TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/19 95/05/0135

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Veröffentlicht am 19.09.1995
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82009 Bauordnung Wien;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
20/11 Grundbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §30 Abs1;
BauO OÖ 1976 §30;
BauO OÖ 1976 §43 Abs2 litb;
BauO OÖ 1976 §47 Abs1;
BauO OÖ 1976 §63 Abs1 lita;
BauO OÖ 1976 §63 Abs1;
BauO OÖ 1976 §63;
BauO Wr §130 Abs3;
BauO Wr §134 Abs7 impl;
BauRallg;
GBG 1955 §122;
GBG 1955 §20 litb;
GBG 1955 §8;
VwGG §34 Abs1;
WEG 1975 §17;
WEG 1975 §23;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):95/05/0136 E 7. November 1995

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der 1. JB,

2. des AF, 3. der JF, 4. des Dr. BK, 5. der Mag. EK, 6. des Dkfm. HS, 7. des Dr. WR, 8. der Dr. BR, 9. der MW, sämtliche in L, vertreten durch Dr. WR, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. November 1994, Zl. BauR - 011309/1 - 1994 Jo/Vi, betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien:

1.

Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister,

2.

Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H., X, L), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983, Zl. 501/N-153/82, wurde der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. "X" unter Bedingungen und Auflagen die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf den Grundstücken Nr. n1 und n2, inneliegend der Liegenschaft EZ. n3 KG U (H-Straße 61) erteilt. Auflage Punkt 11. hat folgenden Wortlaut:

"Für das gegenständliche Bauvorhaben sind 12 Stellplätze in einer 300 m nicht überschreitenden Wegentfernung (vom Baugrundstück gesehen) nachzuweisen und auf Dauer privatrechtlich sicherzustellen."

Nach Anführung der Auflagen wurde spruchgemäß wie folgt abgesprochen:

"Gemäß § 63 Abs. 1 der Oö. Bauordnung wird im Gutsbestandsblatt der Einlagezahl 500 des Grundbuches der Katastralgemeinde U die Verpflichtung zur Errichtung und Erhaltung von 12 Stellplätzen gemäß Z. 1. Punkt 11 hinsichtlich des Grundstückes Nr. n4 ersichtlich gemacht."

Dieser Bestimmung lag folgende Verpflichtungserklärung der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. "X" vom 4. März 1983 zugrunde:

"Die "X" Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. in L verpflichtet sich hiemit, aus ihrem Eigentum 6 KFZ-Abstellplätze in der ersten Parkebene und 6 KFZ-Abstellplätze in der dritten Parkebene des Lentia 2000, in der EZ n5 KG U, Grundstück n4 den jeweiligen Eigentümern auf die Bestandsdauer des Hauses U, H-Straße 61, laut beiliegendem Plan zur Verfügung zu stellen."

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 21. November 1985, Zl. n6/85, wurde in der EZ n5 des Grundbuches der Katastralgemeinde U die nachstehende Eintragung angeordnet:

"Auf Grund des Bescheides des Magistrates Linz vom 17.10.1983, GZ. 501/N-153/82, wird die Verpflichtung zur Errichtung und Erhaltung von 12 Stellplätzen hinsichtlich des Grundstückes Nr. n4 ersichtlich gemacht."

Der Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983 wurde der Bauwerberin und Nachbarn zugestellt, welche jedoch mit den Beschwerdeführern nicht ident sind.

Auf Grundstück Nr. n4 Grundbuch U wurde Wohnungseigentum begründet.

Wer im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983 zu welchem Anteil Miteigentümer des Grundstückes Nr. n4 Grundbuch U war und wer Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer bezüglich ihres Miteigentumsanteiles am Grundstück Nr. n4 und der damit verbundenen Eigentumswohnung war, läßt sich den Verwaltungsakten nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen.

Mit Antrag vom 10. Jänner 1994, beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz eingelangt am 19. Jänner 1994, begehrten die Beschwerdeführer die Zustellung des Bescheides des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983 mit dem Vorbringen, durch die Eintragung der Ersichtlichmachung der Verpflichtung zur Errichtung und Erhaltung der im Baubewilligungsbescheid angeführten KFZ-Stellplätze hinsichtlich des Grundstückes Nr. n4 KG U seien sie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz beeinträchtigt, da sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Jahre 1983 Miteigentümer der Liegenschaft EZ n5 KG U gewesen seien.

Nach Zustellung dieses Bescheides an ihren Rechtsvertreter am 4. Mai 1994 erhoben die Beschwerdeführer Berufung gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983 mit der Begründung, ohne die Beschwerdeführer als Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft zu befragen, sei mit dem bekämpften Bescheid in ihre Eigentumssphäre eingegriffen worden. Sie seien zur Bauverhandlung nicht geladen worden und hätten daher auch keine Möglichkeit gehabt, Einwendungen zu erheben.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 18. August 1994 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den vorzitierten Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Aus der Bestimmung des § 63 Abs. 5 AVG gehe unzweifelhaft hervor, daß das Berufungsrecht ausschließlich einer Partei des Verfahrens zustehe. Wer Parteistellung im jeweiligen Verwaltungsverfahren besitze, sei auf Grund der materiellen Verwaltungsvorschriften zu beantworten. § 47 Abs. 1 Oö. Bauordnung enthalte eine demonstrative Aufzählung der Parteien des Baubewilligungsverfahrens; dort seien ausdrücklich der Bauwerber, der Grundeigentümer, die Miteigentümer, die Nachbarn und die zuständige Straßenverwaltung genannt. Die Beschwerdeführer seien weder Bauwerber des Bauvorhabens "H-Straße 61" noch Grund- bzw. Miteigentümer des Bauplatzes, auf dem das gegenständliche Bauvorhaben ausgeführt worden sei. Nach der Aktenlage sei auch auszuschließen, daß den Beschwerdeführern eine Nachbarstellung im betreffenden Baubewilligungsverfahren zugekommen sei, grenze doch ihre Liegenschaft weder unmittelbar an das Baugrundstück noch stehe dieses in einem solchen räumlichen Naheverhältnis zum Baugrundstück, daß mit einer Beeinträchtigung der durch § 46 Abs. 3 Oö. Bauordnung geschützten Nachbarrechte gerechnet werden könne. Die Beschwerdeführer hätten im übrigen selbst in keiner Weise behauptet, übergangene Nachbarn im Sinne des § 46 der Oö. Bauordnung zu sein. Entscheidend für die Parteistellung der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall sei, ob die Sachentscheidung der Behörde erster Instanz in ihre Rechtssphäre überhaupt bestimmend eingreife und darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck komme. Weiters sei Voraussetzung dafür, daß der Verwaltungsbehörde die Wahrung von Privatrechten übertragen worden sei. Die Beschwerdeführer führten zur Begründung ihrer Antragslegitimation aus, durch den Auflagenpunkt 11. des Baubewilligungsbescheides vom 17. Oktober 1983 verpflichtet zu sein. Das Wesen von Auflagen bestünde jedoch darin, daß die Behörde in einem dem Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnehme, mit denen der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Wege der Vollstreckung erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet werde. Auflagen in diesem Sinne seien somit "bedingte Polizeibefehle", die erst dann wirksam würden, wenn der Bewilligungswerber von der ihm erteilten Bewilligung Gebrauch mache. Durch die hier zu beurteilende Auflage werde allein in die Rechtsposition des Bauwerbers, jedoch nicht in die der Beschwerdeführer eingegriffen, da in keiner Weise ausgesprochen werde, auf welchem Grundstück die KFZ-Stellplätze nachzuweisen seien. Das Recht, das Grundstück der Beschwerdeführer für die Schaffung von Stellplätzen zu benutzen bzw. die daraus korrespondierende Pflicht der Beschwerdeführer, dies zu dulden, werde nicht durch die Auflage selbst, sondern allein durch einen privatrechtlichen Vertrag zwischen Bauwerber und Beschwerdeführer begründet. Liege ein solcher Vertrag jedoch nicht vor, bestehe kein Rechtstitel zur Benützung des Grundstückes der Beschwerdeführer und könne daher auch eine allfällige tatsächliche Benützung dieses Grundstückes durch Unberechtigte jederzeit mit den Mitteln des Privatrechtes abgestellt werden. Bei der vom Grundbuchsgericht vorgenommenen Eintragung handle es sich um eine "bloße Anmerkung" im Sinne des § 8 Z. 3 i.V.m. § 73 GBG. Als solche diene sie bloß zur Ersichtlichmachung rechtserheblicher Umstände und habe zur Folge, daß sich niemand mit der Unkenntnis des betreffenden Umstandes entschuldigen könne. Eine Begründung, Abänderung oder ein Erlöschen dinglicher Rechte könne durch eine Anmerkung nicht bewirkt werden. Daraus folge, daß der geforderte bestimmte oder unmittelbare Eingriff in die zvilrechtliche Rechtsspähre der Beschwerdeführer auch im Fall einer diesbezüglich zu Unrecht erfolgten Grundbuchseintragung nicht gegeben sei, sodaß sich auch aus dem die Grundbuchseintragung anordnenden Spruch des Baubewilligungsbescheides keine Parteistellung der Beschwerdeführer (gemeint: im Bauverfahren) ableiten lasse. Dadurch, daß die Baubehörde erster Instanz den Baubewilligungsbescheid dennoch den Beschwerdeführern zugestellt habe, könne die - wie vorstehend dargelegt nicht bestehende - Parteistellung und damit das Recht zur Einbringung der Berufung nicht begründet werden.

Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. November 1994 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben und festgestellt, daß sie durch den genannten Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt würden. Die Beschwerdeführer verkennen - führt die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus -, daß gemäß § 47 Abs. 1 Oö. Bauordnung nur die Miteigentümer des zu bebauenden Grundstückes als Parteien zur Bauverhandlung zu laden seien. Der Erwerber einer Liegenschaft habe auf Grund des Kaufvertrages lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Verkäufer auf Verschaffung des Eigentums. Die Frage der Parteistellung richte sich im Baurecht grundsätzlich nach dem Eigentum und daher in der Regel nach dem Grundbuchsstand - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen -, weshalb die Beschwerdeführer, insoweit sie Anwartschaftsberechtigte im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes gewesen seien, Parteistellung auch aus diesem Grunde nicht beanspruchen könnten. Die Erstbeschwerdeführerin sowie der Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin hätten Miteigentum am Grundstück Nr. n4 KG U erst nach dem 17. Oktober 1983 (angenommene Bescheiderlassung) erworben. Ihr Rechtsvorgänger, die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. "X" habe jedoch die Zustimmung zur Bereitstellung der Stellplätze schriftlich erteilt. Der im Auflagenpunkt 1. des Bescheides des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983 vorgeschriebene Punkt 1,6 der "Allgemeinen Vorschreibungen für die Genehmigung von Bauvorhaben (Ausgabe Jänner 1979)" trage lediglich dem Bauwerber bei Inanspruchnahme der erteilten Baubewilligung die Schaffung von 12 Stellplätzen gemäß § 30 Abs. 1 Oö. Bauordnung auf. Damit werde jedoch sicherlich nicht in die Rechte der Beschwerdeführer eingegriffen, sondern nur dem Bauwerber eine Verpflichtung auferlegt. Allenfalls greife der Grundbuchsbeschluß vom 21. November 1985, der die Eintragung anordne, in die Rechte der Beschwerdeführer ein. Diesbezüglich werde auf den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 8. März 1994 zu 5 Ob 84/93 (EvBl. Nr. 149, ÖJZ 1994) verwiesen, in welchem in Anwendung des Denkmalschutzgesetzes ausgesprochen worden sei, daß Grundlage für die amtswegige Grundbuchseintragung nicht der Bescheid, mit dem die Unterschutzstellung erfolge, sondern die Mitteilung des Bundesdenkmalamtes an das Grundbuchsgericht sei. Nur durch diese Anzeige bzw. den darauffolgenden Grundbuchsbeschluß hätten die Eigentümer in ihren Rechten und rechtlichen Interessen berührt werden können. Abgesehen davon sei mit der Grundbuchseintragung für die Beschwerdeführer (gemeint: zu Lasten der Beschwerdeführer) keine Dienstbarkeit begründet worden, sondern nur eine rechtserhebliche Tatsache ersichtlich gemacht worden. Da den Beschwerdeführern im hier zu beurteilenden Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung zugekommen sei, sei ihre Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden.

Dagegen richtet sich die mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1995, Zl. B 39/95-3, nach Ablehnung der Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid ihrem Vorbringen zufolge in dem - von der Vorstellungsbehörde unbeachtet gelassenen - Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30 der Oö. Bauordnung, LGBl. 35/1976 (BO), sind bei Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden auf dem Bauplatz Stellplätze für ein- und mehrspurige Kraftfahrzeuge in ausreichender Anzahl einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrtsmöglichkeit zu errichten. Diese Verpflichtung gilt insoweit nicht, als die Abstellmöglichkeit auf Stellplätzen außerhalb des Bauplatzes, jedoch innerhalb einer angemessenen, nach Möglichkeit 300 m nicht überschreitenden Wegentfernung vorhanden ist und auf Dauer privatrechtlich sichergestellt wird.

Gemäß § 63 Abs. 1 leg. cit. ist - außer den hier nicht in Betracht kommenden Anmerkungen - vom Grundbuchsgericht das Bestehen nachstehender, durch einen baubehördlichen Bescheid begründeter Verpflichtungen auf Grund einer Anzeige der Baubehörde von Amts wegen im Grundbuch ersichtlich zu machen:

a) Verpflichtungen zur Errichtung und Erhaltung von (...) Stellplätzen (§ 30) ...

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen darf die Ersichtlichmachung von Verpflichtungen gemäß Abs. 1, sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, im Grundbuch nur gelöscht werden, wenn durch einen Bescheid der Baubehörde festgestellt worden ist, daß die Voraussetzungen für die Verpflichtung entfallen sind.

§ 8 GBG kennt drei Arten von bücherlichen Eintragungen:

Einverleibungen, Vormerkungen und bloße Anmerkungen. Die - auch in der Oö. Bauordnung vorgenommene - Unterscheidung zwischen Anmerkungen und Ersichtlichmachungen ist bloß von theoretischem Interesse (vgl. Feil, Grundbuchsgesetz, 2. Auflage, Seite 97, Anmerkung 1 zu § 8). Die hier zu beurteilende Ersichtlichmachung von Stellplätzen im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 30 BO ist als "Anmerkung" zu qualifizieren, weil damit gewisse Rechtswirkungen verbunden sind

(vgl. Bartsch, Das österreichische allgemeine GBG, 7. Auflage, Seite 805, Anm. 21).

Der Gesetzgeber hat zwar die Wirkungen dieser "Ersichtlichmachung" nicht ausdrücklich geregelt, aus dem einer solchen Anmerkung im Sinne des § 20 lit. b GBG innewohnenden Zweck ergibt sich jedoch die Wirkung, daß sich niemand auf die Unkenntnis dieser Verpflichtung berufen kann (vgl. hiezu ausdrücklich § 130 Abs. 3 der Bauordnung für Wien). Die hier zu beurteilende, im Grundbuch ersichtlich zu machende (anzumerkende) Verpflichtung ist unabhängig von ihrer Eintragung im Grundbuch rechtswirksam, da sie sich primär auf die Rechtskraft des Bescheides stützt, mit dem sie begründet worden ist (vgl. hiezu Feil, a.a.O., 2. Auflage, Seite 254, Rz. 8 zu § 20 GBG).

Auch wenn die Anmerkung selbst niemals bücherliche Rechte begründen, ändern oder aufheben kann, kann aber die Person, die im Grundbuch als Eigentümer einverleibt ist, durch die Eintragung im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. a BO in ihren bücherlichen Rechten dadurch verletzt sein, daß diese durch die Eintragung zumindest beschränkt werden. Durch § 63 Abs. 1 BO werden nämlich die "durch einen baubehördlichen Bescheid begründeten Verpflichtungen" auf dem Grundstück (eines Dritten) mit der an der Liegenschaft haftenden (sogenannten "dinglichen") Wirkung angemerkt, daß sich niemand (auch nicht der Rechtsnachfolger des Grundeigentümers) auf die Unkenntnis der ersichtlich gemachten Verpflichtung berufen kann.

§ 30 Abs. 1 zweiter Satz BO fordert, daß die Abstellmöglichkeit auf Stellplätzen außerhalb des Bauplatzes "auf Dauer privatrechtlich sichergestellt wird". Dies bedeutet, daß die Zustimmung des Eigentümers (der Miteigentümer) des von der Verpflichtung betroffenen Grundstückes vorliegen muß. Daraus folgt aber eine Parteistellung des von der Verpflichtung nach § 30 BO betroffenen Grundstückseigentümers vergleichbar derjenigen des vom Bauwerber verschiedenen Grundeigentümers im Sinne des § 43 Abs. 2 lit. b leg. cit. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 92/05/0202).

Schon nach § 47 Abs. 1 BO, welcher nur eine demonstrative Aufzählung der einer Bauverhandlung beizuziehenden Parteien enthält, ist es nämlich nicht ausgeschlossen, daß noch anderen Personen als derjenigen, die zur Bauverhandlung zu laden sind, Parteistellung u.a. deshalb zukommt, weil sie durch den von der Baubehörde erlassenen Bescheid zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden (vgl. hiezu auch § 134 Abs. 7 der Bauordnung für Wien).

Entgegen der von der Berufungsbehörde und von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht leitet sich somit die Parteistellung eines gemäß § 63 Abs. 1 BO i.V.m. § 30 Abs. 1 leg. cit. verpflichteten Grundstückseigentümers nicht (allein) aus dem Privatrecht ab, vielmehr ergibt sich diese aus dem - im Sinne eines rechtlichen Interesses (§ 8 AVG) zu qualifizierenden - Betroffensein des Grundstückseigentümers durch die bescheidmäßige Anordnung der Verpflichtung zur Errichtung und Erhaltung von Stellplätzen auf seiner Liegenschaft gemäß § 30 BO im Zusammenhang mit der von amtswegen zu erfolgenden Anzeige an das Grundbuchsgericht zwecks Ersichtlichmachung dieser Anordnung.

Die Parteistellung kann dem betroffenen Grundeigentümer auch nicht mit dem Hinweis abgesprochen werden - wie dies die Berufungsbehörde ausführt -, er habe im Rahmen des Grundbuchsverfahrens Rekursmöglichkeit, da Grundlage für die Anmerkung im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. a BO der Bescheid im Sinne des § 30 Abs. 1 leg. cit. bildet und gemäß § 63 Abs. 3 BO die Ersichtlichmachung von Verpflichtungen gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle im Grundbuch nur auf Grund eines Bescheides der Baubehörde gelöscht werden darf. Der von der belangten Behörde zitierte Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 8. März 1994, EvBl. Nr. 149, ÖJZ 1994, kann als Beleg für die Frage der Parteistellung im gegenständlichen Fall nicht herangezogen werden.

Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht, dem Grundeigentümer eines von der Verpflichtung im Sinne des § 30 Abs. 1 BO betroffenen Grundstückes komme keine Parteistellung zu, hat die belangte Behörde keine ausreichenden, für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbaren Erhebungen darüber gemacht bzw. den Baubehörden aufgetragen, wer zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Oktober 1983 (Mit-)Eigentümer des Grundstückes Nr. n4 KG U war. Erst wenn dies feststeht, kann abschließend beurteilt werden, ob eine Zustimmungserklärung sämtlicher Grundstückseigentümer für einen Ausspruch im Sinne des § 30 Abs. 1 BO vorgelegen war. Allfällige Zustimmungserklärungen der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer werden hiebei zu berücksichtigen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1984, Zl. 83/05/0180, 0181, BauSlg. 259). Auch für Wohnungseigentümer ist es jedoch erforderlich, daß grundbücherliches Eigentum vorliegt; die in der Beschwerde angeführten Bestimmungen der §§ 23 ff WEG betreffen nur das Verhältnis der Wohnungseigentumswerber und der Wohnungseigentumsorganisatoren. Eine Hausverwaltervollmacht nach § 17 WEG reicht jedoch zur Erteilung einer Zustimmung im Namen seines Miteigentümers nicht aus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 1984, Zl. 82/06/0022, BauSlg. Nr. 309 und vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/05/0130, BauSlg. 350).

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG. Der Kostenzuspruch erfolgte hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes im begehrten Umfang. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltRechtskraft Besondere Rechtsgebiete BaurechtMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinRechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche WirkungBaurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerVertretungsbefugnis Inhalt Umfang Hausverwalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995050135.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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