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L10018 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Vorarlberg;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des P in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 12. August 1993, Zl. II-2334/92, betreffend Versagung einer Baubewilligung und Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes (mitbeteiligte Partei: Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Juli 1991 wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses über der bestehenden Pizzeria auf dem Grundstück Nr. 490/2 im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde erteilt.
Mit Schreiben vom 6. November 1991 teilte der Bürgermeister dem Beschwerdeführer mit, daß eine Überprüfung an Ort und Stelle am 5. November 1991 ergeben habe, daß der Wohnhausneubau über der bestehenden Pizzeria abweichend von der Baubewilligung und den ihr zugrundeliegenden Plänen, Berechnungen und Beschreibungen ausgeführt werde. Im besonderen seien nachfolgende Abweichungen festgestellt worden:
"a) Von den genehmigten Plänen abweichend erhöht sich die Gesamthöhe des Gebäudes um 70 bis 100 cm. Daraus resultiert sowohl eine wesentlich größere Dachneigung als auch ein höheres Mauerwerk beim Turm.
b) Wesentlich verkürzte Dachvorsprünge nach allen Seiten. Insbesonders der nicht parallel zur Außenwand verlaufende Dachabschluß an der Westseite des Gebäudes macht die planmäßige Überdachung und Verbreiterung des Erkers unmöglich."
Zu den nach Punkt a) aufgeführten Mängeln werde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit geboten, sofort Pläne vorzulegen und um eine nachträgliche Genehmigung anzusuchen. Zu Punkt b) werde von der Gemeinde gemäß § 40 Abs. 2 Baugesetz die Behebung des Mangels verfügt. Binnen drei Wochen sei das Vordach an der Westseite so zu verlängern, daß eine planmäßige Ausführung der Außenansicht möglich sei. Sollte binnen gesetzter Frist dieser Verfügung nicht entsprochen werden, so werde die Einstellung der Bauarbeiten nach § 40 Abs. 1 Baugesetz angedroht.
Nach Verfügung einer (mittlerweile rechtskräftigen) Baueinstellung mit Bescheid vom 28. November 1991 drohte der Bürgermeister dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Dezember 1991 gemäß § 41 Abs. 1 Baugesetz die Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes für den Fall an, daß er nicht innerhalb eines Monates nach Zustellung dieses Schreibens zu den in der Verfügung der Mängelbehebung vom 6. November 1991 unter Punkt a) beanstandeten Abweichungen einen entsprechenden Bauantrag mit Plan- und Beschreibungsunterlagen (dreifach) einbringe. Für die in der Verfügung der Mängelbehebung unter Punkt b) beanstandeten Mängel werde darauf hingewiesen, daß eine Bewilligung der Ausführung abweichend von der Baubewilligung vom 26. Juli 1991 und den ihr zugrundeliegenden Plänen "nicht anzunehmen" sei. Dieses Schriftstück wurde dem Beschwerdeführer am 30. Dezember 1991 durch Hinterlegung zugestellt.
Am 30. Jänner 1992 richtete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde an den Beschwerdeführer ein Schreiben, wonach der Zustellungsbevollmächtigte des Beschwerdeführers in seinem Namen am 2. Jänner 1992 Pläne für das laufende Bauvorhaben eingereicht habe. Diese seien jedoch nicht bemaßt; es fehle ein Schnitt und ein Abstandsflächenplan. Der Beschwerdeführer werde ersucht, entsprechend bemaßte Pläne in dreifacher Ausfertigung nachzureichen, damit das Bauvorhaben verhandelt werden könne. Dieses Schreiben wurde dem Zustellungsbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 3. Februar 1992 zugestellt.
Mit Bescheid vom 4. März 1992 trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 3 Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, auf, binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides bei sonstigem Zwang bei dem über der Pizzeria errichteten Wohnhaus durch nachfolgende Maßnahmen den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen:
"Abtrag bewilligungswidriger Bauteile:
-
Abtrag der Dachkonstruktion (Eindeckung, Unterdach, Dachstuhl);
-
Abtrag der Dachgeschoßaufbauten bis auf die in den genehmigten Plänen vom 26.7.1991 ausgewiesenen Maße;
-
Abtrag der Dachkonstruktion beim Turm (Eindeckung, Unterdach, Dachstuhl);
-
Abtrag des Mauerwerkes beim Turm auf die bewilligte Höhe."
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit Schreiben vom 16. März 1992 übermittelte der Beschwerdeführer der mitbeteiligten Gemeinde abgeänderte Pläne zum Wohnhausneubau und ersuchte um deren Genehmigung.
Am 19. Mai 1992 (Schreiben vom 14. Mai 1992) stellte der Beschwerdeführer ein neuerliches (nachträgliches) Bauansuchen mit gegenüber dem Bauansuchen vom 16. März 1992 geänderten Plänen. Am 18. August 1992 führte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde über die Ansuchen vom 16. März und 19. Mai 1992 (Variante I und Variante II) eine mündliche Bauverhandlung durch. Nach dem Inhalt der darüber angefertigten Niederschrift vom 2. September 1992 wurden in dieser Bauverhandlung "die Deckpläne für die Herstellung der vereinbarten Bedingungen vom 2. Dezember 1991 ...
zurückgezogen". Ferner wurde festgehalten, daß in der Eingabe vom 14. Mai 1992 um die Genehmigung der tatsächlich ausgeführten Abänderungen gegenüber dem Baubescheid vom 26. Juli 1991 sowie "um die Nichtausführung der senkrechten Verbretterung" ersucht worden sei. Dazu gab der bautechnische Sachverständige folgende Erklärung ab:
"Nachdem die Ausführung (planliche Darstellung) den seinerzeitig genehmigten Plänen und dem Gutachten der Raumplanung nicht entspricht, wird dies vom Bausachverständigen abgelehnt."
Mit Schreiben vom 30. September 1992 übermittelte die mitbeteiligte Gemeinde dem Beschwerdeführer das Gutachten des Bausachverständigen zur Stellungnahme, welches folgendermaßen lautet:
"In den vorliegenden Plänen ist der Dachabschluß an der Westseite schräge zur Außenwand vorgesehen. Bei der gemeinsamen Besprechung mit dem Bauausschuß und (dem Beschwerdeführer) am 2.12.1991 vereinbarte parallele Dachverlauf zu den Außenwänden sowie Vorziehen der Dachfläche auf der Nordseite über den Erkervorbau, um den Erker mit der Dachfläche einzubinden und nicht als Einzelbaukörper wirken zu lassen, ist dadurch nicht mehr möglich. Es entsteht eine nicht vertretbare Unruhe in der Gesamtansicht durch die geplante einzel-Abdeckung des Erkers. Das Ortsbild würde dadurch gröblichst beeinträchtigt werden. Weiters kann einer Belassung der jetzt ausgeführten Blockbauweise nicht zugestimmt werden. Nach Ansicht des Sachverständigen ist zur Wahrung des Ortsbildes unbedingt das gesamte Obergeschoß mit einer senkrechten Verbretterung z.B. als Deckelschirm oder aber eine Verschindelung auszuführen. Die vom Bauherrn vorgebrachte Begründung, eine Verbretterung wäre aus technischen Gründen nicht möglich, da sich die Blockbauweise in den nächsten acht bis zehn Jahren um mehrere cm senke, ist nicht relevant, da es mehrere Möglichkeiten zur technisch einwandfreien Ausführung gibt.
Aus Gründen des Landschaftsschutzes und des Ortsbildes ist eine Beeinträchtigung im Sinne des § 22 Abs. 1 Baugesetz nach Ansicht des Bausachverständigen gegeben und ist daher eine Baubewilligung gemäß § 31 Abs. 5 Baugesetz zu versagen."
Dazu übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers dem Bürgermeister eine Stellungnahme des Erzeugers des "Blockhauses" (welches Gegenstand des Bewilligungsbescheides vom 26. Juli 1991 gewesen war), wonach aus näher bezeichneten technischen Gründen eine Verschindelung der Außenfassade frühestens nach ca. zehn Jahren gemacht werden könne. Sollte dies vorher geschehen, sei bedingt durch die Schwundsenkung mit großen technischen Problemen zu rechnen. Ferner heißt es in diesem Schreiben, daß eine nachträgliche Veränderung der Dachneigung konstruktiv nicht ausführbar sei.
Mit Bescheid vom 2. November 1992 wurde dem Beschwerdeführer - nach erfolgter Feststellung, daß in der mündlichen Verhandlung vom 2. September 1992 die Eingabe vom 6. März 1992 (Variante I) zurückgezogen worden sei - die Baubewilligung "für die Errichtung eines Wohnhauses über der bestehenden Pizzeria auf dem Grundstück Nr. 490/2 der Kat. Gemeinde F" versagt. Nach der Begründung dieses Bescheides werde durch das Bauvorhaben nach dem Gutachten des Bausachverständigen das Landschafts- und Ortsbild gröblichst beeinträchtigt. Die Behauptungen, daß eine Verbretterung technisch nicht bzw. erst in zehn Jahren durchführbar sei, treffe nicht zu, habe doch der Sachverständige festgestellt, daß es sogar mehrere Möglichkeiten von technisch einwandfreien Ausführungen (gemeint: einer nachträglichen Verbretterung der blockhausartigen Ausführung des Baues) gebe. Es sei nicht Aufgabe der Baubehörde konkrete Planungsarbeiten für den Beschwerdeführer durchzuführen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er sich im wesentlichen gegen den Inhalt des Sachverständigengutachtens wendete und rügte, daß dieses jegliche Befundaufnahme vermissen lasse. Überdies sei es unschlüssig.
Im Berufungsverfahren wurde ein Sachverständigengutachten eines Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und Raumordnung vom 16. Februar 1993 eingeholt, in dem nach einer Darstellung der Vorgeschichte u.a. folgendes ausgeführt wird:
"1.2. Zur Gestaltung und Lage des Bauvorhabens:
Das beantragte und bereits im Rohbau bestehende Bauvorhaben weist ein Gemisch von unterschiedlichen, zum Teil unproportionierten Gestaltungselementen auf, die zueinander in formalem Widerspruch stehen. Auf einem verputzten Erdgeschoßsockel baut ein in Holzblockbauweise errichtetes Obergeschoß mit unterschiedlich geneigtem Dach und schräg zur Außenwand verlaufendem Dachabschluß auf, an dem auf der einen Seite ein achteckförmiger Erker in Blockbauweise angehängt ist und das sich auf der anderen Seite an einen im Verhältnis zum Gebäude überproportionierten runden verputzten Turm mit eher flachem geschweiften Kegeldach anlehnt. Die Holzblockbauweise aus Rundhölzern steht im Widerspruch sowohl zur traditionellen regionalen Bauweise wie auch zu zeitgemäßen Ansätzen einer Weiterentwicklung der regionalen Formensprache und damit auch zu den Zielsetzungen im Leitbild der Gemeindeentwicklung von F.
Das Gebäude liegt auf einer leichten Anhöhe mit einer platzartigen Ausweitung des Straßenraumes vor der westseitigen Hauptfront des Gebäudes, in die je zwei Straßen münden, bzw. von ihr ausgehen. Das Gebäude liegt daher direkt im Blickfeld, wenn man auf einem der beiden Wege die Anhöhe erreicht. Direkt oberhalb des Gebäudes nördlich der Gemeindestraße befindet sich eine öffentliche Grünfläche mit dem Hochbehälter der Trinkwasserversorgung und einem Löschweiher. Das Gebäude ist also nicht irgendwo an der Peripherie situiert, sondern an einem wichtigen und von Einheimischen und Gästen frequentierten Ort, der aufgrund der beiden benachbarten Gaststätten und der öffentlichen Grünfläche, die nach Abschluß der Bauarbeiten für den neuen Hochbehälter für die Naherholung ausgestaltet werden soll, an Bedeutung gewinnen wird. Das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes hat daher Auswirkungen sowohl auf das Orts- und Straßenbild als auch auf das Landschaftsbild.
2. Gutachten:
... (Darstellung der Rechtslage) ...
Aus dem oben angeführten Befund geht hervor, daß das Gebäude sehr wohl Auswirkungen auf die nähere Umgebung, also auch auf das Orts- und Straßenbild wie auch auf das Landschaftsbild hat. Es stellt hinsichtlich seiner formalen Gestaltung einen Fremdkörper im Orts- und Landschaftsbild dar. Insbesondere wird dies durch das Gemisch von ortsfremden und unproportionierten Gestaltelementen bewirkt, die eine Unruhe in der Gesamtansicht entstehen lassen. Damit ist eine wesentliche Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes gegeben.
Die in der gemeinsamen Besprechung des Bauausschusses mit (dem Beschwerdeführer) vom 2.12.1991 vereinbarte Gestaltungsvariante, nämlich die Ausbildung eines parallelen Dachverlaufes zu den Außenwänden und das Vorziehen der Dachfläche über den Erkervorbau im Hinblick auf eine optische Einbindung des Erkers, sowie die senkrechte Verbretterung oder Verschindelung des im Rundholzblockbau errichteten Obergeschoßes würde eine wesentliche Beruhigung des Gesamteindruckes bewirken und stellt eine vertretbare Kompromißlösung dar. Für die senkrechte Verbretterung bzw. Verschindelung des Rundholzblockbaues gibt es trotz der noch zu erwartenden Setzungserscheinungen (nach Aussage des Bausachverständigen) mehrere Möglichkeiten zur technisch einwandfreien Ausführung.
Bei der Beurteilung des beantragten Bauvorhabens ist jedenfalls eine wesentliche Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes nach § 22 Abs. 1 Baugesetz festzustellen und daher eine Baubewilligung gemäß § 31 Abs. 5 Baugesetz zu versagen."
In Unkenntnis dieses Gutachtens, jedoch unter Bezugnahme auf das Berufungsvorbringen legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz des nunmehrigen Beschwerdevertreters vom 16. Februar 1993 unter anderem ein Privatgutachten eines Schweizer Architekten vor, welches nach einer eingehenden Beschreibung des Bauvorhabens sowie unter Beischluß verschiedener Lichtbilder zu dem Ergebnis kommt, daß das
"Bauprojekt Variante II vom 19.5.1992 ... verhältnismäßig" sei.
Es vertrage sich mit dem Landschafts- und Ortsbild und entspreche den Vorschriften des Baugesetzes. Dies wird in der gutachtlichen Zusammenfassung näher begründet.
Mit Schreiben der mitbeteiligten Gemeinde vom 31. März 1993 wurden dem Beschwerdeführer - ohne Bezugnahme auf das von ihm mittlerweile vorgelegte Privatgutachten - das Gutachten des Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und Raumordnung vom 16. Februar 1993 sowie zwei Stellungnahmen eines Zimmereiunternehmens vom 3. März und 22. März 1993 übermittelt, die Ausführungszeichnungen und eine Beschreibung der Arbeitsabläufe enthielten, die erforderlich seien, um "das abgeschrägte giebelseitige Vordach zu verlängern".
In seiner Stellungnahme vom 14. April 1993 rügte der Beschwerdeführer, daß ein Raumplaner nicht für die Begutachtung des Orts- und Landschaftsbildes geeignet sei, daß er keinen Befund aufgenommen und sich mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten des Schweizer Architekten nicht auseinandergesetzt habe (dies wird im einzelnen näher ausgeführt).
Mit Bescheid vom 27. Mai 1993 wies die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Versagung der Baubewilligung und gegen den Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab; es werde "der jeweilige Spruch der Behörde I. Instanz bestätigt".
Nach der wesentlichen Begründung dieses Bescheides hätten die von der Gemeinde beigezogenen Gutachter überzeugend dargetan, daß die vom Beschwerdeführer geplante Rundblockbauweise in krassem Widerspruch zur traditionellen regionalen Bauweise stehe. Für die "ortsansässigen und daher zweifellos ortskundigen" Mitglieder der Gemeindevertretung bestehe "auf Grund ihres lebenslangen Erfahrungsschatzes kein Zweifel", daß die Rundblockbauweise nichts mit der örtlichen Bauweise gemein habe. Entgegen den Ausführungen im Gutachten des Privatsachverständigen des Beschwerdeführers sei wohl die "Holzstrickbauweise (Kantholz) oder eine Verbretterung bzw. die Verschindelung einer Holzriegelbauweise im Wohnbau als traditionell-regionale Bauweise zu bezeichnen". Die Rundblockbauweise sei lediglich bei landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäuden (Heustadl, Lagergebäude usw.) zur Anwendung gekommen, was auch auf das mittels Foto aufgezeigte Objekt aus der mitbeteiligten Gemeinde zutreffe. Die Verbretterung wie auch die Verschindelung von Wohngebäudefassaden habe entgegen den Ausführungen des Privatsachverständigen "eine große Tradition" und erlebe heute in der über die österreichischen Grenzen hinaus bekannten Vorarlberger Holzbaukunst eine neue Blüte. Der Privatsachverständige habe "eventuell den Baustil des schweizerischen Rheintales" beurteilt, der jedoch mit dem rechtsrheinischen Baustil - insbesondere in Bergregionen - nicht identisch sei. Nach "Meinung der gesamten Gemeindevertretung" habe der Privatsachverständige die traditionelle regionale Bauweise daher völlig verkannt. Hätte sich der Gutachter mit den Gebäuden in der mitbeteiligten Gemeinde und den umliegenden Dörfern tatsächlich auseinandergesetzt, so wäre ihm nicht entgangen, daß hier weder "Bürgerhäuser noch Erker beheimatet sind". Die von der Gemeinde gehörten Gutachter ließen hingegen mit ihren Ausführungen "klar auf ihre jahrelange Beschäftigung mit dem Orts- und Landschaftsbild schließen". Sie seien es auch, die nach übereinstimmender Meinung der Gemeindevertretung richtig ausgeführt hätten, daß das geplante Objekt von Einheimischen und Gästen stark frequentiert werde und gut einsehbar sei. Auch könne die Gemeindevertretung dem Privatsachverständigen darin nicht folgen, daß die geplanten Dachvorsprünge in Größe und Formgebung auf das übrige Gebäude abgestimmt seien. Sie schließe sich auch darin den "klaren und schlüssigen Ausführungen" des Raumordnungsssachverständigen an, der die einzelnen Elemente der Fassadengestaltung treffend beschreibe und sie zusammenfassend als ein Gemisch von unterschiedlichen, zum Teil unproportionierten Gestaltungselementen, die zueinander in formalem Widerspruch stünden, bezeichnet habe. Auch hier hielten die Gemeindevertreter "aus eigener Erfahrung fest, daß der nicht parallel zur Außenwand verlaufende Dachabschluß nicht der traditionellen regionalen Bauweise" entspreche. Zusammenfassend seien die Mitglieder der Gemeindevertretung der Überzeugung, daß das geplante Bauobjekt aus den vorangeführten Gründen das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild gröblichst beeinträchtigen würde. Bei Versagung der Baubewilligung sei die Behörde verpflichtet die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessenen Frist zu verfügen. Die gesetzte dreimonatige Frist sei angemessen gewesen. Durch die festgestellte Planabweichung sowie die neuerliche Versagung der Baubewilligung für eine geänderte Bauausführung seien die Voraussetzungen nach dem Baugesetz für die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes gegeben.
Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung, worin er geltend machte, daß eine wesentliche Änderung der bewilligten Bauführung im Sinne des § 23 Abs. 1 lit. b Baugesetz nicht vorliege, daß für die Frage der Erteilung einer ergänzenden Baubewilligung nicht nur maßgebend sei, ob das Bauvorhaben (ergänze: insgesamt) dem Landschafts- und Ortsbild entspreche, wenn diese Frage bereits im Rahmen der erteilten Baubewilligung vom 26. Juli 1991 positiv beurteilt worden sei, sowie, daß die von der Behörde eingeholten Gutachten unvollständig und unschlüssig seien.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 12. August 1993 hat die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In der Begründung heißt es, daß die (ergänze: dem ergänzenden Baubewilligungsverfahren zugrundeliegende) Variante II der bereits "getätigten bescheidwidrigen Bauführung bei gleichzeitiger Nichtausführung der senkrechten Verbretterung" entspreche. Diese Änderung sei schon wegen der Veränderung des Aussehens des Gebäudes bewilligungspflichtig. Nach dem Vorarlberger Baugesetz gebe es keine "ergänzende Baubewilligung", sodaß das geänderte Aussehen des Gebäudes als solches zu prüfen gewesen sei. Dies treffe auch auf die Auswirkungen der nicht unwesentlich geänderten Gebäudehöhe zu. Nach Zitierung der eingeholten Sachverständigengutachten vertritt die belangte Behörde die Auffassung, daß sich die Baubehörde mit der Frage des Orts- und Landschaftsbildes intensiv auseinandergesetzt habe. Insbesondere habe sie sich auch mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten beschäftigt und begründend dargelegt, daß der von diesem Gutachter dargelegte Baustil des schweizerischen (linksrheinischen) Rheintales mit dem rechtsrheinischen Rheintal insbesondere in den Bergregionen nicht identisch sei, da hier "weder Bürgerhäuser noch Erker beheimatet" seien. Der Standort sei stark frequentiert und gut einsehbar. Wenn die Berufungsbehörde daher zum Schluß gekommen sei, daß das Projekt einen gröblichen Verstoß gegen das Orts- und Landschaftsbild bedeute, so sei die Vorstellungsbehörde der Auffassung, daß das Bauvorhaben durch ein ergänzendes Ermittlungsverfahren mit Wahrung des Parteiengehörs im Sinne der bau- und verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen abgewickelt und im Ergebnis richtig beurteilt worden sei. Der Gutachter des Beschwerdeführers habe in seiner Beurteilung ganz offensichtlich unkritisch jene Änderungen gutgeheißen, die vom Beschwerdeführer durchgeführt worden seien. Dies betreffe im besonderen die in den Berggemeinden des Vorarlberger Rheintales und auch in der mitbeteiligten Gemeinde völlig untypische Blockbauweise bei Wohnhäusern sowie den Erker, bei dessen Überdachung die Fassaden ihre Ausgewogenheit und Proportionen verlören und speziell der Turm "unnötige Konkurrenz" erhielte. Diese Ausführungen des Sachverständigen seien nicht schlüssig. Es sei offensichtlich, daß die mit Bescheid vom 26. Juli 1991 genehmigte Ausführung in den Proportionen ausgewogen gewesen sei, der Erker als nicht aufgesetzt, sondern in die Gebäudefassade integriert ortsbildlich ansprechend und durch seine Einbindung im Dachbereich eben keine Konkurrenz zum Turm gewesen sei, der, obwohl nunmehr wesentlich erhöht und mit bescheidenerem Dach ausgeführt, durch die stark geänderte Dachführung westseitig (Schrägführung) nun den Erkerausblick Richtung Norden (wie aus der Ansicht zu erkennen sei) tatsächlich in Konkurrenz zum Turm treten lasse.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluß vom 29. November 1993, B 1672/93, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In der vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die im Ergänzungsschriftsatz vor dem Verwaltungsgerichtshof als belangte Behörde bezeichnete Vorarlberger Landesregierung hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die unrichtige Bezeichnung der belangten Behörde rügt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daraufhin beschlossen, die Beschwerde (auch) der (bescheiderlassenden) Bezirkshauptmannschaft Feldkirch zuzustellen; diese hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Zur Bezeichnung der belangten Behörde
Gemäß § 83 des Vorarlberger Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 40/1985, kann derjenige, der sich durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in seinen Rechten verletzt erachtet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen dagegen Vorstellung an die Aufsichtsbehörde erheben. Gemäß § 92 Abs. 2 ist Aufsichtsbehörde im Sinne der §§ 83 und 89 bis 91 leg. cit. die Landesregierung. Wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, kann die Landesregierung die Bezirkshauptmannschaft allgemein und fallweise ermächtigen, über Vorstellungen im Namen der Landesregierung zu entscheiden.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung, LGBl. Nr. 70/1985, sind die Bezirkshauptmannschaften - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmsfällen abgesehen - ermächtigt, über Vorstellungen gegen Bescheide der ihrem Verwaltungsbezirk angehörenden Gemeinden und Gemeindeverbände in Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung im Namen der Landesregierung zu entscheiden.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Falle einer Ermächtigung im Sinne des § 92 Abs. 2 des Vorarlberger Gemeindegesetzes die Bezirkshauptmannschaft als belangte Behörde anzusehen, wobei der Umstand, daß der Beschwerdeführer die Landesregierung als belangte Behörde bezeichnet hat, dann nicht schadet, wenn - wie auch hier - die rechtliche Zuordnung schon aufgrund der Bescheidbezeichnung im Rubrum, aber auch aufgrund der Beschwerdeausführungen und dem vorgelegten Bescheid klar ist (vgl. das Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, 94/06/0084).
2. In der Sache
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen beide Themenkreise des angefochtenen Bescheides (bzw. der auf Gemeindeebene ergangenen Bescheide), nämlich die Erteilung eines Bauauftrages und die Versagung einer Baubewilligung.
a) Zur Erteilung eines Bauauftrages:
In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, daß es sich bei den Planabweichungen nicht um bewilligungspflichtige Änderungen im Sinne der Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes handle. Es sei daher - sinngemäß - die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes zu Unrecht aufgetragen worden.
Darin vermag der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer nicht zu folgen:
Gemäß § 23 Abs. 1 lit. b des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972 in der hier noch anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 47/1983, bedarf die Änderung von Gebäuden, sofern es sich um Zu- oder Umbauten oder sonstige wesentliche Änderungen handelt, einer Baubewilligung. Gemäß § 23 Abs. 4 Baugesetz gelten als wesentliche Änderungen - abgesehen von Zu- oder Umbauten - Änderungen,
a) die am ganzen Bauwerk oder an seinen Hauptbestandteilen vorgenommen werden oder wodurch das Aussehen eines Gebäudes geändert wird;
b) durch die Interessen der Sicherheit oder der Gesundheit oder die Rechte der Nachbarn beeinträchtigt werden können.
Da die Höhe eines Gebäudes u.a. Bestimmungselement der Abstandsfläche im Sinne des § 6 Baugesetz darstellt und die Bestimmungen über die Abstandsflächen subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn im Sinne des § 30 Abs. 1 lit. b betreffen, ist die Planabweichung in der Höhe schon deshalb eine wesentliche Änderung des Bauwerkes. Daß durch die übrigen Abweichungen betreffend Dachvorsprung und "Verbretterung" das Aussehen des Gebäudes geändert wurde, bedarf keiner näheren Erörterung. Es liegen somit im Ergebnis bewilligungspflichtige, aber ohne Baubewilligung durchgeführte Planabweichungen vor, welche die belangte Behörde (nach Durchführung des Überprüfungsverfahrens im Sinne des § 40 Baugesetz) zum Anlaß der Einleitung eines Verfahrens im Sinne des § 41 Baugesetz zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes genommen hat.
Die Beschwerde ist in diesem Belang aber aus anderen Gründen berechtigt:
Die Berufungsbehörde hat übersehen, daß gemäß § 41 Abs. 3 Baugesetz die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nur dann zu verfügen ist, wenn "von der Möglichkeit des Abs. 2 kein Gebrauch gemacht" wird. Gemäß § 41 Abs. 2 Baugesetz hat die Behörde das entsprechende (ergänze: Baubewilligungs-)Verfahren einzuleiten, wenn innerhalb eines Monates nach Zustellung der Androhung der Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes bei der Behörde die Bauanzeige eingebracht oder der Antrag auf Erteilung oder Abänderung der Baubewilligung gestellt worden ist.
Die Zulässigkeit der Wiederherstellungsverfügung hängt somit im Beschwerdefall davon ab, daß der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig einen Antrag auf Erteilung oder Abänderung der Baubewilligung hinsichtlich der festgestellten Planabweichungen gestellt hat.
Nach der Aktenlage wurde dem Beschwerdeführer die Verfügung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Dezember 1991 betreffend die Androhung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes (im Sinne des § 41 Abs. 1 Baugesetz) am 30. Dezember 1991 durch Hinterlegung zugestellt. Am 2. Jänner 1992 hat der vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zustellungsbevollmächtigte in dessen Namen Austauschpläne mit dem Vermerk "Ausführung gemäß Besprechung vom 2.12.1991" vorgelegt, auf welchen die Außenansicht des Gebäudes - vom Süden, Norden, Osten und Westen betrachtet - dargestellt und aus denen Abweichungen in der Ausführung von den bewilligten Bauplänen ersichtlich sind.
Der Bürgermeister erster Instanz hat diese Pläne (zutreffend) als nicht ausreichend angesehen und den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. Jänner 1992 aufgefordert, "entsprechend bemaßte Pläne in dreifacher Ausfertigung nachzureichen, damit das Bauvorhaben verhandelt werden kann". Damit hat die Behörde dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG erteilt, ohne jedoch für die Verbesserung des Formgebrechens im Sinne des § 13 Abs. 3 erster Satz zweiter Halbsatz AVG eine Frist zu bestimmen. In Ermangelung einer solchen Fristbestimmung erweist sich aber die Vorlage der fehlenden planlichen Darstellungen am 16. März 1992 (sogenannte "Variante I") als rechtzeitig.
Ohne eine solche Fristsetzung und ohne das fruchtlose Verstreichen einer solchen Frist durfte die Baubehörde aber den Bescheid über die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes vom 4. März 1992 nicht erlassen. Dies hat nicht nur die Berufungs- sondern auch die Vorstellungsbehörde verkannt und damit den angefochtenen Bescheid - wenn auch aus anderen als in der Beschwerde genannten Gründen - mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
b) Zur Versagung der Baubewilligung:
Zu diesem Punkt macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, daß die belangte Behörde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des auf Gemeindeebene durchgeführten Verfahrens, insbesondere der eingeholten Sachverständigengutachten, nicht aufgegriffen habe. Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:
Gemäß § 31 Abs. 3 Baugesetz ist die Baubewilligung zu erteilen, wenn das Vorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sowie einem Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan nicht widerspricht und andere öffentliche Interessen, insbesondere (u.a.) des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes und des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen. Gemäß § 22 Abs. 1 leg. cit. ist das Landschafts- und Ortsbild insbesondere dadurch zu schützen, daß die Landschaft in ihrer Eigenart vor störenden baulichen Eingriffen bewahrt wird und nur in die Landschaft passende Bauwerke errichtet sowie geschichtlich oder gestalterisch wertvolle bauliche Ansichten eines Ortes oder Ortsteiles innerhalb der Gemeinde unter Einschluß der bildhaften Wirkung, die von der Landschaft ausgeht, erhalten werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 9. April 1992, Slg. Nr. 13612/A, mit der Deutung der Wendung der Beeinträchtigung des Landschafts- und Ortsbildes im Sinne des § 17 Baugesetz betreffend Ankündigungen und Werbeanlagen auseinandergesetzt. Der dort verwendete Begriff des Landschafts- und Ortsbildes ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes mit jenem des § 22 Abs. 1 und des § 32 Abs. 4 Baugesetz (ungeachtet des - wie noch darzulegen ist - unterschiedlichen Schutzumfanges) ident, da nicht angenommen werden kann, daß der Gesetzgeber im gleichen systematischen Zusammenhang gleichartige Begriffe mit verschiedenem Inhalt verwendet. Danach versteht man unter Ortsbild im Rechtssinne die bauliche Ansicht eines Ortes oder Ortsteiles innerhalb einer Gemeinde, gleichgültig ob nun die Betrachtung von innen oder von einem Standpunkt außerhalb des Ortes erfolgt. Geprägt wird dieses Ortsbild grundsätzlich von den baulichen Anlagen eines Ortes selbst. Damit ergibt sich aber zwangsläufig, daß der Schutz des Ortsbildes mit den baulichen Anlagen eines Ortes untrennbar verbunden ist, wenn auch in diesem Zusammenhang Gesichtspunkte miteinbezogen werden, die über die Wirkung dieser baulichen Anlagen hinausgehen, wie etwa auch die bildhafte Wirkung von Grünanlagen, Parklandschaften, Schloßbergen udgl., die neben den baulichen Anlagen dem jeweiligen Orts- und Landschaftsbild das Gepräge geben (vgl. das Erkenntnis vom 24. März 1969, Slg. Nr. 7538/A). Soweit Baulichkeiten in Rede stehen, sind jedoch nicht nur die Objekte von besonderem kulturhistorischem Wert, wie sie in § 22 Baugesetz "insbesondere" besonders geschützt werden, in den Ortsbildbegriff einzubeziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1980, Slg. Nr. 10.067/A); wesentlich ist vielmehr, daß das Ortsbild als solches noch schutzwürdig vorhanden ist. Für die Schutzwürdigkeit des Ortsbildes in diesem Sinne kommt es auf seine völlige Einheitlichkeit jedoch nicht an (vgl. das Erkenntnis vom 11. September 1986, Zl. 85/06/0097, BauSlg. Nr. 742, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 14. März 1966, Slg. Nr. 6884/A).
Das Ortsbild ist aber jedenfalls anhand des konsentierten vorhandenen Bestandes zu beurteilen, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit) eigen ist, welche den (notwendigen) Maßstab dafür bildet, ob ein Bauvorhaben dieses Ortsbild erheblich beeinträchtigt. Ein Ortsbild (oder Ortsteilbild), dem ein solcher Zusammenhang fehlt, sodaß ein Bauvorhaben geradezu beliebig in einem Belang als störend, in anderen Belangen jedoch als sich einfügend empfunden werden kann, ist mangels eines geeigneten Beurteilungsmaßstabes kein schützenswertes Ortsbild im Sinne der genannten Bestimmungen. Wenn voneinander abgrenzbare, je eine verschiedene Charakteristik aufweisende Ortsteilbilder festgestellt werden können, muß das Bauvorhaben an dem jeweiligen Ortsteilbild gemessen werden, dem es zuzuordnen ist (vgl. das Erkenntnis vom 9. April 1992, Slg. Nr. 13612/A).
Vom Begriff des Ortsbildes zu unterscheiden ist das Maß der Störung, welches durch das in Rede stehende Bauwerk verursacht wird und zur Versagung der Baubewilligung führen kann. Die Systematik des Vorarlberger Baugesetzes läßt im wesentlichen einen Landschafts- und Ortsbildschutz in zwei Intensitätsgraden erkennen:
Gemäß § 22 leg. cit. müssen geschichtlich oder gestalterisch wertvolle bauliche Ansichten eines Ortes oder Ortsteiles innerhalb einer Gemeinde unter Einschluß der bildhaften Wirkung, die von der Landschaft ausgeht, erhalten werden. Diese (positive) Erhaltungspflicht ist enger als die in § 31 Abs. 3 leg. cit. angesprochenen öffentlichen Interessen des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes und bezieht sich (nur) auf geschichtlich oder gestalterisch wertvolle bauliche Ansichten unter Einschluß der bildhaften Wirkung der Landschaft. Unter den in § 22 Abs. 1 leg. cit. genannten Bedingungen ist jeder diese Ansicht beeinträchtigende Eingriff unzulässig.
Soweit es sich nicht um geschichtlich oder gestalterisch wertvolle bauliche Ansichten eines Ortes oder Ortsteiles innerhalb einer Gemeinde handelt (und daher § 22 Abs. 1 BauG nicht anzuwenden ist), läßt § 31 Abs. 3 BauG Eingriffe an sich zu, sodaß zu prüfen ist, ab welcher Intensität des Eingriffes die öffentlichen Interessen des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes im Sinne dieser Gesetzesstelle dem Bauvorhaben entgegenstehen.
Für den Landschaftsschutz legt § 22 Abs. 1 Baugesetz ganz allgemein fest, daß die Landschaft "in ihrer Eigenart vor störenden baulichen Eingriffen bewahrt wird und nur in die Landschaft passende Bauwerke errichtet" werden sollen, während § 31 Abs. 3 leg. cit. ebenfalls nur von öffentlichen Interessen des Schutzes des Landschaftsbildes spricht. Auch hier ist somit davon auszugehen, daß § 22 Abs. 1 BauG Landschaften bestimmter Eigenart (das sind all jene Umstände, unter denen sich eine Landschaft typischerweise von einer anderen Landschaft unterscheidet) besonders geschützt sind, während § 31 Abs. 3 leg. cit. das Landschaftsbild (auch wenn es insoweit nicht eine besondere Eigenart aufweist) ganz allgemein schützt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes steht das öffentliche Interesse des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes im Sinne des § 31 Abs. 3 leg. cit. - soweit nicht besondere Schutzvorschriften wie jene des § 22 Abs. 1 oder des § 17 Abs. 1 Baugesetz (in bezug auf Werbeanlagen) eingreifen - einer Bauführung nur dann entgegen, wenn das betreffende Bauwerk an seinem Errichtungsort von einem Durchschnittsbetrachter gemessen am Landschafts- und Ortsbild als belastend empfunden wird. Die bloße Unschönheit des konkreten Bauwerkes im Sinne einer Beeinträchtigung des ästhetischen Empfindens seines Betrachters reicht für sich allein genommen noch nicht aus, um von einer Verletzung der öffentlichen Interessen des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes sprechen zu können.
Dem Vorarlberger Baugesetz läßt sich eine Bestimmung des Inhaltes, daß - ohne Bezugnahme auf ein Orts(teil)bild im obigen Sinne - bereits eine "nicht vertretbare Unruhe in der Gesamtansicht" des Bauwerkes zu einer Versagung aus Ortsbildschutzgründen führen könnte, nicht entnehmen, ebensowenig ein Verbot "unproportionierter Gestaltungselemente, die zueinander in formalem Widerspruch stehen", wie dies der Sachverständige für Raumplanung und Raumordnung in seinem Gutachten vom 16. Februar 1993 anzunehmen scheint.
Unentscheidend ist nach den Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes auch, ob das Bauwerk "zeitgemäßen Ansätzen einer Weiterentwicklung der regionalen Formensprache und den Zielsetzungen im Leitbild der Gemeindeentwicklung" entspricht, wie ebenfalls der zuletzt genannte Gutachter meint.
Ob ein Gebäude "hinsichtlich seiner formalen Gestaltung einen Fremdkörper im Orts- und Landschaftsbild darstellt" bzw.
dadurch "das Ortsbild ... gröblichst beeinträchtigt" wird,
setzt aufgrund der dargelegten Rechtslage zunächst Feststellungen darüber voraus, woraus dieses Ortsbild besteht und welches sein Charakteristikum ist (vgl. das Erkenntnis vom 9. April 1992, Slg. Nr. 13612/A). Derartige Feststellungen sind aber weder dem Gutachten des Bausachverständigen vom 24. September 1992 zu entnehmen, noch dem Gutachten des Sachverständigen für Raumplanung und Raumordnung vom 16. Februar 1993. In beiden Gutachten wird vielmehr die von der in Aussicht genommenen Gestaltung des Bauwerkes des Beschwerdeführers ausgehende "Unruhe" für sich allein als Störfaktor verstanden, weil es sich dabei um eine Bauweise handle, die bisher in der mitbeteiligten Gemeinde noch nicht vorgekommen sei. Dies allein macht die Bauweise jedoch noch nicht unzulässig: so wie es bei der Beurteilung eines Ortsbildes im rechtlichen Sinne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die völlige Einheitlichkeit des Ortsbildes nicht ankommt, kann auch von einem Bauwerber nicht schlechthin verlangt werden, sich in der Formensprache des von ihm geplanten Bauwerkes völlig in das bisher in der Gemeinde vorhandene einzuordnen, es sei denn, daß anders eine Störung des Ortsbildes im oben dargelegten Sinne eintreten würde.
Die belangte Behörde hat aber nicht nur die aufgezeigten Mängel der auf Gemeindeebene eingeholten Sachverständigengutachten unbeachtet gelassen, sondern auch übersehen, daß die Berufungsbehörde sich zwar in der Begründung des Berufungsbescheides mit dem Gutachten des vom Beschwerdeführer beigezogenen Sachverständigen auseinandergesetzt, dazu jedoch ein Ergänzungsgutachten nicht eingeholt hat. Entgegen der - von der belangten Behörde geteilten - Auffassung der Berufungsbehörde kann dem Beschwerdeführer eine "traditionell regionale Bauweise" nicht schon deshalb aufgezwungen werden, wenn diese "eine große Tradition" hat und "über die österreichischen Grenzen hinaus eine neue Blüte" erlebt. Auch der Umstand, daß "für die
Gemeindevertretung ... kein Zweifel daran" besteht, "daß durch
eine Genehmigung ... das Landschafts- und Ortsbild gröblichst
beeinträchtigt würde" befreite die Berufungsbehörde nicht davon, diese Umstände in nachvollziehbarer Weise in der Begründung ihres Bescheides darzulegen und sich - soweit dazu entsprechende Fachkenntnisse erforderlich sind - entsprechender Sachverständiger zu bedienen. Da der Beschwerdeführer durch Vorlage des Privatgutachtens den Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, wäre es Aufgabe der Behörde gewesen, die von ihr gehörten Amtssachverständigen dazu aufzufordern, zunächst ihr eigenes Gutachten hinsichtlich der Ergänzung des Befundes auf das Niveau des Privatgutachtens anzuheben und sich sodann in ihrer eigenen Beurteilung mit den Aussagen des Privatsachverständigen im Detail auseinanderzusetzen, wobei im Beschwerdefall noch zu berücksichtigen wäre, daß wesentliche Gestaltungselemente des Gebäudes, wie z.B. der Turm und der Erker, bereits mit Bescheid vom 26. Juli 1991 rechtskräftig genehmigt wurden, sodaß von der Behörde im gegenständlichen Verfahren nur zu prüfen gewesen wäre, inwieweit sich die Planänderungen in Verbindung mit dem bereits bewilligten Bauwerk auf das Landschafts- und Ortsbild auswirken, da Gegenstand des gegenständlichen Baubewilligungsverfahrens ausschließlich die geplanten (und teilweise bereits durchgeführten) Abweichungen vom Bewilligungsbescheid vom 26. Juni 1991 gewesen sind. Auch trifft die Auffassung der belangten Behörde nicht zu, daß es nach dem Vorarlberger Baugesetz keine "ergänzende Baubewilligung" gebe, ist doch in § 41 Abs. 2 BauG von einem Antrag auf "Änderung der Baubewilligung" ausdrücklich die Rede.
Da die belangte Behörde somit in mehrfacher Hinsicht verkannt hat, daß der Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde auch betreffend das Baubewilligungsverfahren an wesentlichen Feststellungs- und Verfahrensmängeln leidet, hat sie ihren Bescheid auch in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher aus den unter a) und b) genannten Gründen zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da es sich bei den Ersatzbeträgen der genannten Verordnung um Pauschalbeträge handelt und die zusätzliche Berücksichtigung der Umsatzsteuer darin nicht vorgesehen ist, war das diesbezügliche Kostenmehrbegehren abzuweisen.
Schlagworte
Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel AllgemeinOffenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesRechtskraft Besondere Rechtsgebiete BaurechtPflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages FristFormgebrechen behebbare BaurechtSachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild LandschaftsbildGutachten ErgänzungBegründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung der Wertung einzelner BeweismittelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994060008.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011