TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/19 95/05/0133

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Veröffentlicht am 19.09.1995
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L70702 Theater Veranstaltung Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
L82252 Garagen Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Krnt 1992 §15 Abs1;
BauO Krnt 1992 §15 Abs2;
BauO Krnt 1992 §17 Abs1;
BauO Krnt 1992 §21 Abs5;
BauO Krnt 1992 §21;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §16;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der M in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 27. März 1995, Zl. 8 BauR1-110/4/1994, betreffend Einwendungen in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien:

1. Stadtgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister, 2. R in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 6. April 1992 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei als Eigentümer des Grundstückes Nr. 81/2 der KG G die baurechtliche Bewilligung zur Adaptierung des in der hinteren Gasse gelegenen Lagerraumes und für den Einbau eines Fensters an der Rückseite dieses Gebäudes. In der mündlichen Verhandlung wendete die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des benachbarten Grundstückes Nr. 81/1 der KG G ein, mit dem geplanten Vorhaben nicht einverstanden zu sein, "weil das geplante Fenster auf unserem Grund zu liegen kommt".

Mit Bescheid vom 5. August 1992 erteilte der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Partei unter Vorschreibung von Auflagen die Baubewilligung. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1992 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin vom Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Baubehörde zweiter Instanz abgewiesen.

Mit Bescheid vom 12. Juli 1993 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin gemäß § 95 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982, LGBl. Nr. 8, Folge gegeben und der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde G vom 22. Dezember 1992 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. In der Begründung führte die Vorstellungsbehörde aus, im Baubewilligungsverfahren sei lediglich eine skizzenhafte zeichnerische Darstellung von der zweitmitbeteiligten Partei vorgelegt worden. Es liege daher ein Verstoß gegen § 8 der Kärntner Bauordnung im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der Bauansuchenverordnung vor. Lägen aber dem Baubewilligungsverfahren keine Pläne zugrunde, könnten für den Nachbarn auch die Präklusionsfolgen des § 42 AVG nicht eintreten. Der Bauwerber sei dem Auftrag der Behörden, seinen Eigentumsanspruch an der Mauer, welche vom beantragten Bauvorhaben betroffen sei, nachzuweisen, nicht nachgekommen. Die Berufungsbehörde habe sich mit der Frage des Eigentumsnachweises nicht auseinandergesetzt. In der Vorstellung habe die Beschwerdeführerin auch eingewendet, daß durch die Errichtung des Fensters die Brandsicherheit ihrer Liegenschaft beeinträchtigt werde. Im fortgesetzten Verfahren werde deshalb auch die Beiziehung eines feuerpolizeilichen Sachverständigen geboten sein. Dies insbesondere deshalb, weil nach § 16 Abs. 4 der Kärntner Bauvorschriften die Wirkung einer Brandwand im Hinblick auf die Brandsicherheit durch Öffnungen nicht aufgehoben oder beeinträchtigt werden dürfe. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Mauerdurchbrüche dürften nur im Einvernehmen errichtet werden, wäre jedoch nur dann zutreffend, wenn die Mauer, in der das Fenster errichtet werden soll, in ihrem (Mit)eigentum stünde.

In der vom Stadtrat der erstmitbeteiligten Partei am 19. November 1993 durchgeführten Verhandlung wendete die Beschwerdeführerin ein, sie sei mit dem (projektierten) Fenster nicht einverstanden, da sie beabsichtige, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Die Errichtung des Fensters wäre nicht sinnvoll, da der zu errichtende Baukörper das Fenster verbauen würde. Ein Sachverständiger erstattete ein Gutachten zur Brandsicherheit.

Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde G vom 18. Oktober 1994 als Baubehörde zweiter Instanz wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 5. August 1992 neuerlich abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid jedoch dahin geändert, "daß das Fenster nur bei Einhaltung folgender zusätzlicher Auflagen eingebaut werden darf:

1) Das Fenster ist in nichtöffenbarer Ausführung herzustellen.

2) Das Fenster ist im gesamten Umfang in brandbeständiger Ausführung - Qualifikation F 30 - mit einer geprüften Konstruktion herzustellen.

3) Bezüglich der Qualifikation des Fensters ist der Baubehörde ein entsprechendes Attest einer dafür konzessionierten Firma vorzulegen."

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 27. März 1995 wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 16 Abs. 4 der Kärntner Bauvorschriften dürfe die Wirkung der Brandwand durch Öffnungen (grundsätzlich) nicht aufgehoben werden. Wenn aber sonstige Öffnungen (nicht Dunst- und Luftleitungen) hergestellt würden, dann seien diese mit brandbeständigen selbsttätigen Verschlüssen zu versehen. Auch Abs. 5 dieser Gesetzesstelle lasse erkennen, daß Außenwände zwar grundsätzlich als Brandwände auszubilden seien, eine Anordnung einer solchen Maßnahme aber nicht zwingend vorgeschrieben sei. Wenngleich ein Nachbar bei Öffnungen in Brandmauern an der Grundgrenze nicht schlechthin ein Zustimmungsrecht besitze, stehe ihm doch jedenfalls in dieser Frage ein Mitspracherecht zu, weil es um einen Eingriff in seine Rechte gehe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 91/05/0223). Entsprechend dem Gutachten des beigezogenen feuerpolizeilichen Sachverständigen habe der Stadtrat der Stadtgemeinde G in seinem Bescheid mittels Auflagen angeordnet, das Fenster in nichtöffenbarer Ausführung und im gesamten Umfang in brandbeständiger Ausführung - Qualifikation F 30 - mit einer geprüften Konstruktion herzustellen. Durch die Einholung eines Gutachtens eines feuerpolizeilichen Sachverständigen und die Vorschreibung der Auflagen sei aber den zitierten gesetzlichen Bestimmungen vollends entsprochen worden. Es sei daher auch eine Herabsetzung der Qualität der Brandschutzwand nicht anzunehmen. Die Beschwerdeführerin sei daher durch den bekämpften Bescheid in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt worden. Der Umstand, daß der Zugang zum Fenster von außen nur durch das Haus der Beschwerdeführerin möglich sei, die Reinhaltung nicht gewährleistet sei und durch die Verschmutzung die Belichtung des Lagerraumes nicht gegeben sei, berühre keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichterteilung der Bewilligung zur Öffnung einer Brandmauer an der Grundstücksgrenze verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stellt nunmehr außer Streit, daß die verfahrensgegenständliche Mauer im Eigentum des Bauwerbers steht. Sie führt jedoch aus, daß es im Hinblick auf die Äußerung des Sachverständigen, vom brandschutztechnischen Standpunkt aus sei es nicht vertretbar, eine Schwächung der Qualifikation der Brandwand zu dulden, unverständlich erscheine und auch im Hinblick auf die gutachtliche Äußerung des Sachverständigen in sich widersprüchlich sei, dennoch die Durchbrechung der Brandmauer an der Grundstücksgrenze zur Errichtung einer Belichtungsöffnung zu bewilligen und damit doch - wenn auch unter Vorschreibung entsprechender technischer Auflagen - die Brandsicherheit der bestehenden Brandmauer entscheidend herabzusetzen. Durch die nunmehrige Bewilligung der Öffnung in der bestehenden Brandmauer habe die belangte Behörde auch gegen ihre eigene Rechtsansicht entschieden. Im vorliegenden Fall sei offensichtlich, daß von der bewilligten Fensteröffnung mangels einer entsprechenden Zustimmung der Beschwerdeführerin in sinnvoller Weise nicht Gebrauch gemacht werden könne.

Gemäß § 21 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1992 ist im Verfahren nach §§ 14 bis 17 dem Eigentümer, jenen Servitutsberechtigten, deren Recht durch das Vorhaben beeinträchtigt werden könnte, und den Anrainern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt. Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Anrainer die Eigentümer der im Einflußbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke. Abs. 5 dieser Bestimmung zählt die subjektiv-öffentlichen Rechte beispielsweise auf, hiezu gehören insbesondere auch jene Bestimmungen, die dem Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen, im Interesse der Brandsicherheit oder gegen Immissionen dienen.

Die Kärntner Bauordnung 1992 enthält keine Bestimmung, wonach die Errichtung von Fenstern an der Grundgrenze grundsätzlich unzulässig wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 95/05/0049).

Die Berufungsbehörde hat auf Grund des diesbezüglich nicht in Zweifel gezogenen Gutachtens des brandtechnischen Sachverständigen - im Sinne des § 16 Abs. 5 der Kärntner Bauvorschriften - angeordnet, daß die bewilligte Fensteröffnung brandbeständig auszuführen sei. Das unbegründete gegenteilige Beschwerdevorbringen entfernt sich von den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens. Im Sachverständigengutachten wird in nicht unschlüssiger Weise ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen die projektierte Fensteröffnung § 16 der Kärntner Bauvorschriften entspricht und damit keine Schwächung der gegenständlichen Mauer als Brandwand eintritt. Die von der Beschwerdeführerin diesbezüglich behauptete Mangelhaftigkeit des Sachverständigengutachtens liegt somit nicht vor. Ob die Ausführung in der vorgeschriebenen Form möglich ist, betrifft die Ausführung des Projektes, nicht aber eine solche der Bewilligungsfähigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1995, Zl. 95/05/0206).

Ob von dem bewilligten Projekt seitens der zweitmitbeteiligten Partei in sinnvoller Weise Gebrauch gemacht werden kann, berührt keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin.

Da durch die Kärntner Bauordnung 1992 das Verbot der Anordnung von Fenstern unmittelbar an der Grundstücksgrenze nicht grundsätzlich normiert ist, ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im Ergebnis in keinen Rechten verletzt worden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050133.X00

Im RIS seit

28.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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