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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Juli 1994, Zl. 4.344.333/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Pakistans, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein. Er beantragte am 10. März 1994, daß ihm Asyl gewährt werde. Er wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens mit Ladungsbescheid vom 11. März 1994, zugestellt durch persönliche Übernahme am 15. März 1994, zur am 21. März 1994, 8.00 Uhr terminisierten Ersteinvernahme geladen, versäumte diese und ließ sich durch ein im Wege der Telekopie eingebrachtes Schreiben seines gewillkürten Vertreters Dr. S vom 21. März 1994, 12.38 Uhr, wegen Krankheit entschuldigen. Er kam einer weiteren Ladung des Bundesasylamtes vom 24. März 1994, zugestellt an seinen ausgewiesenen Vertreter am 28. März 1994, für den 6. April 1994 nicht nach.
Mit Bescheid vom 8. April 1994 wies das Bundesasylamt daraufhin den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 deshalb ab, weil der Beschwerdeführer der zweitgenannten Ladung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht Folge geleistet habe.
In der dagegen erhobenen Berufung behauptete der Beschwerdeführer, er habe infolge bettlägeriger Erkrankung zum Termin 6. April 1994 nicht erscheinen können. Sein ausgewiesener Vertreter habe fristgerecht das Asylamt von seinem Nichterscheinen fernmündlich verständigt. Die Tatsache der Verhinderung sei durch das Asylamt zur Kenntnis genommen worden, es habe sich dabei um DIE SCHRIFTFÜHRERIN DES ZUSTÄNDIGEN REFERENTEN, gehandelt, weil der Referent sich bis 5. April 1994 auf Urlaub befunden habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ab. Sie begründete dies einerseits damit, daß "im gesamten im Zuge des Ermittlungsverfahrens angelegten Verwaltungsakt des Bundesasylamtes kein derartiger Anruf (zu ergänzen: betreffend der Entschuldigung für den Ladungstermin 6. April 1994) dokumentiert" sei. Andererseits begründete die belangte Behörde, daß der Beschwerdeführer zur am 21. März, 8.00 Uhr terminisierten Ersteinvernahme ordnungsgemäß geladen worden sei, diese versäumt habe und die diesbezügliche im Wege der Telekopie eingebrachte Entschuldigung des Rechtsvertreters erst nach dem Ladungstermin, nämlich am 21. März 1994, 12.38 Uhr erfolgt sei. Somit sei das Tatbestandselement bereits durch die erste Nichtbefolgung der Ladung ohne vorhergehende Entschuldigung verwirklicht worden.
Im übrigen verwies die belangte Behörde auf die Möglichkeit der Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages, welcher allerdings als verspätet hätte zurückgewiesen werden müssen.
Die dagegen erhobene Beschwerde bestätigt die Tatsachenfeststellung betreffend den Ladungstermin
21. März 1994, führt jedoch rechtlich dagegen aus, daß die Behörde erster Instanz die Entschuldigung als rechtzeitig anerkannt hätte, indem sie einen neuen Ladungstermin für 6. April 1994 ausgeschrieben habe, weshalb diese Verspätung von der Behörde erster Instanz saniert worden sei. Zum Ladungstermin 6. April 1994 führt die Beschwerde aus, daß am
6. APRIL 1994, nachdem sich der zuständige Sachbearbeiter bis 5. April 1994 auf Urlaub befunden habe, fernmündlich um eine Verschiebung wegen Krankheit ersucht worden sei. Es sei die Verlegung zugesichert worden und die fernmündlich vorgebrachte Entschuldigung akzeptiert worden. Hiezu legt der Beschwerdeführer den Aktenvermerk des ausgewiesenen Vertreters vom 6. April 1994 in Kopie vor. Dieser lautet:
"Aktenvermerk vom 6.4.1994
Tel. mit Herrn J, teile ihm mit, daß ich den Mandanten bisher leider nicht verständigen konnt, da Dr. S den Akt bei sich hatte und er möge so nett sein und einen neuen Termin ausschreiben, was er - fast unter Protest aber doch - tun wird. Akt dann sofort zu N.
Unterschrift: N"
Daß im Verwaltungsakt kein diesbezüglicher Aktenvermerk aufliege, ändere nichts an der Tatsache, daß eine Entschuldigung vorgebracht worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß es im Verwaltungsverfahren keine "Sanierung" eines Sachverhaltes durch faktische Handlungen der Erstbehörde (hier in Form der Aussendung einer zweiten Ladung) gibt. Denn gemäß der eindeutigen Gesetzesbestimmung des § 66 Abs. 4 zweiter Satz AVG ist die Berufungsbehörde berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Sie ist infolgedessen nicht an die von der Unterinstanz getroffenen Feststellungen gebunden und hat ihrer Entscheidung den ihrer Überzeugung nach maßgebenden Sachverhalt zugrunde zu legen (vgl. die in Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren4, Seite 549 ff zitierte Rechtsprechung).
Die Behörde hat demnach rechtmäßigerweise die nach dem Ladungstermin 21. März 1994, 8.00 Uhr, erfolgte schriftliche Entschuldigung mittels Telefax vom 21. März 1994, 12.38 Uhr herangezogen. Da dieser Entschuldigungszeitpunkt aber unbestrittenermaßen NACH DEM LADUNGSTERMIN erfolgte, konnte die Behörde auch betreffend diese Ladung von § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 Gebrauch machen.
Gemäß der zitierten Gesetzesstelle sind Asylanträge in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen, wenn der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen ist. Im Unterschied zu § 19 Abs. 3 AVG, nach dem bereits das Vorliegen eines triftigen Hinderungsgrundes von der Verpflichtung entbindet, einer Ladung Folge zu leisten, es keiner VORHERGEHENDEN Entschuldigung bedarf und die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, nur unter den dort genannten Voraussetzungen sanktioniert ist, bestimmt § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 als die im Asylverfahren anzuwendende Spezialnorm, daß die im Gesetz vorgesehene Sanktion, nämlich die Abweisung des Asylantrages in jeder Lage des Verfahrens lediglich an das ohne VORHERGEHENDE Entschuldigung erfolgte Nichterscheinen des Geladenen geknüpft ist (vgl. aus vielen das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0883). Da im gegenständlichen Fall der Ladungstermin versäumt wurde und die Versäumung erst NACH dem Ladungstermin entschuldigt wurde, hat die Behörde zu Recht von § 19 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht, weshalb die Beschwerde schon aus diesem Grunde abzuweisen ist.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994200567.X00Im RIS seit
11.07.2001