TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/20 94/20/0731

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Veröffentlicht am 20.09.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Y in T, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1994, Zl. 4.344.884/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am 8. Juni 1994 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 17. Juni 1994 beantragt, daß ihm Asyl gewährt werde.

Bei seiner Vernehmung durch das Bundesasylamt gab er entscheidungsrelevant an, daß er seine Flucht am 4. Juni 1994 angetreten habe. Er sei im LKW eines Fluchthelfers in der Fahrerkabine mitgefahren. In seinem Paß sei ein Visum eingetragen gewesen, weshalb es bei den Grenzkontrollen keine Schwierigkeiten gegeben habe. Die Fahrt sei durch Bulgarien, Rumänien und Ungarn gegangen. Der Beschwerdeführer sei am 8. Juni 1994 nach Österreich eingereist, er sei in der Nähe von Wien ausgestiegen.

Mit Bescheid vom 5. August 1994 wies das Bundesasylamt den Antrag auf Gewährung von Asyl ab. Das Bundesasylamt traf in diesem Bescheid Feststellungen zu den den Beschwerdeführer in seiner Heimat betreffenden Ereignissen und zur Reiseroute. Es kam zum Ergebnis, daß der Beschwerdeführer einerseits nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei und andererseits ein Ausschließungsgrund vorliege, weil der Beschwerdeführer in Bulgarien, Rumänien und Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen sei. Zur "Verfolgungssicherheit" wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit gehabt, bei den Behörden in Bulgarien, Rumänien und Ungarn um Asyl anzusuchen.

Die Berufung enthält Ausführungen sowohl zur Flüchtlingseigenschaft als auch zur "Verfolgungssicherheit". Zu letzterer wurde vorgebracht:

"Der Umstand, daß der Berufungswerber in einem anderen Land hätte Asyl suchen können, erscheint rechtswidrig. Stellt man sich auf den Standpunkt, daß alle Länder rund um Österreich eine Verfolgungssicherheit bilden, dann könnte man das Asylgesetz in Österreich im Ergebnis abschaffen und Österreich würde grundsätzlich nicht in die Lage kommen, irgend jemandem Asyl zu gewähren - werden doch Fluggäste schon vor dem Start entsprechend auf ihre Möglichkeit zur Einreise nach Österreich geprüft."

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem nunmehr bekämpften Bescheid ab, worin sie "(mit Ausnahme der festgestellten Verfolgungssicherheit in Ungarn) die Sachverhaltsfeststellung und auch die zutreffende rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides" übernahm.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer - neben Ausführungen zur Flüchtlingseigenschaft - AUSSCHLIEßLICH gegen die Annahme einer "Verfolgungssicherheit" im "DIREKTEN NACHBARSTAAT UNGARN" wendet, jedoch überhaupt keine Ausführungen zu Bulgarien und Rumänien macht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 hat der Bundesminister für Inneres über eine zulässige Berufung in jedem Fall in der Sache selbst zu entscheiden und seiner Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen.

Gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 ist eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen, wenn es mangelhaft war, der Asylwerber Bescheinigungsmittel vorlegt, die ihm im Verfahren vor dem Bundesasylamt nicht zugänglich waren, oder wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung erster Instanz zugrundegelegt wurde, in der Zwischenzeit geändert hat.

Das Bundesasylamt befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, wobei es im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Hiezu hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung keine den Tatbestand des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 erfüllenden Argumente vorgebracht und es ist auch dem Gerichtshof eine diesbezügliche Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens nicht erkennbar. Die belangte Behörde hat somit in zulässiger Anwendung des § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz ihrer Entscheidung zugrundelegen dürfen. Sie übernahm unter anderem auch die Feststellungen des Bundesasylamtes betreffend die vom Beschwerdeführer in Bulgarien und Rumänien erlangte "Verfolgungssicherheit" (jedoch nicht die diesbezüglichen Feststellungen betreffend Ungarn).

Da der Beschwerdeführer sich jedoch gerade gegen die von der belangten Behörde NICHT ÜBERNOMMENE "Verfolgungssicherheit" in Ungarn wendet, jedoch die Annahme betreffend Bulgarien und Rumänien völlig unbekämpft läßt, kann er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in diesem Zusammenhang nicht dartun. Eine solche läge allenfalls dann vor, wenn der belangten Behörde diesbezüglich relevante Verfahrensmängel unterlaufen wären, weshalb in der Beschwerde Angaben darüber erforderlich gewesen wären, inwiefern der belangten Behörde bei ihren Feststellungen hinsichtlich der "Verfolgungssicherheit" des Beschwerdeführers in Bulgarien und Rumänien Verfahrensmängel unterlaufen sind. Da derartige Angaben in der Beschwerde fehlen, ist nicht ersichtlich, welche Ermittlungen die belangte Behörde durchzuführen gehabt hätte, bzw. zu welchem anderen Ergebnis sie bei allfälligen weiteren Ermittlungen hinsichtlich der Frage der "Verfolgungssicherheit" des Beschwerdeführers in Bulgarien und Rumänien hätte kommen können.

Die Beschwerde war daher im Hinblick auf den herangezogenen Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Selbst wenn die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers als gegeben erachtet hätte, käme die Asylgewährung für den Beschwerdeführer nicht in Betracht, weil dieser der von der belangten Behörde zu Recht herangezogene Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 entgegenstünde (vgl. für viele z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1995, Zl. 94/19/1190). Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers betreffenden Beschwerdeausführungen und mit den in dieser Hinsicht geltend gemachten Verfahrensmängeln unterbleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994200731.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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