TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/7 94/09/0355

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Veröffentlicht am 07.09.1995
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der "H"- & Co in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftsstelle, vom 16. November 1994, AZ IIc/6702 B/16257/MÜ, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte beim Arbeitsamt Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den türkischen Staatsangehörigen A für die Tätigkeit als Platzarbeiter.

Mit Bescheid vom 20. Mai 1994 lehnte das Arbeitsamt diesen Antrag gemäß § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG ab. In der Begründung wurde nach der Zitierung des § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG festgestellt, aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Platzarbeiter Arbeitssuchende vorgemerkt seien, die für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung. Darüber hinaus habe der Vermittlungsausschuß im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet und habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In Ihrer Berufung ersuchte die beschwerdeführende Partei, ihrem Antrag "aus finanziellen und sozialen Gründen" stattzugeben und machte geltend, daß sich der beantragte Ausländer seit Februar 1993 mit einem Visum zwecks "Familiengemeinschaft" in Österreich aufhalte und bei seiner Ehefrau lebe, die als Wäschereiarbeiterin beschäftigt sei und seit mehreren Jahren in Österreich lebe.

Nach Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. November 1994 der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG keine Folge. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde nach Zitierung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen aus, daß mit Verordnung für das Kalenderjahr 1994 (BGBl. Nr. 794/1993) die Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien im Vergleich mit dem Vorjahr von 97.000 auf 91.000 gesenkt worden und laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hinsichtlich des Umstandes, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist, keine Änderung eingetreten sei. Somit seien bei Anträgen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sowohl die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 als auch des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Eine Überprüfung auf dem verfahrensgegenständlichen Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte zur Verfügung stünden. Hingegen erfülle die beantragte ausländische Arbeitskraft nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Im Zuge des im Berufungsverfahren durchgeführten Ersatzkraftstellungsverfahrens sei ein Vermittlungsauftrag für zwei Personen erteilt worden und seien dann auch zwei Personen eingestellt und eine weitere vorgemerkt worden, wodurch der Bedarf gedeckt sei. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1993, 93/09/0103, vom 11. Oktober 1993, 93/09/0121, und viele andere).

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,

b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist - wie bereits das erstinstanzliche Arbeitsamt, das auch die Nichtzustimmung des (bis zu der mit 1. Juli 1994 in Kraft getretenen Nov. BGBl. Nr. 314/1994 zuständigen) Vermittlungsausschusses gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG festgestellt hatte - vom Vorliegen der Überschreitung der Landeshöchstzahl und dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ausgegangen und hat in der Folge den Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung abgelehnt.

Mit Rücksicht darauf wäre es aber Aufgabe der beschwerdeführenden Partei gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne dieser Gesetzesstelle hätten maßgebend sein können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0321).

Damit ein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG vorliegt bzw. das öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interesse die Beschäftigung des Ausländers erfordert (§ 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit.), muß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein QUALIFIZIERTES Interesse bestehen, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfs hinausgeht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1995, 95/09/0024, und die dort angeführte Vorjudikatur). Ein derart überbetriebliches Interesse hat die beschwerdeführende Partei weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde aufgezeigt.

Die Bestätigung der Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei durch den angefochtenen Bescheid kann daher aus dem Versagungsgrund des § 4 Abs. 6 AuslBG nicht als rechtswidrig erkannt werden. Damit konnte eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 AuslBG und dem ausschließlich hiezu erstatteten Beschwerdevorbringen (insbesondere zur Frage der Einstufung des beantragten Auslandes als vorrangig zu behandelnde Arbeitskraft nach § 4b Abs. 1 Z. 3 lit. a AuslBG) entfallen.

Die Beschwerde war daher - unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090355.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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