TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/14 93/06/0203

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.1995
beobachten
merken

Index

L85007 Straßen Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
LStG Tir 1989 §44;
LStG Tir 1989 §62 Abs1 litc;
LStG Tir 1989 §68;
LStG Tir 1989 §69 Abs1;
LStG Tir 1989 §70;
LStG Tir 1989 §74;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des F in R, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. August 1993, Zl. IIb1-L-2018/3-1993, betreffend Enteignung nach dem Tiroler Straßengesetz 1989 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Kramsach, vertreten durch den Bürgermeister),

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Festsetzung der Höhe der Entschädigung richtet, zurückgewiesen;

und 2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom 5. Juni 1990 ersuchte die Gemeinde K als Straßenerhalter gemäß § 41 Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, um Erteilung der Straßenbaubewilligung für den Neubau des Erschließungsweges "M". Im Zuge des Verfahrens über diesen Antrag fand am 19. Juli 1990 eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer durch FM vertreten war. Entsprechend der Niederschrift über diese Verhandlung wurden dabei sowohl Fragen der Straßenbaubewilligung als auch der Enteignung erörtert. Zu der Frage der von der Gemeinde in Aussicht genommenen "Entschädigung" ist in der Niederschrift über diese Verhandlung vermerkt, daß sich der Beschwerdeführer, vertreten durch FM, drei Tage Bedenkzeit erbitte. Einwendungen oder Abänderungsanträge hinsichtlich des Straßenbauvorhabens waren in der Niederschrift nicht vermerkt. Nach Erteilung der Straßenbaubewilligung durch den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erging über Berufung des Beschwerdeführers die abweisliche Berufungsentscheidung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Oktober 1992. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Vorstellung und gegen den abweislichen Vorstellungsbescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Diese Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 93/06/0081, als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies insbesondere im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer während des Verfahrens keine Einwendungen i. S.d. § 43 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, erhoben habe und auch keine wesentlichen Verfahrensmängel aufgezeigt worden waren.

Aufgrund der mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Oktober 1992 rechtskräftig erteilten Straßenbaubewilligung war zwischenzeitig durch die mitbeteiligte Gemeinde gemäß § 67 Tiroler Straßengesetz 1989 bei der belangten Behörde der Antrag auf Enteignung der für das gegenständliche Bauvorhaben benötigten Grundstücke sowie auf Festsetzung der Entschädigungen hiefür gestellt worden. Die belangte Behörde gab diesem Antrag mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid statt und begründete dies unter Hinweis auf die durch einen Ortsaugenschein erhobene Notwendigkeit der Inanspruchnahme der im Grundeinlösungsplan dargestellten Flächen für das gegenständliche Bauvorhaben. Einem Antrag gemäß § 38 AVG auf Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das laufende verwaltungsgerichtliche Verfahren hinsichtlich der Straßenbaubewilligung sei nicht stattzugeben gewesen, da durch die Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof die Rechtskraft der Straßenbaubewilligung nicht beseitigt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid ohne Einschränkung und enthält in der Begründung auch Ausführungen zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit der Festsetzung der Entschädigung. Die Beschwerde richtet sich somit jedenfalls auch gegen den Ausspruch betreffend die Festsetzung der Entschädigung.

Gemäß § 74 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz 1989 kann der Enteignete binnen 3 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides, mit dem die Vergütung festgesetzt wird, deren Neufestsetzung beim örtlich zuständigen Bezirksgericht beantragen. Gemäß § 74 Abs. 2 Tiroler Straßengesetz tritt der Bescheid mit Anrufung des Bezirksgerichts hinsichtlich des Ausspruches über die Vergütung außer Kraft.

Aufgrund der damit eingeräumten Möglichkeit, im Wege der sukzessiven Kompetenz eine Entscheidung des Gerichtes über die Entschädigung zu erlangen, ist der Beschwerdeführer nicht legitimiert, hinsichtlich der Entschädigungsfrage eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 12. November 1991, Zl 91/07/0101). Die Beschwerde war daher insoweit zurückzuweisen.

2. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer insbesondere darin, daß die als unabdingbare Voraussetzung einer Enteignung erforderlichen Grundablöseverhandlungen (§ 62 Abs. 1 lit. c Tiroler Straßengesetz 1989) nicht geführt worden seien. In der Beschwerde wird dabei ausschließlich auf die Verhandlungsniederschrift vom 12. August 1993 (über die im Enteignungsverfahren durchgeführte Verhandlung) Bezug genommen.

Der Beschwerdeführer übersieht mit diesem Vorbringen, daß die mitbeteiligte Gemeinde bereits im Zuge des Baubewilligungsverfahrens Verhandlungen betreffend die Grundablöse u.a. mit dem Beschwerdeführer geführt hat (vgl. den in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebenen Hinweis in der Niederschrift über die Verhandlung vom 19. Juli 1990).

Die belangte Behörde konnte daher im vorliegenden Enteignungsverfahren aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen davon ausgehen, daß die entsprechenden Verhandlungen zwischen Enteignungswerber und dem Beschwerdeführer stattgefunden haben und zu keinem Ergebnis geführt haben. Die Voraussetzung des § 62 Abs. 1 lit. c Tiroler Straßengesetz 1989 lag somit vor. Der Umstand, daß in der Verhandlung vom 12. August 1983 nicht über die Ablöse verhandelt worden sei, ist für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens daher nicht von entscheidender Bedeutung. Die Beschwerde rügt mit diesem Vorbringen allenfalls einen Verstoß gegen § 69 Tiroler Straßengesetz 1989, demzufolge der Verhandlungsleiter bei der mündlichen Verhandlung im Enteignungsverfahren auf den Abschluß eines Übereinkommens zwischen dem Enteigner und dem Enteigneten bzw. dem Nebenberechtigten über die Vergütung hinzuwirken habe. Diese Vorschrift kann aber nicht dahingehend verstanden werden, daß die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 lit c Tiroler Straßengesetz 1989 nur durch Verhandlungen im Enteignungsverfahren, näherhin in der mündlichen Verhandlung des Enteignungsverfahrens, erfüllt werden könnten.

3. Soweit in der Beschwerde ein Verstoß gegen "§ 54 des Tiroler Straßengesetzes" (gemeint offenbar: des Tiroler Straßengesetzes 1950) geltend gemacht wird, ist darauf zu verweisen, daß Fragen der Ausgestaltung der Straße durch den straßenrechtlichen Bewilligungsbescheid rechtskräftig entschieden werden. Da der Baubewilligungsbescheid vom 29. Oktober 1992, der vom Beschwerdeführer mit Vorstellung bekämpft wurde, nach Abweisung der Beschwerde gegen den Vorstellungsbescheid nach wie vor in Rechtskraft ist, geht dieses Vorbringen insoweit schon von Haus aus ins Leere; die von der belangten Behörde zum Zeitpunkt der Entscheidung zugrunde zu legende Bindungswirkung ist nach wie vor gegeben und daher auch vom Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren zu beachten. Eine Inanspruchnahme von Grundflächen, die nicht durch den Baubewilligungsbescheid gedeckt wäre, behauptet aber auch der Beschwerdeführer nicht.

4. Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde - soweit sie zulässig ist - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993060203.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten