TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/7 94/18/0512

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.1995
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs2;
AufG 1992 §3 Abs3;
AufG 1992 §9 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Juli 1994, Zl. 100.471/3-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 21. Juli 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 2 Abs. 1 iVm § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes - AufG (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) abgewiesen.

Nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle dürften keine weiteren Bewilligungen erteilt werden, wenn die im § 2 Abs. 1 AufG und in der darauf beruhenden Verordnung festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht sei. Ab diesem Zeitpunkt seien Anträge, die sich nicht auf den im § 3 AufG verankerten Rechtsanspruch stützten, abzuweisen. Für das Bundesland Wien sei in der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, eine Höchstzahl von 4300 Bewilligungen festgesetzt worden. Diese Höchstzahl sei nunmehr erreicht.

Angesichts dieser Rechtslage sei, ohne auf das Berufungsvorbringen einzugehen, spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer replizierte darauf und hielt seinen Antrag aufrecht.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt unbestritten, daß die maßgebliche Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen "nunmehr", also im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde, erreicht gewesen sei. Auch der Gerichtshof hegt gegen diese Feststellung keine Bedenken.

2.1. Für inhaltlich rechtswidrig hält die Beschwerde den bekämpften Bescheid deshalb, weil vorliegend nicht die Verordnung BGBl. Nr. 72/1994, vielmehr die im Zeitpunkt der Stellung des Antrages am 3. November 1993 in Kraft gestandene Verordnung BGBl. Nr. 402/1993 anzuwenden gewesen wäre; dies mit der Folge, daß die belangte Behörde zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, daß zum Zeitpunkt der Antragstellung die damals maßgebliche Quote (Höchstzahl an Bewilligungen) von

4.700 nicht ausgeschöpft gewesen sei.

Des weiteren habe die belangte Behörde das Rückwirkungsverbot mißachtet, demzufolge "bei einem Antrag aus dem Jahr 1993 nicht die Bestimmungen des Jahres 1994 zur Anwendung gelangen können". Im übrigen sei die Verordnung BGBl. Nr. 72/1994 "selbst als gesetzwidrig anzusehen, weil sie de facto rückwirkend erlassen wurde, nachdem sie für das Gesamtjahr 1994 Geltung haben soll, obwohl das Bundesgesetzblatt selbst erst am 25. Jänner 1994 ausgegeben wurde".

2.2. Zur Vermeidung von Wiederholungen genügt es, dazu im Grunde des § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0598 zu verweisen, in dem unter II.2.2. ein inhaltsgleiches Beschwerdevorbringen (mit näherer Begründung) als verfehlt erkannt worden war.

3.1. Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerde darin, daß die belangte Behörde § 3 Abs. 3 AufG, wonach die Fristen des § 3 "Abs. 1" leg. cit. verkürzt werden könnten, nicht beachtet habe. Hätte die belangte Behörde darauf Bedacht genommen, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits 20 Jahre in Österreich aufhältig gewesen sei sowie über ein geregeltes Einkommen und einen ordentlichen Wohnsitz verfüge, so hätte im Hinblick auf Art. 8 EMRK auch aus diesem Grund dem Antrag stattgegeben werden müssen.

3.2.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem vorzitierten Erkenntnis Zl. 94/18/0598 und seither in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 20. Juli 1995, Zl. 94/18/0673, und Zl. 94/18/0870) zum Ausdruck gebracht hat, kommt es im Grunde des § 9 Abs. 3 AufG nicht allein darauf an, ob ein Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 AufG besteht, vielmehr schließt die Wendung "Anträge gemäß § 3" die Bedachtnahme auch auf die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 leg. cit. mit ein. Die Behörde hat somit - bei entsprechendem Vorbringen des Fremden im Verfahren - auch diese Bestimmung in ihre Erwägungen einzubeziehen.

Eine Verkürzung der Frist des § 3 Abs. 2 - allein diese kommt im Beschwerdefall sachverhaltsbezogen in Betracht - erfordert gemäß § 3 Abs. 3 erster Satz leg. cit. u.a., daß der Lebensunterhalt des Ehegatten des österreichischen Staatsbürgers auf Dauer und seine Unterkunft ausreichend gesichert sind.

3.2.2. Die Beschwerde führt dazu aus, daß die Gattin des Beschwerdeführers seit Juli 1991 als Verkäuferin im Kaufhaus H. beschäftigt sei und so lange zur Gänze für dessen Lebensunterhalt aufkommen würde, bis dieser über eine eigene Beschäftigung verfüge. Laut der im Verwaltungsakt erliegenden, mit dem Antrag des Beschwerdeführers vorgelegten Lohnbestätigung vom 7. Oktober 1993 hat der monatliche Nettobezug der Ehegattin S 6.983,-- betragen. Damit aber kann der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers (neben dem seiner Gattin) nicht als auf Dauer und seine Unterkunft (gemeinsame Wohnung) nicht als ausreichend gesichert angesehen werden, wird doch mit diesem Betrag die nach der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe (LGBl. Nr. 11/1973 idF LGBl. Nr. 68/1993) maßgebliche richtsatzmäßige Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Ehegatten plus den Zusatzleistungen für Miete und Heizung nicht erreicht. (Zur diesbezüglichen Maßstab-Funktion des Sozialhilferechtes des betreffenden Bundeslandes vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1993, Zl. 93/18/0549.) Wenn angesichts dessen die belangte Behörde von der Ermessensbestimmung des § 3 Abs. 3 erster Satz AufG keinen Gebrauch gemacht hat, so ist dies rechtlich unbedenklich; dies umso mehr, als angesichts des nach Ausweis der Akten erst knapp einjährigen (überdies zum Teil unrechtmäßigen) Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und seiner erst am 30. September 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin eingegangenen Ehe die Versagung der Aufenthaltsbewilligung nicht in relevanter Weise in sein Privat- und Familienleben eingreifen würde. Von daher erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob vorliegend das weitere, kumulativ zu erfüllende Tatbestandselement der genannten Bestimmung, nämlich das Zusammenleben der Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt, dem, sofern dies in Österreich der Fall war, auf seiten des Fremden grundsätzlich ein rechtmäßiger Aufenthalt zugrunde zu liegen hat (vgl. auch dazu die oben 3.2.1. zitierten hg. Erkenntnisse), erfüllt ist.

4. Unter Zugrundlegung der vorstehenden Erwägungen ist dem Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe einen "willkürlichen Standpunkt eingenommen", sie hätte § 4 AufG anwenden müssen, dem Beschwerdeführer jedoch nicht einmal die Möglichkeit gegeben nachzuweisen, daß ein Arbeitgeber bereit gewesen wäre, ihn zu beschäftigen, der Boden entzogen.

5. Inwiefern sich die belangte Behörde mit ihrer Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß angesichts der maßgeblichen Rechtslage auf das weitere Vorbringen in der Berufung des Beschwerdeführers nicht mehr einzugehen gewesen sei, "weitgehend von den rechtsstaatlichen Prinzipien des "Fair Trial" gemäß Artikel 6 EMRK" entfernt habe, wird in der Beschwerde nicht begründet. Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde, wie dargetan, den Antrag des Beschwerdeführers unter Bezugnahme auf §§ 9 Abs. 3 zweiter Satz zweiter Halbsatz, 2 Abs. 1 AufG (iVm der Verordnung BGBl. Nr. 72/1994) in rechtlich einwandfreier Weise abgewiesen hat, geht die Rüge jedenfalls ins Leere.

6. Was die Vorwürfe nicht ausreichender Ermittlungen in bezug auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 erster Satz AufG und der Nichtgewährung des Parteiengehörs anlangt, so hat es die Beschwerde verabsäumt, die Relevanz aufzuzeigen.

7. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994180512.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten