenden Sachverhalt glaubhaft zu machen.

Dem hält der Beschwerdeführer in der Beschwerde lediglich entgegen, die belangte Behörde habe zur Klärung der Frage, ob das von ihm vorgelegte Dokument tatsächlich eine Fälschung sei, keine ausreichende Ermittlungstätigkeit entfaltet. "Eine Anfrage bei den Behörden des Verfolgerstaates, ob es sich um ein authentisches Dokument handelt," sei kein geeignetes Erhebungsmittel. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß ein Verfolgerstaat in einer derartig politisch brisanten Situation österreichischen Behörden gegenüber richtige Angaben mache. Es fehlten geeignete Anhaltspunkte für die Annahme, daß es sich tatsächlich um eine Fälschung gehandelt habe. Dem ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer offenbar übersieht, daß die ergänzenden Ermittlungen zur Frage der Echtheit der von ihm vorgelegten Gerichtsurkunde nicht - wie er offenbar annimmt - durch Kontaktierung der Behörden seines Heimatlandes erfolgt sind, sondern durch Einholung einer Stellungnahme eines Vertrauensanwaltes der österreichischen Botschaft in Belgrad, der sein auf Falsifikat lautendes Begutachtungsergebnis in dem dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Schreiben vom 20. Juli 1994 in einzelnen Punkten explizit begründete. Weder im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs noch in der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer aber konkrete Einwände gegen die im einzelnen dargelegten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Fälschung vor, sondern beschränkt sich auf die pauschale Behauptung, von der belangten Behörde sei kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, sie bleibe eine plausible und nachvollziehbare Begründung für ihre Schlußfolgerung schuldig. Der Beschwerdeführer übersieht, daß er als Asylwerber das Vorliegen begründeter Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen hat. Knüpft nun die belangte Behörde an die im einzelnen begründete Einschätzung des Vertrauensanwaltes der österreichischen Botschaft in Belgrad im Rahmen ihrer Beweiswürdigung die Schlußfolgerung, der Beschwerdeführer habe die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen können, so kann dem der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden eingeschränkten Kognition in Ausübung seiner Schlüssigkeitsprüfung nicht entgegentreten.

2. Die Zweitbeschwerdeführerin hatte sich anläßlich ihrer Ersteinvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich lediglich auf die ihrem Ehegatten (dem Erstbeschwerdeführer) drohende Gefängnisstrafe berufen, konnte jedoch keine eigenen Fluchtgründe geltend machen. Dies bekräftigte sie auch in der fristgerecht gegen den abweislichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Februar 1991 gerichteten Berufung. Auch in der Beschwerde bringt die Zweitbeschwerdeführerin wiederum lediglich Argumente vor, die allenfalls ihren Ehegatten, den Erstbeschwerdeführer, betreffen. Sollte ihr Vorbringen, die belangte Behörde hätte bei ausreichender Ermittlungstätigkeit zum Ergebnis kommen müssen, daß "tatsächlich in meinem Fall konkrete politische Verfolgungsgründe, nämlich als Frau eines politisch Verfolgten, vorliegen. Bekanntlich richten sich die Repressalien der Serben nicht nur gegen die politisch Verfolgten selbst, sondern gegen seine gesamte Familie", dahin zu verstehen sein, sie mache damit Sippenhaftung geltend, so wäre dieses Vorbringen als Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr aufzugreifen.

In Ermangelung eigener Fluchtgründe erweist sich aber die Ansicht der belangten Behörde, die Zweitbeschwerdeführerin habe keinen sie selbst betreffenden asylrechtlich relevanten Sachverhalt vorgebracht und damit das Vorliegen einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft machen können, als zutreffend.

Beide Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995010002.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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