Index
L65000 Jagd Wild;Norm
JagdG NÖ 1974 §7 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des H S und der M S, beide in H, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. März 1994, Zl. VI/4-J-129, betreffend Bewilligung für Zuchtgehege, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Auftrag auf Entfernung von Einfriedungen betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, im übrigen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 30. Juni 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Bewilligung eines Zuchtgeheges für Gemsen im Bereich der Grundstücke Nrn. 96/1, 96/2, 78/1 und 78/2, je KG. O, im Gesamtausmaß von 5 ha abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung der Beschwerdeführer wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und sprach weiters aus, daß die Einfriedungen der Gatterflächen III und IV unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 30. Juni 1994 zu entfernen seien, soferne diese Einfriedungen nicht aufgrund forst- und wasserrechtlicher Vorschriften oder im Sinne des § 99 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 6500 (JG), zulässig seien. Zur Begründung wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, der jagdfachliche Amtssachverständige habe in seinem Gutachten vom 8. November 1993 dargelegt, die gegenständlichen Flächen seien in der Katasterskizze mit III und IV bezeichnet, Gatter IV bestehe zum Teil nur aus Zaunstehern, der Zaun fehle teilweise noch. Es sei somit noch nicht fertiggestellt und daher auch nicht im Sinne des § 7 Abs. 2 JG abgeschlossen. Bei Gatter III bestehe bereits ein 2,5 m hoher, solider Wildzaun, zusätzlich gebe es einen elektrischen Weidezaun. Im Norden bestehe jedoch ein massiver Überstieg mit Einsprunggefahr. Einsprunggefahr bestehe auch von unmittelbar außerhalb des Zaunes steil ansteigenden Böschungen. Dieses Gehege III sei zwar sicher abgeschlossen gegen Auswechseln des gehegten Schalenwildes nach allen anderen benachbarten Grundstücken, aufgrund des Einsprunges am nördlichen Gehegerand und etlicher einsprunggefährlicher Geländesituationen sei es jedoch nicht sicher gegen das Einwechseln abgeschlossen. Eine abgeschlossene Fläche im Sinne des JG bestünde erst dann, wenn der erwähnte Überstieg mit Einsprunggefahr beseitigt sei und die einsprunggefährlichen Geländestellen entsprechend abgesichert seien. Nach Ansicht der belangten Behörde müsse ein Zuchtgehege bereits zum Zeitpunkt seiner Beantragung bzw. spätestens mit Beginn der Jagdperiode (hier 1. Jänner 1993) im Sinne des § 7 Abs. 1 und 2 JG abgeschlossen sein. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich zweifelsfrei und schlüssig, daß die beantragten Wildgehege (Flächenbezeichnung III und IV) zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt nicht abgeschlossen gewesen seien. Eine Anerkennung dieser Flächen als Zuchtgehege habe daher nicht erfolgen können.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 7 Abs. 1 bis 5 JG lautet:
"(1) Die Befugnis zur Eigenjagd steht ferner dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha zu, welche der Wildhege gewidmet und hiefür geeignet ist und die gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes nach allen anderen benachbarten Grundstücken und gegen das Einwechseln von Schalenwild vollkommen abgeschlossen ist (Jagdgehege).
(2) Abgeschlossene Flächen auch geringeren Ausmasses, auf denen vom Grundeigentümer Wild gehalten wird und die der Schau oder Zucht von Wild dienen, bilden Schau- und Zuchtgehege. Die Anlage von Schau- und Zuchtgehegen bedarf der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde.
(3) ...
(4) Die Bewilligung für Zuchtgehege ist zu erteilen, wenn diese so beschaffen sind, daß in ihnen unter Bedachtnahme auf Auslesegrundsätze die Zucht hochwertigen Wildes für Wildforschungszwecke oder überwiegend zum Zweck der Abgabe lebender Zuchtprodukte an Wildgehege oder in die freie Wildbahn möglich ist, Isolierungsgehege oder -ställe besitzen sowie die Tierhaltung im Sinne tierschutzrechtlicher und veterinärpolizeilicher Vorschriften ermöglichen.
(5) Die Bewilligung für Schau- und Zuchtgehege ist bis längstens sechs Monate vor Ende der laufenden Jagdperiode zu beantragen und wird mit Beginn der der Bewilligung folgenden Jagdperiode wirksam. ..."
Die der Berufungsbehörde durch § 66 Abs. 4 AVG eingeräumte Befugnis, in der Sache selbst zu entscheiden, erstreckt sich nur auf die "Sache" des Berufungsverfahrens, also in bezug auf die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat, soweit der darüber ergangene Bescheid angefochten wurde (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Slg. N.F. 10.305/A). Im gegenständlichen Fall wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid lediglich über das Ansuchen um Bewilligung eines Zuchtgeheges im Sinne des § 7 Abs. 4 JG abgesprochen. Wenn die belangte Behörde über diesen Prozeßgegenstand hinausgehend den Auftrag zur Entfernung von Einfriedungen erteilte, überschritt sie damit ihre funktionelle Zuständigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er diesen Entfernungsauftrag betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde die Bewilligung für Zuchtgehege deshalb, weil die betreffenden Flächen im Zeitpunkt des Beginnes der Jagdperiode (1. Jänner 1993) nicht abgeschlossen gewesen seien. Damit hat sie die Rechtslage verkannt:
Das Gesetz definiert im § 7 Abs. 2 JG Schau- und Zuchtgehege zwar als (gegen das Aus- und Einwechseln von Schalenwild) abgeschlossene Flächen auch geringeren Ausmasses, auf denen vom Grundeigentümer Wild gehalten wird und die der Schau oder Zucht von Wild dienen, es schreibt aber nicht vor, daß die Flächen bereits vor Erteilung der Bewilligung abgeschlossen sein müssen. Wie sich aus dem zweiten Satz des § 7 Abs. 2 JG ergibt, bedarf bereits die "Anlage" eines Schau- oder Zuchtgeheges der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. Unter dem Begriff der "Anlage" fällt dabei bereits die Herstellung der Abgeschlossenheit der Flächen durch eine entsprechende Einzäunung. Daraus folgt aber, daß es einer Bewilligung nach § 7 Abs. 2 JG nicht entgegensteht, wenn im Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung, auch wenn dieser nach Beginn der Jagdperiode liegt, die Abgeschlossenheit der Flächen noch nicht vorliegt. Zur Klarstellung verweist der Verwaltungsgerichtshof darauf, daß das hg. Erkenntnis vom 30. April 1986, Zl. 86/03/0004, ein Jagdgehege iSd § 7 Abs. 1 JG betraf; Jagdgehege stellen Eigenjagdgebiete dar; nur für Eigenjagdgebiete gilt aber die Regelung des § 54 Satz 1 JG, sodaß die Behörde anläßlich der Jagdgebietsfeststellung nach § 12 JG zu beurteilen hat, ob die im § 7 Abs. 1 JG angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.
Der angefochtene Bescheid war sohin, soweit er über die Bewilligung von Zuchtgehegen abspricht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Jagdrecht und Jagdrechtsausübung WildgehegeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994030114.X00Im RIS seit
11.07.2001