TE Vfgh Beschluss 1993/6/21 G211/92

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Veröffentlicht am 21.06.1993
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7400 Fremdenverkehr

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Bgld TourismusG 1992 §27 Abs6 und Abs7
Bgld TourismusG 1992 §31

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Bgld TourismusG 1992 betreffend Tourismusförderungsbeiträge mangels Legitimation; Zumutbarkeit der Beschreitung des Verwaltungsrechtswegs

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit ihrem mit 30. Oktober 1992 datierten und am 3. November 1992 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Antrag begehrt die antragstellende Ges.m.b.H. unter Berufung auf Art140 Abs1, letzter Satz, B-VG, das Gesetz vom 30. Jänner 1992 über die Organisation und Förderung des Tourismus im Burgenland (Burgenländisches Tourismusgesetz 1992), LGBl. für das Burgenland 36/1992, (im folgenden: Bgld. TourismusG 1992) zur Gänze, in eventu §27 Abs6 und 7, in eventu die Wortfolge "Bemessungsgrundlage ist der Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes" in §27 Abs2, in eventu Beitragsgruppe C im Anhang des angefochtenen Gesetzes als verfassungswidrig aufzuheben.

Zur Antragslegitimation bringt die Antragstellerin vor, beitragspflichtige Unternehmerin iS des §27 iVm. §3 Abs5 des Bgld. TourismusG 1992 zu sein. Das angefochtene Gesetz werde ohne Fällung einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung für sie unmittelbar wirksam, da sie gemäß §27 Abs6 des angefochtenen Gesetzes ohne vorhergehendes Urteil oder einen vorhergehenden Bescheid zur Übermittlung steuerlicher Unterlagen an den Landesverband "Burgenland Tourismus" verpflichtet sei; diese Verpflichtung widerspreche dem Art1 DatenschutzG. Ein anderer Weg der Rechtsverfolgung stehe ihr nicht zur Verfügung, da sie nicht die erforderlichen Unterlagen an den Landesverband übermittelt habe und mit Schreiben vom 12. Oktober 1992 aufgefordert worden sei, den im Jahre 1990 erzielten Nettoumsatz iS des UStG unter Vorlage einer Kopie des Umsatzsteuerbescheides 1990 bis spätestens 30. Oktober 1992 bekanntzugeben. Bei Zuwiderhandeln gemäß §31 litb Bgld. TourismusG 1992 habe sie mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu rechnen.

Ihre Bedenken legt die Antragstellerin im einzelnen dar.

2. §27 des Bgld. TourismusG 1992 lautet:

"§27

Tourismusförderungsbeitrag

(1) In allen Gemeinden der Ortsklassen I bis III, in Gemeinden der Ortsklasse IV nur dann, wenn ein örtlicher Tourismusverband besteht, wird für Zwecke der Tourismusförderung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen vom Landesverband 'Burgenland Tourismus' eine Abgabe in Form eines Beitrages (Tourismusförderungsbeitrag) eingehoben. Beitragspflichtig sind die Unternehmer (§3 Abs5) einer Gemeinde. Besteht in einer Gemeinde kein örtlicher Tourismusverband, so sind nur die in der Beitragsgruppe A angeführten Betriebe beitragspflichtig. Besteuerungsgegenstand ist der Nutzen, welcher unmittelbar oder mittelbar auf den Tourismus zurückzuführen ist.

(2) Die Beitragsleistung beträgt für die im Anhang dieses Gesetzes vorgesehenen Beitragsgruppen (ausgenommen Privatzimmervermietung nach Abs5) im einzelnen, wobei §26 Abs4 anzuwenden ist:

A 1,5 Promille

B 1 Promille, jedoch höchstens S 5.000,--

C 0,5 Promille, jedoch höchstens S 2.000,--

Bemessungsgrundlage ist der Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. In der Ortsklasse I hat der Beitragspflichtige 100 %, in der Ortsklasse II 75 %, in der Ortsklasse III 50 % und in der Ortsklasse IV 25 % des jeweiligen Promillesatzes zu entrichten, wobei für die Ortsklassen II, III und IV die jeweiligen Prozentsätze auch für die im ersten Satz angeführten Höchstbeiträge gelten. Ergibt sich nach dieser Berechnung eine Beitragsleistung von weniger als S 100,--, so ist von einer Vorschreibung abzusehen.

(3) ...

(4) ...

(5) ...

(6) Jeder Unternehmer einschließlich der in Abs4 angeführten Gesellschaften hat bis 31. März eines jeden Jahres dem Landesverband 'Burgenland Tourismus' die Höhe des für die Beitragsbemessung maßgebenden Umsatzes im zweitvorangegangenen Jahr bekanntzugeben. Der Landesverband 'Burgenland Tourismus' hat unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen über den Umsatz dem Beitragspflichtigen die Höhe des Tourismusförderungsbeitrages mit Bescheid vorzuschreiben.

(7) Der Landesverband 'Burgenland Tourismus' kann zu diesem Zwecke von den Beitragspflichtigen die Vorlage der erforderlichen Unterlagen verlangen. Kommt ein Beitragspflichtiger aus eigenem Verschulden den vorstehenden Verpflichtungen innerhalb von drei Wochen nicht nach oder verweigert er die Vorlage der Unterlagen, so ist die Höhe des Tourismusförderungsbeitrages durch Schätzung festzustellen.

(8) Die Vorschreibung, Einhebung und Einbringung der Tourismusförderungsbeiträge obliegt dem Landesverband 'Burgenland Tourismus' nach den Bestimmungen der Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 in der jeweils geltenden Fassung.

(9) Gegen Bescheide (Abs6 und 7) ist die Berufung an die Landesregierung zulässig.

(10) ..."

3. Der Antrag ist nicht zulässig.

3.1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Personen unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).

3.2. Diese Voraussetzungen sind hier insgesamt nicht erfüllt.

3.2.1. Gemäß §27 Abs6 des Bgld. TourismusG 1992 hat jeder Unternehmer bis zum 31. März eines jeden Jahres dem Landesverband "Burgenland Tourismus" die Höhe des für die Beitragsbemessung maßgebenden Umsatzes im zweitvorangegangenen Jahr bekanntzugeben. Gemäß der Übergangsbestimmung des §33 Abs3 Bgld. TourismusG 1992 wurde die in §27 Abs6 vorgesehene Frist für das Jahr 1992 bis zum 30. September 1992 verlängert. Wie die Antragstellerin in ihrem Antrag ausführt, habe sie nicht "gemäß §27 Abs6 Unterlagen an den Landesverband 'Burgenland Tourismus' übermittelt und wurde nun mit Schreiben vom 12.10.1992 (kein Bescheid) aufgefordert, dem Landesverband den 1990 erzielten Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes unter Vorlage einer Kopie des Umsatzsteuerbescheides 1990 bis spätestens 30.10.1992 bekanntzugeben."

3.2.2. Wie die Antragstellerin selbst dartut, kann nun jederzeit gemäß §27 Abs7 Bgld. TourismusG 1992 die Höhe des Tourismusförderungsbeitrages durch Schätzung festgestellt werden. In dem dann allenfalls darüber abzuführenden Abgabenverfahren könnte die Antragstellerin die Verfassungswidrigkeit aller sie berührenden Bestimmungen behaupten und letztlich an den Verfassungsgerichtshof herantragen, weil diese Bestimmungen präjudiziell wären. Der Verfassungsgerichtshof hätte sich dann mit der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen unter den von der Antragstellerin ins Treffen geführten Bedenken auseinanderzusetzen. Das Beschreiten eines solchen Weges ist der Antragstellerin unter den gegebenen Umständen auch unter dem Aspekt ihres Anliegens zumutbar: Als juristische Person ist sie nämlich nicht dem Risiko einer verwaltungsrechtlichen Bestrafung gemäß §31 Bgld. TourismusG 1992 ausgesetzt (vgl. VfSlg. 12227/1989); im übrigen haben sich nach ihren eigenen Angaben die zur Vertretung der Antragstellerin nach außen befugten Personen (§9 VStG) bereits einem solchen ausgesetzt (vgl. VfSlg. 12682/1991).

Der Antrag, das Bgld. TourismusG 1992 zur Gänze, in eventu §27 Abs6 und 7, bzw. eine Wortfolge in dessen Abs2, bzw. die Beitragsgruppe C im Anhang des Bgld. TourismusG 1992 aufzuheben, erweist sich somit als unzulässig.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Fremdenverkehr, Abgaben Fremdenverkehr, Person juristische, Verwaltungsstrafrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:G211.1992

Dokumentnummer

JFT_10069379_92G00211_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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