TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/20 95/13/0076

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Veröffentlicht am 20.09.1995
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Oktober 1994, Zl GA 7-1350/94, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im vorliegenden Beschwerdefall ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Frage strittig, ob der Beschwerdeführer als (ehemaliger) Geschäftsführer einer GmbH zu Recht gemäß § 9 Abs 1 in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung für bei der GmbH uneinbringliche Abgaben herangezogen wurde.

Während die belangte Behörde dies in dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid bejaht, verneint der Beschwerdeführer dies in der dagegen zunächst beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde. Er beantragt nach Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof und gleichzeitiger Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. Februar 1995, B 2677/94-6, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß nach Ausscheiden des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der GmbH anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellt wurde, daß die zur Anerkennung der Steuerfreiheit von Ausfuhrumsätzen notwendigen Nachweise für Zeiträume, in welchen der Beschwerdeführer die Funktion des Geschäftsführers bekleidete, nicht vorliegen. Dementsprechend wurden die entsprechenden Ausfuhrumsätze nicht als steuerfrei anerkannt und die entsprechende Umsatzsteuer mit Bescheid nachgefordert. Für diese Abgaben wurde der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen, weil sie bei der GmbH nicht einbringlich waren.

Eine für diesen Abgabenausfall kausale schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Beschwerdeführers wäre daher in diesem Fall insbesondere dann zu sehen, wenn der Beschwerdeführer nicht dafür Sorge getragen hätte, daß die für die Steuerfreiheit der entsprechenden Umsätze erforderlichen Ausfuhrnachweise auch nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer der GmbH vom neuen Geschäftsführer erbracht werden können.

Nun hat der Beschwerdeführer jedoch im Verwaltungsverfahren unter Angabe von Beweismitteln dargetan, daß er dem neuen Geschäftsführer alle erforderlichen Ausfuhrnachweise zur Verfügung gestellt hätte, ihn somit keine Verletzung einer ihn als Geschäftsführer der GmbH obliegenden Pflicht treffe.

Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber nur insoweit auseinandergesetzt, als sie die Meinung vertrat, daß die Frage nach der Existenz bzw Beschaffbarkeit der Ausfuhrnachweise allein das Verfahren über die Abgabenfestsetzung betreffe und daher im Haftungsverfahren nicht relevant sei.

Damit hat die belangte Behörde jedoch die Rechtslage verkannt, weil der vom Beschwerdeführer behauptete Umstand, für alle Ausfuhrnachweise gesorgt und dem neuen Geschäftsführer übergeben zu haben, im Fall seines Zutreffens durchaus geeignet war, eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung seinerseits auszuschließen.

Wenn die belangte Behörde meint, der Beschwerdeführer habe nicht schlüssig nachgewiesen, daß er für die "rechtzeitige Entrichtung der Abgaben" gesorgt habe, so ist darauf hinzuweisen, daß - die Richtigkeit der Verantwortung des Geschäftsführers vorausgesetzt - entsprechende Abgaben gar nicht festzusetzen bzw zu entrichten gewesen wären. Dies allerdings nur unter der weiteren Voraussetzung, daß auch der neue Geschäftsführer die vom Beschwerdeführer übernommenen Ausfuhrnachweise vorlegt. Ist diese Voraussetzung aber nicht erfüllt, so wäre zwar die Abgabenfestsetzung rechtmäßig erfolgt, der Umstand, daß für die Entrichtung der daraus resultierenden Abgaben nicht gesorgt wurde, wäre aber dem Beschwerdeführer nicht als schuldhafte Verletzung SEINER Pflichten vorzuwerfen.

Der entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu Recht (vgl das hg Erkenntnis vom 14. Oktober 1981, 81/13/0081) monokratisch erlassene angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995130076.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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