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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des N in H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. November 1994, Zl. Fr 3073/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 23. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
In der Begründung ihres Bescheides nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten (vom 1. Juli 1993) wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten (unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren) verurteilt worden sei. Dieser Verurteilung lägen insgesamt zwölf (in der Zeit von September 1992 bis April 1993 in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit einem weiteren türkischen Staatsangehörigen begangene) Einbruchsdiebstähle des Beschwerdeführers zugrunde. Dadurch sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt. Da sich der Beschwerdeführer seit Oktober 1989 im Bundesgebiet aufhalte und einer Beschäftigung nachgehe, sei von einer "beginnenden Integration" auszugehen. Der Beschwerdeführer sei nur bis 2. Dezember 1993 zum Aufenthalt berechtigt gewesen und halte sich seither rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei rechtskräftig abgewiesen worden. Durch den Aufenthalt der Geschwister des Beschwerdeführers im Inland (die Eltern lebten in der Türkei) und den gemeinsamen Haushalt mit einem Bruder sei auch "eine Beeinträchtigung ihres Familienlebens" gegeben.
Aus den weiteren Auführungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich, daß nach Ansicht der belangten Behörde das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig sei und daß die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wögen als die negativen Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die auf der maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens des Einbruchsdiebstahles zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten beruhende Beurteilung durch die belangte Behörde, daß im Beschwerdefall der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Auch der Gerichtshof hat gegen diese, auf eine unbedenkliche Sachverhaltsannahme gestützte Subsumtion keine Bedenken.
2.1. Erkennbar wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde eine unrichtige Anwendung der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG vor. Er führt dazu aus, daß jeder der von ihm begangenen Straftaten nur "ein geringer Schadenswert zugrundelag" und aufgrund der vom Gericht gewährten bedingten Strafnachsicht ersichtlich sei, daß die bloße Androhung des Vollzuges ausreiche, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Aus der (amtsbekannten) Bestellung eines Bewährungshelfers ergäbe sich, daß das Gericht "dem Gedanken einer Resozialisierung ... zugestimmt" habe. Hätte die belangte Behörde diese Argumente berücksichtigt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, daß der Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers schwerer wiege, als die für das Aufenthaltsverbot sprechenden öffentlichen Interessen. Bei der "Interessenabwägung gemäß §§ 18, 19 und 20 FrG" habe der unrechtmäßige Aufenthalt selbst außer Betracht zu bleiben.
2.2. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß der vom Gericht ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht insofern für das vorliegende fremdenrechtliche Verfahren keine Relevanz zukommt, als die belangte Behörde ihre Entscheidung - frei von jeglicher Bindung an gerichtliche Beurteilungen - ausschließlich aus dem Blickwinkel der von ihr anzuwendenden fremdenrechtlichen Normen zu treffen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/1142).
Ebenso waren die gerichtlichen Erwägungen, welche zur Bestellung eines Bewährungshelfers führten, für das fremdenrechtliche Verfahren irrelevant.
Die belangte Behörde hat zwar ausgeführt, daß sich der Beschwerdeführer seit Dezember 1993 unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte, hat aber dennoch - entgegen den Beschwerdeausführungen - die (gesamte) Aufenthaltsdauer als für die "beginnende Integration" des Beschwerdeführers und somit für den durch das Aufenthaltsverbot bewirkten Eingriff in das Privatleben bedeutend angesehen.
Zur Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG vertritt der Gerichtshof die Auffassung, daß diese Maßnahme aufgrund der zwölf der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Straftaten, die - auch wenn der aus jedem einzelnen Einbruchsdiebstahl resultierende Schaden jeweils "nur" S 320,-- bis S 22.878,-- beträgt - von einer krassen Mißachtung des Eigentums anderer zeugen, zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, insbesondere zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, dringend geboten ist.
Zu der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG ist auszuführen, daß der zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigten Berufstätigkeit nur ein geringes Gewicht zukommt, zumal die für eine daraus abzuleitende Integration wesentliche soziale Komponente durch die begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1995, Zl. 95/18/0286). Angesichts des wichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität überwiegt die von den Straftaten des Beschwerdeführers bewirkte erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedenfalls die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Im vorliegenden Fall werden die ohnehin schon gewichtigen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch den ca. einjährigen unberechtigten Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich noch verstärkt.
3. Als aktenwidrig rügt der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung, daß seiner Berufung gegen den Bescheid der Erstbehörde, womit sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - nach Ablauf der bis 2. Dezember 1993 gültigen Aufenthaltsberechtigung - abgewiesen worden sei, vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 26. August 1994 nicht Folge gegeben worden sei. Dieser Berufungsbescheid sei mangels Zustellung an den Beschwerdeführer nicht wirksam geworden.
Die belangte Behörde ist in ihrer rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis gekommen, daß sich der Beschwerdeführer unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte. Diese Rechtsauffassung ist im Hinblick darauf, daß die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers am 2. Dezember 1993 abgelaufen ist und der danach gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung keine positive Erledigung erfahren hat - welche Tatsachen vom Beschwerdeführer nicht bestritten werden - jedenfalls richtig. Da dies unabhängig davon gilt, ob der abweisliche Berufungsbescheid im Verfahren zur Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung wirksam ergangen ist, mangelt es der geltend gemachten Aktenwidrigkeit an der Wesentlichkeit (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 593 angeführte hg. Rechtsprechung).
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als zur Gänze unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995180133.X00Im RIS seit
20.11.2000