TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/19 94/05/0179

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.1995
beobachten
merken

Index

L94403 Krankenanstalt Spital Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

ASchG 1972 §1 Abs3 litc;
AVG §58 Abs1;
AVG §61;
AVG §62 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AWG 1990 §28;
AWG 1990 §29 Abs1 Z1;
AWG 1990 §29 Abs1;
AWG 1990 §29 Abs16;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29;
AWG 1990 §30;
AWG 1990 §44 Abs6 idF 1994/155 ;
AWG 1990 §44 Abs6;
AWG 1990 §45 Abs6;
AWG 1990 §45 Abs7;
GewO 1973 §360 Abs2;
GewO 1973 §74 Abs1;
GewO 1973 §79 Abs1;
GewO 1973 §79 Abs3;
KAG NÖ 1974 §16a Abs2;
SAG §14;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/05/0340 94/05/0339

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden der Stadtgemeinde Baden, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich 1. vom 24. Mai 1994, Zl. R/4-M-933/42, 2. vom 4. Oktober 1994, Zl. R/4-M-933/45, und

3. vom 12. November 1993, Zl. R/4-M-933/41, betreffend zusätzliche Auflagen und andere Überwachungsmaßnahmen in bezug auf eine Verbrennungsanlage für gefährliche Abfälle und die Feststellung der Wirksamkeit der Zustellung eines Bescheides, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der erst- und der drittangefochtene Bescheid werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

2. Die Beschwerde zu Zl. 94/05/0339 wird als unbegründet abgewiesen.

3. Der Bund hat der Beschwerdeführerin in bezug auf die zu Zlen. 94/05/0179 und 94/05/0340 erhobenen Beschwerden Aufwendungen in der Höhe von S 23.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das in den genannten Beschwerden geltend gemachte Mehrbegehren wird abgewiesen.

4. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund in bezug auf die Beschwerde zu Zl. 94/05/0339 Aufwendungen in der Höhe von

S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Mit Antrag vom 28. Juni 1984 ersuchte das a.ö. Krankenhaus Baden um die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit eines Sonderabfallbeseitigers gemäß § 11 Sonderabfallgesetz und um die Bewilligung des Betriebes einer Pyrolyseanlage gemäß § 14 Sonderabfallgesetz. In der Pyrolyseanlage werden organische Stoffe in einer sauerstoffarmen Atmosphäre unter Hitzeeinwirkung in brennbare Pyrolysegase und kohlenstoffreiche Rückstände zersetzt. Die in der Pyrolysekammer entstandenen Pyrolysegase werden in einer zweiten Stufe im Thermoreaktor direkt verbrannt, während die Kohlenrückstände in der Pyrolysekammer der Erzeugung von Wärme dienen, die für die Pyrolyse gebraucht wird. Sie besteht aus einem Pyrolyseofen mit Pyrolysekammer, einem Thermoreaktor, Pilotbrenner, einer Luftverteilung mit Gebläse und Grundsteuerung, weiters einer Beschickungsanlage und einem Stützbrenner. Die eingereichte Pyrolyseanlage verbrennt unsortierte Abfälle aller Art, deren unbrennbarer Anteil 30 % des trockenen Gesamtgewichtes nicht übersteigt und deren Wassergehalt nicht höher ist als 50 %.

Mit Bescheid vom 14. Februar 1986 genehmigte der Landeshauptmann von Niederösterreich unter Vorschreibung von 26 Auflagen die eingereichte Pyrolyseanlage im Krankenhaus Baden gemäß § 14 Sonderabfallgesetz. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Februar 1986 wurde die Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit eines Sonderabfallbeseitigers gemäß § 11 Sonderabfallgesetz erteilt.

Am 3. Mai 1989 fand eine Überprüfung der Anlage statt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Jänner 1990 wurde festgestellt, daß die Anlage plan- und beschreibungsgemäß errichtet wurde. Die unter Punkt 7 der Verhandlungsschrift vom 3. Mai 1989 vorgeschriebenen Grenzwerte seien durch den nachträglich vorgelegten Meßbericht der Nö Umweltschutzanstalt vom 7. Dezember 1989 erfüllt worden.

Von Nachbarn sind immer wieder Beschwerden über Geruchsbelästigungen durch die Verbrennungsanlage des a.ö. Krankenhauses Baden vorgebracht worden. Am 12. November 1993 fand eine neuerliche Überprüfung der Anlage mit einem Lokalaugenschein statt. Zu Auflage 5 des Bescheides vom 14. Februar 1986, nach der bestimmte Emissionsgrenzwerte für verschiedene Emissionen nicht überschritten werden dürfen, wurde im Verhandlungsprotokoll festgestellt, daß ihre Einhaltung nicht beurteilt werden könne, da der vorgelegte Meßbericht der Nö Umweltschutzanstalt vom 15. Oktober 1993 nicht den Anforderungen eines Musterergebnisberichtes entspreche und die angegebenen Immissionswerte nicht plausibel seien. Im Meßbericht werde festgestellt, daß der Volumenstrom des Reingases nicht hätte angegeben werden können, da ein Teil der Meßfläche mit Wasser gefüllt gewesen sei. Daher stelle sich die Frage, ob insgesamt dem Stand der Technik entsprechende Messungen durchgeführt worden seien, da eine wesentliche Voraussetzung für derartige Messungen eine normgemäße Probennahme einer Abluftprobe sei. Auch die Auflagen 9, 10, 11 seien laut Protokoll als nicht überprüfbar beurteilt worden. Im vorgelegten Meßbericht sei festgehalten, daß der Schreiber aufgrund der unglaubwürdigen Meßergebnisse defekt sein dürfte. Es sei daher ein Nachweis über die ordnungsgemäße Funktionstüchtigkeit des Schreibers vorzulegen. Das gemäß Auflage 21 geforderte Betriebsbuch konnte nicht vorgelegt werden. Eine Vorlage binnen 14 Tagen wurde angeordnet. Im Protokoll der Überprüfungsverhandlung ist weiters angeführt, daß das Abfallwirtschaftsgesetz für Bescheide nach § 14 Sonderabfallgesetz keine Übergangsbestimmung enthalte. Auf der Abfallrechtsreferententagung im Jänner/Februar 1993 sei vom Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie die Auffassung vertreten worden, daß solche Anlagen als Anlagen nach § 28 Abfallwirtschaftsgesetz aufzufassen seien. Es gebe allerdings noch kein endgültiges Protokoll über diese zweite Abfallrechtsreferententagung. Zum Stand der Technik der bestehenden Anlage führten die Amtssachverständigen aus, daß die Anlage mit Abfällen beschickt werde, die nicht vermieden bzw. stofflich verwertet werden können. Bezüglich des Standes der Emissionsbegrenzungen werde festgehalten, daß sich seit Erlassung des Bescheides vom 14. Februar 1986 die Grenzwerte einerseits verschärft hätten und andererseits weitere Schadstoffkomponenten, wie z.B. polychlorierte Dibenzodioxine und -furane begrenzt werden müssen. Dies bedeute, daß die Anlagenkomponenten dahingehend zu überprüfen seien, ob sie zumindest den technischen und baulichen Anforderungen der neuesten Regelwerke (z.B. VDI-Richtlinie 2301) entsprächen. Diese Überprüfung solle durch eine staatlich autorisierte Prüfanstalt oder einen befugten Zivilingenieur oder Gewerbetreibenden im Rahmen seiner Befugnisse vorgenommen werden und aufgrund dieser Überprüfung ein Sanierungskonzept im Sinne des § 79 Abs. 3 GewO 1973 ausgearbeitet werden. Dieses Sanierungskonzept sei bis 30. Juni 1994 vorzulegen.

In derselben Überprüfungsverhandlung (vom 12. November 1993) erging folgender Bescheid:

"Folgender

BESCHEID

wird erlassen und dem Verwaltungsdirektor des

a. ö. Krankenhauses Baden übergeben:

Spruch

1.

Der Landeshauptmann von NÖ verpflichtet die Stadtgemeinde Baden als Rechtsträgerin des a.ö. Krankenhauses Baden, bis spätestens 30. Juni 1994 ein den Grundsätzen des § 79 Abs. 3 GewO 1979 i.d.g.F. entsprechendes Sanierungskonzept vorzulegen.

Wird ein solches Sanierungskonzept nicht bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegt (Ablauf des 30. Juni 1994), ist die Anlage stillzulegen.

2.

Der Landeshauptmann von NÖ verpflichtet die Stadtgemeinde Baden als Rechtsträgerin des a.ö. Krankenhauses Baden, bis spätestens 31. Dezember 1993 ein positives Sicherheitsprotokoll über die elektrischen Anlagenteile und einen Eignungsbefund für den Rauchfang bzw. Abgasfang (Polokalrohr nach dem Wäscher) vorzulegen.

3.

Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wird aberkannt."

Als Rechtsgrundlagen wurden § 28 Abfallwirtschaftsgesetz und § 79 Abs. 3 GewO 1979 (betreffend Punkt 1 des Spruches), § 360 Abs. 2 GewO 1973 (betreffend Punkt 2 des Spruches) und § 64 Abs. 2 AVG (betreffend Punkt 3 des Spruches) angeführt.

Dieser Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen für Chemie, Maschinenbautechnik und Luftreinhaltetechnik die Anlage nicht mehr dem Stand der Technik entspreche. Gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1973 habe die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid die Vorlage eines Sanierungskonzeptes aufzutragen, wenn der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmenden Interessen nach § 79 Abs. 1 oder 2 GewO 1973 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden könne, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde. Dies gelte insbesondere zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik. Als Frist für die Erstellung eines solchen Sanierungskonzeptes sei durch die Amtssachverständigen eine solche von sechs Monaten als angemessen angesehen worden. Zu Punkt 2 des Spruches wurde ausgeführt, daß die Behörde gegen die durch eine der GewO 1973 unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum Vorkehrungen verfügen dürfe. Nach dem schlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen für Maschinentechnik könnten solche Gefährdungen oder Belästigungen, z.B. durch Austritt von Rauchgasen bzw. durch schadhafte Elektroinstallationen nicht ausgeschlossen werden.

In der Verhandlungsschrift ist festgehalten, daß eine Kopie der Verhandlungsschrift einschließlich des Bescheides dem Verwaltungsdirektor des a.ö. Krankenhauses Baden und den Vertretern der Abteilungen B/10 und B/5 der Landesregierung ausgehändigt worden sei. Am Beginn der Verhandlungsschrift ist angemerkt, daß sich u.a. die Stadtgemeinde Baden entschuldigt habe. Ebenfalls in der Verhandlungsschrift angeführt ist die Anfrage an den amtsärztlichen Sachverständigen der Nö Landesregierung, ob aus medizinischer Sicht Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen durch den Betrieb der Verbrennungsanlage zu erwarten seien oder ausgeschlossen werden könnten und ob zum Schutz der durch § 74 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmenden Interessen die Vorschreibung weiterer Auflagen oder die Durchführung zusätzlicher Messungen als Sofortmaßnahme schon vor dem 1. Juli 1994 erforderlich seien.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Mai 1994 wurde der Stadtgemeinde Baden folgendes vorgeschrieben:

"Teil A 1. Die Stadtgemeinde Baden hat als Rechtsträgerin des

a.ö. Krankenhauses Baden zusätzlich zu den mit Bescheid vom 14. Februar 1986, R/3-M-933/14, vorgeschriebenen jährlichen Abgasmessungen bis spätestens 30. August 1994 eine Messung der Abgase der Pyrolyseanlage im Krankenhaus Baden (Wimmergasse 19, 2500 Baden) auf den Gehalt an polychlorierten Dibenzodioxinen und -furanen durchzuführen, wobei die Messung durch eine staatlich autorisierte Untersuchungsanstalt oder einen befugten Zivilingenieur zu erfolgen hat.

Bei dieser Messung ist auch die für das Jahr 1993 vorgesehene periodische Messung zu wiederholen. Für die Messung und deren Randbedingungen ist ein Meßplan zu erstellen und dieser mit dem luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen (Abteilung B/10 des Amtes der Nö Landesregierung) abzustimmen. Das Ergebnis der Messung muß fachlich nachvollziehbar sein.

2.

Das mit rechtskräftigem Bescheid vom 12. November 1993, R/4-M-933/41, vorgeschriebene Sanierungskonzept hat Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik, wie Einbau entsprechender Filteranlagen oder Neuerrichtung einer Verbrennungsanlage und Stillegung der bestehenden zu enthalten.

3.

Dem gemäß rechtskräftigem Bescheid vom 12. November 1993, R/4-M-933/41, vorzulegenden Sanierungskonzept ist eine Untersuchung (ein Gutachten) einer staatlich autorisierten Untersuchungsanstalt oder eines befugten Zivilingenieurs anzuschließen, aus dem unter besonderer Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse im Gebiet der Stadt Baden hervorgeht, ob die nach Maßgabe des Sanierungkonzeptes sanierte Krankenhausverbrennungsanlage am Standort a.ö. Krankenhaus Baden in ihren Auswirkungen und ihren Emissionen (insbesondere an Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen) mit Stellung der Stadt Baden als Kurort nach dem NÖ Heilvorkommen- und Kurortegesetz, LGBl. 7600, vereinbar ist oder nicht.

Teil B ..."

Im Teil B des angeführten Bescheides wurden der Stadtgemeinde Baden für den Betrieb der Verbrennungsanlage weitere Auflagen erteilt.

Als Rechtsgrundlagen wurden § 28 Abfallwirtschaftsgesetz und § 360 Abs. 2 GewO 1973 (betreffend Teil A.1), § 79 Abs. 3 GewO 1973 (betreffend Teil A.2 und 3) und § 79 Abs. 1 GewO 1973 und § 27 Arbeitnehmerschutzgesetz (betreffend Teil B.4-7) angeführt. Wie bereits im Bescheid vom 12. November 1993 ausgeführt, unterliege die Verbrennungsanlage § 28 AWG. Diese Bestimmung verweise auf einige Bestimmungen des Betriebsanlagenrechtes der Gewerbeordnung. Zu Teil A des Spruches wurde ausgeführt, der Amtssachverständige für Hygiene habe festgestellt, daß aufgrund der vorliegenden Unterlagen aus ärztlicher Sicht zum derzeitigen Zeitpunkt eine Gefährdung oder unzumutbare Belästigung von Nachbarn der Anlage oder von Arbeitnehmern des Krankenhauses, aber auch der besonders empfindlichen Personengruppe der Patienten im Krankenhaus durch den Betrieb der Krankenhausmüllverbrennungsanlage weder erwartet noch ausgeschlossen werden könnten. Die Ausführungen in der Verhandlungsschrift vom 12. November 1993, daß der Meßbericht der Nö Umweltschutzanstalt vom 15. Oktober 1993 keine plausiblen Meßwerte und nachvollziehbaren Reingaskonzentrationen angebe und die Anlage im Hinblick auf die seit Erlassung des Bewilligungsbescheides geänderten Vorgaben gesetzlicher Grenzwerte und der Notwendigkeit der Emissionsbegrenzung zusätzlicher Parameter (polychlorierte Dibenzodioxine und -furane) nicht dem Stand der Technik entspreche, seien für die Behörde Anlaß gewesen, an Ort und Stelle einen Bescheid zu verkünden, in dem die Stadtgemeinde Baden als Rechtsträger der Krankenanstalt zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes verpflichtet worden sei. Aufgrund fehlender bzw. unzureichender Meßwerte lasse sich eine Beurteilung der Notwendigkeit zusätzlicher Auflagen zur Sicherstellung des Schutzes der nach der Gewerbeordnung wahrzunehmenden Interessen ebensowenig beurteilen, wie die Frage der Gefährdungen und Belästigungen. Weiters sei zusätzlich eine Messung der Abgase auf den Gehalt an polychlorierten Dibenzodioxinen und -furanen erforderlich, wobei diese Messungen durch eine staatlich autorisierte Untersuchungsanstalt zu erfolgen habe. Es sei auch die periodische Messung für 1993 zu wiederholen, da nach der Verhandlungsschrift vom 12. November 1993 dieser Meßbericht Mängel aufweise, die eine Beurteilung der Funktion der Müllverbrennungsanlage bzw. der Einhaltung der vorgeschriebenen Emissionswerte nicht erlauben würden. Allgemein wurde zur Müllverbrennungsanlage des a.ö. Krankenhauses der Stadt Baden ausgeführt, daß die bestehende Anlage nicht dem Stand der Technik entspreche (es wurde dabei auf die Verhandlungsschrift vom 12. November 1993 verwiesen). Weiters seien der vorliegende, wenig aussagekräftige Meßbericht der Nö Umweltschutzanstalt, die fehlende Vorlage des Betriebsbuches am 12. November 1993 und die aktenkundigen Beschwerden von Anrainern ein Hinweis darauf, daß Gefährdungen und Belästigungen - insbesonders im Hinblick auf den besonders empfindlichen Personenkreis der Krankenhauspatienten und Kurgäste der Stadt Baden - nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. Die diesbezüglichen Beweisergebnisse seien der Stadtgemeinde Baden zur Kenntnis gebracht worden, die keine Stellung genommen habe. Die in Punkt 1 vorgeschriebenen Messungen seien eine Vorkehrung zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen. Die Auflagen 2 und 3 (offensichtlich gemeint Punkt 2 und 3 des Teiles A des Spruches) seien erforderlich, um die wichtigsten Inhalte des bereits rechtskräftig vorgeschriebenen Sanierungskonzeptes festzuschreiben. Besondere Inhalte dieses Sanierungskonzeptes müßten die Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik und die Hintanhaltung von Beeinträchtigungen des Betriebes von Kranken- und Kuranstalten sein.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 1994 wurde der Antrag der Stadtgemeinde Baden auf bescheidmäßige Feststellung, daß der in der Verhandlung vom 12. November 1993 verkündete und dem Verwaltungsdirektor des a.ö. Krankenhauses Baden übergebene Bescheid keine Rechtswirkungen gegenüber der Stadtgemeinde Baden entfalte, zurückgewiesen. Die zum Gegenstand des Antrages gemachte Frage sei bereits im Bescheid vom 24. Mai 1994 beantwortet worden. In diesem sei der Bescheid vom 12. November 1993 als rechtskräftig bezeichnet und hinsichtlich des in diesem vorgeschriebenen Sanierungskonzeptes seien Präzisierungen bzw. Ergänzungen normiert worden. Ein Feststellungsantrag könne nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen werden, wenn die zum Gegenstand des Antrages gemachte Frage in der Begründung eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides bereits beantwortet worden sei.

In den Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich u.a. im Recht auf gesetzmäßige Anwendung der Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, insbesondere der Bestimmungen der §§ 28, 29 und 44 Abs. 6, und im Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 56 AVG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, Gegenschriften erstattet und die jeweils kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

II.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufgrund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

2. Die in den vorliegenden Fällen angewendeten bzw. maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 155/1994 (in Kraft getreten am 5. März 1994; im folgenden: AWG), lauten:

"Genehmigung von Abfall- und Altölbehandlungsanlagen

§ 28. Die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Anlagen zur Lagerung oder Behandlung von gefährlichen Abfällen oder Altölen bedarf einer Genehmigung des Landeshauptmannes, sofern nicht eine Genehmigung gemäß § 29 Abs. 1 oder eine Genehmigung nach der Gewerbeordnung 1973, dem Berggesetz 1975 oder dem Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen erforderlich ist. Bei der Erteilung der Genehmigung ist auf die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) Bedacht zu nehmen. Weiters sind die §§ 74 bis 84, 333 bis 335, 337 und 338, 353 bis 360, 366 bis 369 und 371 der Gewerbeordnung 1973 sinngemäß anzuwenden. Eine Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes ist nicht zulässig.

Genehmigung für besondere Abfall- und Altölbehandlungsanlagen

§ 29. (1) Die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von

1. Anlagen von Gebietskörperschaften zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung von

gefährlichen Abfällen, ... ,

6. ... bedarf einer Genehmigung des Landeshauptmannes ...

(2) Der Landeshauptmann hat bei der Erteilung der Genehmigung gemäß Abs. 1 nach Maßgabe der folgenden Absätze alle Bestimmungen anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schiffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- sowie des Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden sind. Die Genehmigung ersetzt die nach bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen.

...

(16) Der Landeshauptmann ist die zuständige Behörde zur nachträglichen Vorschreibung von Auflagen, zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen sowie zur Überwachung der Anlage auf Grund der maßgeblichen Verwaltungsvorschriften. Der Instanzenzug richtet sich nach Abs. 17.

(17) Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist hinsichtlich Abs. 1 Z. 1 bis 3 der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, hinsichtlich Abs. 1 Z. 4 und 6 der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und hinsichtlich Abs. 1 Z. 5 der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten."

§ 44 Abs. 6 AWG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 155/1994:

"(6) Anlagen gemäß den §§ 28 bis 30 bedürfen keiner Genehmigung nach diesem Bundesgesetz, wenn am 1. Juli 1990 auch nur ein nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage erforderliches Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren anhängig oder rechtskräftig abgeschlossen war. Weitere nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage erforderliche Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren, die am 1. Juli 1990 anhängig waren oder nach diesem Zeitpunkt anhängig gemacht wurden, sind nach den bisherigen Rechtsvorschriften abzuführen.

Meldungen, Bescheide, Auflagen
§ 45.

...

(6) Bis zum 1. Juli 1990 errichtete Anlagen bedürfen keiner Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1. Für derartige Anlagen, in denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist bis zum 1. Juli 1993 - unbeschadet des § 9 Abs. 6 - ein Abfallwirtschaftskonzept (§ 9 Abs. 2 erster Satz) zu erstellen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen.

(7) Die Genehmigungspflicht für Anlagen gemäß § 29 Abs. 1 Z. 6 besteht nur für solche Anlagen, mit deren Projektierung oder Bau nach dem 1. Juli 1990 begonnen wird, oder für solche Änderungen bestehender Anlagen, durch die nach dem 1. Juli 1990 weitere Flächen in Anspruch genommen werden sollen; in diesen Fällen jedoch nur, wenn bis zum 30. Juni 1994 um eine Bewilligung gemäß § 31b WRG 1959 angesucht wird."

§ 79 Abs. 1 und 3 und § 360 Abs. 4 Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974 in der Fassung der WV BGBl. Nr. 194/1994 (im folgenden GewO; § 360 Abs. 4 leg. cit. in der wiederverlautbarten Fassung war vor der Wiederverlautbarung in der Fassung BGBl. Nr. 29/1993 § 360 Abs. 2 leg. cit., der von der belangten Behörde noch zitiert wurde), lautet:

"§ 79. (1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde (§§ 333, 334, 335) die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

(2) ...

(3) Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen."

"§ 360. ...

(4) Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist."

III. Zur Beschwerde betreffend den Bescheid vom 12. November 1993 (hg. Zl. 94/05/0340):

1. Bei dieser Beschwerde stellt sich zunächst die Frage der Rechtzeitigkeit derselben. Strittig ist zwischen den Verfahrensparteien, ob der am 12. November 1993 im Rahmen der stattgefundenen mündlichen Überprüfungsverhandlung verkündete Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin wirksam erlassen wurde. Aus dem Akt ergibt sich - wie dargelegt - daß sich die Stadtgemeinde Baden betreffend die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt hatte und bei der Verhandlung nur der Verwaltungsdirektor des Krankenhauses Baden anwesend war. Diesem wurde eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift (einschließlich des Bescheides) übergeben. Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, daß der Verwaltungsdirektor die Stadtgemeinde Baden vertreten habe.

Gemäß § 37 Nö Gemeindeordnung, LGBl. 1000-0, vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen. Gemäß § 16a

Nö Krankenanstaltengesetz 1974, LGBl. 9440-0 in der Fassung des Landesgesetzes 9440-8 (im folgenden: Nö KAG 1974), erfolgt die Führung des Betriebes der Krankenanstalt - unbeschadet des Verfügungsrechtes des Rechtsträgers der Anstalt - durch die Anstaltsleitung. Diese besteht aus dem ärztlichen Leiter (§ 17 Abs. 4 leg. cit.), dem Verwaltungsleiter (§ 22 Abs. 1 leg. cit.) und dem Leiter des Pflegedienstes (§ 27a leg. cit.). Der Anstaltsleitung obliegen alle Entscheidungen in wirtschaftlichen, administrativen und technischen Angelegenheiten der Krankenanstalt, die Auswirkungen auf den ärztlichen und pflegerischen Betrieb der Krankenanstalt haben (§ 16a Abs. 2 Nö KAG 1974). Gemäß § 22 Nö KAG 1974 ist für jede Krankenanstalt eine hiefür geeignete Person als verantwortlicher Leiter der wirtschaftlichen, administrativen und technischen Angelegenheiten (Verwaltungsleiter) und das erforderliche Verwaltungspersonal zu bestellen.

Wie die angeführten Bestimmungen des Nö KAG 1974 zeigen, ist zwischen der Führung des Betriebes der Krankenanstalt und dem Rechtsträger der Krankenanstalt zu unterscheiden. Die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen und sonstiger Maßnahmen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz und der Gewerbeordnung kann nicht als eine Entscheidung im Sinne des § 16a Abs. 2 Nö KAG 1974 qualifiziert werden, die in den Wirkungsbereich der Anstaltsleitung fiele. Danach obliegen der Anstaltsleitung alle Entscheidungen in wirtschaftlichen, administrativen und technischen Angelegenheiten der Krankenanstalt, die Auswirkungen auf den ärztlichen und pflegerischen Betrieb der Krankenanstalt haben. Maßnahmen nach dem AWG betreffen nicht die Führung des Betriebes der Krankenanstalt, sie sind vielmehr Voraussetzungen für den zulässigen Betrieb derselben. Derartige Auflagen und Maßnahmen sind gegenüber dem Rechtsträger der Krankenanstalt zu erlassen. Mit der mündlichen Verkündung des Bescheides vom 12. November 1993 gegenüber dem Verwaltungsdirektor des Krankenhauses Baden wurde dieser Bescheid gegenüber der Stadtgemeinde Baden somit nicht wirksam erlassen. Mit Schreiben vom 4. Oktober 1994 (eingelangt bei der Beschwerdeführerin am 7. Oktober 1994) wurde der Beschwerdeführerin eine Ausfertigung des am 12. November 1993 mündlich verkündeten Bescheides zugestellt und die Auffassung dazu festgehalten, daß dieser Bescheid rechtskräftig und vollstreckbar sei. Die am 15. November 1994 von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist somit rechtzeitig im Sinne des § 26 Abs. 1 VwGG erfolgt.

2. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei für die vorliegende Pyrolyseanlage, die nach dem vor dem AWG geltenden Sonderabfallgesetz rechtkräftig bewilligt worden war, keine Genehmigung nach den §§ 28 bis 30 AWG erforderlich. Diese Anlage falle (offensichtlich gemeint in bezug auf nachträgliche Auflagen oder sonstige Überwachungsmaßnahmen) auch nicht unter § 28 AWG - wie dies die belangte Behörde meinte -, sondern unter § 29 Abs. 1 Z. 1 AWG, nach dem die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Anlagen von Gebietskörperschaften zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen einer Genehmigung des Landeshauptmannes bedarf. Die Beschwerdeführerin betreibe die gegenständliche Anlage nicht gewerbsmäßig und es seien daher u.a. die Bestimmungen der GewO 1973 nicht anzuwenden. Es sei der Beschwerdeführerin daher der Instanzenzug abgeschnitten worden, da gemäß § 29 Abs. 17 AWG im Falle von zusätzlichen Auflagen und anderen Maßnahmen nach der Genehmigung der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie (nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) bzw. der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft bzw. der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten für die in § 29 Abs. 1 AWG bezeichneten Anlagen als Berufungsbehörde zuständig sei. Wenn aber § 29 AWG zur Anwendung komme, könne § 79 Abs. 3 GewO 1973 nicht herangezogen werden, weil die vorliegende Anlage nicht gewerbsmäßig betrieben werde.

Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, daß Anlagen, die gemäß § 14 Sonderabfallgesetz rechtskräftig vor dem Inkrafttreten des AWG bewilligt worden waren, keiner neuerlichen Bewilligung nach dem AWG gemäß §§ 28 oder 29 AWG bedürfen. Auch wenn das AWG in bezug auf Bewilligungen gemäß § 14 Sonderabfallgesetz keine ausdrückliche Anordnung - wie sie im § 45 AWG zu etlichen anderen Bewilligungen des Sonderabfallgesetzes vorgesehen wurden - getroffen hat, daß derartige Bewilligungen als Bewilligungen nach dem AWG anzusehen seien, ergibt sich aus der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 6 AWG in der für diesen Bescheid (im Hinblick auf die am 7. Oktober 1994 erfolgte Zustellung) maßgeblichen Fassung, BGBl. 155/1994, wie dies auch schon aus dem bis dahin geltenden, diesbezüglich aber weniger deutlichen § 44 Abs. 6 AWG in der Stammfassung abgeleitet werden konnte, daß Anlagen, die nach dem Sonderabfallgesetz (also nach einer bisher geltenden Rechtsvorschrift) rechtskräftig bewilligt worden waren, keiner neuerlichen Bewilligung betreffend die Errichtung oder die Inbetriebnahme nach dem AWG bedürfen. Gemäß § 44 Abs. 6 AWG in der angeführten Fassung bedürfen Anlagen gemäß den §§ 28 bis 30 AWG keiner Genehmigung nach diesem Bundesgesetz, wenn am 1. Juli 1990 auch nur ein nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage erforderliches Genehmigungs-, Bewilligungs- oder Anzeigeverfahren anhängig oder rechtskräftig abgeschlossen war.

Die Beschwerdeführerin ist weiters im Recht, wenn sie die Auffassung vertritt, daß für die Anordnung zusätzlicher Auflagen bzw. von sonstigen Überwachungsmaßnahmen nicht § 28, sondern § 29 AWG heranzuziehen ist. Die angefochtenen Bescheide lassen jegliche Begründung vermissen, warum für nach § 14 Sonderabfallgesetz rechtskräftig bewilligte Anlagen § 28 AWG zur Anwendung kommen sollte. Es wird lediglich darauf hingewiesen, daß auf einer Tagung von Abfallrechtsreferenten diese Auffassung vertreten worden sei. Es handelt sich im vorliegenen Fall - dies wird auch von der belangten Behörde nicht bestritten - um eine Anlage einer Gebietskörperschaft teils zur thermischen Verwertung, teils zur sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen. Derartige Anlagen fallen aber gemäß § 29 Abs. 1 Z. 1 AWG unter das Regime dieser Bestimmung. § 29 Abs. 16 AWG sieht nun im Hinblick auf die Anordnung nachträglicher Auflagen und sonstiger Maßnahmen im Rahmen der Überwachung von Anlagen gemäß § 29 Abs. 1 AWG vor, daß der Landeshauptmann zur nachträglichen Vorschreibung von Auflagen, zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen sowie zur Überwachung der Anlage aufgrund der maßgeblichen Verwaltungsvorschriften zuständig ist. Berufungsbehörde ist gemäß § 29 Abs. 17 AWG hinsichtlich u.a. von Anlagen gemäß § 29 Abs. 1 Z. 1 AWG (nach der im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides geltenden Rechtslage) der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie.

Es stellt sich somit die weitere Frage, was unter den "maßgeblichen Verwaltungsvorschriften" gemäß § 29 Abs. 16 AWG zu verstehen ist. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Stammfassung des AWG (1274 Blg. Nr. XVII. GP, S 40) wird in diesem Zusammenhang auf § 360 Abs. 2 GewO 1973 und § 121 WRG verwiesen. Unter den "maßgeblichen Verwaltungsvorschriften" werden jene Bestimmungen der gemäß § 29 Abs. 2 AWG bei der Genehmigung heranzuziehenden Rechtsvorschriften zu verstehen sein, welche die nachträgliche Vorschreibung von Auflagen bzw. die Durchführung damit im Zusammenhang stehender Maßnahmen und Maßnahmen zur Überwachung einer Anlage betreffen. Nur sofern Gegenstand derartiger Auflagen und Maßnahmen eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne der Gewerbeordnung ist, kommt die Anwendung der von der belangten Behörde herangezogenen §§ 79 Abs. 3 und § 360 Abs. 2 GewO 1973 in Betracht. Indem die belangte Behörde § 28 AWG statt § 29 AWG herangezogen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid vom 12. November 1993 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, da diese Bestimmungen inhaltlich nicht ident und somit nicht austauschbar sind. Im übrigen wird zur sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von gewerblich betriebenen und nicht gewerblich betriebenen Anlagen gemäß § 29 AWG in bezug auf die auf Grund des damals geltenden § 77 Abs. 1 GewO heranzuziehenden standortbezogenen Vorschriften des Raumordnungsrechtes für gewerblich betriebene Anlagen wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1992, Slg. Nr. 13.232, verwiesen.

Im vorliegenden Fall hat es die belangte Behörde auch, ausgehend von einer falschen Rechtsauffassung, verabsäumt, die Frage zu klären, ob die verfahrensgegenständliche Pyrolyseanlage der Beschwerdeführerin gewerbsmäßig im Sinne des § 1 GewO betrieben wird. Nur für den Fall, daß dies bejaht werden könnte, ist die Heranziehung dieser gewerberechtlichen Bestimmungen zutreffend. Da somit insoweit das Ermittlungsverfahren zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Sinne des § 39 AVG unvollständig geblieben ist, erweist sich der Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 1993 auch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 und 3 VwGG wegen Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt und wegen Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, als rechtswidrig. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG Vorrang vor Verfahrensverletzungen hat, war der Bescheid vom 12. November 1993 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Auch wenn § 29 AWG im Hinblick auf die Anordnung nachträglicher Auflagen gemäß Abs. 16 und 17 dieser Bestimmung einen Instanzenzug an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie (jetzt: Bundesminister für Umwelt) vorsieht, führt dies im vorliegenden Fall nicht zur Zurückweisung der Beschwerde, da die belangte Behörde - wenn auch zu Unrecht - tatsächlich § 28 AWG angewendet hat und der angefochtene Bescheid in einem Verfahren gemäß § 28 AWG erging, in dessen Rahmen der Instanzenzug erschöpft war. Daß die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides eine Berufungsmöglichkeit vorsah, ist nicht von Bedeutung, weil damit ein gesetzlich nicht bestehendes Rechtsmittel nicht begründet werden kann (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 6. Juni 1978, Slg. Nr. 9581/A). Dabei kommt im vorliegenden Fall, wie schon erwähnt, hinzu, daß § 28 AWG und § 29 AWG nicht etwa - weil inhaltlich ident - austauschbar wären, sondern - wie der vorliegende Fall auch deutlich macht - inhaltlich in maßgeblicher Weise unterschiedlich sind. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 12. November 1993 ermöglicht die Neudurchführung des Verfahrens von Beginn an unter Anwendung des § 29 AWG.

IV. Zur Beschwerde betreffend den Bescheid vom 24. Mai 1994 (hg. Zl. 94/05/0179):

1. Mit diesem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin in Teil

A Spruchpunkte 1. bis 3. gestützt auf § 28 AWG in Verbindung mit § 360 Abs. 2 und § 79 Abs. 3 GewO 1973 eine zusätzliche Messung in bezug auf bestimmte Emissionen aufgetragen und der Inhalt des mit Bescheid vom 12. November 1993 vorgeschriebenen Sanierungskonzeptes präzisiert. Auch in diesem Zusammenhang ist die zentrale Frage, ob die belangte Behörde zutreffenderweise § 28 AWG bzw. die angeführten Bestimmungen der GewO 1973 herangezogen hat. Es kann dabei auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Somit stellt sich der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Mai 1994 betreffend Teil A Spruchpunkte 1. bis 3. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG als inhaltlich rechtswidrig dar und war insoweit aufzuheben.

2. Die im Teil B des Spruches dieses Bescheides angeordneten Auflagen hat die belangte Behörde auf § 28 AWG i. V.m. § 79 Abs. 1 GewO und § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl. Nr. 234/1972, gestützt. § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz sieht vor, daß nach rechtskräftig erteilter Betriebsbewilligung die hiezu unbedingt notwendigen Maßnahmen aufgetragen werden können, wenn sich nach rechtskräftig erteilter Betriebsbewilligung zeigt, daß den Erfordernissen des Schutzes des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer unter den vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen nicht in ausreichendem Maße entsprochen wird. Ob § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz als maßgebliche Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 29 Abs. 16 AWG zu qualifizieren ist, kann dahingestellt bleiben, da das Arbeitnehmerschutzgesetz gemäß § 1 Abs. 3 lit. c leg. cit. u.a. nicht für Anstalten der Gemeinde gilt. Eine Krankenanstalt der Gemeinde stellt ohne Zweifel eine solche dar.

Der angefochtene Bescheid vom 24. Mai 1994 ist somit auch im Hinblick auf Teil B Punkte 4. bis 7. inhaltlich rechtswidrig und ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze (auch im Hinblick auf Teil B Punkte 4. bis 7.) aufzuheben.

V. Zur Beschwerde betreffend den Bescheid vom 4. Oktober 1994 (hg. Zl. 94/05/0339):

Auch für den vorliegenden, den Antrag auf Festellung der nicht wirksamen Zustellung des Bescheides vom 21. November 1993 zurückweisenden, verfahrensrechtlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich, der im Zusammenhang mit dem erst- und drittangefochtenen Bescheid steht, ist für die Frage des Instanzenzuges maßgeblich, daß die belangte Behörde im erst- und drittangefochtenen Bescheid tatsächlich § 28 AWG angewendet hat. Im Hinblick auf den verfahrensrechtlichen Bescheid gilt jener Instanzenzug, der in der Sache besteht. Es ist also auch im vorliegenden Fall von der Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 28 AWG auszugehen.

Mit diesem Bescheid vom 4. Oktober 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 1. Juni 1994 auf bescheidmäßige Feststellung, daß der am 12. November 1993 mündlich verkündete Bescheid gegenüber der Stadtgemeinde Baden keinerlei Rechtswirkungen entfalte, zurückgewiesen, da mittlerweile ein Bescheid (nämlich jener vom 24. Mai 1994) ergangen sei, in dem der Gegenstand des Antrages bereits in der Begründung dieses rechtskräftigen Bescheides beantwortet worden sei.

Feststellungsbescheide sind, sofern sie nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen sind, nur zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen oder für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung sind (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1975, Slg. Nr. 8946/A, und vom 18. Oktober 1978, Slg. Nr. 9662/A). Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, ein Feststellungsbescheid sei zulässig gewesen, weil er ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gewesen wäre, so ist sie nicht im Recht. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Mai 1994 (zugestellt am 3. Juni 1994) wurde die Auffassung der belangten Behörde, daß der mündlich verkündete Bescheid vom 12. November 1993 gegenüber der Beschwerdeführerin rechtskräftig sei, im Spruch des Bescheides normativ zum Ausdruck gebracht. Im Rahmen des der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid zustehenden Rechtsschutzes konnte sie somit die Frage klären, ob die belangte Behörde zu Recht von dieser Auffassung ausgeht. Es ist daher unzutreffend, daß ein diese Frage betreffendes eigenständiges Feststellungsverfahren, wie es die Beschwerdeführerin in dem diesem Bescheid zugrundeliegenden Verfahren beantragt hat, für sie ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung darstellt.

Die gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Oktober 1994 erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

VI. Abschließend wird angemerkt, daß für den Fall des gewerbsmäßigen Betriebes der verfahrensgegenständlichen Anlage die in § 79 Abs. 3 und § 360 Abs. 2 GewO vorgesehenen Maßnahmen erst dann angeordnet werden dürfen, wenn auf Grund entsprechender Ermittlungsergebnisse (insbesondere entsprechender schlüssiger Gutachten) die für diese Maßnahmen jeweils erforderlichen Kriterien als erfüllt angesehen werden können.

VII. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Das in den Beschwerden zu den Zlen. 94/05/0179 und 94/05/0340 gestellte Mehrbegehren war jeweils insoweit abzuweisen, als Stempelgebühren verzeichnet wurden, die gemäß § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG teils nicht erforderlich waren, teils gar nicht entrichtet wurden.

Schlagworte

Rechtsmittelbelehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994050179.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten