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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1090;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der J GmbH in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 19. November 1991, Zl 12/74/2-BK/P-1991, betreffend Körperschaftsteuer und Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH schloß im Jahre 1987 mit einer Stadtgemeinde einen Baurechtsvertrag für einen Zeitraum von 80 Jahren ab.
Für die Bilanz zum 31. März 1988 ermittelte die Beschwerdeführerin die Anschaffungskosten des Baurechts mit S 16,813.932,-- (Grunderwerbsteuer S 209.397,-- zuzüglich abgezinster Verbindlichkeit an die Stadtgemeinde aus dem Baurechtsvertrag S 16,604.535,--). Hierauf wurden stille Rücklagen aus einem Verkauf einer Liegenschaft übertragen (S 624.048,--) und die verbleibenden S 16,189.884,-- unter dem Titel Baurecht als Aktivposten der Bilanz ausgewiesen. Die kapitalisierte, auf die gesamte Vertragsdauer entfallende Bauzinsverpflichtung (S 16,604.535,--) wurde passiviert. Eine Abschreibung des Baurechtes wurde im Wirtschaftsjahr 1987/88 nicht vorgenommen, jedoch wurde ein Investitionsfreibetrag im Ausmaß von 20 % der in der Bilanz aufscheinenden Anschaffungskosten geltend gemacht.
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 26. Februar 1975, 936/74, die Ansicht, daß die von der Beschwerdeführerin durchgeführte bilanzmäßige Behandlung des Baurechtes unzulässig sei. Die in der Bilanz zum 31. März 1988 aufscheinenden Anschaffungskosten seien daher mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer zu stornieren. Letztere sei gegen die stillen Rücklagen zu verrechnen. Der gebildete Investitionsfreibetrag in Höhe von S 3,275.292,-- sei aufzulösen. In der Folge erging für 1988 ein entsprechender Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheid.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diese Bescheide eingebrachte Berufung ab. Dies im wesentlichen unter Hinweis auf das bereits vom Prüfer zitierte hg Erkenntnis.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem "Recht auf Aktivierung von Anschaffungskosten und in weiterer Folge auf die Geltendmachung eines Investitionsfreibetrages" verletzt und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit der Frage der aktivierungsfähigen Anschaffungskosten eines Baurechtes hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits vom Prüfer zitierten Erkenntnis vom 26. Februar 1975, 936/74, Slg 4803/F, auseinandergesetzt und ist dabei zu folgender Auffassung gelangt: Auch wenn es zutrifft, daß es sich beim Baurecht um ein Wirtschaftsgut handelt, ist damit noch nicht gesagt, daß jedes ein Wirtschaftsgut darstellende Recht auch aktivierungsfähig ist. Es ist nämlich der allgemeine Grundsatz zu beachten, daß sogenannte schwebende Geschäfte, insbesondere auch sogenannte schwebende Dauerverträge, nicht zu bilanzieren sind, solange von keiner der Vertragsparteien eine Vorleistung erbracht ist. Solche schwebenden Dauerverträge sind zB die Bestandverträge und die Arbeitsverträge. Beim Abschluß eines Bestandvertrages tritt eine bilanzmäßige Auswirkung des Vertrages beim Bestandnehmer nur ein, wenn er sogleich für die Erlangung seines Rechtes Aufwendungen (zB Ablösezahlungen) tätigt. Ansonsten hat es in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht sein Bewenden damit, daß die laufenden Bestandzinszahlungen jeweils Betriebsausgaben darstellen, die sonstigen Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis aber weder auf der Aktivnoch auf der Passivseite der Bilanz Berücksichtigung finden. Trotz der zivilrechtlich entscheidenden Unterschiede zwischen Bestandvertrag und Baurechtsvertrag kann die Zahlung des Bauzinses bei der für die bilanzsteuerrechtliche Beurteilung maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtung nicht anders behandelt werden als die Zahlung eines laufenden Bestandzinses.
Der Gerichtshof sieht sich aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde schon deshalb nicht veranlaßt, von dieser Ansicht abzugehen, weil die Beschwerdeführerin diesen angeführten, entscheidenden allgemeinen Bilanzierungsgrundsatz selbst nicht in Frage stellt. Danach steht aber jedenfalls fest, daß der kapitalisierte Wert der Verpflichtung zur Bezahlung des Bauzinses - ebenso wie etwa der kapitalisierte Wert der Verpflichtung zur Bezahlung der Miete aus einem Bestandvertrag - nicht als Anschaffungskosten zu aktivieren ist. Dies unabhängig von der Frage, ob das Wirtschaftsgut "Baurecht" grundsätzlich als aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut zu beurteilen ist und wie dieses Wirtschaftsgut nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes zu bewerten ist. In diesem Zusammenhang verkennt die Beschwerdeführerin allerdings, daß weder der Gerichtshof in seinem zitierten Erkenntnis noch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in Abrede gestellt hat, daß das Wirtschaftsgut "Baurecht" (ebenso wie auch das Wirtschaftsgut "Mietrecht") ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut darstellen kann. Die belangte Behörde ist ganz im Gegenteil von einem aktivierungsfähigen Wirtschaftsgut ausgegangen, wenn sie die geltend gemachte Übertragung stiller Rücklagen auf die Anschaffungskosten des Baurechtes, nämlich die im Beschwerdefall entrichtete Grunderwerbsteuer, anerkannt hat. Mangels geltend gemachter sonstiger sogleich für die Erlangung des Rechtes getätigter Aufwendungen
(zB Ablösezahlung) ist die belangte Behörde aber zu Recht davon ausgegangen, daß keine weiteren aktivierbaren Anschaffungskosten vorliegen. Somit kann auch von einer "Umdeutung eines zivilrechtlichen Anschaffungsvorganges in ein einem Bestandvertrag ähnliches Dauerschuldverhältnis" bzw "in einen Bestandvertrag" keine Rede sein. Strittig war letztlich nur die Frage, ob die Anschaffungskosten aus dem betreffenden Anschaffungsvorgang nur in Höhe der entrichteten Grunderwerbsteuer oder auch in der von der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Verpflichtungen zur Entrichtung des Bauzinses errechneten Höhe zu beziffern sind. Diese Frage hat die belangte Behörde aber in Einklang mit der Rechtslage beantwortet.
Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid somit in den vom Beschwerdepunkt umfaßten Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der beantragten Verhandlung aus dem Grund des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992140008.X00Im RIS seit
07.06.2001