Index
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der T in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. April 1993, Zl. BauR - 010953/1 - 1993 Pe/Lan, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. M in N, 2. Marktgemeinde N, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Marktgemeinde Neukirchen am Walde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Bauwerberin suchte am 23. April 1992 um die Bewilligung zum Ausbau des Dachbodens (Schaffung von 84,15 m2 Wohnraum) des Hauses N 78, Grundstück Nr. .19, an. Der Beschwerdeführerin gehört die westliche Nachbarparzelle .21 (Haus Nr. 79), wobei aber ihr Haus so weit gegenüber dem Haus der Bauwerberin vorgezogen gebaut ist, daß zwischen der südöstlichen Ecke ihres Hauses und der nordwestlichen Ecke des Hauses der Bauwerberin noch ein Abstand besteht.
Das Haus der Bauwerberin liegt am Marktplatz, wo eine geschlossene Bebauungsweise besteht. Durch das Bauvorhaben sollen keine Abstände zu den Nachbargrenzen verändert werden und es soll an der Gebäudehöhe keine Veränderung eintreten. Marktplatzseitig (= nordseitig) soll der Dachstuhl unverändert bleiben, es sollen nur die Dachdeckung erneuert und Fenster eingesetzt werden. Südseitig soll die vorhandene Übermauerung von 25 cm Höhe auf 1,05 m angehoben werden, was zu einer Änderung der Dachneigung - bei unveränderter Firsthöhe - von 25 Grad auf 21 Grad führt; die westseitige, dem Innenhof der Beschwerdeführerin zugewandte Feuermauer wird durch die Anhebung des Dachstuhls entsprechend - fensterlos - erhöht. Zu den beiden bestehenden Rauchfängen kommt ein neuer (Not-)Rauchfang, der - laut Grundrißplan Dachgeschoß - an einen vorhandenen Rauchfang angebaut wird.
Die Beschwerdeführerin wendete bei der Bauverhandlung u.a. ein, durch die Anhebung werde der Luftaustausch verringert, der Hof und die Wohnräume würden dunkler werden und auch tagsüber künstliche Beleuchtung erfordern. Es sei nicht erklärt worden, wo der zusätzliche Rauchfang angebracht werde. Eine Ansicht der der Beschwerdeführerin zugewandten Westseite werde auf dem Plan nicht gezeigt.
Der Planverfasser führte in der Verhandlung aus, eine Ansicht der Westseite sei nicht darstellbar, weil das geänderte Detail (Übermauerung) zur Gänze durch die Scheune der Beschwerdeführerin überdeckt werde. Die Firsthöhe dieser Scheune liege 2 m über der angehobenen Traufenhöhe auf Seiten der Bauwerberin, weshalb der Einwand der mangelnden Belichtung gegenstandslos sei.
Mit Bescheid vom 30. September 1992 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde unter Vorschreibung von Auflagen die begehrte Baubewilligung. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden teils ab- und teils zurückgewiesen.
Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 28. Dezember 1992 keine Folge. Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der gegen den Berufungsbescheid gerichteten Vorstellung der Beschwerdeführerin gleichfalls keine Folge. Der Eigentümer eines Grundstückes müsse selbst durch Schaffung entsprechender Freiräume für eine ausreichende Belichtung und Belüftung sorgen; der Nachbar habe kein Recht darauf, daß durch die Errichtung eines Vorhabens die früheren Belichtungsverhältnisse nicht beeinflußt werden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf verletzt, daß eine Baubewilligung nicht entgegen ihren Einwendungen erteilt werde. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift. Dazu äußerte sich die Beschwerdeführerin, die Gemeinde äußerte sich unter Vorlage eines Bauplanes aus dem Jahre 1976 abermals.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 3 der Oö Bauordnung 1976
(LGBl. Nr. 35/1976; im folgenden: BO) sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft vor Immissionen dienen.
Gemäß § 25 Abs. 1 Oö BauVO 1985 (LGBl. Nr. 5 i.d.F. LGBl. Nr. 6/1989 und des Landesgesetzes LGBl. Nr. 37/1989; im folgenden: BauVO) sind Wohnräume natürlich zu belichten. § 25 Abs. 2 BauVO regelt die Mindestfläche der Belichtungsöffnungen; § 25 Abs. 3 BauVO sieht einen Maximallichteinfallswinkel vor, "es sei denn, daß die zulässige oder vorhandene Bebauung einer Nachbarliegenschaft einen größeren Lichteinfallswinkel bedingt und eine andere Situierung der Wohn- bzw. Aufenthaltsräume aufgrund der örtlichen Verhältnisse unmöglich ist und eine besondere Härte für den Bauwerber darstellen würde".
Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß sie durch die beabsichtigte Anhebung des Daches an der Südseite in ihrem Recht auf ausreichende Belichtung und Belüftung beeinträchtigt werde. Dabei verkennt sie zunächst, daß die Rechtsnormen, welche die Einhaltung eines bestimmten Abstandes oder einer bestimmten Gebäudehöhe zum Gegenstand haben, vor allem auch einer ausreichenden Belichtung und Belüftung dienen (Hauer, Der Nachbar im Baurecht4, 230). Durch den Dachbodenausbau hat sich aber am Abstand des (ohnehin an der Grundgrenze errichteten) Gebäudes nichts geändert; daß die dort zulässige Gebäudehöhe überschritten werde, wird nicht behauptet. Verletzt der Bauwerber diese Rechtsnormen nicht, dann kommt aber der allgemeine Grundsatz zum Tragen, daß der Eigentümer eines Grundstückes durch Schaffung entsprechender Freiräume auf den eigenen Grundflächen für ausreichende Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse zu sorgen hat (siehe die bei Hauer aa0 referierte hg. Judikatur). Der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Grundsatz auch für den Geltungsbereich der Oö BauO wiederholt und in dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierten Erkenntnis vom 19. Mai 1987, Zl. 87/05/0018, ausgeführt, daß § 25 BauVO nur der Sicherung einer ausreichenden Belichtung und Belüftung der neu zu schaffenden Räume diene und dem Nachbarn KEIN subjektiv-öffentliches Recht einräume. Diese Bestimmung stellt also nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, eine Konkretisierung von Nachbarrechten dar. Adressat dieser Norm ist allein der Bauwerber, was sich besonders deutlich aus dem oben zitierten Abs. 3 ergibt, wonach die schon vorhandene Bebauung einer Nachbarliegenschaft für den Bauwerber Erleichterungen ermöglicht.
Wäre die Auffassung der Beschwerdeführerin richtig, daß bei geschlossener Bauweise jedenfalls ein selbständiges Recht des Nachbarn auf Beibehaltung bestehender Belichtungsverhältnisse gegeben sei, dann würde im geschlossen bebauten Gebiet jegliche Bebauung verhindert werden, da jedes an der Grundgrenze errichtete Bauwerk Einfluß auf die Belichtungsverhältnisse des Nachbargrundes ausübt. Jedenfalls veranlassen die Beschwerdeausführungen den Verwaltungsgerichtshof nicht, diesbezüglich von seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung abzugehen.
Soweit als Verletzung von Verfahrensvorschriften abermals gerügt wird, daß die Darstellung des neuen Rauchfangs in den Plänen nicht enthalten sei, ist auf den Grundrißplan des Dachgeschoßes zu verweisen: Dort sind die bestehenden Kamine ebenso wie der rot gefärbelte Kamin eingetragen. Baubehördliche bewilligt ist allein ein Kamin an dieser Stelle, weil der Bescheid auf den Plan verweist und keine abweichende Situierung anordnet.
Als weiterer Verfahrensmangel wird gerügt, daß eine planliche Darstellung der der Beschwerdeführerin zugewandten Westseite fehle. Aus der Schnittdarstellung im vorgelegten Bauplan läßt sich jedoch die Vergrößerung der Wandfläche, die durch die Erhöhung der südseitigen Traufe entsteht, leicht entnehmen, sodaß nicht erkennbar ist, inwieweit der Beschwerdeführerin Informationen vorenthalten wurden. Haben aber die von einem Bauwerber vorgelegten Planunterlagen ausgereicht, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht, dann steht ihm kein subjektiv-öffentliches Recht darauf zu, daß diese Unterlagen objektiv in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen genügen (hg. Erkenntis vom 28. März 1995, Zl. 93/05/0246, m.w.N.).
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993050116.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009