TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/7 94/09/0196

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Veröffentlicht am 07.09.1995
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Index

L22006 Landesbedienstete Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

B-VG Art119a Abs1;
B-VG Art119a Abs2;
DP §21 idF 1989/087;
DP §24 Abs2 idF 1989/087;
DP/Stmk 1974 impl;
LBG Stmk 1974 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Fuchs und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des W in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Juni 1994, Zl. LAD-08.10-8/9-1992, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1939 geborene Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark; bis zu seiner im Dezember 1993 erfolgten Versetzung nach Graz war er als Leiter des Gemeindeprüfungsreferates der Bezirkshauptmannschaft XY eingesetzt.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der Vorgesetzte des Beschwerdeführers mit Zeugen bei der Dienstbehörde niederschriftlich am 12. Oktober 1992 den Vorwurf von Dienstpflichtverletzungen gegen den Beschwerdeführer erhoben. Nach Einholung einer Stellungnahme des Beschwerdeführers (19. Oktober 1992), in der der Beschwerdeführer hinhaltend einräumte, für Tätigkeiten im unmittelbaren Zusammenhang mit seinem dienstlichen Aufgabenbereich Geld erhalten zu haben, erstattete die Dienstbehörde mit 27. Oktober 1992 Disziplinaranzeige.

Mit Beschluß vom 13. November 1992 verfügte die Disziplinarkommission die Einleitung des Disziplinarverfahrens, setzte dieses bis zum Abschluß des anhängig gemachten strafrechtlichen Verfahrens aus und suspendierte den Beschwerdeführer.

Die gegen die Suspendierung erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 26. Mai 1993 abgewiesen.

Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Graz vom 27. September 1993 über die Behandlung der Strafanzeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO und Fassung des Verhandlungsbeschlusses am 12. Oktober 1993 erging der Bescheid erster Instanz vom 10. November 1993 mit folgendem Spruch:

A. AR. W wird von den Vorwürfen, daß er

I. für die Mithilfe bei der Erstellung der Rechnungsabschlüsse der Gemeinden

1.

sich

a)

vom damaligen Gemeindekassier und nunmehrigen Bürgermeister A mindestens S 42.000,--,

b)

vom Gemeindekassier B S 12.800,--,

c)

vom Bürgermeister C S 5.000,-- und

d)

vom Bürgermeister D S 500,-- geben ließ,

sowie

2.

vom Gemeindekassier E Fleischlieferungen erhalten hat;

  II.  von der Gemeinde P forderte, mit ihm Essen zu gehen; da

       hiezu niemand bereit war, ließ er die Rechnung an die

       Gemeinde übermitteln und

  III. anläßlich einer Prüfung des Rechnungsabschlusses im

       Gemeindeamt P bei den Sekretärinnen F und G Übergriffe

       starten wollte bzw. diese bedrängte

gemäß § 120 Abs. 2 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984 freigesprochen.

B. Hingegen ist AR. W schuldig, daß er

1.

für die Mithilfe bei der Erstellung der Rechnungsabschlüsse der Gemeinden

a)

sich vom Gemeindekassier N S 800,-- geben ließ und

b)

vom Gemeindekassier N S 5.000,-- forderte sowie

2.

von Bürgermeister J für seine Tätigkeit bei der Refundierung der Lohnsummensteuer ein Fernglas verlangte.

Er hat daher gegen die Bestimmungen des § 21 der Dienstpragmatik und § 24 Abs. 2 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989 verstoßen.

Gemäß § 88 Abs. 1 Ziff. 3 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984 wird über AR. W die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von

3 Monatsbezügen unter Ausschluß der Haushaltszulage verhängt.

C. Gemäß § 111 Abs. 2 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984 hat AR. W für die Kosten dieses Verfahrens S 1.000,-- an das Land Steiermark zu zahlen.

D. Gemäß § 106 Abs. 3 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984 wird die Suspendierung aufgehoben."

Begründet wurde der Freispruch im wesentlichen mit Verjährung; zur Verurteilung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe für seine Beratung bei der Erstellung der Rechnungsabschlüsse Geld angenommen bzw. gefordert und für seine Bemühungen bei der Refundierung der Lohnsummensteuer ein Fernglas verlangt. Damit habe er das Standesansehen verletzt; es hätte ihm klar sein müssen, daß er als Landesbeamter die Gemeinden hinsichtlich des Rechnungswesens kostenlos zu beraten habe. Bei der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis strafmildernd gewesen. Straferschwerend sei der Umstand gewesen, daß der Beschwerdeführer mehrmals für seine Tätigkeit Geld verlangt habe. Viele der im Beweisverfahren feststellten Fakten seien jedoch verjährt.

Gegen Schuldspruch und Strafe erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er darauf hinwies, daß er den "Rechnungsabschluß tatsächlich nicht gemacht" habe

(Pkt. B. 1. b)), daß er das "Fernglas" nicht gefordert habe, sondern für seine Bemühungen hätte geschenkt erhalten sollen (- was aber mangels Beschlusses des Gemeindevorstandes nicht zustandekam -) und daß er die "inkriminierten Tätigkeiten" in seiner Freizeit ausgeführt habe. Der Beschwerdeführer wendete sich weiters gegen die "Beweiswürdigung hinsichtlich der Pkt. B., 1. a), b) und 2."; er meinte, daß seine Erklärung, sich nicht schuldig zu bekennen, als Bestreitung der Fakten genügt hätte. Nur die S 800,-- vom Zeugen N. habe er nie in Abrede gestellt; dies könne er aber rechtfertigen. Zur rechtlichen Beurteilung brachte der Beschwerdeführer in der Berufung im wesentlichen vor:

-

Es fehlten Feststellungen darüber, ob er die "inkriminierten Handlungen" überhaupt in der Dienstzeit gesetzt habe;

-

die Disziplinarkommission erster Instanz sei nicht darauf eingegangen, daß die "außerdienstliche Erstellung der Rechnungsabschlüsse eindeutig das Resultat interner Dienstanweisung gewesen" sei, wonach Außendienst und Schulungen der Gemeindekassiere nicht ausreichend genehmigt worden seien;

-

es sei nicht darauf eingegangen worden, daß in jeder Gemeinde ein eigener Prüfungsausschuß vorhanden sei;

-

richtig sei die Ausführung, daß dem Beschwerdeführer immer hätte klar sein müssen, daß er als Landesbeamter die Gemeinden hinsichtlich des Rechnungswesens kostenlos zu beraten gehabt hätte. Dies sei dem Beschwerdeführer bewußt; er habe auch niemals für die beratende Tätigkeit, weder innerhalb noch außerhalb seiner Dienstzeit, Honorar gefordert oder erhalten.

"Der Beschuldigte hat jedoch Arbeiten erledigt, welche nicht im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten gelegen sind, sondern hat Arbeiten durchgeführt, welche normalerweise von den Gemeindekassieren durchzuführen gewesen wären, nämlich die Erstellung der Rechnungsabschlüsse. Für die eigentliche Erstellung dieser Rechnungsabschlüsse war der Beschuldigte aber im Rahmen seiner dienstlichen Verpflichtungen überhaupt nicht zuständig, sondern hat diese lediglich auf ihre formelle Richtigkeit geprüft. Wenn der Beschuldigte nun diese Rechnungsabschlüsse anstatt des dafür zuständigen Gemeindekassiers durchführt, so erspart er sich dadurch jedenfalls seine Prüfungstätigkeit innerhalb der Dienstzeit, wobei durchaus von einer vorgezogenen Prüfungstätigkeit gesprochen werden kann. ... Für seine Tätigkeit bekommt der Gemeindekassier eine Art Aufwandsentschädigung, welche aber bei den nunmehr inkriminierten Einzelfällen keiner konkreten Leistung gegenüber gestanden wären und daher ungerechtfertigt bezogen worden wären. Der Beschuldigte war aber der Meinung, da er diese Leistungen während seiner Freizeit erbracht hat, daß nunmehr ihm selbst diese Aufwandsentschädigungen zustünden, weshalb er sie auch verlangt hat, ohne dabei an eine Pflichtwidrigkeit zu denken. Diese Rechtfertigungen wurden im übrigen mehrfach vorgebracht, ..."

Weiters wurde in der Berufung vom Beschwerdeführer die Strafe als unangemessen hoch und seine allfällige Schuld als äußerst gering bezeichnet; die Bedeutung spezial- und generalpräventiver Überlegungen wurde bestritten und die Kürzung der Bezüge während der Suspendierung als eine "Art Strafe" angesehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - soweit dem für die Beschwerde Bedeutung zukommt - wie folgt:

"Der rechtzeitig eingebrachten Berufung gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. November 1993, GZ.: ..., wird wie folgt teilweise Folge gegeben:

1.

Gemäß §§ 90 und 120 Abs. 2 leg. cit. wird der beschuldigte Beamte vom Vorwurf, von Bürgermeister J für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Refundierung der Lohnsummensteuer ein Fernglas verlangt zu haben, freigesprochen (Punkt B. 2. des Erkenntnisses der Disziplinarkommission 1. Instanz).

2.

Hingegen ist AR. W schuldig, daß er für seine Mitwirkung im Rechnungswesen der Gemeinde M 1. vom Gemeindekassier N einen Betrag von S 800,-- annahm

und

2.

für die allfällige Erstellung der Jahresabrechnung einen Betrag von S 5.000,-- nannte (Punkt B. 1. a) b) der Disziplinarkommission 1. Instanz).

Der beschuldigte Beamte hat damit gegen die Bestimmungen der §§ 21 und 24 Abs. 2 der Dienstpragmatik i.d.F. der Landesbeamtengesetznovelle 1984 verstoßen. Gemäß §§ 88 Abs. 1 Zif. 1 und 89 wird in teilweiser Stattgebung seines Berufungsantrages die von der Disziplinarkommission 1. Instanz verhängte Strafe neu bemessen und anstelle der verhängten Geldstrafe im Ausmaß von 3 Monatsbezügen die Strafe des Verweises ausgesprochen."

Zur Begründung wird nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Spruches und Zusammenfassung der Berufung weiter ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zum Teil mit Recht ausgeführt, daß die Tatsachenfeststellungen ergänzungsbedürftig gewesen seien. Die von der belangten Behörde durchgeführte neuerliche Beweisaufnahme habe ergeben, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat in Pkt. B. 2. des erstinstanzlichen Erkenntnisses (Fernglas) nicht binnen drei Jahren im Sinne des Gesetzes verfolgt worden sei, weshalb der Beschwerdeführer von diesem Vorwurf freizusprechen gewesen sei. Die neuerliche Einvernahme des vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen N, Gemeindekassier der Gemeinde M, und die Verantwortung des Beschwerdeführers habe hingegen unzweifelhaft ergeben, daß er für seine Mitwirkung im Zusammenhang mit dem Rechnungswesen der Gemeinde M einen Betrag von S 500,-- und weiters S 300,-- annahm, wofür es unerheblich gewesen sei, ob beide Geldannahmen im Amtsraum des Beschwerdeführers oder in einem Fall in der Gemeindekanzlei erfolgt seien. Der Beschwerdeführer habe diesen Tatbestand auch in seiner Berufung unter Pkt. B. 6. außer Streit gestellt. Dasselbe gelte für das Verlangen des Beschwerdeführers, S 5.000,-- für die Buchungstätigkeit vom Zeugen N zu erhalten; dazu sei es, wie der Beschwerdeführer unter Pkt. A. I. Z. 1 seiner Berufung selbst ausgeführt habe, jedoch aus Kostengründen nicht gekommen.

Nach Wiedergabe der §§ 21 und 24 Abs. 2 der Dienstpragmatik (= DP) führt die belangte Behörde weiter aus, der Beschwerdeführer sei Leiter des Gemeindeprüfungsreferates der Bezirkshauptmannschaft XY gewesen. Die österreichische Rechtsordnung habe bewußt die Kontrolle der Gemeindefinanzen einem bestimmten Kontrollmechanismus übertragen, der konsequenterweise auf Organe außerhalb des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden übertragen worden sei. Die unterste Ebene dieser außergemeindlichen Kontrollfunktion obliege den Gemeindeprüfungsreferaten der Bezirksverwaltungsbehörden. Während der Gemeindekassier (Finanzreferent) als Gemeindevorstandsmitglied in der Gemeinde dafür verantwortlich sei, daß die Gemeinde selbst die gebarungsrelevanten Verpflichtungen einhalte und u.a. die Rechnungsabschlüsse rechtzeitig und richtig der Aufsichtsbehörde vorlege, sei es Aufgabe des Beschwerdeführers, als aufsichtsbehördliches Organ darüber zu wachen, daß den einschlägigen Vorschriften entsprochen werde. In dieser Eigenschaft komme der Aufsichtsbehörde zwar zweifelsfrei das Recht zu, auch anleitend tätig zu sein, wobei diese Anleitung aber nie soweit gehen dürfe, daß das Prüfungsorgan der Aufsichtsbehörde diese Tätigkeit zum Teil selbst vornehme und sich dafür auch noch entlohnen lasse. Auch die Anbahnung eines möglichen Auftrages im Gegenwert von S 5.000,-- sei ohne jeden Zweifel geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zu erschüttern, zumal der Beschwerdeführer damit zu erkennen gegeben habe, daß er bereit gewesen sei, Aufgaben gegen zusätzliche Entlohnung zu übernehmen, die er nach Vorlage an seine eigene Behörde selbst zu prüfen gehabt hätte. Die dienstrechtlichen Vorschriften für Beamte sehen daher konsequenterweise vor, daß der Beamte grundsätzlich neben seiner dienstlichen Tätigkeit keine Nebenbeschäftigung annehmen dürfe, die u.a. die bloße Vermutung der Befangenheit in Ausübung des Dienstes hervorrufen könnte.

Bei der Strafbemessung - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides abschließend - sei hingegen davon auszugehen gewesen, daß dem Beschwerdeführer lediglich eine Geldannahme von S 800,-- nachweisbar gewesen sei und sein Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen seien. Da gemäß § 89 DP bei der Strafbemessung andererseits auch darauf Rücksicht zu nehmen sei, den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, habe die belangte Behörde die geringste im Gesetz vorgesehene Strafe für schuldangemessen gehalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, daß er nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach der Dienstpragmatik in der Fassung des Stmk. Landesbeamtengesetzes (DP) disziplinär als schuldig gesprochen und mit einer Disziplinarstrafe belegt werde, durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere der §§ 21, 24 Abs. 2, 89 und 109, sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung und die Bescheidbegründung verletzt.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit wird geltend gemacht, es hätte nicht gegen die Tätigkeiten an sich oder deren inhaltlich korrekte Ausführung und auch nicht dagegen, daß der Beschwerdeführer dafür eine zweifellos nicht übermäßige Gegenleistung erhalten habe, Einwände gegeben; es sei vielmehr lediglich die Frage entscheidend, ob aus dem gegebenen Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit eine Unzulässigkeit der privaten Tätigkeit resultiere. In der Begründung des angefochtenen Bescheides heiße es dazu, daß der Beamte nach den dienstrechtlichen Vorschriften "neben seiner dienstlichen Tätigkeit keine Nebenbeschäftigung annehmen darf, die u.a. die bloße Vermutung der Befangenheit in Ausübung des Dienstes hervorrufen könnte". Das sei mit der Einschränkung richtig, daß es in der bezughabenden Norm, dem § 33 DP (Fassung laut LGBl. Nr. 26/1991) statt "hervorrufen könnte" heiße "hervorruft". Diese Norm könne jedoch auch abgesehen davon, daß gemäß dem Vorbringen zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften selbst eine Befangenheitsvermutung nicht gerechtfertigt sei, schon deshalb nicht angewendet werden, weil sie weder Grundlage der gegen den Beschwerdeführer erhobenen Anschuldigungen, noch des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sei. In rechtlicher Hinsicht seien vielmehr die §§ 21 und 24 Abs. 2 DP zugrunde gelegt worden. Die Tatumschreibung habe im Spruch des angefochtenen Bescheides - und zwar grundsätzlich tatsachenrichtig - gelautet, daß der Beschwerdeführer einen Betrag von S 800,-- "annahm" und einen anderen Betrag von S 5.000,-- "für die allfällige Erstellung der Jahresabrechnung ... nannte". Der Vorwurf sei damit auf das Element des Geldes konzentriert.

Der angefochtene Bescheid erweise sich schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil er jedenfalls zu Unrecht auf § 21 DP gestützt worden sei. Der Beschwerdeführer bemerke dazu, daß er auf Grund der schon erwähnten Bezugnahme der belangten Behörde auf die Nebenbeschäftigungsregel davon ausgehe, daß der Entscheidung richtig zugrunde gelegt worden sei, daß er die inkriminierten Tätigkeiten in seiner Freizeit ausgeübt habe. Soweit diese Schlußfolgerung nicht zu ziehen wäre, würde ein weiterer Verfahrensmangel darin liegen, daß in der Erkenntnisbegründung nicht ausdrücklich eine dahingehende Feststellung getroffen worden sei.

Er sei weiter der Ansicht, daß für einen Verstoß gegen § 24 Abs. 2 DP jedenfalls die bloße Vermutung einer Befangenheit nicht genügen könne. Es komme zweifellos weit häufiger vor, daß die Partei eines Verwaltungsverfahrens eine Befangenheit behaupte - und damit naturgemäß auch vermute - als eine solche Befangenheit sodann tatsächlich als gegeben angenommen werde. Es sei völlig undenkbar, daß unter solchen Voraussetzungen schon ein Verstoß gegen die Dienstpflichtenregelung des § 24 Abs. 2 DP angenommen werde. Selbst das tatsächliche Vorliegen einer Befangenheit reiche im Normalfall nicht aus. Dies müsse vor allem dann gelten, wenn überhaupt kein Zweifel daran entstehe, daß der Beamte seine dienstlichen Verpflichtungen korrekt ausgeführt habe. Das habe vor allem auch für die Frage des subjektiven Schuldelementes wesentliche Bedeutung. Wenn der Beamte davon überzeugt sei, daß sein dienstliches Handeln hinsichtlich Objektivität und Unparteilichkeit nicht beeinträchtigt sei, bleibe kein Raum für einen relevanten disziplinarrechtlichen Vorwurf. Da genau diese Voraussetzungen hier gegeben seien, laute die Schlußfolgerung, daß auch ein schuldhafter Verstoß gegen § 24 Abs. 2 DP nicht gegeben sei.

Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Nach dem gemäß § 2 des Stmk. Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 124/1974, in der Fassung von 1974 anwendbaren § 21 der Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 15/1914, ist der Beamte verpflichtet, dem Land Steiermark treu und gehorsam zu sein und die Staatsgrundgesetze sowie die anderen Gesetze unverbrüchlich zu beobachten. Er hat sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen und die Pflichten seines Amtes gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen, jederzeit auf die Wahrung der öffentlichen Interessen bedacht zu sein, sowie alles zu vermeiden und nach Kräften hintanzuhalten, was diesen abträglich sein oder den geordneten Gang der Verwaltung beeinträchtigen könnte.

Nach § 24 Abs. 2 DP (Fassung laut LGBl. Nr. 87/1989) hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Auch für die vom Beschwerdeführer als Leiter der Gemeindeprüfung auszuübende Prüfungstätigkeit gilt, daß es sich hiebei um den gedanklichen Nachvollzug bzw. die Wiederholung einer Tätigkeit oder eines Handlungsablaufes anderer Organwalter einer anderen Gebietskörperschaft handelt, der bzw. die in die Feststellung mündet, ob das tatsächlich erzielte Ergebnis den vorgegebenen Prüfungsmaßstäben entspricht. Der Beschwerdeführer war als Leiter der Gemeindeprüfung zur "Mithilfe bei der Erstellung der Voranschläge und des Rechnungsabschlusses sowie zur Überprüfung derselben" berufen. Diese Verbindung von Pflichten darf im Lichte des dem Land gegenüber den Gemeinden zukommenden Aufsichtsrechtes unter Beachtung des nach allgemeinen Grundsätzen bestehenden Inhaltes der Prüfungsaufgabe keinesfalls so gesehen werden, daß aus der Verpflichtung zur "Mithilfe" die Verpflichtung bzw. Berechtigung zur Übernahme bzw. zur Vornahme der Tätigkeiten für den Verantwortlichen abgeleitet wird. Mithilfe in diesem Zusammenhang darf vielmehr nur in der Anleitung zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung der Aufgaben bestehen, weil ansonsten eine Überprüfung im vorher dargestellten Sinne von vornherein ausgeschlossen wäre. Die Kenntnis derartiger Zusammenhänge muß beim Beschwerdeführer als Beamten der Verwendungsgruppe B, der jahrelang in diesem Bereich tätig war, wohl vorausgesetzt werden.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung selbst vorgebracht, er habe bestimmte Arbeiten am Rechenwerk einer der von ihm zu überprüfenden Gemeinden anstelle des Organwalters vorgenommen und dafür eine Entschädigung erhalten bzw. für geplante weitere Arbeiten, die aber dann nicht zur Ausführung gelangt seien, verlangt.

Bereits von dem vom Beschwerdeführer selbst zugestandenen Sachverhalt ausgehend kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß die Disziplinarstrafe des Verweises für die Vorgangsweise des Beschwerdeführers nicht gerechtfertigt ist. Der Versuch der Rechtfertigung des Beschwerdeführers geht an seiner Aufgabenstellung als Leiter des Gemeindeprüfungsreferates völlig vorbei. Der Beschwerdeführer hat durch die Mitwirkung am Rechenwerk der Gemeinde, zu dessen Prüfung er berufen war, eine mit seiner dienstlichen Aufgabenstellung UNVEREINBARE Aufgabe gegen Entgelt übernommen. Er war dadurch, nämlich sowohl wegen des im direkten Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit bezahlten Entgeltes als auch durch die an sich gegebene Unvereinbarkeit an der ordnungsgemäßen Ausübung seiner Dienstpflichten gehindert. Ob diese Behinderung dadurch eingetreten ist, daß er diese Tätigkeiten in seiner Freizeit ausgeübt oder ob er diese Behinderung in der Dienstzeit herbeigeführt hat, ist für das Vorliegen der Unvereinbarkeit und die Frage der Dienstpflichtverletzung unbedeutend. Rechtlich zutreffend hat die belangte Behörde diesen Sachverhalt den allgemeinen Tatbeständen der §§ 21 und 24 Abs. 2 DP unterstellt und den Beschwerdeführer - lediglich - mit einem Verweis, der geringsten Disziplinarstrafe, belegt.

Vor dem Hintergrund dieser auf dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren beruhenden Rechtsüberlegungen kann dem Beschwerdevorbringen zur Befangenheit bzw. der Vermutung der Befangenheit keine Bedeutung zukommen, weil es sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers um die Herbeiführung einer Unvereinbarkeit gehandelt hat, wodurch der Beschwerdeführer sowohl seine allgemeinen Dienstpflichten gegenüber seinem Dienstgeber verletzt hat als auch rechtlich nicht mehr in der Lage gewesen wäre, seine ihm obliegenden Dienstpflichten ordnungsgemäß auszuüben. Diese Vorgangsweise ist gleichzeitig, und zwar gleichgültig, ob wie vorliegendenfalls tatsächlich eingetreten, eine Veröffentlichung in den Medien erfolgt ist oder nicht, jedenfalls geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche (= ordnungsgemäße und uneigennützige) Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben nicht bloß unbedeutend zu erschüttern.

Die Verhängung der geringsten Disziplinarstrafe, nämlich des Verweises, ist, ausgehend vom Unrechtsgehalt der Vorgangsweise des Beschwerdeführers, jedenfalls geboten gewesen. Daß durch die Vorgangsweise des Beschwerdeführers ein wichtiges dienstliches Interesse an seiner Versetzung gegeben war, er auch tatsächlich versetzt worden ist, und dadurch bezogen auf die bisherigen Aufgaben des Beschwerdeführers bestimmte spezialpräventive Gesichtspunkte weggefallen sind, hat die belangte Behörde im Sinne des § 89 DP ohnehin bei der Strafbemessung berücksichtigt.

Wenn der Beschwerdeführers auf seine durch die Versetzung bedingten Bezugseinbußen bzw. auf höhere Fahrtauslagen hinweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß dies nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Im übrigen erhält der Beschwerdeführers - entgegen seinem Berufungsvorbringen - die für die Zeit seiner Suspendierung einbehaltenen Bezugsteile im Hinblick auf die geringfügige Disziplinarstrafe ohnehin nachbezahlt.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090196.X00

Im RIS seit

28.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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