TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/14 94/06/0124

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.1995
beobachten
merken

Index

L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Salzburg;
L81705 Baulärm Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
L82305 Abwasser Kanalisation Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litd;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §2 Abs1;
BauTG Slbg 1976 §2 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Dr. A in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 27. April 1994, betreffend Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Stadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft A-Straße 12 (Grundstück n/39 KG M), hat jeweils (nur) die straßenseitige Fassade des auf dieser Liegenschaft liegenden Wohnhauses und der (freistehenden) Kleingarage mit einem lilablauen Farbton neu bemalt und hiefür - nachdem ihm die Baubehörde erster Instanz einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag in diesem Zusammenhang gemäß § 16 Abs. 3 Sbg. Baupolizeigesetz erteilt hatte - ein Ansuchen (vom 4. November 1992) um (nachträgliche) baubehördliche Bewilligung eingebracht. Der Sachverständige im erstinstanzlichen Verfahren stellte zunächst im Befund fest, daß das Objekt Teil einer Wohnanlage sei, die zwischen A-Straße und S-Straße um das Jahr 1938 errichtet worden sei. Die einzelnen Objekte dieser Anlage seien zweigeschoßig und grundsätzlich mit steilen Wohndächern überdacht. Die gestalterische Einheitlichkeit der einzelnen Wohnhäuser sei absehbar und im wesentlichen seit dem Jahre 1938 bis heute erhalten geblieben. Die Farbgebung der Objekte innerhalb dieser Wohnanlage sei mit wenigen Ausnahmen überwiegend in Gelbtönen gehalten. In dem daran anschließenden Gutachten heißt es, daß die gewählte, ohne Zweifel "im derartigen Orts- und Straßenbild" auffällige Farbe im "grundsätzlichen konzeptativen Widerspruch zur Farbgebung der Umgebungsbebauung" stehe. Die Wohnanlage, in der sich das Objekt befinde, stelle sich als einheitlich dar. Als Kriterien dieser Einheitlichkeit sei die zweigeschoßige Gebäudehöhe, das "steil genutzte" Wohndach, der vorspringende Stiegenhausbereich und die einheitliche Materialwahl zu nennen. Die Farbgebung müsse als untergeordnetes Kriterium im Sinne dieser Einheitlichkeit beurteilt werden. "Untergeordnet" bedeute, daß die Farbgebung eines Objektes die Architektursprache desselben lediglich unterstützen solle. Bei Berücksichtigung dieses Grundsatzes könne mit gutem Grund auch erwartet werden, daß ein Objekt mit seinem Erscheinungsbild, aber auch im Zusammenhang mit seiner Umgebung als ausgewogen gelte. Diese Ausgewogenheit der Architektur und Farbgebung würde durch die neue Färbelung der Nordost-Fassade des verfahrensgegenständlichen Objektes gestört. Diese Ausgewogenheit des Erscheinungsbildes liege darin, daß ein Objekt, wie auch das gegenständliche Wohnhaus, eine architektonische Einheit bilde, die nicht willkürlich die alleinige losgelöste Gestaltung nur einer Fassade zulasse, ohne dabei das Gesamtbauwerk zu berücksichtigen. Es müsse daher die Färbelung einer Fassade, wie im vorliegenden Fall, der Straßenfront mit einer völlig abtretenden Farbe gegenüber den übrigen drei Fronten des Objektes negativ beurteilt werden. Diese Unausgewogenheit der Farbgebung werde auch im Zusammenwirken mit der Umgebungsbebauung deutlich. Das verfahrensgegenständliche Wohnhaus bzw. dessen Nordost-Fassade stünden somit nicht im Einklang mit seiner Umgebung und störe demzufolge das gegebene Ort-, Straßen- und Landschaftsbild. Auch im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Sbg. Bautechnikgesetz werde abgesehen von den Überlegungen zur städtebaulichen Einordnung darauf verwiesen, daß im Sinne der Berücksichtigung des örtlichen Baucharakters die Zeit der Entstehung des gegenständlichen Objektes und seiner Umgebungsbauten um das Jahr 1938 ein Kriterium darstelle. Zum Zeitpunkt der Errichtung der gegenständlichen Wohnbauten seien im wesentlichen Gelbtöne verwendet und damit ein auffälliges Inerscheinungtreten grundsätzlich vermieden worden. Die verfahrensgegenständliche Fassade stehe daher der Berücksichtigung des örtlichen Baucharakters jedenfalls eindeutig entgegen.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg vom 2. Februar 1994 wurde das Ansuchen um baubehördliche Bewilligung gestützt auf das angeführte Gutachten abgewiesen und die beantragte Baubewilligung versagt.

Im Berufungsverfahren wurde ein weiteres Gutachten eingeholt. Dieses Gutachten enthält eine detaillierte Beschreibung der umliegenden Häuser (Planverfasser, Bauunternehmen, Baualter, Veränderungen und Charakteristik und die Farbgebung auf der Grundlage der Farbkarte Primasil) von A-Straße 8 bis A-Straße 16, der S-Straße 7 bis 13 und der A-Gasse 12. In Bezug auf die Farbgebung wurden die Häuser A-Straße 6, 18 - 24 und F-Kai 8 und 10 mit in die Beurteilung des Ortsbildes einbezogen. In dem Gutachten finden sich folgende Ausführungen:

"...

2.2. Stadtgestalterische Qualität der Siedlung:

Die Wohnsiedlung zwischen A-Straße, S-Straße, M-Gasse und D-Gasse entstand in den Jahren zwischen 1937 und 1939 und entspricht in ihrer städtebaulichen Anlage und architektonischen Gestaltung den (richtig: dem) für diese Zeit typischen städtischen Kleinwohnungsbau. ... Entsprechend dieser rechtlich vorgeschriebenen Bauten im Bauplatz sind die Häuser heute in offener Bauweise zueinander geordnet (vgl. Beilage Nr. 4, Lageplan). Die seitlichen Nachbarabstände zu den Grundstücksgrenzen divergieren unterschiedlich voneinander, sind durch die gesetzlich normierten Nachbarabstände bestimmt und betragen zum Teil nur wenige Meter (4 m bis 12 m). ...

     Die Objekte A-Straße 8A, 10 und 12 wurden im Auftrag

von  ... vom Bauunternehmen R. und S. im Jahr 1938 errichtet.

    ... Die drei Häuser wurden in jüngerer Zeit baulich

verändert, ihr Erscheinungsbild deckt sich jedoch heute noch im

wesentlichen mit ihrem ursprünglichen Aussehen ... Den Häusern

der gegenständlichen Kleinwohnhaussiedlung ist gemein, daß sie vorwiegend mit steilen Walm- oder Satteldächern ausgestattet sind. Die Dachgeschosse wurden zum Teil als Wohnungen ausgebaut. Die Häuser entsprechen in der Art der Gestaltung einem sachlichen Architekturstil, der auf Funktionalität und auf eine reduzierte Formensprache ausgerichtet ist. Die Fassaden sind vorwiegend ohne Schmuckelemente (geputzte Pilaster, Fensterfaschen, Horizontalgesimse oder Fenstergitter) ausgeführt. Die gegenständliche Architektur beruht auf einer ausgewogenen Verteilung von geschlossenen und durchbrochenen Flächen der einzelnen Fassaden und auf die (richtig: der) Wirkung von ausgeprägten kubischen Baukörpern.

Die stadtgestalterische Qualität der Siedlung ist nicht auf die individuelle architektonische Gestaltung des Einzelobjektes ausgerichtet, sondern liegt vielmehr in ihrer strukturellen Bedeutung im allgemeinen Stadtbild begründet.

2.3. Städtebauliche Bestandsanalyse:

...

2.4. Bestandsaufnahme der Farbgestaltung der einzelnen Objekte:

...

3. Gutachten:

...

3.1. Örtlicher Baucharakter:

Der Magistrat Salzburg hat im Rahmen der Bauplatzerklärung im Jahr 1936 und 1937 die Grundlagen für die Verbauung des Bereiches zwischen A-Straße und D-Gasse festgelegt. Die Häuser sind schlicht und ohne äußere signifikante Charakteristika (Schmuckelemente, Fensterumrahmungen, Lisenen, Gesimse, etc.) ausgeführt. Die architektonische (bescheidene) Qualität der Häuser beruht auf der Ausbildung klarer kubischer Baukörper. Einzelne Objekte sind gestalterisch gleich ausgeführt und haben lediglich kleine Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes in jüngerer Zeit erfahren. So besitzen die Objekte A-Straße 8A, 10, 12 und 14 und die Objekte S-Straße 7, 9 und 11 annähernd die gleiche Bauform und Gestaltung.

Das Objekt A-Straße 12 weist keine kunsthistorische oder denkmalpflegerische Bedeutung als Einzelobjekt auf, sondern vielmehr als Teil des beschriebenen Ensembles. Die stadtgestalterische Qualität der ggstdl. Siedlung ist nicht auf die individuelle Gestaltung des Einzelobjektes ausgerichtet, sondern liegt vielmehr in ihrer städtebaulichen Struktur begründet. EINE HARMONISCHE GESAMTWIRKUNG DER GGSTDL. HÄUSERZEILE ENTLANG DER A-STRAßE IST DAHER AUS DER SICHT DES

VORANGESTELLTEN ZUSAMMENHANGES UNABDINGBAR.

3.2. Die Farbgebung des Hauses A-Straße 12:

Mit Hilfe des NCS - Natural Color Systems, das in vielen Ländern Europas als Norm verwendet wird, wurden die vor Ort mit der "Primasil" - Farbkarte bestimmten Farbtöne der Häuser (vgl. Beilage Nr. 6) neu kodiert und nachstehend gemäß NCS protokolliert (vgl. Beilage Nr. 8). Durch die Codierung im NCS (mit Hilfe eines im Amt zur Verfügung stehenden Farbatlas mit 1530 Farbtönen) kann nachstehend ausgedrückt werden, welcher visueller Anteil an Schwarz, Weiß und Bunt eine Farbe enthält. Durch die Bestimmung der vorliegenden Farbgebungen der Häuser kann die Farbverwandtschaft der einzelnen Farbgebungen der Häuser und jene Farbparameter (Bunt-, Schwarz- und Weißanteil) ermittelt werden, die für ein ausgewogenes Ortsbild von Bedeutung sind. Der Bunt- und Schwarzanteil einer Farbe charakterisiert dessen (richtig: deren) Sättigungs-, der Schwarz- oder Weißanteil den Aufhellungsgrad einer Farbe.

Der Fassadenfarbton der drei Fassaden (Gelbton) des Wohnhauses A-Straße 12, der den Altbestand der Farbgebung darstellt, besitzt eine ausgeprägte Farbverwandtschaft mit der wesentlichen Mehrheit der betrachteten, ebenfalls gelblich gefärbten Hausfassaden hinsichtlich des vorhandenen Bunt-, Weiß- und Schwarzanteiles (vgl. nachstehende Protokollierung der Farbtöne in NCS gemäß Pkt. 3.3, sowie Beilage Nr. 6). Eine harmonische Einfügung der Altbestand-Farbe des Wohnhauses A-Straße 12 in das allgemein wahrnehmbare Ortsbild ist durchaus gegeben. Die Farbe Lilablau, mit welcher die zur A-Straße gerichteten Fassaden des ggstdl. Wohnhauses und der Garage gestrichen wurden, steht zu den vorangestellten gelblichen Farbtönen in einem starken und zu intensiven Kontrast. Die Farbe Lilablau hat einen Buntanteil von 40 %, Schwarzanteil von 40 % und visuellen Weißanteil von lediglich 20 %. Der Farbton "Lilablau" besitzt einen viermal so großen Buntanteil wie die Mehrheit der betrachteten Farbgebungen (in der Regel 5 bis 10 %). Der Weißanteil der Farbe Lilablau, der den Aufhellungsgrad einer Farbe bestimmt, beträgt hingegen lediglich 20 % - ein Viertel des Normalwertes der analysierten Hausfarben (Normalwert 60 bis 95 %). Dieser, vom Sachverständigen als zu bunt und zu dunkel qualifizierte Farbton Lilablau verleiht der Nordfassade des Hauses ein Erscheinungsbild, das im Widerspruch zur Farbgebung der Umgebungsbebauung und zum allgemein wahrnehmbaren Ortsbild steht. Durch die zu farbintensive Gestaltung der Fassade wird keine farbliche Abstimmung auf die Umgebungsbebauung erzielt - die Einheitlichkeit der Fassadenabfolge wird daher in diesem städtischen Bereich erheblich gestört.

Die Farbwirkung der antragsgegenständlichen Fassade des Wohnhauses ist wesentlich intensiver und dunkler gehalten als jene des hellgrauen Dachflächenmaterials. Aufgrund der fehlenden gestalterischen Abstimmung der Farbwirkung zwischen den Dach- und der lilafarbenen Fassadenfläche wird das Erscheinungsbild des Hauses wesentlich gestört und kein einheitlich ausgewogener Gesamteindruck erzielt. Ergänzend zum Gutachten des Sachverständigen der Mag. Abt. 9/02 vom 11.2.1993 (Zl.: 9/02/90219/92) wird festgestellt, daß das äußere Erscheinungsbild der zur A-Straße gerichteten Fassade des Wohnhauses auch zusätzlich durch den gebrochen weißen Sockel gestört wird. Durch die helle Farbgebung des Sockels wird das Haus gleichsam seiner Basis beraubt. Bei sämtlichen Nachbarobjekten wurde der Sockelbereich konsequenter - und in richtiger Weise in einem mittleren bis dunkelgrauen Farbton ausgeführt. Die polychrome Farbgebung des ggstdl. Wohnhauses mit dem antragsgegenständlichen intensiven Lilablau an der Nordfassade und dem Gelbton an den restlichen Hauswänden wirkt dem kubischen Erscheinungsbild des Baukörpers entgegen. Die vorhandene Farbgestaltung der Objekte (Wohnhaus und Garage) hebt das klare kubische Erscheinungsbild der einzelnen Baukörper auf. Der allgemein gültigen Forderung, daß sich der 2-dimensionale Farbauftrag der 3-Dimensionalität der Architektur unterordnen muß, wird daher nicht entsprochen.

Die antragsgegenständliche Farbe ist daher aus der Sicht des Sachverständigen, entsprechend den Kriterien des § 2 Abs. 1 und 2 BauTG, weder für eine einseitige noch für eine generelle Färbelung der Objekte geeignet."

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde unter Heranziehung insbesondere des Gutachtens vom 30. März 1994, das im Hinblick auf die umfangreiche Befundaufnahme und die als schlüssig und nachvollziehbar erachteten gutächtlichen Ausführungen als taugliche Entscheidungsgrundlage qualifiziert wurde, die Baubewilligung versagt. Nach Auffassung der belangten Behörde bewirke die bewilligungsgegenständliche Farbgebung der beiden straßenseitigen Fronten des Wohnhauses und der Kleingarage im Hinblick auf die Farbe bzw. im Vergleich zu den anderen Fassadenteilen und zur Umgebungsverbauung sowie unter Berücksichtigung des Siedlungscharakters eine Störung des örtlichen Baucharakters. § 2 Abs. 1 Sbg. Bautechnikgesetz normiere, daß alle Bauten in ihrer Gesamtheit und in ihren Teilen so durchzubilden und zu gestalten seien, daß sie (u.a.) nach Farbe unter Berücksichtigung des örtlichen Baucharakters nicht störend wirkten. Gemäß § 2 Abs. 2 Sbg. Bautechnikgesetz müsse jeder Bau mit der Umgebung derart in Einklang zu bringen sein, daß das gegebene oder beabsichtigte Orts-, Straßen- und Landschaftsbild nicht gestört werde. Im Hinblick auf diesen Widerspruch zu § 2 Abs. 1 und 2 leg. cit. sei die Baubehörde erster Instanz somit zu Recht vom Vorliegen eines zwingenden Versagungsgrundes im Sinne des § 9 Abs. 1 lit. d

Sbg. Baupolizeigesetz ausgegangen, da die beantragte bauliche Maßnahme (Neufärbelung der beiden Fassadenteile) den sonstigen baurechtlichen Vorschriften bezüglich Belangen von Gestalt und Ansehen widerspreche.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz Sbg. Baupolizeigesetz, LGBl. Nr. 117/1973 in der Stammfassung (im folgenden: BauPolG), ist die baubehördliche Bewilligung zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheint. Dies ist u.a. gemäß § 9 Abs. 1 lit. d der Fall, wenn die bauliche Maßnahme den sonstigen baurechtlichen Vorschriften, insbesondere den bautechnischen sowie den die gesundheitlichen Anfordernisse und die Belange von Gestalt und Ansehen betreffenden, widerspricht.

§ 2 Abs. 1 und 2 Sbg. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 75/1976 in der Fassung des Landesgesetzes, LGBl. Nr. 2/1991 (im folgenden: BauTG) lauten wie folgt:

"(1) Alle Bauten und sonstigen baulichen Anlagen sind in ihrer Gesamtheit und ihren Teilen so durchzubilden und zu gestalten, daß sie nach Form, Ausmaß, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe unter Berücksichtigung des örtlichen Baucharakters nicht störend wirken.

(2) Jeder Bau und jede sonstige bauliche Anlage sowie deren Teile sind mit der Umgebung derart in Einklang zu bringen, daß das gegebene oder beabsichtigte Orts-, Straßen- und Landschaftsbild nicht gestört wird."

Zunächst macht der Beschwerdeführer die Befangenheit des im Berufungsverfahren herangezogenen Amtssachverständigen deshalb geltend, weil im Auftragsschreiben der Bauberufungskommission bereits auf das von der ersten Instanz eingeholte negative Gutachten als bereits durchaus schlüssige und mögliche Entscheidungsgrundlage verwiesen werde. Die Tendenz des Auftragsschreibens der Bauberufungskommission werde ganz augenfällig, wenn auf Seite 2 von einer allfälligen negativen Begutachtung die Rede sei und dem Aufforderungsschreiben ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes beigelegt werde, welches bei einem nicht vergleichbaren Sachverhalt eine Abweisung einer beantragten Bewilligung für eine bestimmte Färbelung zum Inhalt habe.

Mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Der im Berufungsverfahren herangezogene Amtssachverständige erhielt - wenn auch unter Hinweis auf die bisherigen Verfahrensergebnisse - den Auftrag, ein weiteres bzw. umfassendes Amtsgutachten hinsichtlich des Vorliegens der Kriterien des § 2 BauTG zu erstellen, wobei auch auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung betreffend die nähere Umgebung eingegangen werden sollte. Es sollte dem Gutachten auch entnehmbar sein, ob eine allfällige negative Begutachtung sich (nur) auf das Faktum der "Einseitigkeit" stütze, oder ob (auch/nur) die intensive Farbgebung Grund für eine negative Begutachtung wäre. Das angeführte Aufforderungsschreiben an den Amtssachverständigen im Berufungsverfahren kann nicht als ein sonstiger wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG qualifiziert werden, der geeignet ist, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerdeführer meint weiters, daß der Begriff des Ortsbildes auf eine Weise ausgelegt worden sei, welche dem Gesetz nicht unterstellt werden könne. Zur Auslegung des gegebenen Ortsbildes im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. könnten dabei nicht nur wenige Häuser einer geschlossenen Bebauung betrachtet werden, sondern es sei der gesamte Bereich der vorderen A-Straße samt Nebenstraßen zu beurteilen. Dieser in Frage kommende Bereich erstrecke sich von der auf der begutachteten Straßenseite gelegenen Großtankstelle bis hin zu den gewerblichen Bauten entlang der A-Straße, aber auch auf die dahinterliegende Bebauung bis hin zu den Amtsgebäuden der Salzburger Landesregierung. Hätte der Amtssachverständige seinem Gutachten eine entsprechende Beurteilung u.a. des Ortsbildes gemäß § 2 Abs. 2 BauTG zugrundegelegt, so wäre ein Ergebnis zu erzielen gewesen, welches eben keine Störung des Orts- und Straßenbildes ergeben hätte. Eine Einheitlichkeit, wie sie in den Gutachten immer wieder angenommen werde, sei weder im Straßenraum noch im Ortsbild gegeben. Eine äußerst kleinflächige Betrachtung und Auslegung des Begriffes Ortsbild könnte unter Umständen zu anderen Ergebnissen führen, doch würde dies nicht dem Sinn der angeführten gesetzlichen Bestimmung entsprechen.

Dieser Rüge kommt keine Berechtigung zu.

Unter Ortsbild versteht man in erster Linie die bauliche Ansicht eines Ortes oder Ortsteiles innerhalb einer Gemeinde, gleichgültig ob nun die Betrachtung von innen oder von einem Standpunkt außerhalb des Ortes erfolgt. Geprägt wird dieses Ortsbild grundsätzlich von den baulichen Anlagen eines Ortes selbst. Damit ergibt sich aber zwangsläufig, daß auch der Schutz des Ortsbildes mit den baulichen Anlagen eines Ortes untrennbar verbunden ist, wenn auch in diesem Zusammenhang Gesichtspunkte mit einbezogen werden, die über die Wirkung dieser baulichen Anlagen hinausgehen und etwa auch noch die bildhafte Wirkung von Grünanlagen, Parklandschaften, Schloßbergen und dergleichen miteinbezieht, die neben den baulichen Anlagen den jeweiligen "Orts- und Stadtbild" das Gepräge geben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 91/06/0153). Wesentlich ist, daß das Ortsbild noch als solches schutzwürdig vorhanden ist. Für die Schutzwürdigkeit des Ortsbildes in diesem Sinne kommt es auf seine völlige Einheitlichkeit nicht an (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis und die dort zitierte Vorjudikatur). Das Ortsbild ist aber jedenfalls anhand des (konsentierten) vorhandenen Bestandes zu beurteilen, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit) eigen ist, welche den (notwendigen) Maßstab dafür bildet, ob ein Bauvorhaben dieses Ortsbild stört. Das jeweilige Ortsbild (bzw. der jeweilige Ortsbildteil) ergibt sich aus dem Gesamteindruck der verschiedenen in der Natur bestehenden Objekte im örtlichen Zusammenhang. Dabei kann selbst das Vorhandensein einzelner störender Objekte noch nicht dazu führen, daß ein weiterer Eingriff in das Ortsbild nicht mehr als störend angesehen werden kann, soweit ein solches noch schutzwürdig vorhanden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1980, Slg. Nr. 10.067/A).

Die belangte Behörde hat gestützt auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten zehn Häuser, die entlang der A-Straße und in einer Reihe dahinter neben und um das verfahrensgegenständliche Objekt liegen und von zwei nebeneinander liegenden von der A-Straße senkrecht abgehenden Querstraßen und der nächsten Parallelstraße umgeben wird, als jenen Bereich angenommen, von dessen Ortsbild sie im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ausgeht bzw. in dessen Rahmen sie auf den "örtlichen Baucharakter" gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. schließt. Diese Häuser, die in etwa zur selben Zeit errichtet worden waren, stellten nach beiden im Verfahren erstatteten Gutachten eine Wohnsiedlung dar. Die Häuser dieser Wohnsiedlung werden im Gutachten des Berufungsverfahrens wie folgt beschrieben, "daß sie vorwiegend mit steilen Walm- oder Satteldächern ausgestattet sind. Die Dachgeschoße wurden zum Teil als Wohnungen ausgebaut. Die Häuser entsprechen in der Art der Gestaltung einem sachlichen Architekturstil, der auf Funktionalität und auf eine reduzierte Formensprache ausgerichtet ist. Die Fassaden sind vorwiegend ohne Schmuckelemente (geputzte Pilaster, Fensterfarschen, Horizontalgesimse oder Fenstergitter) ausgeführt. Die gegenständliche Architektur beruht auf einer ausgewogenen Verteilung von geschlossenen und durchbrochenen Flächen der einzelnen Fassaden und auf die Wirkung von ausgeprägten kubischen Baukörpern."

Aus dieser in Betracht gezogenen Wohnsiedlung wurde als gemeinsame Charakteristik abgeleitet, daß die einzelnen Wohnhäuser nicht individuell gestaltet seien, sondern ihre Bedeutung in der Struktur im allgemeinen Stadtbild begründet sei. Eine harmonische Gesamtwirkung dieser Häuserzeile entlang der A-Straße sei daher aus dieser Sicht unabdingbar. Aufgrund dieser gemeinsamen Charakteristik konnte die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, daß vom Sachverständigen als Beurteilungsraum ein entsprechender Ortsbildteil gewählt wurde. Der Beschwerdeführer begründet in diesem Zusammenhang auch nicht näher, warum jene weiteren auf seiner Seite der A-Straße, gelegenen Objekte, die seiner Meinung nach in den Bezugsbereich einzubeziehen wären, mit dem herangezogenen Ortsbildteil ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik aufweisen könnten. Der Beschwerdeführer behauptet insbesondere auch nicht, daß in dem von ihm angesprochenen größeren (auf der Seite seines Wohnhauses gelegenen) Bereich Häuserfassaden mit Farben vorhanden seien, die einen derart hohen Bunt- und Schwarzanteil aufwiesen wie die der A-Straße zugewandte Fassade des verfahrensgegenständlichen Gebäudes.

Die belangte Behörde hat weiters die gegenüberliegende Straßenseite zu Recht nicht mit einbezogen, da zu dieser keine gemeinsame Charakteristik - wie sie das Vorliegen eines Ortsbildes oder Ortsbildteiles fordert - besteht. Während die Häuser neben und um das verfahrensgegenständliche Haus ca. 8 m von der öffentlichen Verkehrsfläche liegen, liegt das schräg gegenüberliegende Haus der Jugend mit einer bemalten Fassade 22 m von der öffentlichen Verkehrsfläche und ist die Sicht auf dieses durch die an der Grundgrenze zur A-Straße gepflanzten hohen Bäume sehr eingeschränkt. Daran anschließend befindet sich ein großer Sportplatz und eine Freibadanlage.

Die Wesentlichkeit des dargelegten vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ist aber auch deshalb zu verneinen, weil die Heranziehung eines größeren Ortsbildteiles keinen Einfluß auf die für die Entscheidung u.a. auch maßgebliche Auffassung der belangten Behörde haben kann, wonach das Haus für sich auf Grund des hellgrauen Daches und der wesentlich dunkleren lilablauen straßenseitigen Fassade einen nicht ausgewogenen Gesamteindruck mache und somit wesentlich störe, wobei der weiße Sockel noch hinzutrete, der das Haus im Unterschied zu den umliegenden Häusern seiner Basis beraube.

Sofern der Beschwerdeführer darauf hinweist, daß er Farbtestauswertungen des Prof. Dr. M. L. vorgelegt habe, die zum Ergebnis kämen, die Farbmischung Violett/Lila, zwischen Rot und Blau mit Neigung zum dunkleren Blau, wirke durchaus harmonisch und angenehm, gibt er in keiner Weise näher an, in welchem Verfahrensstadium und in welcher Form er derartige Auswertungen vorgelegt habe. In den vorgelegten Verwaltungsakten sind derartige Farbtestauswertungen nicht zu finden. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich zwar, daß der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 1993 auf diese Farbtestauswertungen und das entsprechende Ergebnis des angeführten Professors hingewiesen hat, dem entsprechenden Protokoll über diese Verhandlung sind jedoch keine Beilagen angeschlossen und wird auch auf keine Beilagen, die vorgelegt wurden, hingewiesen.

Sofern der Beschwerdeführer Einwendungen betreffend das beabsichtigte Ortsbild erhebt, genügt es darauf hinzuweisen, daß im Hinblick auf § 2 Abs. 2 leg. cit. u.a. das "gegebene Ortsbild" ein maßgebliches Kriterium ist und die belangte Behörde, gestützt auf das erwähnte Gutachten auch auf das gegebene Ortsbild abgestellt hat.

Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er meint, die vorliegende Farbgebung sei deshalb nicht baubewilligungspflichtig, weil die ursprüngliche Farbgebung nicht Gegenstand bzw. Inhalt einer früheren Baubewilligung gewesen sei. Selbst wenn man davon ausginge, daß im Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung Bestimmungen - wie die im vorliegenden Fall relevanten des § 2 Abs. 1 und 2 Sbg. BauTG - nicht bestanden haben, ändert dies nichts an der nunmehr bestehenden Geltung dieser Bestimmungen, die für Gebäude mit rechtskräftig erteilten Baubewilligungen insofern von Bedeutung sein können, als an diesen - wie im vorliegenden Fall - Änderungen vorgenommen werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. September 1995, Zl. 94/06/0064).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Befangenheit von Sachverständigen Verhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060124.X00

Im RIS seit

28.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten