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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AktG 1965 §130 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der M GmbH in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat II, vom 15. Mai 1991, 158-GA4BK-ME/90, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Abtretungsvertrag vom 10. April 1987 erwarb die Beschwerdeführerin, deren Wirtschaftsjahr gleich dem Kalenderjahr ist, sämtliche Geschäftsanteile an der S-GmbH, welche Komplementärin der S-GmbH & Co KG war. Noch am selben Tag wurde der Beschluß gefaßt, die Beschwerdeführerin als aufnehmende Gesellschaft mit der S-GmbH auf Grundlage der Bilanz zum 1. Oktober 1986 nach Art I StruktVG zu verschmelzen und anschließend den Betrieb der S-GmbH & Co KG ebenfalls zum Stichtag 1. Oktober 1986 unter Inanspruchnahme der Aufwertungsvariante des Art III StruktVG in die Beschwerdeführerin einzubringen.
Im Hinblick auf die Alleingesellschafterstellung der Beschwerdeführerin war nur eine Verschmelzung ohne Kapitalerhöhung zulässig. Es entstand ein Verschmelzungsverlust, der als Buchverlust nach § 1 Abs 3 StruktVG bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens und des Gewerbeertrages außer Ansatz zu bleiben hatte. Die Beschwerdeführerin buchte jedoch keinen außerordentlichen Aufwand, sondern vereinigte in der Verschmelzungsbilanz den Verschmelzungsverlust mit dem bereits vorhandenen eigenen Verlustvortrag von 372.859,27 S, woraus sich ein von ihr als Verschmelzungsverlust bezeichneter Betrag von 5,920.170,38 S ergab.
Unbestritten ist, daß sich aus der nachfolgenden Einbringung des Betriebes der S-GmbH & Co KG nach Art III StruktVG ein Buchgewinn ergab, der einer Einbringungsrücklage nach § 8 Abs 1 lit d StruktVG zugewiesen wurde, im Jahresabschluß für das Streitjahr aber mit dem Betrag von 5,920.170,38 S zur Abdeckung des mit eben diesem Betrag ausgewiesenen "Verschmelzungsverlustes" aufgelöst wurde. Im angefochtenen Bescheid brachte die belangte Behörde vom Betrag dieser Rücklagenauflösung insbesondere einen Betrag von 3,779.072,38 S, den sie als bei der S-GmbH & Co KG anläßlich der gegenständlichen Einbringung entstandenen, auf die Beschwerdeführerin entfallenden "anteiligen Aufwertungsgewinn" bezeichnete, in Abzug und rechnete den verbleibenden Betrag von 2,041.098,38 S dem steuerlichen Gewinn zu.
Strittig ist, ob die Einbringungsrücklage im Sinn des § 8 Abs 1 lit d StruktVG verwendet wurde.
Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, unter künftigen Verlusten im Sinn der eben erwähnten Bestimmung könnten nur solche verstanden werden, die in Gewinnermittlungszeiträumen entstanden seien, die nach dem Bilanzstichtag lägen, der der Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft folge. Die Verschmelzung der Beschwerdeführerin mit der S-GmbH sowie die Einbringung des Betriebes der S-GmbH & Co KG seien rückwirkend zum 1. Oktober 1986 erfolgt, während die Einbringungsrücklage erst zum 31. Dezember 1986 zur Abdeckung des von der Beschwerdeführerin errechneten Verschmelzungsverlustes, der aber in Wirklichkeit aus ihrem eigenen Verlustvortrag und dem tatsächlich erzielten Verschmelzungsverlust bestehe, verwendet worden sei. § 8 Abs 1 lit d StruktVG wende sich an die AUFNEHMENDE Kapitalgesellschaft. Nur diese könne unter bestimmten Voraussetzungen eine Einbringungsrücklage bilden. Erst nach Bildung dieser Rücklage sei deren Verwendung möglich. Der Gesetzgeber habe somit auf den ersten Bilanzstichtag der aufnehmenden Kapitalgesellschaft nach dem Einbringungsvorgang abgestellt. Könnten auch Verluste abgedeckt werden, die im Jahr der Einbringung entstanden seien, so wäre die ausdrückliche gesetzliche Anordnung, wonach dies nur mit KÜNFTIGEN Verlusten möglich sei, sinnentleert. Diesfalls würde es genügen, wenn der Gesetzgeber eine Abdeckung von (sämtlichen) Verlusten, also auch von in der Vergangenheit und im selben Gewinnermittlungszeitraum entstandenen, als nicht schädlich angeordnet hätte.
Demgegenüber meint die Beschwerdeführerin, der in Rede stehenden Bestimmung könne nicht entnommen werden, unter künftigen Verlusten seien nur solche zu verstehen, die in Gewinnermittlungszeiträumen entstanden seien, die nach dem Bilanzstichtag lägen, der der Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft folge. § 8 Abs 1 lit d StruktVG sei § 130 AktG in der Fassung vor dem Rechnungslegungsgesetz nachgebildet. Nach der zuletzt erwähnten Bestimmung sei eine gesetzliche Rücklage zu bilden. Diese dürfe nur zum Ausgleich von Wertminderungen und zur Deckung von sonstigen Verlusten verwendet werden. Der Verwendung der gesetzlichen Rücklage stehe nicht entgegen, daß freie zum Ausgleich von Wertminderungen und zur Deckung von sonstigen Verlusten bestimmte Rücklagen vorhanden seien. Die Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung könne nicht mit dem Hinweis begründet werden, der Gesetzgeber spreche im Gegensatz zum Aktiengesetz von KÜNFTIGEN Verlusten. Eine derartige Auslegung wäre sachlich nicht gerechtfertigt. Mit der Einstellung einer gesondert auszuweisenden Rücklage werde die Möglichkeit geboten, eine Kapitalerhöhung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu vermeiden, was offenkundig den Intentionen des Gesetzgebers entspreche, um so die Fortsetzung des bisherigen wirtschaftlichen Engagements sicherzustellen. Überdies seien die Verluste auf Grund der Rückwirkungsfiktion des Strukturverbesserungsgesetzes auch "später" hinzugekommen, weswegen es sich um "künftige" im Sinn des § 8 Abs 1 lit d leg cit handle.
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs 1 lit d StruktVG gelangen die Bestimmungen dieses Gesetzes auch dann zur Anwendung, wenn der Betrieb einer Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird und bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft eine Kapitalerhöhung insoweit unterbleibt, als sie eine gesondert auszuweisende Rücklage einstellt, die nur zur Deckung künftiger Verluste oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden darf. Wird die Rücklage zu anderen Zwecken verwendet, so ist der Gewinn im Jahr der widmungswidrigen Verwendung in diesem Ausmaß zu erhöhen.
Unbestritten ist, daß die Verschmelzung der Beschwerdeführerin als aufnehmende Kapitalgesellschaft mit der S-GmbH der Einbringung des Betriebes der S-GmbH & Co KG in die Beschwerdeführerin vorangegangen ist und bereits im Zeitpunkt der Einbringung, somit am 1. Oktober 1986, sowohl ein Verlustvortrag als auch ein Verschmelzungsverlust bestanden hat, während die Einbringungsrücklage erst am 31. Dezember 1986 zur Abdeckung dieser Verluste verwendet worden ist. Aus der dargestellten Reihenfolge ergibt sich, daß die eben erwähnten Verluste bereits VOR - hinsichtlich des Verschmelzungsverlustes bestenfalls (unter Außerachtlassung der gedanklichen Sekunde zwischen Verschmelzung und Einbringung) gleichzeitig mit der - Bildung der Einbringungsrücklage entstanden sind. Vom Standpunkt der die Einbringungsrücklage bildenden (übernehmenden) Beschwerdeführerin kann folglich nicht von zukünftigen, sondern nur von bereits bestehenden Verlusten gesprochen werden (vgl Quantschnigg in Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft, Festschrift für Egon Bauer zum
65. Geburtstag, 269).
Daran vermag der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 130 AktG in der Fassung vor dem Rechnungslegungsgesetz nichts zu ändern. Es mag dahingestellt bleiben, ob § 8 Abs 1 lit d StruktVG der eben erwähnten Bestimmung nachgebildet worden ist. Der vom Gesetzgeber im Strukturverbesserungsgesetz gewählten eindeutigen Formulierung "künftiger Verluste" kann nicht die Bedeutung "sonstiger Verluste" wie sie im Aktiengesetz aufscheint, beigemessen werden. Das Strukturverbesserungsgesetz beabsichtigt als ordnungspolitische Vorschrift die Abdeckung von in Zukunft entstehenden Verlusten durch Verwendung einer zuvor gebildeten gebundenen Rücklage. Der diesem Gesetz zugrundeliegende Gedanke der Fortsetzung des bisherigen wirtschaftlichen Engagements wird dadurch - im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin - keineswegs in Frage gestellt. Schließlich stellen die der Beschwerdeführerin zurechenbare Verluste nicht schon deswegen "künftige" dar, weil sie auf Grund der Rückwirkungsfiktion des Strukturverbesserungsgesetzes "später" hinzugekommen sind.
Die Beschwerdeführerin rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, führt aber zu Beginn ihrer Beschwerde aus, "hinsichtlich des Sachverhaltes besteht mit der belangten Behörde (dh mit ihren Festellungen im angefochtenen Bescheid) kein Streit". Der Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften entbehrt jeglicher Konkretisierung, weshalb er sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht, wobei noch zu bemerken ist, daß die belangte Behörde ausschließlich vom Vorbringen der Beschwerdeführerin ausgegangen ist.
Die Beschwerdeführerin wird somit nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, daß im angefochtenen Bescheid die in § 8 Abs 1 lit d zweiter Satz StruktVG vorgesehene Rechtsfolge herbeigeführt worden ist.
Die von der Beschwerdeführerin beantragte mündliche Verhandlung konnte aus dem im § 39 Abs 2 Z 6 VwGG genannten Grund unterbleiben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1991140202.X00Im RIS seit
26.11.2001