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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der V in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der OÖ LReg vom 29. Juli 1994, Zl. BauR - 010287/5 - 1994 See/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mP: 1.) Dr. CW, 2.) Dr. HW, beide in L,
3.) Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bgm), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der drittmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 27. April 1992 wurde das der erst- und zweitmitbeteiligten Partei je zur Hälfte gehörige, 188 m2 große Grundstück Nr. 676, inneliegend der Liegenschaft EZ. 851, KG X (Linz, L-Straße 5), zum Bauplatz erklärt. Dieses Grundstück befindet sich laut dem geltenden Flächenwidmungsplan Linz Teil X Nr. 2 im "Kerngebiet". Der bestehende rechtswirksame Regulierungsplan sieht im gegenständlichen Bereich die geschlossene Bauweise vor und weist keine innere Baufluchtlinie aus.
Das der Beschwerdeführerin zur Hälfte gehörige Grundstück Nr. 258/4, inneliegend der Liegenschaft EZ. 496, KG X, grenzt gegen die innere Bauplatzgrenze des vorgenannten Grundstückes der erst- und zweitmitbeteiligten Partei.
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 21. September 1989 wurde der erst- und zweitmitbeteiligten Partei rechtskräftig die Neugestaltung der Wohnungen samt Einbau von Bädern, die Errichtung eines Liftes sowie die Fassadenrückführung beim Gebäude L-Straße 5 auf ihrem vorerwähnten Grundstück erteilt. Der genehmigte Bauplan weist jeweils im ersten und zweiten Obergeschoß an der Hofseite zwei Balkone als Bestand aus.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 4. November 1992 wurde für dasselbe Bauobjekt eine weitere Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes erteilt. Einer dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 17. Mai 1993 keine Folge gegeben.
Mit Bauansuchen vom 16. Juli 1993 beantragten die erst- und zweitmitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für die Abweichung vom genehmigten Bauvorhaben. U.a. wurde um die Bewilligung der Errichtung zweier Balkone an der Hofseite des Gebäudes im Bereich des Dachgeschoßes sowie die Abstützung der jeweils übereinander liegenden Balkone mit je einer vom obersten Balkon bis zum Geländeniveau durchgehenden Stahlbetonsäule beantragt. Die mit Bescheid vom 15. Juni 1992 genehmigten Dachterrassen sollen nunmehr den Wohnungsverbänden angeschlossen werden; zu diesem Zweck ist im Bereich der Kniestöcke eine Übermauerung vorgesehen. Das Stiegenhaus wird um ca. 1,70 m erhöht.
In der mündlichen Bauverhandlung vom 21. Oktober 1993 erhob die Beschwerdeführerin folgende Einwendungen:
"Gegen die nunmehr vorliegende Planänderung wird hinsichtlich der vorgebauten Balkone im ausgebauten Dachgeschoß sowie die durch alle Balkone durchgehenden Stahlbetonsäulen die Einwendung dahingehend erhoben, daß es sich um einen inneren Bauwich handelt, da der Dachgeschoßausbau über eine Höhe von 9 m über Erdgeschoßfußboden liegt und damit gemäß § 33 Abs. 1 lit. b der OÖ Bauordnung 2 m Abstand zur Nachbargrenze sowohl durch die zwei obersten Balkone als auch durch die durchgehenden Stahlbetonsäulen (Neubauten) nicht eingehalten wird."
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 24. November 1993 wurde die baubehördliche Bewilligung für die Abweichung von den mit Bescheiden vom 21. September 1989 und 15. Juni 1992 bewilligten Bauvorhaben unter Auflagen erteilt und es wurden die Einwendungen der Beschwerdeführerin gemäß § 50 Abs. 3 der OÖ Bauordnung abgewiesen.
Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Februar 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der OÖ Landesregierung vom 29. Juli 1994 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt wird. Die Einhaltung der gemäß §§ 32 OÖ Bauordnung festgelegten Abstandsbestimmungen sei bezüglich des gegenständlichen Bauvorhabens deswegen nicht notwendig, weil es eine offenkundige Tatsache sei, daß das gegenständliche Bauvorhaben in einem geschlossen bebauten Gebiet ausgeführt werde. Dies bedürfe - unabhängig davon, daß die Beschwerdeführerin diese Tatsache nicht bestritten habe - schon deshalb keines weiteren Beweises, da das Bauobjekt inmitten von geschlossenen Häuserzeilen des Stadtgebietes von X liege. Die Abstandsbestimmungen des § 32 Abs. 2 OÖ Bauordnung gelten nur für den Bereich außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes. Eine Abstandsbestimmung finde sich im rechtswirksamen Bebauungsplan für das gegenständliche Grundstück nicht. Die Bestimmung des § 33 OÖ Bauordnung betreffend Vorbauten sei ebenfalls nur im Zusammenhang mit dem Bestand von Baufluchtlinien eines Bebauungsplanes sowie den gemäß § 32 Abs. 2 leg. cit. von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen anzuwenden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Nichtbewilligung des beantragten Bauprojektes verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die drittmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 32 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 59/1993 (BO) müssen Neubauten und solche Zubauten, die eine Vergrößerung des Gebäudes der Länge oder Breite nach bezwecken, außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes gegen die seitlichen Grenzen des Bauplatzes (§ 2) und gegen die innere Bauplatzgrenze,
a)
wenn es sich um Hochhäuser handelt, einen Mindestabstand von der Hälfte der Gesamthöhe des Gebäudes,
b)
wenn es sich nicht um Hochhäuser handelt, einen Mindestabstand von einem Drittel der Gesamthöhe des Gebäudes, jedenfalls aber einen Mindestabstand von 3 m erhalten.
Gemäß § 41 Abs. 2 lit. b leg. cit. ist unter einem Gebäude ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter, und zufolge lit. d dieser Gesetzesstelle unter einem Zubau die Vergrößerung eines Gebäudes der Höhe, Länge oder Breite nach zu verstehen.
Gemäß § 33 Abs. 1 lit. b leg. cit. darf über die Baufluchtlinie eines Bebauungsplanes nach Maßgabe der Bestimmungen des § 23 (Allgemeine Erfordernisse) mit Balkonen, Terrassen, Freitreppen, Vordächern, Schutzdächern und Werbeeinrichtungen bis zu zwei Meter vorgebaut werden.
Bei den nach § 33 lit. b und c zulässigen Vorbauten darf jedoch ein Mindestabstand von zwei Meter gegen alle seitlichen Grenzen des Bauplatzes und gegen die innere Bauplatzgrenze nicht unterschritten werden.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen gelten die Bestimmungen des Abs. 1 sinngemäß auch für Vorbauten auf den gemäß § 32 Abs. 2 leg. cit. von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen.
Die Beschwerdeführerin bestätigt die von den Baubehörden getroffene Feststellung, daß im bestehenden Regulierungsplan keine innere Baufluchtlinie für das hier zu beurteilende Grundstück der erst- und zweitmitbeteiligten Partei festgelegt worden ist. Sie bemängelt jedoch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach sie die Tatsache, daß das gegenständliche Bauvorhaben in einem geschlossen bebauten Gebiet ausgeführt werde, bisher nicht bestritten hätte, vielmehr habe sie ständig darauf verwiesen, daß ein geschlossen bebautes Gebiet im Sinne des § 32 Abs. 2 BO nicht vorliege.
Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aus folgenden Gründen nicht aufzuzeigen:
In der Begründung des Berufungsbescheides wird unter Hinweis auf § 32 Abs. 2 BO festgestellt, daß "es sich im fraglichen Bereich um ein geschlossen bebautes Gebiet handelt". In der Vorstellung wird diese Feststellung von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft. Im nunmehr angefochtenen Bescheid wird die von der Beschwerdeführerin bislang unbekämpft gebliebene Feststellung mit dem Hinweis auf den im Akt erliegenden Lageplan und der Begründung übernommen, daß das hier gegenständliche Bauobjekt L-Straße 5 inmitten von geschlossenen Häuserzeilen des Stadtgebietes von X liegt. Diese Ausführungen werden von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde begründet nicht bekämpft.
Ausgehend von diesen im Hinblick auf den vorliegenden Akteninhalt nicht als unschlüssig zu erkennenden Feststellungen vermag daher der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erblicken, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß das hier zu beurteilende Bauvorhaben der erst- und zweitmitbeteiligten Partei in einem geschlossen bebauten Gebiet im Sinne des § 32 Abs. 2 BO liegt. Unter einem "geschlossen bebauten Gebiet" im Sinne der vorzitierten Gesetzesstelle ist nämlich ein Gebiet zu verstehen, "in welchem die Häuser relativ eng - wenn auch mit Zwischenräumen - beieinanderstehen, insbesondere Ortskerne, in denen sich die Gebäude überwiegend in der Nähe der Besitzgrundgrenzen befinden" (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/05/0145, BauSlg. Nr. 1028).
Abgesehen davon, daß die Abstandsvorschriften des § 32 Abs. 2 BO nicht für Umbauten und Zubauten der Höhe nach (Aufbauten) gelten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1984, Zl. 84/05/0140), ist nur außerhalb eines geschlossen bebautes Gebietes nach § 32 Abs. 2 BO ein Abstand vom Nachbarbauplatz einzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/05/0145). Abstandsbestimmungen außerhalb des Geltungsbereiches des § 32 Abs. 2 BO kennt das Gesetz nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 1986, Zl. 85/05/0106, BauSlg. Nr. 658).
§ 33 Abs. 1 letzter Satz BO bezieht sich auf Vorbauten im Sinne der lit. b und c dieser Gesetzesstelle, sofern eine Baufluchtlinie eines Bebauungsplanes festgesetzt ist. Eine solche Baufluchtlinie besteht für das hier zu beurteilende Grundstück jedoch nicht. § 33 Abs. 2 leg. cit. dehnt den Anwendungsbereich des - im gegenständlichen Fall, wie vorstehend ausgeführt, nicht anzuwendenden - Abs. 1 für Vorbauten auf die gemäß § 32 Abs. 2 BO von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen aus. Im vorliegenden Fall sind jedoch, da § 32 Abs. 2 leg. cit. nicht zur Anwendung kommt, auf dem Grundstück der erst- und zweitmitbeteiligten Partei Grundflächen von der Bebauung gegen die innere Bauplatzgrenze nicht freizuhalten.
Aus all diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid frei von Rechtsirrtum.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994050269.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009