TE Vwgh Beschluss 1995/9/20 95/03/0190

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.1995
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
56/04 Sonstige öffentliche Wirtschaft;
92 Luftverkehr;

Norm

Austro ControlG 1993 §2 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
LuftfahrtG 1958 §140 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §30 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):95/03/0191

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache des K in M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen 1) die "Entscheidung" des Bundesministers für Landesverteidigung auf Erhebung eines Einwandes gegen die "Umschreibung" eines Militärluftfahrerscheines und 2) das Schreiben der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung vom 5. April 1995, betreffend Verlängerung der Gültigkeitsdauer eines Berufspilotenscheines, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt und die gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde (Beschluß vom 21. Juni 1995, B 1556, 1557/95), richtet der Beschwerdeführer

"a)

gegen die (vorsichtshalber als Bescheid aufgefaßte) mir datumsmäßig nicht näher bekannte Entscheidung des Bundesministers für Landesverteidigung (BMLV), gegen die "Umschreibung" meines Militärflugzeugführerscheines auf einen zivilen Berufspilotenschein (Verlängerung bzw. Neuausstellung meines zivilen Berufspilotenscheines "ohne weiteres Ermittlungsverfahren" gemäß § 30 Abs. 2 Luftfahrtgesetz - LFG) Einwand zu erheben, und

b)

vorsichtshalber auch gegen das möglicherweise als Bescheid aufzufassende Schreiben der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung (ACG) vom 5. April 1995 (Beilage ./A), mir zugestellt am 6. oder 7. April 1995, mit dem mir die unter lit.a) zitierte Entscheidung zur Kenntnis gebracht ("intimiert") wurde".

Gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate behauptet wird.

Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Unter einem Bescheid sind hoheitsrechtliche Willensäußerungen eines Verwaltungsträgers zu verstehen, die entweder den Bestand oder Nichtbestand eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses feststellen oder ein Recht bzw. Rechtsverhältnis begründen, ändern oder aufheben (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A). Behördliche Erledigungen ohne Bescheidwille, insbesondere behördliche Partei-, Mitwirkungs- und Erklärungsakte sind nicht als Bescheid anzusehen. Hierher gehören behördliche Parteierklärungen, die dann vorliegen, wenn die Behörde in der betreffenden Angelegenheit nicht selbst zu entscheiden oder mitzuentscheiden hat, sondern lediglich berufen ist, sich am Verfahren zur Wahrung öffentlicher Interessen zu beteiligen, ferner die Ausübung von Mitsprache-, Zustimmungs- und Genehmigungsrechten und die Abgabe gesetzlich vorgesehener bindender Erklärungen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 345, angeführte Judikatur).

Gemäß § 30 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, (LFG) hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt einem Bewerber, der nachweist, daß er Inhaber eines Militärluftfahrerscheines ist, der zur Ausübung derselben Tätigkeiten wie der angestrebte Zivilluftfahrerschein berechtigt, den Zivilluftfahrerschein ohne weiteres Ermittlungsverfahren zu erteilen, wenn das Bundesministerium für Landesverteidigung dagegen keinen Einwand erhebt und die Erlangung des Militärluftfahrerscheines mindestens an die gleichen Voraussetzungen geknüpft ist, wie die Erlangung des angestrebten Zivilluftfahrerscheines. Die Stellungnahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung ist vom Bundesamt für Zivilluftfahrt von Amts wegen einzuholen.

Gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden, BGBl. Nr. 898/1993, hat die Austro Control GmbH sämtliche dem Bundesamt für Zivilluftfahrt im LFG sowie in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen bisher übertragenen Aufgaben, ausgenommen jene, welche durch Verordnung gemäß § 140b LFG übertragen sind, wahrzunehmen. § 140 Abs. 1 LFG in der Fassung des BGBl. Nr. 898/1993 sieht vor, daß der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr in den Angelegenheiten der Zivilluftfahrt im Verhältnis zum Landeshauptmann und zur Austro Control GmbH die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde und im Instanzenzug unmittelbar übergeordnet ist.

Für den Beschwerdefall folgt aufgrund dieser Rechtslage, daß die Einbringung einer Beschwerde gegen die oben bezeichnete "Entscheidung" der erstbelangten Behörde unzulässig ist, weil es sich bei dieser Erledigung um eine in Ausübung eines gesetzlich vorgesehenen Rechtes auf Stellungnahme abgegebene Erklärung handelt, der nach dem Vorstehenden die Bescheidqualität mangelt. Die Ausführungen in der Beschwerde zur Zulässigkeit von Intimationsbescheiden gehen ins Leere.

Ob das Schreiben der zweitbelangten Behörde vom 5. April 1995 als Bescheid anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben. Im Fall der Verneinung dieser Frage stünde der Zulässigkeit der Beschwerde der Mangel eines Bescheides, im Falle ihrer Bejahung aber die Nichterschöpfung des Instanzenzuges entgegen; letzteres deshalb, weil gegen die - bescheidmäßige - Verweigerung der Erteilung eines Zivilluftfahrerscheines durch die zweitbelangte Behörde gemäß § 140 Abs. 1 LFG in der Fassung des BGBl. Nr. 898 /1993 der Rechtszug an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr offensteht. Den Erfolgungsaussichten einer allfälligen Berufung kommt im gegebenen Zusammenhang entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine rechtserhebliche Bedeutung zu.

Die Beschwerde war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zur Gänze wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Stellungnahmen Mitwirkung am Verfahren vor anderen Behörden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995030190.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten