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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Marktgemeinde Grafenwörth, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. Juni 1994, Zlen. R/1-V-94122/00 und R/1-V-94122/01, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. K Gesellschaft m.b.H. in X, 2. A
Gesellschaft m.b.H. in S, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Y), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen von je S 6.790,--, insgesamt daher S 13.580,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die zweitmitbeteiligte Partei war Eigentümerin der Grundstücke Nr. n/1 und n/2 der Katastralgemeinde G, auf welchen Kies abgebaut wurde.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 1992 teilte die Berghauptmannschaft Wien der zweitmitbeteiligten Partei zu Geschäftszahl 12.278/5/92 folgendes mit:
"Verständigung
Mit dem Inkrafttreten der Berggesetznovelle 1990 i.d.F. des Bundesgesetzes Nr. 355 am 1. Jänner 1991 sind Quarz, Quarzit und Quarzsande, die sich als Einsatzstoff für die Herstellung von Zement eignen, in die Reihe der grundeigenen mineralischen Stoffe des § 5 des Berggesetzes 1975 i.d.F. der Berggesetznovelle 1990 aufgenommen worden.
Der Rohstoff Ihrer Lagerstätte wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten untersucht. Es handelt sich beim untersuchten Rohstoff um einen solchen, der der Rohstoffgruppe Quarz, Quarzit und Quarzsand zuzuordnen ist, somit um einen Rohstoff im Sinne des § 5 des Berggesetzes 1975 in der geltenden Fassung. Eine Kopie des Gutachtens über die Eignung Ihres Kiesvolumens liegt bei. Aufgrund dieser Eignung ist Ihr Betrieb der Aufsicht der Berghauptmannschaft Wien zu unterstellen.
Die bisher erteilten gewerberechtlichen Bewilligungen, soweit sie Aufbereitungsanlagen oder Gebäude betreffen, gelten weiter. Die Bewilligung zum Sand- und Schotterabbau wird durch die bergbehördliche Gewinnungsbewilligung kraft Berggesetz ohne Antrag und Verfahren rückwirkend zum 1. Jänner 1991 erteilt, wenn Sie der Berghauptmannschaft Wien bis zum 31. Dezember 1992 jene Grundstücke bekanntgeben, für welche Sie vor dem ersten Jänner 1991 entweder Eigentum oder Pachtrechte zum Abbau besaßen. Für Grundstücke, die Sie nach dem 1. Jänner 1991 erworben oder gepachtet haben, gilt diese Erleichterung nicht. Für diese müssen Sie einen schriftlichen Antrag um Erteilung einer Gewinnungsbewilligung gemäß § 94 des Berggesetzes bei der Berghauptmannschaft einbringen.
..."
Zu GZ 12.278/8/92 stellte die Berghauptmannschaft Wien am 5. April 1993 fest, daß die Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld "G" auf den Grundstücken Nr. n/1 und n/2 der Katastralgemeinde G, Marktgemeinde Grafenwörth, Gerichtsbezirk Kirchberg am Wagram, Verwaltungsbezirk Tulln, Niederösterreich, aufgrund der Bestimmungen des § 238 Abs. 1 bis 5 des Berggesetzes 1975 i.d.g.F. der Berggesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 355, mit Wirkung vom 1. Jänner 1991 an die zweitmitbeteiligte Partei ex lege als erteilt gelte. Dies wurde unter Beischluß der Lagerungskarte dem Bürgermeister der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 5. April 1993 von der Berghauptmannschaft Wien mit dem Bemerken mitgeteilt, daß diese Grundstücke gemäß § 176 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 als Bergbaugebiet gelten; um entsprechende Anmerkung im Flächenwidmungsplan wurde ersucht.
Mit Bescheid vom 4. Juni 1993 genehmigte die Berghauptmannschaft Wien gemäß § 103 Abs. 3 Berggesetz 1975 den Übergang der Gewinnungsbewilligung für die Grundstücke Nr. n/1 und n/2 der Katastralgemeinde G im Abbaufeld "G" von der zweitmitbeteiligten Partei auf die erstmitbeteiligte Partei. Hiezu stellte die Berghauptmannschaft Wien u.a. fest, die erstmitbeteiligte Partei beabsichtige den Trockenabbau mit einem Radlader und den Naßabbau mit einem Seilbagger sowie einem Schrapper durchzuführen. Das gewonnene Kiesmaterial solle zum Großteil auf LKW verladen und in das Kieswerk nach H zur Weiterverarbeitung transportiert werden. Im Kieswerk in H würden nach Angaben der erstmitbeteiligten Partei
200.000 Tonnen Schotter pro Jahr erzeugt und verkauft.
Mit Verständigung vom 4. Juni 1993 gab die Berghauptmannschaft Wien der Beschwerdeführerin bekannt, daß die Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld G auf die erstmitbeteiligte Partei übertragen worden sei.
Mit Bescheid vom 9. März 1994 faßte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin als Baubehörde erster Instanz den an die zweitmitbeteiligte Partei gerichteten Bescheidspruch:
"I. Gemäß §§ 112 ff NÖ Bauordnung 1976 wird Ihnen aufgetragen, jegliche Abbauarbeiten auf den GNr. n/1 u. n/2 KG G einzustellen.
II. Gemäß § 64 AVG 1991 wird die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen."
Gegen die erstmitbeteiligte Partei erließ der Bürgermeister der Beschwerdeführerin einen Bescheid gleichen Inhaltes per 31. März 1994 im Grunde der §§ 109 ff NÖ Bauordnung 1976.
Begründet wurden diese Bescheide im wesentlichen damit, daß die zweitmitbeteiligte Partei ihr Bauansuchen betreffend den - in den Bescheiden nicht näher konkretisierten - Abbau auf den im Spruch näher angeführten Grundstücken zurückgezogen, die Abbauarbeiten ohne baubehördliche Bewilligung jedoch fortgesetzt habe. Im Zuge des Bauverfahrens sei jedoch strittig geworden, ob der begonnene Schotterabbau dem Bergrecht unterliege. Zur Klärung der sachlichen Zuständigkeit der Gemeinde habe diese ein Gutachten eines geologischen Sachverständigen eingeholt, aus welchem hervorgehe, daß das Material des abzubauenden und abgebauten Geländes nicht jene Qualitäten habe, die zu einer Verwertung nach den Bestimmungen des Berggesetzes erforderlich seien. Die Baubehörde komme daher zum Schluß, daß der Abbau nicht unter das Bergrecht sondern unter das Niederösterreichische Baurecht falle und daher ein bewilligungspflichtiges Vorhaben nach § 93 NÖ Bauordnung darstelle. "Im Sinne des § 38 AVG 1991 ist diese Vorfragenentscheidung weitere Verfahrensgrundlage." §§ 109 ff NÖ Bauordnung 1976 würden der Behörde gebieten, die Fortsetzung der begonnenen Arbeiten zu untersagen.
Über die Berufungen der mitbeteiligten Parteien entschied der Gemeinderat der Beschwerdeführerin mit Bescheiden vom 27. Mai 1994 wie folgt:
"Gemäß §§ 109 ff NÖ Bauordnung 1976 hat die Berufungswerberin jegliche Abbautätigkeit auf den Grundstücken Nr. n/1 und n/2 KG G, sei es als Trockenbaggerung, sei es als Naßbaggerung, sei es mittels Baumaschinen und/oder unter Zuhilfenahme von Aufbereitungsanlagen, sowie die Lagerung, Verschiebung und/oder Aufbereitung des abgebauten Materials auf den genannten Grundstücken und auch dessen Abtransport aus der Kiesabbaustätte binnen 48 Stunden ab Zustellung des Bescheides, spätestens jedoch bis 31. Mai 1994, einzustellen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den dagegen erhobenen Vorstellungen der mitbeteiligten Parteien gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-7, Folge, behob die angefochtenen Bescheide und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Marktgemeinde Grafenwörth. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, dem Akteninhalt sei zu entnehmen, daß der Abbaubetrieb auf den gegenständlichen Grundstücken dem Bergrecht unterliege. Dies ergebe sich aus den von den Mitbeteiligten vorgelegten Bescheiden der Berghauptmannschaft Wien vom 28. Mai und 4. Juni 1993 sowie des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. September 1993, in welchen ausgeführt werde, daß der Abbaubetrieb dem Bergrecht unterliege und von der zweitmitbeteiligten Partei auf die erstmitbeteiligte Partei übergegangen sei. Abgesehen davon, daß der baupolizeiliche Auftrag nur an die erstmitbeteiligte Partei als Rechtsnachfolgerin der zweitmitbeteiligten Partei hätte ergehen dürfen, bedürften aufgrund des Bundeskompetenz "Bergwesen" (Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG) Bergbauanlagen keiner baubehördlichen Bewilligung. Da im vorliegenden Fall rechtskräftige bergbehördliche Bewilligungen vorlägen, sei der bekämpfte Bescheid mangels Zuständigkeit der Baubehörde aufzuheben gewesen. Daran ändere auch nichts das eingeholte geologische Gutachten der Beschwerdeführerin, wonach der abzubauende Kiessand der gegenständlichen Grube nicht jene Qualität aufweise, die für den Abbau nach dem Berggesetz erforderlich sei. Im gegenständlichen Fall liege ein Kompetenzkonflikt darüber vor, ob eine Angelegenheit in die Kompetenz des Bundes (Bergwesen) oder des Landes (Baurecht) falle oder nicht. Die Entscheidung hierüber obliege nach Art. 138 Abs. 1 lit. c B-VG dem Verfassungsgerichtshof.
Dagegen richtet sich die nach Ablehnung der Behandlung mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 1994, B 1751/94-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages im Sinne der §§ 109 ff NÖ Bauordnung 1976 verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Insofern die mitbeteiligten Parteien in ihren Gegenschriften die Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Marktgemeinde in Zweifel ziehen, ist auf Art. 119a Abs. 9 B-VG zu verweisen, wonach die Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung hat und berechtigt ist, gegen die Aufsichtsbehörde vor dem Verwaltungsgerichtshof (Art. 131 und 132) und vor dem Verfassungsgerichtshof (Art. 144) Beschwerde zu erheben (vgl. hiezu die bei Walter - Mayer, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 5. Auflage, Seite 234 f, Rz. 566 referierte Judikatur und Literatur).
Der aufhebende Bescheid der Vorstellungsbehörde entfaltet Bindungswirkung für das weitere Verfahren hinsichtlich der die Aufhebung tragenden Gründe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 95/05/0003, und die dort angeführte Vorjudikatur). Die belangte Behörde hat die Bescheide des Gemeinderates der Marktgemeinde Grafenwörth vom 27. Mai 1994 in Stattgebung der Vorstellungen der mitbeteiligten Parteien deshalb behoben, weil nach § 1 Abs. 2 der NÖ Bauordnung 1976 durch dieses Gesetz andere Zuständigkeiten wie zum Beispiel die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes für Berganlagen nicht berührt werden, und Bergbauanlagen aufgrund der Bundeskompetenz "Bergwesen" im Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG keiner baubehördlichen Bewilligung bedürfen. Bezüglich dieser überbundenen Rechtsansicht stützt sich die belangte Behörde auf nicht zitierte "Judikatur der Höchstgerichte".
Gemäß § 1 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes für bauliche Vorhaben aller Art ohne Rücksicht auf den Verwendungszweck.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle werden durch dieses Gesetz andere Zuständigkeiten nicht berührt, wie z.B. die
ausschließliche Zuständigkeit des Bundes für ..........
Bergbauanlagen .......... Nicht berührt werden auch jene
Vorschriften, wonach für Bauwerke zusätzliche Bewilligungen erforderlich sind (z.B. nach dem Gewerbe-, Wasser-, Naturschutz- und Arbeitnehmerschutzrecht).
Gemäß § 93 leg. cit. bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde außer den im § 92 aufgezählten Fällen:
...
2. a) Die Anlage und die Erweiterung von Steinbrüchen, Sand-, Kies- und Lehmgruben sowie deren Ausfüllung, die Anlage und die Erweiterung von Schlacken-, Schutt- und Müllhalden sowie
b) andere Abgrabungen und Anschüttungen von mehr als einem halben Meter Höhe, soweit dadurch das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt werden könnte;
...
Gemäß § 2 Abs. 1 Berggesetz 1975 in der Fassung der hier anzuwendenden Berggesetznovelle 1990, BGBl. Nr. 355, (BergG 1975) gilt dieses Bundesgesetz für das Aufsuchen und Gewinnen der bergfreien, bundeseigenen und grundeigenen mineralischen Rohstoffe, für das Aufbereiten dieser Rohstoffe, soweit es durch den Bergbauberechtigten im betrieblichen Zusammenhang mit dem Aufsuchen oder Gewinnen erfolgt, nach Maßgabe des Abs. 2 für das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten der sonstigen mineralischen Rohstoffe ..........
Gemäß § 5 leg. cit. sind grundeigene mineralische Rohstoffe u. a. Quarz, Quarzit und Quarzsand, soweit sie sich zur Herstellung von Glas oder feuerfesten Erzeugnissen oder als Einsatzstoff für die Herstellung von Zementen eignen.
Gemäß § 94 Abs. 1 leg. cit. bedarf das Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe einer Bewilligung der Berghauptmannschaft (Gewinnungsbewilligung).
Gemäß § 145 leg. cit. ist unter einer Bergbauanlage jedes für sich bestehende, örtlich gebundene und künstlich geschaffene Objekt zu verstehen, das den im § 2 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt ist.
Gemäß § 238 Abs. 5 leg. cit. gelten die Absätze 1 bis 4 für Vorkommen von mineralischen Stoffen, die ab dem 1. Jänner 1991 zu den grundeigenen zählen oder schon vorher grundeigen waren, dies jedoch nicht erkannt worden ist, mit der Maßgabe sinngemäß, daß die Gewinnungsbewilligung als am 1. Jänner 1991 erteilt gilt und die Bekanntgabe nach Abs. 4 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1992 vorzunehmen ist.
Aufgrund der Berggesetznovelle 1990 wurden in die Reihe der grundeigenen mineralischen Rohstoffe des § 5 u.a. Quarz, Quarzit und Quarzsande, die sich als Einsatzstoff für die Herstellung von Zement eignen, neu aufgenommen. Da aufgrund eines Gutachtens von der Bergbehörde auf den Grundstücken Nr. n/1 und n/2 der Katastralgemeinde G der zweitmitbeteiligten Partei Rohstoffe der vorgenannten Art festgestellt wurden, hat die Berghauptmannschaft Wien nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 238 Abs. 5 Berggesetz 1975 ihre Zuständigkeit als Bergbehörde in Anspruch genommen.
In seinem Erkenntnis vom 25. Juni 1954, Slg. Nr. 2685, hat der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf das Verhältnis des Baurechtes zum Bergrecht zum Ausdruck gebracht, daß u.a. die Zuständigkeit zur Regelung von Bausachen in Bezug auf Bauführungen im Bereich des Bergwesens wegen ihres unlöslichen Zusammenhanges mit dem Sachgebiet Bergwesen, das gemäß dem B-VG als Hauptsache der Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung vorbehalten ist, von der für das Hauptgebiet erfassten Zuständigkeitsregelung miterfaßt ist.
Im Erkenntnis vom 11. März 1968, Slg. Nr. 5672, stellte der Verfassungsgerichtshof unter Berufung auf das im Versteinerungzeitpunkt (1. Oktober 1925) geltende allgemeine Berggesetz, RGBl. Nr. 146/1854 in der Fassung des Verwaltungsentlastungsgesetzes, BGBl. Nr. 277/1925 (Art. 50 Abs. VII), fest, daß der Kompetenztatbestand "Bergwesen" gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG nicht dazu ermächtige, die Erteilung einer Bewilligung für eine Werksanlage im Sinne des Berggesetzes ausschließlich zu regeln. Die angefochtene Regelung des Berggesetzes sei verfassungswidrig, insoweit davon Angelegenheiten erfaßt sind, die in den Landesvollziehungsbereich fallen.
Aus diesen beiden Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes ergibt sich zur vorliegenden kompetenzrechtlichen Frage, daß baurechtliche Gesichtspunkte gegenüber dem, was Gegenstand des Kompetenztatbestandes "Bergwesen" ist, von dieser Bundeskompetenz erfaßt ist, während andere Gesichtspunkte, die in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fallen und im Versteinerungszeitpunkt von der Kompetenz "Bergwesen" nicht umfaßt waren, wie etwa Naturschutz, davon unberührt sind. Dies steht im Einklang mit dem hg. Erkenntnis vom 15. November 1993, Zl. 92/10/0437, in welchem der Verwaltungsgerichtshof für Aspekte des Naturschutzes, die sich im Zusammenhang mit Maßnahmen stellen, die der Bundeskompetenz "Bergwesen" unterliegen, ausgesprochen hat, daß diese im Versteinerungszeitpunkt nicht vom Kompetenztatbestand "Bergwesen" erfaßt waren und somit unter dem Gesichtspunkt des Natur- und Landschaftsschutzes einer landesrechtlichen Regelung unterworfen werden dürfen.
In seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1992, B 171/91 und G 115/92, hat der Verfassungsgerichtshof den Inhalt des Kompetenztatbestandes "Bergwesen" definiert. Danach erfaßt dieser Kompetenztatbestand nicht bloß die auf das Gewinnen von "Materialien" abzielenden, sondern auch andere, die Erdkruste nutzende Tätigkeiten, sofern diese auf eine für das Gewinnen von "Mineralien" kennzeichnende Weise erfolgen, also mit Mitteln und Methoden, die sonst für das Gewinnen von "Mineralien" typisch sind ("Bergbau"). Nicht zum "Bergwesen" zählen danach Tätigkeiten, die keine speziellen bergbautechnischen, sondern bloß allgemeine technische Kenntnisse, Mittel und Methoden erfordern.
Soweit es also um die Regelung der Gewinnung von Rohstoffen geht, die nicht unter den Begriff der "Mineralien" im Sinne des Kompetenztatbestandes "Bergwesen" fallen, und wenn diese die Erdkruste nutzenden Tätigkeiten keine speziellen bergbautechnischen Mittel und Methoden erfordern, bzw. wenn es um Gesichtspunkte geht, die in die Zuständigkeit des Landes fallen, die im Versteinerungszeitpunkt von der Kompetenz "Bergwesen" nicht erfaßt waren, fällt die Zuständigkeit zur Regelung solcher Tätigkeiten in der Gesetzgebung und Vollziehung nicht unter diese Bundeskompetenz und kommt die baurechtliche Zuständigkeit gemäß § 93 Niederösterreichische Bauordnung 1976 im Sinne der im hg. Erkenntnis vom 20. September 1994, Zl. 92/05/0232, vertretenen verfassungskonformen Auslegung in Betracht.
Aufgrund der von der zweitmitbeteiligten Partei fristgerecht im Sinne des § 238 Abs. 5 Berggesetz 1975 abgegebenen Erklärung bezüglich des Abbaufeldes, auf welchem die Berghauptmannschaft Wien grundeigene mineralische Rohstoffe im Sinne des § 5 Berggesetz 1975 festgestellt hat, und welches von dem hier zu überprüfenden Auftrag der Berufungsbehörde im Sinne der §§ 109 ff Niederösterreichische Bauordnung 1976 betroffen ist, liegt somit eine Gewinnungsbewilligung gemäß § 238 Abs. 1 Berggesetz 1975 vor, welche auf die erstmitbeteiligte Partei mit rechtskräftigem Bescheid der Berghauptmannschaft Wien vom 2. Juni 1993 übergegangen ist. Damit steht rechtskräftig fest, daß der - nunmehr - von der erstmitbeteiligten Partei aufgrund der bestehenden bergrechtlichen Gewinnungsbewilligung getätigte Schotterabbau in die bergbehördliche Zuständigkeit fällt. Daraus folgt, daß wegen der gegebenen Zuständigkeit der Bergbehörde kein Raum für die Anwendung des § 93 Niederösterreichische Bauordnung bleibt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 20. September 1994, Zl. 92/05/0232).
Dem angefochtenen Bescheid haftet somit keine Rechtswidrigkeit an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; hinsichtlich der mitbeteiligten Parteien insbesondere auf § 49 Abs. 6 VwGG.
Im Hinblick auf die Beschwerdeerledigung erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994050302.X00Im RIS seit
19.03.2001