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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1986 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Juli 1994, Zl. SD 456/94, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. März 1994 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Mit diesem war dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz, BGBl. Nr. 443/1986 (im folgenden: WaffG), der Besitz von Waffen und Munition verboten worden.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 24. November 1993 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe, unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden. Der Verurteilung sei zugrunde gelegen, daß der Beschwerdeführer am 26. Juni 1989 in Wien in der Annahme, es liege eine Notwehrsituation vor, aus seinem Revolver einen Schuß gegen den Bauch des Hausmeisters abgegeben habe, wodurch dieser einen Bauchschuß mit sieben Durchschußverletzungen des Dünndarms sowie mehrere Durchschußverletzungen des Mesenteriums erlitten habe. Es ergebe sich aus den gerichtlichen Feststellungen, daß die Verantwortung des Beschwerdeführers, der Schuß habe sich bei einem Handgemenge gelöst, nicht haltbar sei, weil der Beschwerdeführer den Schuß aus einer Entfernung von ca. 75 bis 110 cm gegen den Körper des Verletzten abgegeben habe. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, daß aus dem Sachverständigengutachten hervorgehe, daß die obgenannte Verantwortung des Beschwerdeführers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Daher stehe für die Berufungsbehörde fest, daß der Beschwerdeführer seine Faustfeuerwaffe in dieser Situation, die eine schwere Verletzung eines Menschen zur Folge gehabt habe, mißbräuchlich verwendet habe. Daß dem Beschwerdeführer lediglich Fahrlässigkeit zur Last liege, sei ebensowenig relevant wie die Frage, ob er die Waffe aus Furcht oder aus anderen Gründen mißbräuchlich verwendet habe. Entscheidend sei, daß auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers die Annahme gerechtfertigt sei, er könnte durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden. Davon sei jedenfalls schon zu sprechen, wenn besonders schutzwürdige Rechtsgüter, wie das Leben, die Gesundheit, Freiheit oder das Vermögen bedroht werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 WaffG, in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 520/1994, hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte.
Diese Vorschrift dient, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bereits wiederholt ausgeführt hat (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/01/0140, vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0128, vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0175, und die dort angeführte Judikatur), der Verhütung einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine mißbräuchliche Verwendung durch jene Person erfolgt ist, gegen die das Waffenverbot verhängt wird. Vielmehr genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, daß von der Waffe ein die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigender gesetz- oder zweckwidriger ("mißbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der auch mit dem Besitz von Schußwaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0175, sowie vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0246, und die dort angegebene Judikatur). Wenn aber, wie im Beschwerdefall, ein mißbräuchlicher Gebrauch von Schußwaffen bereits in der Vergangenheit stattgefunden hat, wird die Besorgnis, daß in der Zukunft von der Waffe ein die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigender gesetz- oder zweckwidriger ("mißbräuchlicher") Gebrauch gemacht werden könnte, wesentlich verstärkt.
Im Beschwerdefall steht fest, daß der Beschwerdeführer am 24. November 1993 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe, unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt wurde. Dieser Verurteilung lag zugrunde, daß der Beschwerdeführer irrtümlich einen unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit annahm und bei der Abwehr dieses vermeintlichen Angriffes das gerechtfertigte Maß der Verteidigung aus Furcht überschritt, indem er aus einem Revolver einen Schuß gegen den Bauch seines Widersachers abgab.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei 14 Jahre im Besitz des Waffenpasses, ohne jemals von der Waffe Gebrauch gemacht zu haben, obwohl er als Taxifahrer drei amtsbekannte Überfälle zu ertragen gehabt habe und daß es sich beim vorliegenden Fall um eine Ausnahmesituation gehandelt habe, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn anders als etwa bei den Entziehungstatbeständen des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 WaffG setzt der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG eine (anzunehmende) qualifizierte rechtswidrige Verwendung von Waffen, nämlich deren Mißbrauch, voraus. Liegen aber diese Voraussetzungen vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne daß ein bisher untadeliges Vorleben die Zukunftsprognose entkräften könnte. Wesentlich ist hingegen die Tatsache, daß der vom Waffenverbot betroffenen Person, die im Affekt gewaltsam gegen einen anderen Menschen vorgegangen ist, auf Grund ihres Verhaltens in anderen Affektsituationen auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. April 1987, Zl. 85/01/0274, und vom 12. April 1989, Zl. 89/01/0079), wobei im Beschwerdefall nochmals zu betonen ist, daß der vom Waffenverbot betroffene Beschwerdeführer bereits im Affekt durch den Gebrauch einer Schußwaffe gewaltsam gegen einen anderen Menschen vorgegangen ist.
Die erstmals in der Beschwerde gerügte Verletzung des Parteiengehörs vermag der Beschwerde auch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Unterlassung des Parteiengehörs in erster Instanz kann im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr mit Erfolg gerügt werden, wenn die Partei es unterließ, diesen Verfahrensmangel im Zuge des Berufungsverfahrens zu rügen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Jänner 1976, Zl. 2302/74, und vom 26. Februar 1987, Zl. 86/09/0099, u.a.).
Im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte aber eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wobei auch Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wurde. Der Beschwerdeführer nahm zum Ergebnis der Beweisaufnahme sodann auch Stellung, wobei er weiters die persönliche Vernehmung beantragte.
Die Stellung des rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteils als Grundlage des angefochtenen Bescheides kann aber durch eine weitere persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt werden. Ebensowenig bedurfte es daher der Einholung des Gerichtsaktes.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994200658.X00Im RIS seit
25.04.2001