TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/7 95/18/1161

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Veröffentlicht am 07.09.1995
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Index

20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des B in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. Mai 1995, Zl. SD 342/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 3. Mai 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1989 die - bereits im Jahre 1991 geschiedene - Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen habe, um in den Besitz eines Befreiungsscheines und eines Sichtvermerkes zu gelangen. Ein derartiges Verhalten sei zwar nicht strafbar, stelle jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen klaren Rechtsmißbrauch dar, demzufolge der Aufenthalt eines solchen Fremden die öffentliche Ordnung gefährde und den Tatbestand des § 18 Abs. 1 FrG erfülle. Daß der Beschwerdeführer allenfalls auch auf andere Weise zu einer Beschäftigungsbewilligung hätte kommen können, vermöge daran nichts zu ändern. In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern dem nicht die §§ 19 oder 20 FrG entgegenstünden. Obwohl die in Österreich befindlichen Brüder des Beschwerdeführers mit diesem nicht im gemeinsamen Haushalt lebten, liege ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers vor, da sich dieser bereits seit fast sechs Jahren im Bundesgebiet aufhalte, doch werde dieser Aufenthalt "insofern relativiert, als er sich als eine Folge des Rechtsmißbrauches erweist". Das Aufenthaltsverbot sei zur Erreichung eines geordneten Fremdenwesens und eines geordneten Arbeitsmarktes, somit also zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, dringend geboten. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt der als maßgeblich festgestellte Sachverhalt unbestritten. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß er auch nach der erfolgten Scheidung im Jahre 1991 zunächst zweimal eine für zwei Jahre gültige Arbeitserlaubnis und dann einen für fünf Jahre gültigen Befreiungsschein erhalten habe. Diese Bewilligungen seien nicht aufgrund der Eheschließung des Beschwerdeführers erfolgt. Ebenso habe er nach der Ehescheidung zunächst im März 1992 einen Sichtvermerk und dann im Oktober 1993 eine bis August 1995 gültige Aufenthaltsbewilligung erhalten. Auch diese Bescheide habe er "ohne Rechtsmißbrauch erhalten" und "würden dieselben bei Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes de facto unter Umgehung der Bestimmungen des § 68 AVG behoben, obwohl keinesfalls die Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorliegen".

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat das im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG relevante Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers in der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin ausschließlich zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen erblickt. Bei diesem Rechtsmißbrauch handelt es sich nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um ein Verhalten, das als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens und solcherart als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu werten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0505). Dieses Fehlverhalten ist seinem Gehalt nach der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzuhalten und stellt - von der belangten Behörde zutreffend erkannt - eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 leg. cit. dar, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) rechtfertigt (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 95/18/0505). Für diese Beurteilung ist es völlig unerheblich, ob der Beschwerdeführer nach seiner Ehescheidung neuerlich - ohne Rechtsmißbrauch - eine Arbeitserlaubnis und einen Befreiungsschein erhalten hat.

Nach § 8 Abs. 1 letzter Satz Aufenthaltsgesetz tritt die (Aufenthalts-)Bewilligung mit rechtskräftiger Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (nach § 18 FrG) außer Kraft. Das Erlöschen der Aufenthaltsbewilligung aufgrund der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entspricht somit einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Von einer Umgehung der Bestimmungen des § 68 AVG kann daher keine Rede sein.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß das Aufenthaltsverbot einen schweren Eingriff in sein Privatleben darstelle, der keineswegs zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei, ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Aufenthaltsverbot - unter der Annahme, es wäre damit ein im Grunde des § 19 FrG bedeutsamer Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden - nach dieser Bestimmung zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) in den Fällen der rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe dringend geboten und demnach zulässig ist (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 95/18/0505).

Da schließlich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung auf keine Bedenken stößt, liegt die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.

2. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995181161.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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