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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. des Albert R, 2. der Anna R, 3. des AE, 4. der JE, 5. der Hedwig P und 6. des H, sämtliche in A, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Juni 1994,
BauR - 020245/4 - 1994 Gr/Lan, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mP: Bund, vertreten durch die Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg, diese vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17 - 19), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 10. September 1991 beantragte die mitbeteiligte Partei bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines 27 m hohen Antennenrohrmastes auf ihrem Grundstück Nr. 579/21 KG A. Mit Schreiben vom 5. April 1993 modifizierte die mitbeteiligte Partei ihren Antrag dahingehend, daß sie um die "Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung des von der Höhe her um 6 m reduzierten, nunmehr insgesamt 21 m Antennenrohrmastes" ersuchte.
Mit Bescheid vom 26. Jänner 1994 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck unter Vorschreibung von Auflagen die beantragte Baubewilligung "nach Maßgabe des vorgelegten und als solches gekennzeichneten Projektes" gemäß § 41 Abs. 1 lit. b, § 49 Abs. 1, 2 und 4 i.V.m. § 65 Abs. 1 lit. a und § 66 Abs. 2 der Oberösterreichischen
Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35 i.d.g.F. (BO). Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teilweise zurück- und teilweise abgewiesen.
Der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Juni 1994, gestützt auf die §§ 41, 47, 49, 50, 65 Z. 1 lit. a und 66 Abs. 2 Oö. BO und § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben. Nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft sei eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit für die exponierten Anrainer auszuschließen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren durch die BO begründeten Nachbarrechten, insbesondere in ihrem Recht auf Versagung des gegenständlichen Bauprojektes verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 93/05/0103, ausgeführt hat, weist ein Antennenmast der hier zu beurteilenden Art Merkmale einer Fernmeldeanlage auf. Dies gilt auch bezüglich des mit 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen, im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides hier anzuwendenden Fernmeldegesetzes 1993, BGBl. Nr. 908, welches im § 2 Z. 2 die "Fernmeldeanlage" - ebenso wie § 1 des Fernmeldegesetzes BGBl. Nr. 1970/1949 - wie folgt definiert: "Alle technischen Anlagen zur Aussendung, zur Übertragung oder zum Empfang von Nachrichten, sei es auf dem Leitungs- oder Funkwege, auf optischem Wege oder mittels anderer elektromagnetischer Systeme". Für den Bereich der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 8200-6, hat der Verwaltungsgerichtshof in Anlehnung an die Vorjudikatur im vorzitierten Erkenntnis diesbezüglich ausgeführt, daß der Bewilligungspflicht der Fernmeldeanlage nach dem Fernmeldegesetz die Festsetzung einer zusätzlichen Bewilligungspflicht durch die Baubehörde betreffend die in deren Kompetenz fallenden Gesichtspunkte, die sich nicht mit einem in der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" enthaltenen Gesichtspunkt decken, nicht entgegensteht. Bei den Bestimmungen der §§ 92 Abs. 1 Z. 2 und 100 Abs. 2 Nö. BO handle es sich z. B. um unter dem Gesichtspunkt des Ortsbildschutzes und der Ortsbildgestaltung erlassene Regelungen auf dem Gebiet des Baurechts, zu deren Erlassung die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG gegeben sei.
Auch aus den Bestimmungen der hier anzuwendenden Oberösterreichischen Bauordnung i.d.F der Novelle LGBl. Nr. 103/1991 ergibt sich, daß über die bereits vom Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG (Post- und Fernmeldewesen) umfaßten Aspekte hinaus Gesichtspunkte auf dem Gebiet des Baurechtes geregelt wurden, zu deren Erlassung die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG gegeben ist.
Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat jedoch über das vorliegende Bauansuchen unzuständigerweise entschieden.
Gemäß § 65 Z. 1 lit. a Oö. BO sind nach diesem Gesetz von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich die der Baubehörde übertragenen Aufgaben zu besorgen, ausgenommen Akte der Vollziehung, die bundeseigene Gebäude betreffen, die öffentlichen Zwecken dienen, soweit es sich nicht um die Bestimmung der Baulinie oder des Niveaus handelt (Art. 15 Abs. 5 B-VG).
Gemäß § 66 Abs. 2 leg. cit. ist Baubehörde erster Instanz in allen übrigen Angelegenheiten die Bezirksverwaltungsbehörde.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 20. Juni 1995, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zur diesbezüglich vergleichbaren Regelung der Nö. BO eingehend dargelegt hat, hat § 65 Z. 1 lit. a Oö BO, ebenso wie Art. 15 Abs. 5 B-VG, die Errichtung eines "Gebäudes" zur Voraussetzung, worunter im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. b Oö. BO ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter zu verstehen ist. Der gegenständliche Antennenrohrmast kann diesem Begriff jedoch nicht unterstellt werden, vielmehr handelt es sich hiebei im Sinne der Definition des § 41 Abs. 2 lit. a Oö. BO um eine bauliche Anlage, zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind, ist doch aus dem vorliegenden Plan deutlich ersichtlich, daß ein offener Stahlgittermast errichtet werden soll, der keine Wände und kein Dach hat.
Die Bezirkshauptmannschaft war also für die Behandlung des an sie gerichteten Bauansuchens nicht zuständig, weshalb sie es gemäß § 6 AVG an den zuständigen Bürgermeister weiterzuleiten gehabt hätte. Der Landeshauptmann war als Berufungsbehörde allein dafür zuständig, diese sachliche Unzuständigkeit aufzugreifen, den bekämpften Bescheid zu beheben und das Ansuchen an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Die Nichtbeachtung der Zuständigkeitsnormen, die eine erste Instanz als unzuständig erscheinen lassen, durch die zweite Instanz, die über das Rechtsmittel jedenfalls zu entscheiden hatte, ist formell gesehen eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes; materiell gesehen handelt es sich um eine Zuständigkeitsfrage. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher vor dem Beschwerdevorbringen die Frage zu prüfen, ob die Zuständigkeit der einschreitenden erstinstanzlichen Behörde gegeben war (vgl. auch dazu das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wonach der pauschalierte Schriftsatzaufwand mit der darin enthaltenen Umsatzsteuer S 12.500,-- beträgt. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren war daher abzuweisen.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung KassationBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinWeiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994050216.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009