Index
L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde 1) des WF und
2) der HF, beide in K, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. Dezember 1992, Zl. 8-42 Fa 2/8-92, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Entfernung eines Jägersitzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer sind schuldig, dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 24. April 1991 teilten die Beschwerdeführer der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung mit, daß sie Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft seien, auf dem ihr Einfamilienwohnhaus errichtet sei. An der Westseite des Grundstückes grenze ein im Eigentum eines Dritten befindliches Wiesengrundstück an, auf welchem, unmittelbar an das Grundstück der Beschwerdeführer angrenzend, offenbar über Betreiben des in diesem Gebiet Jagdausübungsberechtigten, ein sogenannter Jägersitz errichtet worden sei. Durch dessen Positionierung unmittelbar an der Grundgrenze der Beschwerdeführer seien diese erheblich beeinträchtigt. Es werde daher die Behörde ersucht, "geeignete jagdaufsichtsrechtliche Schritte zur Entfernung dieses Jägersitzes zu unternehmen". Mit (formlosem) Schreiben vom 16. Mai 1991 teilte die Erstbehörde den Beschwerdeführern mit, daß gemäß dem Steiermärkischen Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23, idF LGBl. Nr. 50/1990 (JG), in § 58 Abs. 2 Z. 15 die Errichtung von Jägersitzen bzw. Hochständen vorgesehen sei. Da der Eigentümer des Grundstückes, auf dem der Jägersitz errichtet sei, der Jagdgesellschaft Purgstall die Bewilligung zur Errichtung erteilt habe, könne nur dieser Grundeigentümer selbst die Entfernung des Jägersitzes beantragen. Dem Antrag der Beschwerdeführer könne keine Folge gegeben werden. Die Beschwerdeführer richteten daraufhin am 21. Mai 1991 an die Erstbehörde ein Schreiben, in dem sie darauf hinwiesen, daß die Behörde durch Bescheid zu entscheiden habe. Die Erstbehörde erließ in der Folge am 24. Mai 1991 einen Bescheid, mit dem sie gemäß § 58 Abs. 2 Z. 15 JG in Verbindung mit § 8 AVG den Antrag der Beschwerdeführer auf Entfernung des "Ansitzes" an der Westseite ihres Grundstückes als unzulässig zurückwies. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 1992 wurde der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der Erstbescheid bestätigt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt werden.
Die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, legte jedoch die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde billigte die Rechtsauffassung der Erstbehörde, daß den Beschwerdeführern im vorliegenden Verfahren keine Parteistellung zugekommen sei. Da Anrainern bei der Errichtung von Hochständen bzw. Ansitzen keine Parteistellung zukomme, sei der Antrag mangels Legitimation der Beschwerdeführer zurückzuweisen. Wohl regle § 58 Abs. 2 Z. 15 JG die Errichtung von Hochständen (innerhalb von 100 m zur Jagdgebietsgrenze), diese Norm schütze jedoch die jagdlichen Interessen der Reviernachbarn, nicht die von Grundeigentümern. Die letzteren Interessen wären nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.
Die Beschwerdeführer wenden demgegenüber ein, daß die Parteistellung im Verwaltungsverfahren nicht nur nach § 8 AVG zu beurteilen sei, sondern nach dem konkreten Inhalt der (materiellen) Verwaltungsvorschrift. Das Steiermärkische Jagdgesetz diene nicht nur dem Schutz jagdlicher Interessen von Jägern, sondern enthalte darüberhinaus Normierungen, die allein den Schutz der Interessen von Privatpersonen zum Inhalt haben. Insbesondere sei auf § 55 Abs. 1 JG zu verweisen, wonach normiert sei, daß in der nächsten Umgebung einzelner Häuser das Wild zwar aufgesucht und getrieben, nicht aber mit Schußwaffen erlegt werden dürfe. Daß der unmittelbar an die Liegenschaft der Beschwerdeführer angrenzende Jägersitz dem Erlegen des Wildes mit Schußwaffen diene, sei daraus zu ersehen, daß der die Jagd ausübende Jäger bei Benützung des Jägersitzes stets eine Schußwaffe und einen Jagdhund mit sich führe. Dieses Verhalten im bewohnten Gebiet, unmittelbar an den Haus- und Gartenbereich eines ständig bewohnten Einfamilienhauses anschließend, widerspreche im übrigen auch den jagdlichen Sitten und diene nicht der Förderung und Pflege des Weidwerkes im Sinne des § 46 lit. e und h JG. Die Behörde hätte daher Maßnahmen zur Beseitigung des Jägersitzes treffen müssen, zumal sich der die Jagd ausübende Jäger gegenüber dem Verhandlungsleiter bereit erklärt habe, den Jägersitz unverzüglich zu entfernen.
§ 55 Abs. 1 JG hat folgenden Wortlaut:
"Örtliche Verbote der Jagdausübung; ...
(1) In der nächsten Umgebung von Ortschaften, von Stätten, die der Heilung oder Erholung Kranker und Rekonvaleszenter dienen, von einzelnen Häusern und Scheunen darf zwar das Wild aufgesucht und getrieben, nicht aber mit Schußwaffen erlegt werden.
..."
§ 58 Abs. 2 Z. 15 JG lautet wie folgt:
"Sachliche Verbote; ...
(2) Es ist verboten:
...
15. innerhalb einer Zone von 100 Meter entlang der Jagdgebietsgrenze ohne schriftliche Zustimmung des Jagdausübungsberechtigten des benachbarten Jagdgebietes Hochstände zu errichten.
..."
Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage der Parteistellung der Beschwerdeführer. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Ob ein solcher Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse besteht, ist erst an Hand der konkret zur Anwendung gelangenden Verwaltungsvorschrift zu beantworten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/03/0108, mit weiteren Judikaturhinweisen). Bloß tatsächliche Interessen des Beschwerdeführers können, soweit diese Interessen nicht in Rechten des Beschwerdeführers Ausdruck finden, dessen Parteistellung nicht begründen.
Die im Beschwerdefall anzuwendende Verwaltungsvorschrift ist das Steiermärkische Jagdgesetz mit den eingangs zitierten Bestimmungen. Unbestritten wurde der gegenständliche Jägersitz nicht auf dem Grundstück der Beschwerdeführer errichtet, sondern auf dem Nachbargrundstück. Es ist auch nicht strittig, daß die Beschwerdeführer nicht Jagdausübungsberechtigte sind. Es ist daher im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Beschwerdeführer als Grundeigentümer des benachbarten Grundstückes im Hinblick auf die räumliche Nähe ihres Grundstückes zum Jägersitz in subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Diese Frage ist jedoch zu verneinen.
Nach der Bestimmung des § 58 Abs. 2 Z. 15 JG ist die Errichtung von "Hochständen" an die schriftliche Zustimmung des JAGDNACHBARN gebunden, wenn die Hochstände innerhalb einer Zone von 100 m entlang der Jagdgebietsgrenze errichtet werden. Diese Bestimmung läßt daher für die Beschwerdeführer nichts gewinnen.
Aber auch aus § 55 Abs. 1 JG läßt sich keine Parteistellung für die Beschwerdeführer ableiten: Nach dieser Bestimmung ist unter anderem in der nächsten Umgebung von einzelnen Häusern das Erlegen von Wild mit Schußwaffen untersagt. Es handelt sich hiebei um eine Verbotsnorm, aus der Dritten kein subjektiv-öffentliches Recht entsteht.
Daß der die Jagd ausübende Jäger bei Benützung des Jägersitzes eine Schußwaffe und einen Jagdhund mit sich führt, auch wenn er sich dabei in der Nähe des Haus- und Gartenbereiches der Beschwerdeführer befindet, läßt für ihren Standpunkt nichts gewinnen. Insoweit sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 46 lit. e und lit. h JG berufen - wonach die Steirische Landesjägerschaft u. a. die Aufgaben der Förderung und Pflege des Weidwerkes unter Berücksichtigung der Land- und Forstwirtschaft sowie der Erhaltung und Förderung bodenständiger jagdlicher Sitten hat - ist ihnen zu entgegnen, daß ihnen als Grundeigentümer auch daraus kein subjektiv-öffentliches Recht entsteht.
Schließlich ist dem Vorbringen der Beschwerdeführer, daß sie sich durch die "Bewachung" durch einen "Bewaffneten" erheblich in ihren Rechten beeinträchtigt sehen, zu erwidern, daß auch daraus eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht erkennbar ist.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Jagdrecht und Fischereirecht Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote JagdeinrichtungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993030007.X00Im RIS seit
11.07.2001