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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §3 Z21;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des M in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 26. Juni 1991, 610/4-5/Ae-1991, betreffend Zuerkennung der Schulfahrtbeihilfe für das Schuljahr 1988/89, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Bediensteter der ÖBB, beantragte die Zuerkennung der Schulfahrtbeihilfe für Fahrten, die sein im Schulinternat untergebrachter Sohn in den Monaten Mai und Juni des Schuljahres 1988/89 an den Wochenenden zwischen Wohnort und Schulort unternahm. Die belangte Behörde gewährte ihm die Schulfahrtbeihilfe lediglich für die Fahrtstrecke von Attnang-Puchheim zum Wohnort. Darüber hinaus versagte sie dem Beschwerdeführer die Beihilfe.
Strittig ist, ob der Beschwerdeführer einen Anspruch auf die Schulfahrtbeihilfe für die gesamte Fahrtstrecke zwischen Wohnort und Schulort seines Sohnes hat.
Die belangte Behörde vertritt unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 16. April 1991, 90/14/0070, im wesentlichen die Ansicht, ein Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe bestehe nicht, wenn der Schüler die Möglichkeit zur kostenlosen Beförderung durch ein Verkehrsmittel habe und ihm dessen Benutzung zumutbar sei. Die Zitierung des die Schülerfreifahrt betreffenden § 30f in § 30b Abs 1 FLAG, welcher den einzigen Ausschlußgrund des Gesetzes für den Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe nenne, bedeute nicht, daß einzig eine Schülerfreifahrt diesen Anspruch ausschließe. Auch andere Möglichkeiten der kostenlosen Beförderung des Schülers würden zum Ausschluß dieses Anspruches führen, weil es sich bei der genannten Zitierung lediglich um die Hervorhebung eines sich aus einer anderen Bestimmung desselben Gesetzes ergebenden Falles handle. Der Beschwerdeführer habe trotz Entrichtung einer monatlichen Pauschalgebühr von 17 S (für die 2. Klasse) bzw 34 S (für die 1. Klasse) an die ÖBB für Regie- und Freifahrten keinen Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe, weil die Pauschalgebühr keinen tatsächlichen, mit der Schülerbeförderung zusammenhängenden Kostenfaktor darstelle. Es handle sich vielmehr um eine Art von Manipulationsgebühr. Auch wenn der Beschwerdeführer diese Gebühr monatlich zu zahlen habe und sie ihn finanziell geringfügig belaste, entstünden ihm dennoch keine zusätzlichen Kosten für die Fahrten seiner Familienangehörigen. Die Benutzung der Bahn sei für den Sohn des Beschwerdeführers zumutbar. Ermittlungen hätten einen regelmäßigen Zugverkehr zwischen Attnang-Puchheim und dem Schulort von zwölf Zugverbindungen täglich ergeben. Aufwendungen des Beschwerdeführers für Fahrten zur Beförderung seines Sohnes für die Gesamtstrecke zwischen Wohn- und Schulort könnten nicht berücksichtigt werden, weil sowohl nach dem aus § 1 FLAG ersichtlichen allgemeinen Zweck des Gesetzes als auch nach dem besonderen Zweck des § 30b FLAG eine staatliche Leistung für einen vermeidbaren Aufwand - als der sich Benzinkosten für Fahrten mit einem PKW bei Vorliegen einer Bahnfreifahrt darstellten - nicht möglich sei.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid mit Beschluß vom 25. November 1991, B 924/91, ab und trat sie nach Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und bringt vor, er habe Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe für seinen Sohn, weil dieser keine Schülerfreifahrt genieße. Die Beförderung seines Sohnes durch die Bahn sei weiters nicht unentgeltlich, weil er als Bediensteter der ÖBB für die Gewährung der Regie- und Freifahrten gegenüber den ÖBB als seinem Arbeitgeber Arbeitsleistungen erbringen müsse. Aus diesem Grund seien diese Fahrten als Naturallohn anzusehen, welchen er neben dem Geldlohn erhalte. Gegen die Unentgeltlichkeit der Beförderung seines Sohnes durch die Bahn spreche auch die Einhebung der monatlichen Pauschalgebühr von 17 S bzw 34 S, die im übrigen von jedem Bediensteten der ÖBB sowohl für seine dienstlichen als auch für seine privaten Fahrten erhoben werde. Schließlich habe die belangte Behörde die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung der Bahn durch seinen Sohn unzutreffend beurteilt. Er habe seinen Sohn bereits am Freitag Abend mit dem PKW vom Schulort abholen müssen, weil er aus beruflichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, ihn am Samstag von Attnang-Puchheim, von wo es an diesem Tag keinen Anschlußzug zum Wohnort gebe, abzuholen. Er habe seinen Sohn wegen der schlechten und unzumutbaren Zugverbindungen jeweils am Sonntag mit dem PKW zum Schulort geführt, weil dieser ansonsten seine Freizeit am Wochenende fast ausschließlich auf Bahnhöfen hätte verbringen müssen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 FLAG werden die nach diesem Gesetz vorgesehenen Leistungen zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie gewährt. Zu diesen Leistungen zählen auch Schulfahrtbeihilfe und Schülerfreifahrt (vgl Abschn Ia leg cit).
Gemäß § 30b Abs 1 FLAG besteht für den Teil des Schulweges, der von einem Verkehrsmittel befahren wird, das der Schüler unentgeltlich benutzen kann (§ 30f), kein Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe, wenn dem Schüler die Benutzung dieses Verkehrsmittels zumutbar ist.
§ 30f FLAG betrifft die Schülerfreifahrt auf Grund von zwischen dem Bund und Verkehrsunternehmen abgeschlossenen Verträgen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im - von der belangten Behörde bereits zitierten - Erkenntnis vom 16. April 1991, 90/14/0070, ausgeführt hat, besteht ein Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe auch dann nicht, wenn der Schüler aus anderen Gründen als aus dem des § 30f FLAG Freifahrt auf einem Verkehrsmittel, das zwischen Wohnort und Schulort verkehrt und dessen Benutzung zumutbar ist, genießt. Im eben zitierten Fall war strittig, ob für Fahrten der Tochter eines Bediensteten der ÖBB, die für die Fahrtstrecke zwischen Wohnort und Studienort - wie die Kinder iSd § 106 EStG 1988 von Bediensteten der ÖBB - Freifahrten genoß, Schulfahrtbeihilfe zustand und ob die Benutzung der Bahn zumutbar war. Der dem eben zitierten Fall zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem des zu lösenden Beschwerdefalles bis auf die Tatsache, daß seit 1. Jänner 1989 generell bei allen Bediensteten der ÖBB die Einhebung einer monatlichen Pauschalgebühr von 17 S bzw 34 S für Regie- und Freifahrten für sie und ihre Angehörigen erfolgt, ident. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird daher gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses verwiesen.
Zu prüfen bleibt, ob dem Beschwerdeführer aus der Beförderung seines Sohnes durch die Bahn zwischen Attnang-Puchheim und Schulort trotz der zu entrichtenden monatlichen Pauschalgebühr von 17 S bzw 34 S tatsächliche Belastungen im Sinn des Familienlastenausgleichsgesetzes entstanden sind und ob seinem Sohn die Benutzung der Bahn auf dieser Strecke zumutbar gewesen ist.
Mit den Ausführungen, die ihm und seinen Familienangehörigen von den ÖBB gewährten Freifahrten seien als - gemäß § 3 Z 21 EStG 1988 steuerfreier - Naturallohn (Sachbezug) und somit als Lohnbestandteil für die Erbringung von Arbeitsleistungen anzusehen, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Denn für die Lösung der Frage, ob dem Beschwerdeführer als Bedienstetem der ÖBB tatsächliche Belastungen für die Benutzung der Bahn durch seinen Sohn erwachsen sind, kommt es nicht darauf an, daß diese Belastungen mit einem steuerfreien Sachbezug kompensiert werden. Entscheidend ist, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen des Beschwerdeführers, sei es aus dem Sachbezug, sei es aus der zu entrichtenden monatlichen Pauschalgebühr, für die Fahrten seines Sohnes auf der in Rede stehenden Strecke besteht. Da dem Beschwerdeführer die jeweilige monatliche Pauschalgebühr für sich und seine Familienangehörigen ungeachtet des Umstandes, ob diese tatsächlich mit der Bahn fahren, von seinem Lohn abgezogen wird, ist der Grund für diesen Aufwand vielmehr durch den Beruf des Beschwerdeführers als Bediensteter der ÖBB bedingt. Die Einhebung der Pauschalgebühr erfolgt seit 1. Jänner 1989 generell bei allen Bediensteten der ÖBB, weswegen der Beschwerdeführer diesen Aufwand ungeachtet der von seinem Sohn zurückgelegten Fahrtstrecke auf dem Liniennetz der ÖBB zu tragen hat. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Belastung des Beschwerdeführers durch die Pauschalgebühr und den in Rede stehenden Bahnfahrten seines Sohnes besteht somit nicht.
Der Beschwerdeführer verkennt mit den Ausführungen, es stehe ihm auf jeden Fall eine Schulfahrtbeihilfe zu, weil sein Sohn trotz der Entfernung zwischen Attnang-Puchheim und Schulort keine Schülerfreifahrt genieße, das Wesen einer Pauschalierung. Für die Gewährung der Pauschbeträge bei der Schulfahrtbeihilfe ist - wie bereits ausgeführt - das Vorliegen eines Aufwandes, der zu einer tatsächlichen Belastung des Anspruchsberechtigten führt, Voraussetzung. Ein Aufwand für Schulfahrten eines Kindes muß somit bestehen und ist auf Verlangen nachzuweisen. Unerheblich ist lediglich die konkrete Höhe des Aufwandes, die nicht mittels Kostennachweises belegt zu werden braucht.
Auch mit seinem Vorbringen hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benutzung der Bahn durch seinen Sohn zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Er behauptet, am Samstag gebe es keine Zugverbindung zwischen Attnang-Puchheim und Wohnort. Da die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für diesen Teil des Schulweges Schulfahrtbeihilfe gewährt hat, hätte sein Sohn die Strecke mit einem anderen Verkehrsmittel, zB Taxi, zurücklegen können. Dies hätte zwar höhere Beförderungskosten verursacht als mittels Pauschbetrages im Rahmen der Schulfahrtbeihilfe gewährt wird, doch liegt es im Wesen einer Pauschalierung, daß diese dem Anspruchsberechtigten in manchen Fällen zum Vorteil, in anderen Fällen - so auch im Beschwerdefall - wegen höherer Kosten zum Nachteil gereicht. Um diese höheren Kosten zu vermeiden, hat der Beschwerdeführer seinen Sohn bereits am Freitag Abend vom Schulort abgeholt, weil er am Samstag aus beruflichen Gründen daran gehindert war. Dies führt jedoch nicht dazu, daß ihm ein Anspruch auf Schulfahrtbeihilfe für die gesamte Strecke zwischen Schulort und Wohnort zukommt. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum sein Sohn die Fahrt zum Wohnort mit der Bahn nicht bereits am Freitag Abend antreten hätte können. Der Beschwerdeführer hat weder Gründe für die Unmöglichkeit (zB keine Zugverbindung) noch für die Unzumutbarkeit dargetan.
Im Zusammenhang mit der Behauptung, die sonntägliche Fahrt zum Schulort mit der Bahn sei seinem Sohn unzumutbar gewesen, hat es der Beschwerdeführer ebenfalls unterlassen, entsprechende Gründe darzutun. Die bloße Behauptung des Vorliegens schlechter und unzumutbarer Zugverbindungen reicht nicht aus, die Unzumutbarkeit der Bahnfahrt nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, zumal die belangte Behörde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens festgestellt hat, es gebe auf der Fahrtstrecke zwischen Attnang-Puchheim und Schulort einen regelmäßigen Zugverkehr mit zwölf Zugverbindungen täglich. Somit zeigt der Beschwerdeführer auch mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Der Beschwerdeführer behauptet, bei der Beurteilung des Sachverhaltes sei die Tatsache der Gewährung der Schulfahrtbeihilfe für die vorangehenden beiden Schuljahre für dieselbe Fahrtstrecke unberücksichtigt geblieben. Der belangten Behörde ist es jedoch unbenommen, dem Beschwerdeführer eine in den Vorjahren gewährte Leistung zu verweigern, wenn sie zu dem Schluß kommt, ein Anspruch bestehe nicht oder nicht mehr; dies unabhängig davon, ob die Leistung in der Vergangenheit zu Recht gewährt worden ist.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992140004.X00Im RIS seit
01.06.2001