TE Vfgh Erkenntnis 1993/6/22 V10/92

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Veröffentlicht am 22.06.1993
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Nö JagdV §54 Abs1
Nö JagdG 1974 §106 Abs5

Leitsatz

Keine Aufhebung einer Bestimmung der Nö JagdV über die für die Bewertung von Wildschäden maßgebliche Pflanzenanzahl je ha bei der Baumart Fichte mangels Widerspruchs zu der nach dem Nö JagdG 1974 vorgeschriebenen Bewertung nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen; Abweisung der Beschwerde im Anlaßfall; Verlust des Anspruchs auf Schadenersatz aus dem Titel einer betriebswirtschaftlichen Schädigung infolge Fristversäumnis

Spruch

Das im vierten Satz des §54 Abs1 der Niederösterreichischen Jagdverordnung, LGBl. 6500/1-20, enthaltene Wort "Fichte" wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Im übrigen wird das Verordnungsprüfungsverfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. §106 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500-8, welcher die Schadensermittlung beim Ersatz von Jagd- und Wildschäden betrifft, hat folgenden Wortlaut:

"§106

Schadensermittlung

(1) Bei der Ermittlung von Jagd- und Wildschäden ist, wenn eine Vereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Jagdausübungsberechtigten nicht zustandekommt, der Schadensberechnung der ortsübliche Marktpreis der beschädigten oder vernichteten Erzeugnisse zugrunde zu legen.

(2) Schäden an noch nicht erntereifen Erzeugnissen sind in dem Umfang zu ersetzen, in dem sie sich zur Zeit der Ernte auswirken. Können die Schäden durch Wiederanbau oder durch Anbau einer anderen Frucht oder Inanspruchnahme von Förderungsmaßnahmen ausgeglichen oder vermindert werden, ist der Vermögensnachteil nach dem Mehraufwand und allfälligen Minderertrag zu bemessen.

(3) Erreicht jedoch der Jagd- oder Wildschaden ein solches Ausmaß, daß ohne Umbruch und ohne Anbau einer anderen Frucht ein entsprechender Ernteertrag nicht mehr zu erwarten ist, so hat der Jagdausübungsberechtigte die für den Anbau erforderliche Arbeit sowie das hiefür aufzuwendende Saatgut und den sich allfällig ergebenden Minderertrag des zweiten Anbaues zu ersetzen.

(4) Wildschaden an erntereifen oder schon geernteten, aber noch nicht eingebrachten Erzeugnissen ist dann nicht zu ersetzen, wenn erwiesen ist, daß zur Zeit, zu der der Schaden verursacht wurde, die Erzeugnisse bei ordentlicher Wirtschaftsführung bereits hätten eingebracht werden können, oder daß, sofern es sich um Erzeugnisse handelt, welche auch im Freien aufbewahrt werden können, Vorkehrungen mangelten, durch die ein ordentlicher Landwirt diese Erzeugnisse vor Wildschaden zu schützen pflegt.

(5) Wildschäden im Walde (an Stämmen, Pflanzungen, natürlichen Verjüngungen, Vorkulturen usw.) sind nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen zu bewerten. Hiebei ist zwischen Verbiß-, Fege- und Schälschäden zu unterscheiden und zu berücksichtigen, ob nur Einzelstammschädigung oder bereits Bestandesschädigung oder betriebswirtschaftliche Schädigung eingetreten ist; die näheren Bestimmungen hat die Landesregierung durch Verordnung zu treffen."

Aufgrund der im Absatz 5 des eben wiedergegebenen Paragraphen erteilten Verordnungsermächtigung legt §54 der Niederösterreichischen Jagdverordnung, LGBl. 6500/1-20, in seinen Absätzen 1 und 2 folgendes fest:

"(1) Der Schaden ist mit 0 zu bewerten, wenn noch 90 % der Hauptbaumarten in normal notwendiger Pflanzenanzahl annähernd gleichmäßig über die Fläche verteilt, unbeschädigt geblieben sind. Dies gilt nicht für erwünschte Mischbaumarten. Überschreitet die Zahl der geschädigten Pflanzen die nach waldbaulichen Grundsätzen normal notwendige Pflanzenanzahl, dann ist dieser Überschuß bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen.

Die nach waldbaulichen Grundsätzen normal notwendige Pflanzenanzahl für 1 ha beträgt bei den Baumarten Fichte, Tanne und Lärche 2.500 Stück und Kiefer, Buche und Eiche 5.000 Stück.

(2) Bei Schädigungsgrad 'schwach' ist der Schaden wie folgt zu berechnen:

Grundwert laut Tabelle 2 x Anzahl der geschädigten Pflanzen x Zeitlohnindex.

Bei Schädigungsgrad 'mittel' ist der Schaden wie folgt zu berechnen:

Grundwert laut Tabelle 2 x Anzahl der geschädigten Pflanzen x Zeitlohnindex.

Bei Schädigungsgrad 'stark' ist der Schaden wie folgt zu berechnen:

Grundwert laut Tabelle 2 x Anzahl der geschädigten Pflanzen x Zeitlohnindex.

Bei Schädigungsgrad 'sehr stark' ist der Schaden wie folgt zu berechnen:

Grundwert laut Tabelle 3 x Anzahl der geschädigten Pflanzen x Zeitlohnindex."

Der im selben Abschnitt der Verordnung (Abschnitt 18 mit der Überschrift "Verbißschäden") enthaltene §53 hat folgenden Wortlaut:

"(1) Es ist zu erheben:

1.

die Anzahl der verbissenen Pflanzen je Baumart und Schädigungsgrad;

2.

die gesamte Pflanzenanzahl;

3.

das Ausmaß der Schadensfläche;

4.

die Standortsgüte;

5.

das Wuchsalter der Pflanzen;

6.

die bisher durchgeführten Pflege- und Schutzmaßnahmen und deren Kosten;

7.

die schadensbedingt erforderlichen Maßnahmen und deren Kosten;

8.

der Zeitlohnindex.

(2) Es sind 4 Schädigungsgrade zu unterscheiden:

1. Schädigungsgrad 'schwach': Leittrieb einschließlich Wipfelknospe vorhanden, aber mehr als 90 % der diesjährigen Seitentriebe sind verbissen;

2. Schädigungsgrad 'mittel': Wipfelknospe fehlt;

3. Schädigungsgrad 'stark': Wipfelknospe sowie mehr als 30 % der diesjährigen Seitentriebe sind verbissen; bei vier- und mehrjährigen Pflanzen fehlen außer dem Leittrieb mehr als 60 % der diesjährigen Seitentriebe der beiden obersten Quirl, bei Laubbaumarten 60 % aller Seitentriebe;

4. Schädigungsgrad 'sehr stark': Verlust der Wipfelknospe und von mehr als 90 % aller diesjährigen Seitentriebe. In diesen Schädigungsgrad sind auch alle jene Pflanzen einzuordnen, für welche der Verbiß zum Ausfall oder zu einem solchen Kümmern führt, daß der Wachstumsanschluß an schwächer verbissene oder unverbissene Pflanzen nicht mehr erreicht werden kann.

(3) Die Standortsgüte wird mit den Stufen 'schlecht', 'mittel' und 'gut' festgelegt. Zu ihrer Ermittlung ist die Oberhöhe mittelalter oder hiebsreifer Nachbarbestände als Richtwert heranzuziehen. Hiebei ist die Tabelle 1 anzuwenden.

Als Oberhöhe gilt in einem gleichaltrigen Bestand die Mittelhöhe der vorherrschenden Bäume.

(4) Das Alter der Pflanzen ist gleich der Zahl der Jahre seit der Bestandesbegründung. Bei Naturverjüngungen ist ein wirtschaftliches Alter anzunehmen, das dem Alter einer vergleichbaren Kultur entspricht. Naturverjüngungen mit einem Alter von weniger als 4 Jahren sind einer 1jährigen Kultur gleichzuhalten.

(5) Die gesamte Pflanzenanzahl pro ha ist die Summe aller geschädigten und ungeschädigten Pflanzen dividiert durch die Gesamtfläche des geschädigten Bestandes.

(6) Alle im Zusammenhang mit Pflege und Schutz der beschädigten Kultur oder Naturverjüngung aufgelaufenen Kosten sind zusammenzuzählen. Als Folgekosten sind alle im Zusammenhang mit Wiederbegründung oder Nachbesserung und mit Pflege und Schutz der beschädigten Kultur erforderlichen Kosten zusammenzuzählen.

(7) Der Zeitlohnindex resultiert aus der Division des aktuellen Zeitlohnes in Schilling für Forstfacharbeiter mit Prüfung laut Mantelvertrag für Forstfacharbeiter in der Privatwirtschaft durch den Wert 50."

2. Der Beschwerdeführer des Beschwerdeverfahrens B225/91 machte als Eigentümer zweier Grundstücke der KG Röhrawiesen beim Beteiligten als Jagdausübungsberechtigten in den Jahren 1987 und 1988 entstandene Wildschäden geltend, der in weiterer Folge mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberkommission für Jagd- und Wildschäden am Sitze der Bezirkshauptmannschaft Horn vom 13. April 1989 zum Ersatz in Höhe von 10.911 S verpflichtet wurde. Die Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung entschied über die gegen diese Rechtsmittelentscheidung sowohl vom Beschwerdeführer als auch vom Beteiligten ergriffenen Berufungen nach Einholung eines Amtssachverständigengutachtens mit dem auf einem Sitzungsbeschluß beruhenden Bescheid vom 11. Jänner 1991 und erhöhte - in Stattgebung der Berufung des Beschwerdeführers - den zu ersetzenden Betrag auf 16.212,95 S. Zur Begründung ihres Bescheides führte die Landeskommission - nach einer inhaltlichen Wiedergabe des §54 Abs1 NÖ JagdV - ua. folgendes an:

"Im vorliegenden Fall wurde wegen des überwiegenden Waldbestandes von Fichte die normal notwendige Pflanzenanzahl mit 2500 Stück pro ha angenommen.

Da eine gleichmäßige Verbißsituation festgestellt werden konnte, wurde die Höhe des Schadens mit dem Schadensbild eines Waldes bestehend aus 2500 Stück Pflanzen pro ha in Verhältnis gesetzt. Demnach wurde in jenen Teilflächen, wo der tatsächliche noch vorhandene Waldbestand über 2500 Stück pro ha aufwies, die Anzahl der geschädigten Pflanzen um jenen Anteil vermindert, um den der tatsächliche Waldbestand größer war als 2500 Stück pro ha.

In jenen Teilfächen, wo der tatsächliche noch vorhandene Waldbestand unter 2500 Stück pro ha betragen hatte, wurde von der Anzahl der geschädigten Pflanzen kein Abzug genommen.

Die Berechnung des Schadens wurde vom amtlichen Sachverständigen unter Beachtung der durch die NÖ Jagdverordnung vorgegebenen Parameter (Zeitlohnindex, Tabellenwert siehe im Gutachten unter Tabellenwert) vorgenommen, wobei die Kosten für die Kultursicherung, die Pflege- und Schutzmaßnahmen berücksichtigt wurden.

Die Höhe des Ersatzes für den entstandenen Wildschaden ist aufgrund dieses schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens mit S 16.212,95 festzusetzen."

Dieser Bescheid der Landeskommission ist Gegenstand der Verfassungsgerichtshofbeschwerde B225/91, in welcher der Beschwerdeführer (ua.) §54 Abs1 der NÖ JagdV deshalb als gesetzwidrig kritisiert, weil die darin festgesetzte Pflanzenanzahl für 1 ha von 2.500 Stück unter den Richtwerten der Forstlichen Bundesversuchsanstalt liege.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof trat den gegen die Gesetzmäßigkeit des vierten Satzes im §54 Abs1 NÖ JagdV vorgebrachten Bedenken im Ergebnis bei, und leitete gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen das gegenwärtige Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit dieser Verordnungsstelle ein.

2. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in welcher die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungsstelle zum Teil bestritten und im übrigen begehrt wird, die Verordnungsbestimmung nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

III. Das Verordnungsprüfungsverfahren erweist sich nur zum Teil als zulässig.

Die NÖ Landesregierung wendet in ihrer Äußerung zutreffend ein, daß es sich im Beschwerdefall nur um die Festsetzung des Schadenersatzes bezüglich der Baumart Fichte handelt, die Präjudizialität des vierten Satzes im §54 Abs1 NÖ JagdV daher nur insoweit gegeben sei. Das Prüfungsverfahren war daher auf das in diesem Satz enthaltene Wort "Fichte" einzuschränken und im übrigen einzustellen.

IV. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs gegen die Gesetzmäßigkeit der in Prüfung stehenden Verordnungsstelle erweisen sich als nicht gerechtfertigt.

1. Im Prüfungsbeschluß verwies der Gerichtshof zunächst auf die von der Forstlichen Bundesversuchsanstalt in Wien herausgegebenen "Empfehlungen für die Erhebung und Bewertung von Verbiß- und Fegeschäden" (5. Auflage, März 1988), in denen (S. 13f) ua. folgendes festgehalten ist:

"PFLANZENZAHL PRO HA

Die gesamte Pflanzenzahl pro ha kann aus der Summe der absoluten Pflanzenzahl (siehe Aufnahmeformular) der Schädigungsgrade bzw. der einzelnen Vergütungsklassen (einschließlich der ungeschädigten Pflanzen = Schädigungsgrad 0) dividiert durch die Gesamtfläche des zu bewertenden Bestandes ermittelt werden. Die zum Zeitpunkt der Aufnahme vorhandene gesamte Pflanzenzahl pro ha läßt sich näherungsweise auch aus dem mittleren Pflanzenabstand (bzw. Reihenabstand und Abstand in den Reihen) ermitteln.

Den hergeleiteten Werten für den Ertragsausfall (Werte e in den Tabellen 1 und 2) sind die nachstehend angeführten Pflanzenzahlen pro ha (N/ha) unterstellt:

Standortsgüte:  'normal notwendige Pflanzenzahl' für Fichte/Tanne

sehr schlecht                      4.000 pro ha

schlecht                           3.750 pro ha

mittel                             3.500 pro ha

gut                                3.250 pro ha

sehr gut                           3.000 pro ha

Diese Zahlen können nach waldbaulich-ertragskundlichen Gesichtspunkten für Fichte und Tanne als Richtwerte für die 'normal notwendigen Pflanzenzahlen' gelten. Für Lärche und Douglasie sind diese Werte (um etwa 1.000 N/ha) zu verringern, für Kiefer und die Laubbaumarten Buche, Ahorn, Eiche (um 1.000 bis 2.000 N/ha) zu erhöhen.

Erreicht die Zahl der geschädigten Pflanzen, die in Abhängigkeit von der Baumart als 'normal notwendig' erachtete Pflanzenzahl pro ha, dann sind damit auch 100 % Entschädigung für Ertragsausfall pro ha erreicht. Wurden mehr Pflanzen geschädigt, als oben für die betreffenden Baumarten pro ha angeführt, dann sollte dieser 'Pflanzenüberschuß' bei der Bewertung unberücksichtigt bleiben."

Gehe man von diesem Zahlenmaterial als Richtwerte aus, so scheine die in §54 Abs1 NÖ JagdV getroffene Regelung über eine Pflanzenanzahl von 2.500 Stück je ha unter zwei Aspekten der in §106 Abs5 NÖ JagdG vorgeschriebenen Bewertung nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nicht zu entsprechen: Einmal deshalb, weil der Verordnungsgeber die "Standortsgüte" überhaupt außer acht lasse, die nach der fachlichen Meinung der Bundesversuchsanstalt jedoch eine erhebliche Differenz zwischen den betreffenden Pflanzenanzahlen (nämlich eine Anhebung des niedrigsten Wertes von 3.000 um ein Drittel) bedingt. Zum anderen aus dem Grund, daß selbst der niedrigste von der Bundesversuchsanstalt angenommene Wert über den vom Verordnungsgeber festgesetzten liege, weshalb der in der Verordnung festgesetzte Wert sogar bei einer die Standortsgüte vernachlässigenden Durchschnittsbetrachtung als zu gering erscheine.

2. Die NÖ Landesregierung wendete in ihrer Äußerung insbesondere ein, daß für die Regelung über die Bewertung der Verbißschäden die zu dieser Zeit noch in Erprobung stehenden "Empfehlungen für die Erhebung und Bewertung von Verbiß- und Fegeschäden" der Forstlichen Bundesversuchsanstalt in Wien zugrundegelegt und auch weitgehend berücksichtigt worden seien. Nach §53 Abs1 Z4 NÖ JagdV sei bei der Schadensermittlung auch die Standortsgüte des geschädigten Bestandes zu erheben. Gemäß §53 Abs3 dieser Verordnung werde die Standortsgüte mit den Stufen "schlecht", "mittel" und "gut" festgelegt. Zu ihrer Ermittlung sei die Oberhöhe mittelalter oder hiebsreifer Nachbarbestände als Richtwert heranzuziehen, dabei sei die Tabelle 1 anzuwenden. Weiters verweise §54 Abs2 für die Schadensberechnung auf die Tabellen 2 und 3. Der Verordnungsgeber habe sowohl in der Tabelle 1 die Standortsgüten für alle Baumarten bestimmt als auch darüberhinaus bei der Festlegung des Grundwertes in der Berechnungsformel (Ertragsausfall pro Pflanze durch Wachstumsbeeinträchtigung oder Totalschaden nach §54 Abs2) eine Differenzierung nach Standortsgüte, Schädigungsgrad und Alter der Pflanze in Jahren vorgenommen. Damit sei für die Berechnung des Wildschadens sehr wohl den nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten bekannten Auswirkungen der Standortsgüte Rechnung getragen worden. In gleicher Weise sähen die Empfehlungen der Forstlichen Bundesversuchsanstalt eine Differenzierung für den Wert des Ertragsausfalles (Werte in den Tabellen 1 und 2) vor. Die ausgewiesenen Pflanzenzahlen pro ha seien primär nur als Beleg für die fachliche Richtigkeit dieser Werte angeführt. Die Berechnungsmethode im Verordnungsentwurf entspreche genau diesen Empfehlungen. Es seien lediglich die Tabellen insoferne vereinfacht worden, als die Stufen der Standortsgüte von ursprünglich fünf auf drei reduziert worden seien und der Faktor für die Vergütungsklasse gleich in die Tabelle eingebaut worden sei. Dies sei mit dem Ziel erfolgt, eine einfachere Handhabung der Bewertungsmethode zu erreichen und dabei nur auf die in Niederösterreich anzutreffenden Standortsverhältnisse abzustellen.

3. Der Verfassungsgerichtshof pflichtet diesem Einwand der NÖ Landesregierung im grundsätzlichen bei, der durch den Inhalt des von ihr vorgelegten Verordnungsaktes (in noch näher zu erwähnender Weise) belegt wird. Es kommt vom Blickpunkt der geltend gemachten Bedenken aus nicht darauf an, ob die in der Verordnung getroffene Regelung dem forstwirtschaftlichen Standpunkt der Bundesversuchsanstalt voll entspricht, sondern ausschließlich darauf, daß die jeweilige Standortsgüte im Rahmen der Bemessung des Wildschadens in einer angemessenen Weise berücksichtigt wird. Daß die hiezu in der NÖ JagdV vorgesehene Methode prinzipiell den Empfehlungen der Forstlichen Bundesversuchsanstalt entspricht, ist in den Erläuterungen zu jener Verordnungsnovelle, auf welcher der geltende §54 NÖ JagdV beruht, wie folgt festgehalten:

"Die Bewertung der Verbißschäden richtet sich weitgehend nach den 'Empfehlungen für die Erhebung und Bewertung von Verbiß- und Fegeschäden', herausgegeben im März 1981 von der Forstlichen Bundesversuchsanstalt. Der Verfasser des Entwurfes, Dozent Dipl.Ing. Dr. J.P., Leiter des Institutes für Ertrag- und Betriebswirtschaft an der Forstlichen Bundesversuchsanstalt, hat diese Empfehlungen in zwei Sitzungen einem ausgewählten Kreis von Forstpraktikern und Forstwissenschaftlern präsentiert und nach deren Empfehlungen noch verschiedene Ergänzungen angebracht. Die Berechnungsmethode im Verordnungsentwurf entspricht genau den Empfehlungen. Es wurden lediglich die Tabellen insoferne vereinfacht, als die Stufen der Standortsgüte von fünf auf drei reduziert wurden und der Faktor für die Vergütungsklasse gleich in die Tabelle eingebaut wurde. Damit soll eine einfachere Handhabung erreicht werden."

4. Es war daher auszusprechen, daß die in Prüfung stehende Verordnungsbestimmung (nämlich das im vierten Satz des §54 Abs1 NÖ JagdV enthaltene Wort "Fichte") nicht als gesetzwidrig aufgehoben wird.

V. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang, Jagdrecht, Jagdschaden, Wildschaden, Schadenersatz, Bewertung Wildschaden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:V10.1992

Dokumentnummer

JFT_10069378_92V00010_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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